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Mit den illustrierten Unterhaltungsbeilagen Feierstunden" undUnsere Heimat"

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verbreitetste Zeitung im O.A.-Bezirk Nagold Schristieitung, vriuk u.fl)erlag von S.tv. Sailer (Karl Sailer) Nagolck

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Nr. 157 Gegründet 1820 Freitag, den 8. Juli 1826 Fernsprecher Nr. 29 180. Jahrgang

Ser StreilsM."Reich ud Preuße»

Sehr angebrachte Verbote in Bayern

Tagesfpiegel

Reichskanzler Dr. Marx begibt sich am Samstag zu den deutschen Kampfspielen in Köln und wird in der nächsten Woche verschiedene Städte des befreiten Gebiets besuchen.

Erstminister Beldwin wird voraussichtlich mit Ehamber- lain an der Sepkembertagung des Völkerbunds in Genf eilnehmen.

Rach einer Pariser Meldung haben polnische Monarchi­sten dem Prinzen Sixtus von Parma die polnische Königs- kröne angeboren. Der Prinz ist bekanntlich ein Prüder der früheren Kaiserin Zita.

In einem Kampf mit Rifkabylen in Marokko verloren die Spanier 46 Offiziere und Mannschaften.

In der Reuyorker Untergrundbahn ist ein Streik aus­gebrochen. Der Verkehr wird durch Freiwillige zur Hälfte aufrechterhalken.

Der amerikanische Nationalreichtum

Der amerikanische Nationalreichtum .für 1925 wurde neuerdings, vom Bundeshandelsamt auf 550 Milliarden Dollar geschätzt: in Mark umgerechnet ergibt das ungefähr 2200 Milliarden Mark. Das deutsche Volksvermög-m wurde vor dem Krieg auf 260 bis 350 Milliarden Mark berechnet und ist heute erheblich niedriger anzusetzen; sollte es 200 Milliarden betragen, so wäre es ein Elftel des amerika­nischen. Die Washingtoner Zahl beruht auf einer Umrech­nung des Vermögens, das im Jahr 1922 mit 353 Milliarden ermittelt worden ist. Auf Grund statistischer Beobachtungen wird angenommen, daß das amerikanische Nationalvermö­gen sich jährlich um 16 v. H. vermehrt, in den drei Jahren 1923. 1924 und 1925 also um 4L v. H., und das ergibt auf der Grundlage von 353 Milliarden eben die 550 Milliarden. Bei der Annahme einer Vermehrung von 16 v. H. ist aller­dings die verminderte Kaufkraft des Dollars mit in die Rechnung eingestellt. Die durchschnittliche Zunahme des Na­tionalvermögens beträgt also im Jahr zwischen 50 und 60 Milliarden Dollar. Da die Bevölkerung 1922 etwa 110 Mil­lionen betrug, so kamen bei 353 Milliarden Dollar auf den Kopf rund 3200 Dollar. Nach der Schätzung für 1925 er­höht sich der Kopfbetrag natürlich ganz beträchtlich und dürste sich um 5000 Dollar herum bewegen- Amerika am nächsten steht das B r i ti s ch e R e i ch mit 130 Milliarden Dollar oder 520 Milliarden Mark, was bei einer Bevölkerung von 40 Millionen etwa 3250 Dollar auf den Kopf ausmacht und da­mit beträchtlich weniger, als in Amerika, aber immer noch unendlich viel mehr als in Deutschland. Das amerikanische Volkseinkommen war im Jahr 1923 rund 70 Mil­liarden Dollar, und da es sich jährlich um etwa 10 Milliar­den erhöht, so dürfte es heute" auf etwa 100 Milliarden Dollar stehen.

Beachtenswert sind auch die V e r t e i l u n g s z a b l e n. Bon dem Volksvermögen des Jahres 1922 entfallen 230 Milliarden auf Grund und Boden und die erzielten Verbesserungen. Die Landwirtschaft allein wird mit 18 v. H. des Gefamtoermögens eingeschätzt, also mit rund 65 Milliarden Dollar. Auf Industrie und Gruben­besitz treffen 14 v. H. oder 49 Milliarden Dollar, aus Bahn besitz und tzl i ch k e i ts a n st a l t e n, wie Gas- und Elektrizitätswerke usw-, 12 v. H- oder 4,2 Milliar­den. An dem Jahreseinkommen von 70 Milliarden im Jahr 1923 haben die Industrie, das B-augeschäft und der Grubenbetrieb einen Anteil von 42-zr^H. oder 29 bis 30 Milliarden Dollar, Ackerbau von 14 v. H. oder etwa 10 Mil­liarden, der Handel 12 v. H. oder 8,4 Milliarden, und der Rest von 32 v. H- oder etwas über 22 Milliarden trifft auf die freien Berufe. Ein Jahreseinkommen von 70 Milliar­den bei einem Vermögen von 353 Milliarden würde den vecht anständigen Zinssatz von 20 v. H. darstetten, sicher kein schlechtes Geschäft. In dem glänzenden W-rtschastsbild findet stch indes ein tiefer Schatten, und das ist die höchst un­gleiche Verteilung des Volks-Vermögens wie des Volkseinkommens. In keinem Land liegen die wirtschaft­lichen Gegensätze so hart und unvermittelt nebeneinander wie hier, England vielleicht ausgenommen.

Der Skandal der bessarabischen Regierung in Rio de Janeiro (Brasilien)

Vor einiger Zeit haben in Bessarabien gewissenlose Aus­wanderungsagenten die Bauern, darunter auch Deutsche, veranlaßt, ihre Höfe zu verkaufen, um nach Brasilien auszu­wandern, wohin sie nicht nur freie Fahrt erhalten sollten, sondern wo ihrer angeblich auch große Landschenkungen mit Vieh, Werkzeugen, Saatgut. Wohnhäusern und Stallun­gen, dazu Belieferung mit Nahrunasmitteln bis zur ersten Ernte usw. erwarten. Erst als ein Teil der Verführten obdach- und mittellos in Budapest auf der Straße lag und oie Opposition die Sache im Parlament zur Sprache brachte, beguemte sich die Regierung Bratianu dazu, den Auswanderungsagenten ein wenig auf die Finger zu sehen und der am meisten bloßgestellten Schiffahrtsgesellschaft, der -Lriestiner Cosulich-Linie, die Konzession zu entziehen. Die Abgeordneten der Minderheiten beschuldigten damals die rumänische Regierung, das Treiben jener Agenten in Vess- urabien mit Absicht geduldet zu haben, um auf diese Weise üwMchst viele nichtrumäniscbe Bauern aus dem Lande zu

Berlin. 8. Juli. Reichskanzler Dr. Marx wird nach einem Beschluß des Reichskabinetts aus Len unhöflichen Br/j des preußischen Ministerpräsidenten in einem ruhig gehal­tenen Schreiben nochmals den Standpunkt der Reichsregie­rung in Sachen der Ernennung des Dr. Luther zum Mit­glied des Verwaltungsrats der Reichsbahn darlegen und be­weisen, daß die preußische Regierung kein Recht habe, ein preußisches" Mitglied zu ernennen, da die Reichsbahn Reichssache ist. Im übrigen wird abgelehnt, den Streitfall vor den Staatsgerichtshos zu bringen, weil es sich nicht um einen Streit um einen Staatsvertrag handle, für den der Staatsgerichtshof zuständig sei.

Die preußische Regierung hält an ihrem Standpunkt fest, daß sie auf die Ernennung einen Anspruch habe und daß im Streitfall der Staaksgerichtshof zuständig sei.

, Unredlichkeiten beim Reichsneubauamt vor Gericht Krefeld. 8 Juli. Nach ötägiger Verhandlung wurde der Elektrotechniker Spreyer wegen Urkundenfälschung und Be­trugs zum Schaden des Reichs zu 9 Monaten Gefängnis und 5<V0 -R Geldstrafe verurteilt. Spreyer hatte im Auftrag des ' Reichsnrubauamts in Krefeld zahlreiche Arbeiten am Nieder - ' rhein auszuführen, die er sich unter Mitwirkung von An­gestellten des Amts verschafft hatte. Gegen die ungetreuen Beamten wird später verhandelt werden.

Aus dem bayerischen Landtag München, 8. Juli. Der Landtag hat einen völkischen Antrag angenommen, wonach öffentliche Tanzlustbar­keiten in der Adventszeit, am Heiligen Abend, am ersten

Mingen, während zur selben Zeit die Werbearbeit unter den Bauern rumänischen Stammes streng verboten war.

. Daß diese Beschuldigung nicht nur berechtigt war, er­sieht man aus dem Verhalten des rumänischen General­konsulats gegen die getäuschten und enttäuschten Auswan­derer. Als die Leute, die von den Agenten bei -den brasi­lischen Behörder als Landarbeiter angemeldet und -deshalb

angesichts des schweren Arbeitermangels in der brasi­lischen Landwirtschaft vom Einwanderungsamt mit offe­nen Armen ausgenommen worden waren, nach dem Innern befördert werden sollten, um in landwirtschaftlichen Groß­betrieben Arbeit zu nehmen, weigerten sie sich ganz ent­schieden. Sie seien herübergekommen, weil die brasilische Regierung ihnen Land usw. versprochen habe, und es sei ihnen natürlich nicht im Traum eingefallen, ihre Höfe in der Heimat zu verkaufen, um in Brasilien Landarbeiter zu werden. Es kam sowohl in Rio als auch in Santos und Sao Paulo zu erregten Auftritten, da die Leute sich durch­aus nicht davon überzeugen lassen wollten, daß sie von Len Agenten betrogen worden seien, sondern dabei verharrten, es sei die Regierung, die ihnen alles versprochen habe und nun nicht gewähre. Zu wiederholten Malen (die Vessarabier

dazu auch noch Banaler kamen schiffladungsweise) nahmen Gruppen eine so drohende Haltung an. Laß die Polizei eingreifen mußte. Unter diesen Umständen beschlos­sen die Regierungen des Bundes und des Staats Sao Paulo schließlich, die rumänischen Einwanderer aus öffentliche Kosten wieder nach Hause zurückzusenden. Da aber er­öffnest der rumänische Generalkonsul im Auftrag seiner Regierung, er werde innerhalb der nächsten fünf Jahre die Pässe dieser Leute nicht bestätigen, so daß sie die Grenze ihres Heimatlands nicht überschreiten könnten- Einen bün- digern Beweis dafür, daß die Regierung Bratianu dem gan. zen Auswanderungsschwindel nicht fern stand, kann man kaum verlangen. Sie ist auch verantwortlich dafür, daß in Pessarabien regelrechter Kinderhände! betrieben wurde. Da die Agenten erzählten, je größer die Kopfzahl der Fami­lie, desto bedeutender auch die von Brasilien gewährten Vergünstigungen, sokomplettierten" einige ganz Schlaue ihre Familien, indem sie bei» nicht auswandernden Nach­barn Kinder kauften. Auch das ist in Rio ans Tageslicht ge- stimmen. Nach und nach hat sich nun die Mehrzahl der Einwanderer in das Unvermeidliche gefügt und entweder Arbeit angenommen oder sei es aus staatlichen, sei es auf Privatkolonien ein Landlos auf Abzahlung gekauft. Doch bleibt noch immer eine nicht ganz kleine Schar Hartnäckiger übrig, die aus der Jlha Los Poreps (Schweins-Insel) bei santos untergebracht wurden und den Behörden viel Un­gelegenheiten bereiten. Und was die Betrogenen über' Brasilien nach Hause berichten, das kann man sich verstellen.

Neuestes vom Lage

Eine letzte Verständigungsmöglichkeik im englischen Bergarbeilerstreik

London, 8. Juli. Die Blätter sind der Ansicht, daß die Regierung durch die Verschiebung der Erledigung des Acht­stundentagsgesetzes den Arbeitern im Bergbau noch eine Möglichkeit geben wollte, zu einem Verständigungsfrieden zu gelangen, und daß es nur einer unzweideutigen Erklärung der Arbeiterführer Cook und Smith bedürfte, sie seien bereit, eine Herabsetzung der Löhne hinzunehmen, um das Jnkraft-

Weihnacyisseiertag und m der Zeit vom Aschermittwoch bis einschließlich 1. Osterseiertag verboten werden. Ein­stimmige Annahme fand ein deutschnationaler Antrag, der die Regierung ersucht, bei der Reichsregierung einleitende Schritte zur Ueberprüfung des Dawesgutach- tens zu unternehmen. Eine längere Aussprache ver- anlaßte die Eingabe und Anfrage betreffend dasjüdische Schächten. Mit Unterstützung von Mitgliedern der Deutschnationalen und des Bauernbunds hatte der Völkische Block einen neuen Antrag eingebracht, in dem die Staats­regierung ersucht wird: 1. alsbald gesetzliche Anordnungen zu erlassen, wonach Rinder, Schafe, Ziegen, Pferde, Esel, Maulesel, Maultiere und andere Wiederkäuer, Schweine und Hunde, die geschlachtet werden, vor Beginn der Blut­entziehung zu betäuben sind; 2. durch gesetzliche An­ordnungen sicherzustellen, daß überall dort, wo es möglich ist, die Betäubung des Schlachtviehs statt durch freien Kopf­schlag durch mechanisch wirkende Geräte, speziell Schlag­bolzen, die geeignet sind, die Betäubung oder den sofortigen Tod des Tieres herbeizuführen, vollzogen wird. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen des Völkischen Blocks, der Nationalsozialisten, der Deutschnationalen, des Bauern­bunds, der Sozialdemokraten und der Kommunisten gegen die Stimmen der Bayerischen Volkspartei und der Freien Vereinigung angenommen.

Nach kurzer Aussprache lehnte das Haus mit allen Stim­men gegen die Nationalsozialisten, Sozialdemokraten und Kommunisten den nationalsozialistischen Antrag betreffend Auslösung des Landtages ab.

treten der Achtstundenvorlage noch weiter hinauszuichieden. Das Lohnangebot des Kohlenbezirks Dorkshire ist der Re­gierung deshalb besonders anstößig, weil es den Anteil der Löhne am Rohgewinn von dem bisher allgemein üblichen Satz von 87 auf 85 Prozent herabsetzte, dagegen Len Anteil der Grubenbesitzer von 13 aus 15 Prozent erhöhte. Die Re­gierung will, daß Las alte Verhältnis beibehalten werde. Die Grubenbesitzer von Porkshire haben nun auch aus di« von ihnen vorgeschlagene Aenderung des Verteilungsverhätt- nijses verzichtet.

Ausländische Kohle in England /

London, 8. Juli. Das Unterhaus bewilligst mit 245 gegen 115 Stimmen für den Ankauf ausländischer Kohlen drei! Millionen Pfund Sterling. Eine Nachforderung von 433 Ml Pfund für Ausgaben, die mit der Bekämpfung des General­streiks Zusammenhängen, wurde mit 269 gegen 106 Stimmen bewilligt.

Im Mai und Juni sind vom europäischen Festland, haupst sächlich yus Deutschland, 1 012 000 Tonnen Kohle durch bri­tische Privatgesellschaften nach England eingefübrt worden«

Der Minister des Innern teilst mit, er beabsichtige auß Grund der Erfahrungen beim Generalstreik die Zahl d« Hilfspolizisten in London von 8000 auf 15 000 zu erhöhen« Das während des Buchdruckerstreiks von der Regierung herausgegebene Blatt .British Gazette" wurde täglich iy einer Auflage von 2)4 Millionen verbreitet. Schatzkanzler Churchill erklärte, wenn noch einmal ein Generalstreik auf das Land losgelassen würde, dann werde auch die .Bri­tish Gazette" wieder auf das Land losgelassen.

Einstellung der russischen Streikunterstützung?

Moskau, 8. Juli. DiePrawda" berichtet, die Sowjet­regierung habe die zwangsweise Beitreibung von Unter- stützungsgeldern für den englischen Bergarbeiterstreik Lurch die russischen Gewerkschaften verboten.

Umstellung der russischen Ostpolitik

London, 8. Juli. Die Sowjetregierung hat ihren Bot­schafter Kopp in Japan und den Botschafter Karachar» in Peking nach Moskau berufen. Man glaubt, daß Rußland seine Politik in Ostasien grundlegend zu ändern beabsichtige, nachdem die Verhandlungen mit Japan über die russisch- chinesischen Eisenbahnen zu keinem Ergebnis geführt haben.

Wachsende Spannung zwischen Hindus und Moham­medanern in Indien

Simla, 8. Juli. Die Spannung zwischen Hindus und Mohammedanern ist in ganz Indien im wachsen begriffen. Die Streitigkeiten greifen auf die Dörfer und Landbezirke über, wo es schwer ist, genügende Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Eine Versammlung von Mohammedanern in Lahors hat vor kurzem verlangt, daß den Mohammedanern von der Regstrung erlaubt werde, Schwerter zu tragen, da die Sikhs mit Dolchen bewaffnet seien. Kurz zuvor war eine Anzabl Mohammedaner bei einem Krawall von Sikbs getötet worden. Da der Gegensatz zwischen Hindus und Mohammedanern ist in ganz Indien im Wachsen begriffen.

imd durch das politische Erwachen der Be- neu genährt wird, so ist nicht abzusehen, wie den Unruhen wirksam gesteuert werden könnte. Jeder Wahl- kampf sowohl wie jedes religiöse Fest kann zu einem neuen Ausbruch der Feindseligkeiten führen.