Sette S — SU. 12S
«agolder Tagblatt »Der SeseHschasler*
Montag, 7. Juni 1S2S
Aus Stadt «ud Land
^ Nagold. 7. Juni 1926.
Vertraue dich dem Manne nicht an, der jedermanns allgemeiner Freund ist, er wird nicht irgend jemands besonderer Freund sein. Hefiod.
Dienftnachrichten.
Die Reichsbahndireklion hat die Eisenbahnsekretäre Lettin g e r in Unterreichenbach nach Calw, Scheublr in Calw nach Unterreichenbach versetzt.
A-
Pa«t Gerhard»Teier.
In deni gestrigen Vormittagsgottesdienst romde anläßlich des 250. Todestags unseres großen Kirchenliederdichters Paul Gerhard gedacht und Herr Dekan Otto verstand es, in pak- kenden Worten ein Lebensbild dieses großen Mannes zu entwerfen. Die Mitwirkung des Musikvereins vertiefte den Wert der Feier in den Herzen der Kirchenbesucher und durch allgemeine Gesänge von Gerhard-Liedern konnte sich die andächtige Gemeinde tätig an der Feier beteiligen.
Die »Schwäbische Bilderbühne*
zeigt hier in den nächsten Tagen einen neuen aufsehenerregenden Kulturfilm, den letzten Film von der Eroberung des Mount Everest, des „Gipfels der Welt". Es ist bekannt, daß im Jahre 1924 eine dritte englische Expedition den Mount Everest zu bezwingen suchte, bis sie — 160 Meter vom Gipfel entfernt, den ungeheuer schweren Kampf aufgeben mußte. Wir begleiten die tapferen Männer von Indien über das tibetanische Hochland zur schmutzigsten Stadt der Welt, dem 5000 Meter hoch gelegenen Phari-Dzong bis zum gastlichen Rong-buk-Kloster. Von dort aus geht die Besteigung etappenweise vor sich. Zwei Teilnehmer der Expedition brechen auf, um den Gipfel zu erreichen. Sie kommen aber erschöpft und fast schneeblind zurück, ohne den Gipfel erreicht zu haben. Die beiden jüngsten Teilnehmer versuchen es noch einmal. — Sie kehren nie wieder. Haben sie den Gipfel erklommen und starben sie auf dem Rückweg oder brachen sie vorher zusammen? Niemand weiß es. — Nach dem letzten Versuch kehrte die Expedition zurück. — Ihr Film ist ein Meisterwerk der photographischen Kunst, ein unschätzbares Kultur- und Zeitdokument und eine grandiose Tragödie menschlichen Ringens, so dramatisch wie kaum ein Spielfilm. Er hinterläßt in jedem Beschauer unvergeßliche Eindrücke. Die Vorführungen finden in Wildberg im Schwarzwaldsaal am 8. Juni, in Nagold im Seminarfestsaal am 9. und 10. Juni, je um 8 Uhr abends statt.
Höhere Aufwertung.
V. Die Süddeutsche Baumwolle-Industrie, Aktiengesellschaft in Kuchen hat ihre 4 '/-"/»igen Teilschuldverschreibungen von 1920 zur Rückzahlung auf 15. August 1926 gekündigt. Statt des gesetzlichen Aufwertungsbetrages, der 7,30 Reichsmark für 1000 Papiermark ausmachen würde, werden für den Altbefitz einschließlich Ablösung der Genußrechte und angefallenen Zinsansprüche 15 Reichsmark — etwa 30 V» Aufwertung, für den Neubesitz einschließlich Ablösung der Zinsansprüche 10 Reichsmark — etwa A°/o Aufwertung ausbezahlt. Zudem erfolgt die Ausbezahlung sofort. — Die Firma Erwin Behr, Möbelfabrik in Weudliugeu kündigt ihre 5°/,igen Teilschuldverschreibungen von 1922 ebenfalls zur Rückzahlung auf 15. August 1926. Statt einem Aufwertungsbetrag von 2,33 Reichsmark für 1000 Papiermark (einschließlich angefallener Zinsansprüche) werden sofort 5 Reichsmark ansbezahlt.
9. Liederfest
des Nagoldgau- Sängerbundes.
Nun ist auch Gültlingens großer Tag vorüber und wohl noch niemals hat das Oertlein im schönen Gäu so viele frohe Menschen an einem Tag beherbergen dürfen. Schon morgens in aller Frühe kamen die Festteilnehmer aus allen Himmelsrichtungen zum edlen Wettstreit und zur Pflege des deutschen Liedes herangezogen und sie waren erfreut über den schönen Empfang, der ihnen bereitet wurde. Festbäume, Girlanden und Fahnen in den alten Reichs- und den württembergischen Farben flatterten erwartungsvoll im frischen Morgenwind. Alle Befürchtungen ob des Wetters, die man noch am Tage vorher hegen mußte, waren am Sonntagmorgen zerstreut und die lachenden Menschenherzen fanden Widerpart in dm lachenden Sonnenstrahlen, die Gültlingen dm herbeieilmdm Sängern im jungen Morgenrot zeigte. In vorbildlicher Weise war für die Vereine, die nicht zu Fuß oder mit eigenen Kraft wagen dem Festort zustrebten, durch Autoverbindung Sorge getragen und so konnte jeder die Zurücklegung des Weges nach eigenem Geschmack, vielleicht auch nach Kräften seines Geldbeutels, erwählen.
Mit etwas Verspätung, die wohl durch die sehr schwierige Organisation eines so großen Tages hervoraerufen worden sein mag, wurde das Preissingen begonnen. Man merkte allen Chören an, daß manche Stunde eifriger aber auch liebevoller Arbeit an ihnm verwendet worden warm und von vorneherein sei gesagt: Es wurde allerseits sehr Gutes und Vollkommenes geleiste, und jeder, der den Männergesang in den letzten Jahrm verfolgt hat, konnte mit großer Befriedigung den ungehmren Fortschritt feststellen, der hierin besonders aber in aller letzter Zeit zu verzeichnen war. Im einzelnen ergaben sich ungefähr folgende Bilder:
s. Gauoereine
Einfacher Volksgesang.
Altburg: „Fahr wohl, du schöner Maientraum' von Pfeil. Gesunde Auffassung, sinngemäße Tertbehandlung, gur ausgeglichener satter Chorklang, vermied die Gefahr süßlichen Singens in lobenswerter Weise und erzielte sehr schönen Gesamteindruck. Is Preis mit ll5 Pkt.
Schöubronn : „Stirb Lieb und Freud" v. Silcher. Der Volkston der tonlich einfachen Vorlage recht schön getroffen. Guter, voller Chorklang, nette Stimmkultur, gute Aussprache ergaben einen Ib Preis mit 112 Pkt.
Dollmaringen: „Ringlein" v. Nagel. Gute Chorwahl; allerdings bedeutend schwerer als die vorhergehenden. Das klangvolle Material hob die Stimmführung klar heraus, vokali- sierte gut und erzielte ebenfalls einen I b Preis mit 112 Pkt. '/. Ton gestiegen.
Rotfelden: „Es flog ein kleins Waldvögelein" bearb. von Kremser. Satter Stimmklang, außer einigen dunklen Endungen einwandfreie Aussprache. Das sehr schöne Lied hätte etwas leichteren Vortrag wohl ertragen, wodurch der gute Eindruck wesentlich erhöht wordm wäre, l b Preis 111'/- Pkt-
Hochdorf: „Dorsmusik" von Kühnhold. Der Geist der schönen Vorlage war gut erfaßt. Der gute Eindruck wurde durch da und dort hervortretende halsige Tongebung etwas be
einträchtigt, einige nette Stimmen stechen heraus. Aussprache leidet unter einigen unschönen Endungen. Dynamisch und rhythmisch recht ansprechend, Ic Preis 102'/- Pkt
Holzbroun: „Röslein im Maien" v. Löffler. Gute, den wenigen Mannen entsprechende Liedwahl. Anfang unrein in folge scharfer Intonation des I.Ten., der gern flackert. Aussprache hübsch, Auffassung und Vortrag schlicht, Tonbildung bessern. Ick Preis 99'/- Pkt.
Walddorf: „Frühlingsglaube' v. Tschirch. Kluge Chorwahl ; Stimmkultur in netter Weise vorhanden, Aussprache noch befserungsbedürftig. Dynamisch zimperlich und unausgeglichen, gutes p. Ick Preis, 99'/- Pkt.
Neubulach: „Ein Stündlein wohl vor Tag" v.K. Weber Die nicht leichte Vorlage war tonlich nicht einwandfrei wiedergegeben. Stimmkultur, in den Bässen gut; Tenöre sind stellenweise spröde. Schlüffe unrein. Vortrag süßlich. II 3 Preis, 98'/° Pkt.
Oberschwaudorf: „Stirb Lieb und Freud" von Silcher. Vortrag wohl ansprechend, aber etwas zerrissen, Aussprache ist an den Endungen zu bessern. Stimmkultur in schönen An sähen vorhanden. Schlußterz fehlt. II b Preis mit 95 Ptt.
Ueberberg: „Schöns brauns Maidelein', Satz von Schaud. Anfang zimperlich, Fortgang bester, nette Tonbildung. Vortrag zäh, Dynamik unausgeglichen. Schade, daß dem schönen alten Volkslied nicht mehr Glück beschieden war. II c Preis 88 Pkt.
Egenhausen: „Frühlingsglaube' von Tschirch. Gutes Lied; aber Tempo vergriffen, Vortrag schleppend, besonders am Schluß; Aussprache an den Endungen offen; Stimmkultur noch in den Anfängen, doch Chorklang kräftig. lick Preis, 86'/- Pkt-
Liebelsberg: „Das treue Roß' von Möhring. Sehr fleißiges Studium mit dem spröden Material, aber Vortrag zu zimperlich, kein Männerklag, Endungen etwas zu dunkel geraten. Ile Preis, 81'/- Pkt.
Gehobener Volksgesang.
Miudersbach : „Einkehr" von W. Sturm. Für die kleine Schar reichlich schwere Chorwahl, aber gut bemeiftert infolge der glänzenden Auffassung, einwandfreien Aussprache, rhythmischen und dynamischen Gestaltung. Im Forte sind die Tenöre nicht ganz zureichend, dagegen fingt der ganze Chor eine schönes Piano. Ia Preis, 122 Pkte.
Altensteig: „Nachtbesuch' von Schumann. Sehr gute Komposition, reichlich schwer. Das gute Material, besonders in den Bässen, ist jedoch der Aufgabe ziemlich gewachsen Kräftiger Männerklang, im P. zu dick, Tenor stellenweise hart; lobenswerte Leistung Ib Preis, 119'/» Pkt.
Emmingen : „Der letzte Ritt" von Wengert. Gute Stimmkultur, satter Chorklang, Rhythmus oft zu willkürlich, Schluß zu dick, Aussprache hat noch einige Mängel z. B. ü — ie. lb Preis, 119 Ptt.
Wildberg: „Der ferne Stern" von Süßmuth. Nette Vorlage, Gesamteindruck leidet unter etwas verschlepptem Tempo und spröden Tenorstimmen, die übrigen Stimmen zeigen löbliche Stimmbildung. Aussprache gut, rhythmische und dynamische Durcharbeitung achtbar. Ib Preis, 118'/- Pkt.
Effringea: „Der Mummelsee" von Leppert. Die Komposition will nicht recht gefallen, in de« Außenstimmen angenehme Tongebung, gute Aussprache, harmonische Reinheit durch 2. Tenor getrübt, achtbarer Gesamteindruck Ic Preis, 117 Ptt.
Ehrengesang (eins. Kunstgesang).
Bereinigt. Lieder- und Siingerkranz Nagold : „Turm warts Minne" von Löffler. Der anwesende Komponist äußert sich: „Warme Einfügung in den Geist der Komposition, hochstehende Stimmkultur, schöner Ausgleich der Stimmen, prägnanter Rhythmus und entsprechende Dynamik lasten einen hochachtbaren Gesamteindruck erstehen trotz anfänglichen scharfen Steigens, das später auf ein erträgliches Maß zurückgeht' — Höchstleistung des Tages mit dem lebenswarmen, von großen Vereinen jetzt viel und gern gesungenen Liede. I. Preis, 125'/- Ptt.
Preise der wettfiugeudeu Vereine.
Einfacher Volksgesang.
Altburg, tüedcrkranz In Preis mit 115 Punkten,
Rotfelden, Sängerbund ib Preis mit 111'/- Punkten, Vollmaringen, Cäeilia ib Preis mit 112 Punkten, Schönbronn, Liederkranz Ib mit je 112 Punkten,
Hochdorf OA. Horb, Männergesangverein Ic mit 102'- P. Walddorf, Liederkranz Ick 99'/- Holzbronn, Liederkranz lck 99'/- Neubulach, Mannergesangverein IIn 98'/°
Oberschwandorf, Eintracht Ilb 95 Ueberberg, Männergesangverein Ilc 88 Egenhausen. Liederkranz lick 86'/- Liebelsberg, Sängerkranz Ne 8I'/°
Gehobener V 0 lksgesang.
Mindersbach, Sängerkranz In 122 Altenstcig, Liederkranz Ib 119'/- Emmingen, Liederkranz Ib 119 Wildberg, Liederkranz Ib 118'- Effringen, Eintracht lc >17
Ehr enge sang (Einfacher Kunstgesang).
Nagold, Vereinigt. Lieder u. Sängerkranz Is 125'°
Ehrengesang (Gastvereine).
Gechingen, Liederkranz In 124 Oberjesingen, Frohsinn lu 117 Mötzingen, Liederkranz Ib 109 Dachtel, Liederkranz Ib 108 Kuppingen, Frohsinn II« 98 Neuhengstett, Eintracht Iln 98 Gültstein, Liederkranz Nb 93'/- Mönchberg, Gesangverein Ilc 91
(Die Chöre von Mötzingen und Gechingen gelten als gehobener Volksgesang.)
Nachmeldeklassc.
llnterjettingen, Gesangverein einen I. Preis mit 116 Punkten.
Kurz nach V-2 Uhr nahni der Festzug seine Aufstellung, der mit 3 Musikkapellen (Nagold, Wildderg und Emmingen) durch die geschmückten Straßen seinen Weg nahm. Voran die Feftreiter, denen der Radfahrerverein Gültlingen mit einer sinnig erdachten Gruppe, die eine Lyra darstellte, folgte. Die Gült- linger Schönen und Schönsten hatten sich in ihren Feststaat geworfen und bewiesen, daß auch sie Festjungfrauen im wahr sten Sinne des Wortes sein können. Nunmehr folgte in end losen Reihen Verein auf Verein und 31 Fahnen gaben dein Zug ihr besonderes Gepräge. Wo die Klänge der Kapellen nicht inehr hindrangen, halfen die Vereine durch eigene Marschgesänge init. Auf dem Festplatz angekommen, hatten die Musikkapellen und die Festjungfrauen Aufstellung genommen und empfingen durch Tusch- und Hochrufe jeden einzelnen ihrer Gastvereine. Als Erstes hieß der Mannergesangverein Gültlingen mit Wen gert'S „Hebt die Herzen empor" seine Gäste willkommen und bewies dadurch, daß er in keiner Beziehung hinter seinen Bruder
vereinen zurücksteht. Herr Vorstand Reich ardt begrüßte im Namen LeS Vereins die anwesenden Vereine und Gäste und bezeichnet« es als eine Ehre für den Verein, so viele wackere Sänger in seiner Mitte beherbergen zu dürfen. Besonders dankte er der gesamten Gauleitung für ihre Mühewaltung und bezeichnet? das heutige Sängerfest als besonderen Ansporn zu froher Weiterarbeit am deutschen Lied. Im klebrigen sprach er noch seinen Dank aus an alle, die an dem guten Gelingen des Festes beigetragen haben. Daran anschließend ergriff Herr Schultheiß Widmann das Wort und freute sich im Namen der Gemeinde und der Gemeindeverwaltung dem Jubilar, dem Gültlinger Liederkranz, zu seinem 50jährigen Bestehen seine Glückwünsche darbringen zu können und zugleich die anläßlich dieses Tages zum Sängerfest erschienenen zahlreichen Vereine zu begrüßen. Er sprach über die Hemmungen und Wider wärtigkeiten, die der Verein während seines Bestehens schon zu überwinden gehabt habe, und im besonderen wünschte er, daß der heutige Dirigent die Leitung noch recht lange in Händen behalten möge. In markanter Sprache verstand er es, das deutsche Lied zu verherrlichen und bezeichnte es als einen Balsam für das besonders heute durch Uneinigkeit und Zwietracht zerrissene Vaterland. Es möge sich ein jeder zur Pflicht machen, an der Weiterförderung des deutschen Liedes zu arbeiten. Der heutige Tag solle kein tolles Trubel- sondern ein ernstes Fest sein und solle dazu mithelfen, die Kameradschaft der Sänger untereinander immer wieder von neuem zu festigen und soll mithelfen die Einigkeit zu ersingen. Wenn durch die Preisoerteilung hie und da einer sich benachteiligt glaube, so soll er seinem Unwillen nicht durch harte Worte und Streit Ausdruck geben, sondern solle es sich als Ansporn dienen lassen, an sich zu arbeiten und zu feilen und sann zu erkennen, daß der deutsche Männergesang, das deutsche Lied nicht stehen bleibe, sondern marschiere. Der heutige Tag soll keine Jagd nach Siegestrophäen, sondern ein machtvolle Kundgebung für das deutsche Lied darstellen. Ein begeistertes Hoch aufs Vaterland und das deutsche Lied schloffen die Worte des Redners.
Als nächster Redner führte der Gauvorstand, Herr Hauptlehrer Schuster-Wildberg Folgendes aus:
Sehr verehrte Festversammlung!
Liebwette Sangesbrüder!
„Grüß Gott, mit Hellem Klang Heil deutschem Wort und Sang!'
Das ist der Gruß der deutschen Sängerschaft. Er sei auch Ihnen allen vom Nagoldgau und den lieben Gästen zugerufen. Der Gruß gilt aber auch dem Festott Gültlingen, der alles daran gesetzt hat, seine Gäste im höchsten Feststaate zu empfangen. Und wahrlich, bei solch lachendem Himmel war es doch eine Freude für jeden durch die herrliche Gottesnatur zu wandern, um mit dem Männergesangoerein Gültlingen sein öOjähriges Jubiläum zu feiern. Drum auch ihm gilt der Gruß und ihm bringen wir die Glückwünsche dar. Kurz will ichs machen, damit wir umsomehr singen können und will mich an das Wort unseres Dichters Lämmle halten:
„Mensch bedenk, je mehr du schweigst.
Du in der Lieb der andern steigst".
Wollte ich ganz kurz sein, so müßte ich jetzt aufhören — doch damit wären Sie wohl nicht einverstanden.
Geburtstag feiert der Männergesangverein Gültlingen und wir bringen als Gabe unsere Lieder dar. Heute vormittag haben wir in edlem Wettstreit unsere Kräfte geniesten und um einen Preis gerungen. Berufene Meister der deutschen Lieder, die Herren Nagel und Löffler haben keine leichte Aufgabe gehabt. Auch ihnen sei herzlicher Gruß entboten und aufrichtiger Dank für ihre Mühe und Arbeit gesagt.
Fällt der Preis da und dort nicht ganz nach Wunsch aus, dann haben wir doch durch das Streben, unser Singen in technischer Hinsicht zu vervollkommnen, sicher manchen Gewinn davon getragen. Nicht das äußere Siegeszeichen soll den Wett unseres Singens erhöhen, sondern der innere, der geistige Gewinn muß den Ausschlag geben. Dann kann es auch keine Zwietracht und keine Dissonanz im Gesangvereinsleben geben. „Das Lied ist aller Zwietracht Feind. Das Lied ists, das uns stets eint'. Und so wollen wir in unserem Teil mithelfen, die Satzung des deutschen Sängerbundes, dem wir ja auch angehören, zu erfüllen. „Durch die einigende Kraft des deutschen Liedes will der deutsche Sängerbund das deutsche Volksbewußtsein und das Gefühl der Zusammengehörigkeit ^der deutschen Stämme erhallen und stärken.'
„Du deutsches Lied, uns nimmer fehle,
Reich strömt aus dir des Volkes Seele.
Sei uns ein steter Freudenquell,
Ein Trost im Leid, gut Weggesell'.
Nachher werden wir ja noch so manches Lied von Liebe, Leid und Vaterland hören. Unsere Geburtstagsfeier ist eine mit besonderer Note. Der festgebende Verein hat für uns eine Gabe. Auf seiner schönen Fahne steht der Wahlspruch „Gesang und Liebe im schönen Verein, sie erhalten dem Leben den Jugendschein'. Wenn auch der Wein, als der dritte im Bunde fehl:, so weiß ich doch, daß er nie bei ihnen gefehlt hat. Auch heute fehlt er nicht, aber das ist mir nicht die Hauptsache, sondern das, daß dem Leben der Jugendschein bewahrt bleibe. Und wir finden es hier bestätigt. Sind doch nicht weniger als 14 Jubilars in seiner Mitte, die 20, 25, 30, ja 40 Jahre lang dem deutschen Liede die Treue gehalten haben.
Sehen wir sie an, die ehrenwerten Veteranen, wahrlich in jugendlicher Lebendigkeit sind sie heute noch dabei und allzett bereit, den Verein zu fördern. Dank sei denen für diese Treue gesagt, und es ist mir eine besonders ehrenvolle Aufgabe, diesen Meinem die wohlverdiente Ehrenurkunde zu überreichen. 40 Jahre dienten dem Verein: Johannes Schneider und Mattin Ernst. Seit 30 Jahren sind dabei: Karl Hummel, Karl Bühler, Gottlob Müller, Jakob Schultheiß, David Schwarz. 20—25 Jahre singen schon und sind heute noch dabei: Joh. Reichardt, der eifrige heutige Vorstand, Jak. Reichardl, Gottlob Müller, Georg Schimpf, Christian Haug, Georg Dengler, Fritz Maier.
Von Altburg sind drei Jubilare, I. Ayaste, Kober, Volz. Mit dem herzlichsten Glückwunsch überreiche ich die Urkunden und verknüpfe damit eine Bitte an die Jungen in unseren Reihen. Mögen sie gleichfalls solche Treue dem deutschen Liede wahren nnd halten und zugleich auch Achtung und Ehrerbietung zeigen gegen die Führer in den Vereinen. Wie die verschlungenen Hände auf der Fahne mit der Inschrift „Es gilt" für die ganze Gemeinde Gültlingen ein erhabenes Sinnbild der Treue Kartellen soll, so soll es bei uns allen auch immer wieder heißen: Was wir geloben: Es gilt! Ihr Freunde alle, laßt uns dem Männergesangverein Gültlingen unfern Glückwunsch darbringen! Möge er wachsen, blühen und gedeihen und beim 100. Geburtstag möge er jugendlich frisch sein und immer noch sein Wahl- pruch gelten:
„Gesang und Liebe im schönen Verein Sie erhalten dem Leben den Jugendschein".
Wir aber fassen jetzt unfern Wunsch zusammen in den Ruf: Das deutsche Lied und dessen Hüter und Pfleger, der Männer Gesangverein Gültlingen samt seinen Jubilaren sie leben hoch!
(Forts, folgt).
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