Sette 8 - Nr. 1S2
Feste! Feste!
Wohin den Blick man schweifen läßt:
Nur Fest an Fest,
Im kleinsten Nest,
Mit Dudeln und mit Leiern!
Der jüngste Klub, der dümmste Bund,
Der tut jetzund
Sein Wesen kund
Mit Feiern, Feiern, Feiern.
An allen Ecken hier und da Mit Tschingdara Und Hoppsassa,
Man muß sich kräftig zeigen.
Ich mein': das redlichste Pauier,
Das fänden wir Doch heute hier In Arbeit und in Schweigen.
Entschwand uns denn die Traurigkeit,
Die harte Zeit,
Das deutsche Leid,
Die bitterschweren Gaste?
Ach nein! Wir sind noch rings bedroht Bon Leid und Not,
Bon Schmach und Tod-
Was sollen da die Feste?
So laßt die ganze Feierei ! Und Leierei
' Und Schreierei,
t Den Besen nehmt zum Kehren!
, Geht feste aus die Feste los,
Mit Hieb und Stoß,
Das wäre groß
> Und eine Tat voll Ehren!
l
Gedanken «nd Belrachtnnge« zn de» „Feierstunden".
Sonntag ist's draußen und Sonntag und Frieden zeigt uns auch das Titelblatt unserer „Feierstunden": ein sonniges Gäßchen aus Saarbrücken, wo mir jeden Augenblick darauf warten, Saarländer und Saarländerinnen in ihrer reizvollen Tracht zur Kirche gehen zu sehen. — Der kleine Piepmatz mit seiner Mutter macht nicht gerade ein freundliches Gesicht und manch ein kleiner Nagolder Weltenbürger wird ob des kalten Nagoldwassers im hoffentlich bald eröffneten Famielien bad sich nicht viel anders produzieren. — Wie weit nun die ! Aufnahme von dem rheinischen Nachmittag in der Reichskanz- l lei glücklich gewählt ist, soll jedem Leser selbst überlassen bleiben, denn bei der wohlgedeckten Tafel etwas von der „Not" im besetzten Gebiet zu ersehen, möchte wohl etwas schwierig sein. — Heute hat nun der alte Dessauer, dessen Standbild in Dessau i auf dem großen Markt steht, seinen 256. Geburtstag. Sollen
! wir nun froh sein oder traurig in Gedanken an ihn? Froh
^ sind wir, daß wir solche Männer hatten, traurig in Gedanken
! an unser heutiges Deutschland, besonders auch traurig, wenn
man weibisch verputzte Mode-Jünglinge sieht, die es deutlich darauf anlegen, daß nur niemand bei ihnen so etwas wie männlichen Schneid und männliche Kraft vermutet. Es zeigt eben das ganze Aeußere schon die entsprechende Waschlappig keit. — Verfalls-Erscheinung! Nun es kommt überall im Leben darauf an, daß dem Minderwertigen schließlich doch einmal das Bessere folge. Kraft und Mut gehören so sehr zum deutschen Wesen, daß sie immer wieder zur Erscheinung kommen, mag das gewissen übermodernen Träumen und Ideologen — deren gibt es leider allzuviele — wenn sie es selbst gar nicht t wissen oder wissen wollen — noch so fatal auf die Nerven fallen.
Kraft und Mut bieten auch der schweren Gegenwart Trutz. Es handelt sich um eine seelische Einstellung, die sich von keinem Pessimismus unterkriegen läßt und die immer auf freudige Lebensbejahung ausgeht, weil sie selber Licht und Wärme bedeutet. In diesem Sinne mag ein Wort des großen Schleiermacher in Erinnerung gebracht werden, das ebenso deutsch wie zeitgemäß ist: „Sorge nicht um das, was kommen wird, weine nicht um das, was vergeht; aber sorge, dich selbst nicht zu verlieren, und weine, wenn du dahin treibst im Strome der Zeit, ohne den Himmel in dir zu tragen!" Kraft und Mut brauchen wahrlich keine Großmaul Manieren zu entfalten. Die bloße Renomisterei tut es nicht. Der Starke redet nicht lange, sondern handelt. Heutzutage wird oft ganz in der Stille ein Martyrium getragen, wenn es der Stolz verbietet, die persönliche wirtschaftliche Notlage auszutrompeten. Wieviel unglückliche Frauen haben nicht schon um der Kinder willen still und stark das Joch einer bösesten Ehe weitergeschleppt. Kraft und Mut haben ihre berühmten und glänzenden Beispiele in der Weltgeschichte, aber auch im staubigen Alltag sind sie vertreten und man steht oft beschämt da, wenn man gelegentlich auch hier von einem klassischen Beispiel vernimmt. Vornehmlich aber steht es der Jugend wohl an, Kraft und Mut zu bekunden. Sport und Leibesübung aller Art werden jetzt gerne getrieben und auch wir hier in Nagold stehen dabei nicht zurück. Eine Kundgebung zur Bekenntnis dieser hohen und wertvollen Bestrebungen sollen die heute und morgen stattfindenden Reichs- jugendwettkämpse darstellen. Em gutes Zeichen! Besonders dann, ivenn es nicht nur um Rekordzahlen geht, sondern wenn dabei ein Wille zur Erstarkung waltet und zu wackerer Erfassung des Lebens überhaupt!
Die übrigen Bilder vom Tage geben wohl noch Anregungen zu weiteren Gedanken und Betrachtungen, doch wollen wir dies unseren Lesern selbst überlassen. Neben dem neuen Roman „Höhen und Täler des Lebens" bieten die anderen Skizzen etc. reichlich wertvollen Unterhaltungsstoff und mögen morgen sieben Sonnen am Himmel stehen, wie wir es den Veranstaltungen gönnen, so soll es doch in Nagold, wie man sagt, auch einmal regnen, sodaß die Rätselecke ihren Zweck, über stille Stunden hinwegzuhelfen, schließlich noch erreichen wird.
Abschied.
Am I. Juli verließ Herr Oberlehrer Breitling, der seit 1902 in Ebershardt und seit 1920 hier wirkte, unsere Stadt. Die Sorge um bessere und billigere Ausbildung feiner Kinder veranlaßie den hier bei Alt und Jung beliebten Lehrer, den Wanderstab zu ergreifen. Der Bezirkslehrerverein Nagold verabschiedete seinen Vorstand letzten Samstag in der „Traube" in einer gut besuchten Versammlung, worin die Verdienste des Scheidenden als Lehrer, Vereinsvorständ, Schulkämmerer, Schriftführer der A.G. und des Sparerbundes von verschiedenen Rednern gewürdigt wurden. Möge Familie Breitling in ihrer neuen Heimat Botnang das finden, ivas sie erhofft! Unsere besten Wünsche begleiten sie.
»
Nnnd nm Nagold.
Die Finna Benz LKoch beabsichtigt von nun ab, sowohl um den Nagolder Bürgern als auch den Kurfremden usw. Abwechslung zu bieten, allwöchentlich zwei Rundfahrten mit ihren bequemen Personen-Omnibuffen zu unternehmen. Vorläufig gedenkt man, diese Mittwochs und Freitags auszuführen unter
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
selbstverständlicher Voraussetzung einer einigermaßen genügenden Beteiligung. Es müßte ganz außer Zweifel sein, daß solche Fahrten, die an immer wieder andere reizvolle und schöne Plätze unserer Heimat geplant sind, zustandekämen, denn, wie aus dem Anzeigenteil ersichtlich ist, sind die Preise derartig niedrig gehalten, daß jedem eine Teilnahme ermöglicht ist. Auch von Schulen und Vereinen sollte diese günstige Gelegenheit in Betracht gezogen werden, denn Ausflüge mit Eisenbahn usw. werden sich wohl kaum billiger gestalten. Einer besseren Dis- ponierung wegen ist eine Anmeldung an die Unternehmer selbstverständlich Voraussetzung.
Doch nicht nur diese wöchentlichen Rundfahrten sind vor» gesehen, sondern auch größere Fahrten und zwar an Sonntagen, z. B. zur Schloßbeleuchtung nach Heidelberg etc. Die große Mühe, die sich die Firma Benz L Koch in Bezug auf das Verkehrsleben gibt, sollte allerseits durch eine rege Beteiligung belohnt werden, zumal das Unternehmen bereit ist, jedweden Wünschen weitgehendst Rechnung zu tragen. Sollten die Wochen-, sowohl wie die Sonntagsfahrten zur Regelmäßigkeit werden, so kommen an bestimmten noch festzusetzenden Tagen in der Woche die jeweiligen Bekanntmachungen im Anzeigenteil dieser Zeitung, sodaß schon reichlich früh von den Interessenten über die Zeit verfügt werden kann.
Der Film von den olympischen Spielen
wurde gestern abend im Seminarfestsaal von den sehr zahlreich erschienenen Besuchern mit der erwarteten Begeisterung ausgenommen. Wie schon öfters ausgeführl, handelt es sich hierbei nicht um ein Werk, das nur Sportsleuten Interesse abgewinnt, sondern auch jedem Laien zur größten Freude gereicht. Heute abend V°8 Uhr läuft der Film zum letztenmal und können wir unseren Lesern den Besuch nur empfehlen.
m LlNllM
EI83
WL5 63 K3ltf6l1 3O>> UNcI WO 63 6>6 WLU6 billig 6kliuli, W6NI1 63 ilim cÜ6 Arn6ig6 uiclit sagt!
Altensteig, 2. Juli. Gemeinderatssitzung vom 1. Juli: entschuldigt: Kaltenbach. Eine Reihe minderwichiiger Gegenstände kommt zunächst zur Erledigung. — Hinsichtlich der Waldbeerenernte wird für die Stadtwaldungen bestimmt, daß das Sammeln vor 13. Juli verboten ist. Im klebrigen wird der Enzwald und Hagwald freigegeben, während das Sammeln in den übrigen Stadtwaldungen Auswärtigen untersagt, also ausschließlich den Altensteigern Vorbehalten ist.
Den Hauptgegenstand der Tagesordnung bildet die Auf- wertungder Stadtanleihen. Es ist dies ein Fragenkomplex, der nur durch Aufstellung und Durchführung genereller Grundsätze einer befriedigenden und unparteiischen Lösung zugeführt werden kann. Diese Grundsätze wurden von dem damit betrauten GR. Walz ausgearbeitet, von der Auswer- tungkskommission vorbehandelt und heute von Stadtpfleger Pfizenmaier dem Gemeinderat zur Beschlußfassung unterbreitet. Stadtpfleger Pfizenmaier führte dabei aus, daß er persönlich eine wesentlich Höhere Aufwertung für angezeigt halten würde, daß er aber in Anbetracht der Voranschlagsergebnisse vom Standpunkt der Gemeindeverwaltung aus sagen müsse, daß die Vorschläge das Äußerste enthalten, was sich die Stadt gegenwärtig leisten könne. Nach eingehender Beratung stimmte der Gemeinderat folgender grundsätzlichen Regelung zu:
1. die ab 15. Juni 1922 mit oder ohne Vorbehalt heimbezahlten P r i v a t anleihen werden mit 20°/,,
2. die im Jahre 1920, 1921 und bis 15. Juni 1922 mit oder ohne Vorbehalt heimbezahlten Privatanleihen, sowie die im Jahre 1923 getilgten Darlehensforderungen öffentlicher Kaffen (Städt. Sparkasse hier, Landessparkasse Stuttgart, Landesversicherungsanstalt, Allgemeine Rentenanstalt) werden mit 12*/z°/, des Goldmarkwerts aufgewertet.
Zu 1. und 2. ist zu bemerken, daß alle Schulden der Stadt spätestens im Jahre 1923 heimbezahlt wurden und daß gesetzliche Auswertungspflicht infolge Vorbehalts nur bei wenigen Posten bestehen würde.
3. Kaufpreisschuldigleiten nach Treu und Glauben und billigem Ermessen aufzuwerten.
4. Bei Kaufpreisforderungen aus den Jahren 1922 und 1923, die aus öffentlicher Versteigerung herrühren, den Goldmarkdifferenzbetrag, d. h. die Differenz zwischen dem Wert beim Entstehen der Forderung und dem Wert bei der Bezahlung mit 100°/, in Anrechnung zu bringen, wobei diejenigen Beträge, die innerhalb 4 Wochen nach der Versteigerung bezahlt wurden, zu dem am Versteigerungstag maßgebenden Kurs angerechnet werden.
5. Die Aufwertung einiger Bauplatzkaufpreisforderungen biszur weiteren Klärung zurückzustellen.
Die ohne gesetzlichen Zwang, lediglich auf Grund sittlicher und moralischer Pflicht oorgenvmmene Aufwertung heimbezahlter Anleihen bei denen ein Vorbehalt nicht erkennbar war, erfolgt mit der Maßgabe, daß damit eine rechtliche Verpflichtung zur Aufwertung nicht anerkannt wird, also eine evtl, noch kommende Erhöhung des Aufwertungssatzes für diese Fälle nicht in Betracht kommen kann.
Das Fazit dieses Beschlusses ist, daß zu Z. l die Aufwertung bei rund 103000 Goldmarkschulden — RMk. 17 000, zu Z. 2 die Aufwertung bei rund 434000 Goldmarkscbulden — RMk 53000 beträgt.
Die Aufwertunp der z. T. erst im Laufe von 1 */z Jahren getilgten Kaufpreisschuldigkeiten an Frau Blumenwirt Pfeifle Wwe. hier erfolgt in der Weise, daß der Friedenswert festgestellt wird, die in Goldmark bewirkten, oder von der Verkäuferin als Goldmarkheimzahlung verwerteten Zahlungen hieran abgezogen werden und der sich ergebende Rest mit 75°/, aufgewertet wird. Frau Pfeifle erhält hienach eine Aufwertung v. RMk. 4 500. Rechnet man die Aufwertungsverpflichtungen der Stadt nun zusammen und berücksichtigt dabei noch die Faist'sche Aufwertungsschuld, so kommt man auf einen Gesamtbetrag von rund RMk. 95 000. Diesen Aufwertungsverpflichtungen stehen einschl. der aus Aufwertungen von Reichs- und Staatspapieren, Pfandbriefen etc. zu erwartenden Beträge Aufwertungssorderungen von ca. RMk. 27 000 gegenüber, so daß die Nettoaufwertungs- verpflichtungen der Stadt ca. RMk. 68000 beträgt.
Die in Auswirkung des gefaßten Beschlusses entstehenden Schuldverbindlichkeiten werden vom 1. Januar 1926 an mit
Samstag» 8. Juli 1S2V
5°/, verzinst. Der Zins wird ^»jährlich, bei kleinen Beträgen jährlich, jeweils bei Verfall und nicht erst, wie im Anleiheablösungsgesetz vorgesehen, beiFälligkeit der Ablösungsschuld bezahlt. Die Forderungen der Privatgläubiger, sowie der öffentlichen Gläubiger, soweit Vorbehalt gemacht ist, sind in 20jähriger Tilgungsfrist abzutragen, wobei kleinere Forderungen bevorzugt oder auf Wunsch bedürftiger Gläubiger sofort zu tilgen sind. Die freiwillig aufgewerteten Forderungen öffentlicher Anstalten sollen erst in Anreihung an den bestehenden Schuldentilgungsplan zurückbezahlt werden.
Damit hat die Stadtgemeinde eine Regelung vorgenommen, die sehr über die gesetzmäßige Verpflichtung hmausgeht, aber billigem Ermessen und einer sittlichen Pflicht entspricht.
Gültsiem OA. Herrenberg, 2. Juli. Notlandung. Bei der Kochmühle mußte ein Döblinger Flieger eine Notlandung vornehmen. Das Flugzeug wurde nur leicht beschädigt, der Flieger blieb unverletzt.
Freudenstadl. 2. Juli. Der Ausbau der Murg» talbahn gesichert. Wie verlautet, haben weitere Verhandlungen in der Frage des Ausbaus der^ Murgtalbahn stattgefunden. Es besteht nunmehr die begründete Aussicht, daß mit dem Ausbau der noch fehlenden Strecke durch die Reichsbahndirektion von Stuttgart noch in diesem Jahr begonnen wird.
Rokkenburg, 2. Juli. Zeitungsjubiläum. Am 1. Juli konnte die „Rottenburger Zeitung und Neckarbote in Rottenburg auf ihr hundertjähriges Bestehen zurückblik- ken. Aus diesem Alllaß haben Redaktion und Verlag eine gediegene, reich illustrierte Festschrift herauÄgegeben, die wertvolle Artikel über den Werdegang der Zeitung und über die Geschichte der Stadt Rottenburg, sowie Glückwünsche namhafter Persönlichkeiten, u. a. des Bischofs und der beiden Zentrumsminister enthält.
Ans aller Well
Ein Goethe-Preis. Der Frankfurter Magistrat hat in der Stadtverordnetenversammlung einen Antrag eingebracht, alljährlich am Geburtstag Goethes einen Frankfurter Goethe-Preis von 10 000 Mark zur Verteilung zu bringen. Es werden nicht nur deutsche, sondern auch ausländische Dichter Preisträger sein können.
Das Achilleion als Lafino. Auf Beschluß der griechischen Regierung wird das Schloß des ehemaligen deutschen Kaisers Wilhelm ll. auf Corfu, das Achilleion, in ein Casino nach dem Vorbild von Monte Carlo umgewandelt werden.
Deutsche Architekten zum Wettbewerb „Völkerbundspalast in Genf" zugelassen. Obwohl Deutschland dem Völkerbund noch nicht angehärt, wird, wie der „Deutschen Bauzeitung" aus Genf gemeldet wird, der demnächst auszuschreibende internationale Wettbewerb um Entwürfe zum Völkerbundspalast zu Genf auch den Architekten Deutschlands, des Saargebiets und des Freistaats Danzig offenstehen. An Preisen werden insgesamt 165 000 Schw. Fr. ausgesetzt.
Der To- in den Bergen. Am Mittwoch ist beim Abstieg von der Zugspitze zur Wiener-Neustädter Hütte eine Touristin namens Margarethe Zahn aus Amberg tödlich abgestürzl, während am Donnerstag ein Fräulein Anna Lechner aus Garmisch beim Aufstieg zur mittleren Höllentalspitze den Tod fand.
Die Zahl der Selbstmorde in Berlin. In Groß-Berlin sind vom 1. Januar bis 30. Juni ds. Is. 1590 Selbstmorde aus wirtschaftlicher Notlage zur Anzeige gelangt.
Vor Schreck erblin-ek. Die Frau -es Straßenränder» Ulrzch, -er in Berlin am Mittwoch einen Kassenboten der Landsbank überfallen und angeschossen hatte, erlitt, als sie durch einen Kriminalbeamten von der Tat ihres Mannes erfuhr, einen Nervenchok, der ihre sofortige Erblindung zur Folge hatte.
Voüstreckkes Todesurteil. Freitag früh wurde der Schlosser Rudolf, genannt Trödelsberger, der im November v. I. am Heidehaus bei Sondershausen zwei reisende Automobilisten erschossen hatte, hingerichtet.
Versuchter Sprenganschlag auf einen Zug. Nach einer Meldung aus Chemnitz war auf die Eisenbahnstrecke Iöh- stadt—Wolkenstein eine Blechschachtel mit Kugel- und Schrot» patronen gelegt worden. Durch die Lokomotive eines Güter» zugs wurde die Sprengladung zur Explosion gebracht, richtete jedoch glücklicherweise keinen besonderen Schaden an. Im Fall einer Entgleisung wäre der Zug in die hochgehend« Preßnitz gestürzt. Die Täter konnten bisher nicht ermittelt werden.
Letzte Nachrichten
Retchstagsferlen bi» zum 8. November.
Berlin, 3. Juli. Der Reichstag vertagte sich am Freitag um 12 Uhr nachts auf den 3. Dovember.
Eine Knndgebung der Demokraten.
Berlin, 3. Juli. Der Vorstand der demokratischen Partei veröffentlichte eine längere Kundgebung, in der es am Schluß heißt: Die Mehrheit der sozialdemokratischen Reichstagsfraktiou, die über die preußische Landtagsfraktion und über die Minderheit der Reichstagsfraktion den Sieg davongetragen hat, hat auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit der verfassungstreuen Parteien keinerlei Rücksicht genommen. Sie trägt die Verantwortung dafür, wenn der Glaube an die Leistungsfähigkeit des Parlamentarismus erschüttert wird und wenn heute sich die Kluft zwischen der Sozialdemokratie und den anderen republikanischen Parteien zu vertiefen droht.
Preffesttmmen zur
Zurückziehung de» Fürstenabfindungs-Gesetzes.
Berlin, 3. Juli. Die „Tägliche Rundschau" schreibt: Der Ausgang der gestrigen Reichstagsverhandlung kann niemand befriedigen. So wie die Dinge heute liegen, kann man nur sagen, daß wir uns weiter mit diesem Problem quälen müssen und daß der Herbst vielleicht eine Lö» sung bringen wird. Der „Lokalanz eiger" sagt, der gestrige Tag sei eine Niederlage nicht nur des Minderheitenkabinetts Marx, sondern eine Niederlage des parlamentarischen Systems in Deutschland, das nun einmal deutsche Regierungsform sei. Das „Berliner Tagblait" schreibt: Wenn die Sozialdemokraten die Politik der Agitation fortsetzen, dann verhindern sie eine gesetzliche Lösung der Fürstenfrage und sie verhindern die Bildung einer republikanischen Koalition. Die „Vossische Zeitung" meint: im Herbst wird die Sozialdemokratie hoffentlich