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Mit der landwirtschaftlichen Wochenbeilage Haus-, Garten- und Landwirtschaft"

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Nr. 168

Gegründet 1826

Dienstag, den 20. Juli 1926

Fernsprecher Nr. 29

100. Jahrgang

Tagesspiegel

3m B,.'> irden der lungenkranken Königin Viktoria von Schweden, Prinzessin von Baden, ist eine ernste Ver­schlimmerung eingetreken.

Reichskanzler Dr. Marx harte eine Besprechung mit dem Direktor von Siemens von der Reichsbahn.

Der neue Reichsjustizminister Dr. Bell kündigte Re­formen in der Strafrechtspflege an.

Die polnische Eisenbahndirektion Katkowitz (Oberschlesien) hat den Gebrauch der deutschen Sprache dienstlich bei Strafe verboten. Angestellte oder Beamte, die die polnische Sprache nicht beherrschen, sind zu entlassen. Polnische Dienstleiter, die diese Anordnung nicht streng durchführen, sollen in niedrigere Stellen verseht werden.

Herrrok wird ein Kabinett auf der Grundlage der ver­einigten Linken bilden.

Baldrvin hat den Vorschlag der englischen Bischöfe ab­gelehnt, wonach die Bergarbeiter unter den früheren Be­dingungen die Arbeit während vier Monaten forlsehen soll­ten, wahrend gleichzeitig die Regierung die Unterstützung an die Crubenarbeilcr wieder aufnehmen sollte.

In Kalkutta (Indien) hat die Polizei eins Bomben­fabrik entdeckt.

Woher kommt unsere Wohnungsnot ?

Daß sie da ist und voraussichtlich, trotz aller Maßnahmen zu ihrer Abhilfe, noch lange anhalten wird, kann von nie­mand bestritten werden. Auch das neue Mieterschutz- gesetz vom 29. Juni mit seiner wesentlichen Lockerung des Meterschutzes, sowie Las vom Reichstag am 2. Juli ange­nommene Gesetz , zur AenLerung des R e ich sm i e t ege s e tz e s, Las eine Aenderung der Friedensmiete zuläßt beide Gesetze sind kein Beweis dafür, daß der beklagenswerte Mangel an Wohnungen verschwunden oder nur auch erheblich nachgelassen hätte. Denn nach der neuesten Feststellung des Statist. Reichsamts über die Neubautätigkeit von 1919 bis 1924 betrug der Fehlbestand an Wohnungen sür den 1- Ja­nuar 1925 1 104 006! Wieviele Wohnungen im Jahre 192 5 erstellt worden sind, läßt sich heute noch nicht genau angeben. Jedenfalls ist 1925 erheblich mehr gebaut worden, als in dem Jahr 1924 (Reinzugang nur 106 502, gegen 146 615 im Jahr 1922, aber immer noch viel zu wenig, da in der Vorkriegszeit jährlich 200 000 Wohnungen erstellt wurden). Für 19 2 6 aber stehen die Aussichten schlecht. Wenigstens sind dieselben in sämtlichen Parlamenten in den letzten Monaten recht ungünstig beurteilt worden.

Woher aber Liese Wohnungsnot? Hierüber hat sich jüngst Regierungsinspektor Böser im Reichsarbeitsministerium auf Grund eines umfangreichen Materials ausgesprochen. Er stellt dabei die Tatsache fest, daß die Za h l d e r n e u er­bau t e n Wohnungen zur Unterbringung des Bevölkerungszuwachses genügenmüßte. Die Ursache ist also irgendwo anders zu suchen, und zwar haupt­sächlich in der gewaltigen Zunahme der Haushal­tungen. Ihre Zahl ist gegenüber 1910 bedeutend stärker angestiegen als die Zahl der Neubauwohnungen. Wenn auch festgesteöt ist, daß die Bevölkerung nicht so dicht wohnt wie vor dem Krieg, jo kommt man doch nicht um die Tatsache herum, daß ein sehr hoher Prozentsatz aller Haushaltungen heute nicht in esner eigenen Wohnung wohnt. So betrug beispielsweise 1925 in Berlin die Zahl der Wohnungen 1179 612, die Zahl der in ihnen untcrgebrachten Haushal­tungen 1 254140. Es feisten somit auf 1000 Einwohner 20,4 Wohnungen. Die betreffenden Zahlen für Nürnberg sind: 95 343: 108 476; 40,3; für Mannheim: 57 779; 62 301; 27,1; für Koblenz: 13842; 15050; 30,0.

Diese Zunahme der Haushaltungen ist in erster Linie durch die ungewöhnliche Steigerung der Eheschließun­gen verursacht worden. Während im jetzigen Reichsgebiet in den letzten Vorkrieosjayren jährlich rund 460 000 Ehen geschlossen wurden, sind es seit 1919 durchschnittlich 682 000 (1920 sogar 872 000). Zur Zeit bestehen in Deutschland etwa 12,8 Mllionen Ehen gegenüber 10,5 Millionen im Jahr 1910.

Eine weitere Steigerung hat die Zahl der Haushaltungen dadurch erfahren, daß viele Vertriebene aus allen Tei­len der Welt zusammengeströmt sind. Es leben heute in Deutschland 130 Menschen auf 1 Qkm., vor dem Krieg waren es nur 125. Nicht zuletzt wurde die Zahl der Haushaltungen noch durch die zahlreichen Kriegerwitwen beeinflußt. Im ganzen Reich ist eine Vermehrung der Haushaltungen um 24,72 v. H. eingetreten.

Eine weitere für die Nachfrage nach Wohnungen wesent­liche Ursache ist die Verkleinerung der Haushal­tungen. Während im Jahr 1871 eine Haushaltung durch­schnittlich 4,70 Personen zählte, entfielen im Jahr 1880 auf eine Haushaltung: 4,69, im Jahr 1900: 4,60, im Jahr 1910: 1,55 und im Jahr 1925 nur 4,07 (!) Personen.

Die Verkleinerung der Haushaltungen ist hauptsächlich hervorgerufen durch Geburtenrückgang. Ent­lassung von Dienstboten, Menschenverluste in den Kriegs­lasten und durch die Neugründung .zahlreicher Haushalte in der Nachkriegszeit. Es steht somit fest, daß t r o tz d e s W o h- "unasmanaels unsere Bevölkerung gegen-

Die Mischung von Tiger und Affe!

Blutige Zusammenstöße

Die Franzosen in Germersheim

Eermersheim. 19. Juli. Purch das immer abscheulicher werdende Benehmen der französischen Besatzung ist die hie­sige Bevölkerung aufs äußerste beunruhigt. Die empörende Störung beim Kriegerbundstag am 3. Juli ist nur ein Fall von zahllosen. Frauen und Mädchen ist es unmöglich, in der Nähe der französischen Quartiere zu gehen wegen der sür deutsche Begriffe unfaßbaren Schamlosigkeiten der Franzosen. Die Offiziere lachen dazu und haben ihre Freude daran.

In Schierstein wurde eine junge Frau fortwährend von einem Franzosen der Besamung belästigt und verfolgt. Um sich vor dem Kerl zu schützen, floh die Frau zu ihren Ellern nach Kronberg. Dies erfuhr der Franzose und er ver­folgte die Frau auch in Kronberg. Am Samstag drang er in die Wohnung der Eltern ein, und als die junge Frau ihn abermals zurückwies, tötete er sie durch einen Revolver- schuß. Dann brachte er sich selbst einen tödlichen Schuß bei.

Die Reichsregierung wird wegen der Borgänge in Eermersheim diplomatische Schritte unternehmen.

Auch in der elsässischen Stadt Hagenau haben zwei französische Offiziere am Nationalfest (14. Juli) die scham­losesten Ausschreitungen begangen, wofür sie von den em­pörten Elsässern verprügelt wurden. Der eine der Wüstlinge wurde auf die Polizeiwache, der andere ins Lazarett ge-

Der französische Philosoph Voltaire hak schon vor 20v Jahren den Franzosen eine Mischung von Tiger und Affe genannt. Den dritten Teil der tierischen Mischung hat er diskret verschwiegen, er ist aber leicht zu erraten.

Blutige Zusammenstöße in Speyer Speyer, 19. Juli. Der Rote Fronkkämpferbund hielt trotz polizeilichen Verbots am Sonntag unter Beteiligung der Gaue Baden, Saargebiet und Hessen in Speyer eine Versammlung statt. Als die Polizei einen Umzug aufzulösen versuchte, kam es zu Zusammenstößen. Die Polizei machte vom Gummiknüppel Gebrauch. Etwa 20 Personen wurden verletzt. Ehe Verhaftungen vorgenommen werden konn­ten, ergriffen die Roten Frontkämpfer die Flucht.

Zusammenstöße zwischen Roten Frontkämpfern und Krieger­vereinen

Rennkirchen (Saargebiet), 19. Juli. Anläßlich des vom Reichskriegerverband veranstalteten Bcrbandsfesies ist es hier zu schweren Ausschreitungen gekommen. Rote Front­kämpfer, unterstützt von Mitgliedern der Freien Gewerk­schaften, griffen die sich für den Festzug ausstellenden Krie­gervereine mit Stöcken an und zerrissen die Schilder und 5 Kriegervereinssahnen. Auf beiden Seiten gab cs zahlreiche Verletzte. Die Polizei sperrte den Fcstplaz ob, so daß d:e Feier des Reichskriegerverbandes weiterhin ruhig verlief.

wartig durchschnittlich nicht so dicht wohnt wievordemKrieg.

Das gilt für den Durchschnitt, hauptsächlich für die grö­ßeren Wohnungen. In den Mittleren und erst recht in den kleinen Wohnungen aber muß der obengenannte Ueberschuß an Haushaltungen untergebracht werden. Also müssen nicht selten zwei, mitunter sogar drei Familien in einer und der­selben Wohnung Hausen. Daß in solchen Fällen der häus­liche Friede leidet, versteht sich von selbst. An Stelle der Gemütlichkeit in einem Heim, das die Familie für sich allein bewohnt, treten unabsehbare Höllenqualen in solchen Behau­sungen, in denen mehrere Familien zusammengepfercht sind. Vielzimmerige Wohnungen haben wir hinreichend, ja sogar über den Bedarf. In Düsseldorf kommen z. B. auf eine Zehnzimmerwohnung nur 0,4 Personen, bei einer Einzim­merwohnung aber 2,9 Personen auf einen Raum. Es wird also Aufgabe jedes vernünftigen Wohnungsyrogramms sein, um jeden Preis den Kleinwohnungsbau zu fördern.

Das zehnte Kabinett Briand gestürzt

herriot übernimmt die Kabinettsbildung

Paris, 19. Juli. Die Kammer wurde am Samstag nach­mittag unter außergewöhnlicher Spannung eröffnet. Die Aussichten für das Kabinett waren nicht günstig, nachdem der Finanzausschuß die von . C a i l l a u x verlangten all­gemeinen Finanzvollmachten bereits abgelehnt hatte. Die Verhandlungen gipfelten in einem Redczweitampf zwischen dem sozialradikalen Kammerpräsidenten Herriot, der ab­sichtlich in der Sitzung nicht den Vorsitz führte, und dem Ministerpräsidenten Briand. Briand hielt sich meisterhaft und er überragte seine vereinigten Gegner, geistig und staats- männisch ohne Zweifel erheblich. Dem gemeinsamen An­sturm ist das Kabinett erlegen und der vorläufige Eindruck der Lage ist Ratlosigkeit und Verwirrung.

Namens des Finanzausschusses erklärte Abg. de Cap- pedelaine, der Regierungsentwurf des Ermächtigungs­gesetzes sei ohne Aenderungen unannehmbar, da das Par­lament sich seine gesetzgeberischen Rechte nicht nehmen lasse.

Kammerpräsident Herriot, von der Linken mit Bei­fall begrüßt, verkündete, daß erdie vorher zu lö­sende Frage" stellen werde. Der Gesetzentwurf habe das republikanische Gewissen vieler Politiker verletzt. Ein echt französisches Empfinden" habe ihn nicht als Partei­führer, sondern als Kammerpräsident veranlaßt, den Mi­nisterpräsidenten aufs dringlichste zu beschwören, er möge das Parlament nicht seiner wichtigsten Rechte und Pflichten bis Ende 1926 und vielleicht bis Anfang 1927 entkleiden. Das Parlament weiß, wie wichtig es ist, daß rasch und tat­kräftig Maßnahmen ergriffen werden. Aber es hört auch ringsum Gerüchte von einer heraufziehenden Diktatur, und es möchte die Notwendigkeiten des Augenblicks mit der Achtung vor den Hauptgrundsätzen der Verfassung ver­einbart wissen. Man hat sich über die Tragweite des zur Erörterung stehenden Vorschlags Rechenschaft gegeben? Heut­zutage hat alles Bezug auf die wirtschaftliche und finanzielle Lage: Die Versammlungsfreiheit, die Pressefreiheit und in schwierigen Augenblicken vielleicht sogar die persönliche Frei­heit mit einbegriffen. (Herriot steigerte sich in eine immer leidenschaftlichere Erregung hinein. Briand gab Zeichen der Ungeduld zu erkennen, dem Finanzminister Caillaux stiegen immer wieder Blutwellen'zu Kopf.) Ich würde mein Amt als Kammerpräsident keinen Augenblick länger be­halten, wenn unglückseligerweise die Autorität dieser Ver­sammlung hier verringert werden sollte.

Die Abwehr Lriands

Drtoud bestieg die Tribüne und faßte den Kammerpräsi­denten scharf ins Auge. Er begann ruhig und langsam, aber mit einem Ton, dessen Ernst die innere Erregung verriet.

Auch er habe sein Gewissen befragt. Als der aufrichtige und leidenschaftliche Republikaner, der er sei, habe er sich zu dem vorgeschlagenen Wege nur aus Grund der Gewißheit entschieden, daß dqdurch dem Ansehen des Parlaments nicht nur kein Eintrag geschehe, sondern dieses nach seiner ehrlichen Auffassung dadurch nur gestärkt werde. Er empfinde rings um sich das leidenschaftliche Begehren des Landes danach, daß eben diese republikanischen Einrichtungen auch über genü­gend Geschmeidigkeit verfügen müßten, um den jetzt drohen­den Gefahren entgegenzuwirken. Der Kammerpräsident Herriot hat die angeblich vorher zu lösende Frage gestellt. Das bedeutet in Wirklichkeit ein Duell zwischen dem Kammer­präsidenten und dem Ministerpräsidenten. Stürmischer Bei­fall rechts, Widerspruch links.) Die Kammer sieht sich vor zwei Vertrauensfragen gestellt, vor diejenige des Kammerpräsidenten und vor diejenige der Regierung. Als Ministerpräsident habe ich eine andre Auffassung von meiner Pflicht als sie mir der Kammerpräsident nahelegen wollte. Ich will auf keinen Fall dem parlamentari­schen Mechanismus zuliebe das Wohl des Lan­des opfern oder auch nur aufs Spiel setzen. (Entrüstete Zu­rufe aus der Linken, stürmischer Beifall in der Mitte und auf der Rechten.) Welch lange Debatten würden jetzt anheben, wenn man Artikel für Artikel der zu beschließenden Maßnah­men hier durchberaten wollte? Das würde zweifellos eine Auseinandersetzung ohne Maß und Ziel. Es geht nicht um Tage, es geht um Stunden. Was würde aus dem Frankenkurs werden? Und wenn in der Zwischenzeit das ganze Land in Verwirrung geraten sollte? Jetzt ist er­forderlich, daß innerhalb von 48 Stunden das Land ein kla­res Ziel vor sich sieht und eine handlungsfähige Regierung vor sich hat. Ohne das ist die Rettung unmöglich» und wenn das Parlament im Verständnis sür diese Lage sich zu einer gewissen Selbstverleugnung bereitsindet, so wird das Land seinerseits das Verständnis dafür ausbringen. Die republikanischen Einrichtungen werden dadurch nicht gefähr­det, im Gegenteil gestärkt. Aber wenn endlose Auseinander­setzungen anhcben sollten, so wird das Land gegen das Par­lament den Vorwurf der Unfähigkeit erheben. Die finanzielle Katastrophe wird die Folge sein. Andre mögen vielleicht anders denken, aber die Regierung ist der Auffassung, daß sie frevelhaft, ja verbrecherisch handeln würde, wenn sie anders Vorgehen würde. Schauen Sie, was in Belgien sich ereignet. In der jetzigen Lage bittet die Regierung, die Kammer möge es sich reiflich überlegen. Ne ve: langt von ihr die Mittel, um handeln zu können.

Nach Briand ergriff Finanzminister Caillaux das Wort, um den Gesetzentwurf zu rechtfertigen. Eine andere Rettung gebe es nicht. Die Regierung stelle die Vertrauens­frage. Die Kammer müsse zwischen seiner Politik und dem sozialistischen Programm wählen, oder sie müsse sich für Heranziehung des Golds der Dank von Frankreich zur Festi­gung der Währung aussprechen. Einen anderen Weg gebe es nicht.

Die Regierung beantragt Schluß der allgemeinen Aus­sprache und Uebergang zur Aussprache über die einzelnen Artikel des Entwurfs. Briand stellt hiezu die Vertrauens­frage. Die A b st i m m u n a ergab 290 für und 350 dagegen. Dos Kabinett war also mit 60 Stimmen in der Minderheit. Es wurde darauf aufmerksam gemacht, daß 80 Stimmen