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Nr. IlM/

Segcünöet 1828

Mittwoch den IS. Mai 1926

Zernsprecker Nr. 29

Ivo. IahrgtMtz

Tagesspiegel

Die 12 Elsaß-Lothringen

Der bekanntePazifist" Loudenhoven-Kalergi schreibt zum Vertrag von Locarno: Europa steht an der Schwelle eines neuen Kriegs. Heute, 1926, ist die euro­päische Kriegsgefahr größer als vor 12 Zähren. Mac Do­nald hak das Werk von Locarno treffend die betäubende Selbsteinredung der Friedenspolitik" genannt, denn man hofft durch ständige Wiederholung der Redensart .der Friede ist gesichert" den Frieden erhalten zu können. Das ist aber Selbstvorspiegelung des Friedens, aus der ein neuer Welt­krieg oder eine allgemeine Revolution entstehen kann. So­lange Europa an dieser Politik festhälk, ist nur rlneS stchek, nämlich die Kriegsgefahr. Man hat im Osten ein Dutzend neuer Elsaß-Lothringen geschaffen, nämlich Memelland» Wilna, polnischer Korridor, Ost-Oberschlesten, Westukrain«^ Deutsch-Böhmen, Ungarn, Südtirol, Ztalo-Zugoslawien» Alba­nien. Mazedonien und Besiorabien. Von Oesterreich ganz

DerPutsch" im preuß. Landtag

Berlin. 16. Mai. Im preußischen Landtag wurde gestern die Große Anfrage der Völkischen Partei über das Vor­gehen der Regierung gegen die Vaterländischen Verbände wegen des angeblichen Rechtsputsches besprochen. Verschie­dene Redner griffen die Regierung und besonders den Mi­nister Severing heftig an, der nicht anwesend ist. Minister­präsident Braun (Soz.) erwiderte, es handle sich um ähn­liche Dinge wie beim Kapp-Putsch. Es sei festgestellt, daß einige Rechtsverbände zum Teil bewaffnet seien und Schießübungen abhalten. Die angeblichen Sportverbände wollen keinen Putsch, sondern die Oeffentlichkeit beunruhi­gen und so den Reichspräsidenten veranlassen, auf Grund des Art. 48 der Verfassung die vollziehende Gewalt in die Hände der Militärs zu legen Der Reichspräsident habe je­doch ihm (Braun) auf Anfrage erklärt, daß diese Pläne ihm unbekannt seien. Bei den Haussuchungen sei der Polizek nicht alles Material in die Hände gefallen, weil die Her­ren vorher Wind bekommen hätten. Abg. Dr. Porsch er­klärte namens der Zentrumsfraktion, über die Bedeutung des beschlagnai'Mten Materials laste sich noch kein Urteil fällen. Das Zentrum stehe mit der Mehrheit de; Volks aut dem Boden der Demokrat?" und wolle die gegenwärtige

zu schwelgen. Zn allen diesen Gebieten herrscht das Gefühl ewiger Unsicherheit. Entweder müssen dort das System odey die Grenzen geändert werden. In den Wirrwarr der neue» Verträge, Bündnisse und Halbbündnisse sind auch die West- mächte gezogen. Das schafft einen gefährlicheren Zastaäk als 1914. Wenn die Welt nicht so sehr an allgemeiner Ver­armung litte, wäre der Weltkrieg schon längst avsgebroche». Der Völkerbund hat erwiesen, daß er für Starke uub! Schwache ein doppeltes Maß hat. Vor einer Großmacht; streckt er die Waffen, und zur Vergewaltigung der Schwache» hilft er mit an. Vor allen anderen kann das Rußland wlöer- rechtlich entrissene und Rumänien zogeleilte Bessarabie» Europa in einen neuen Krieg stürzen. Die Hilfe sieht Lou- denhoven in einem europäischen Einheitsstaat, von dem ma»! aber allerdings nach Locarno weiter enksernt sei als je.

Stäatsform nicht antasten lassen. Abg. Sfeinhoff (Deutfchnat.) erklärt, die Rede des Ministerpräsidenten sek eine Verlegenhcitsrede. Alljährlich erscheinen in gewissen Blättern und Parteien die gleichen Verleumdungen, wen« es gelte, irgend etwas von der Linken zu verdecken. Abg. Eichhoff (Deutsche Volksp.) sm . die Haussuchungen seien eine rohe Gesetzlosigkeit, die der Minister vergeblich zu be­schönigen versuche.

Eine Stimme aus der Wirtschaft

Im Berliner Börsenkurier schreibt der bekannte Groß­industrielle Dr. von Siemens, das Verhalten Severings sei uiweranlwortlich und es schädige namentlich die Inter- essen der deutschen Wirtsch'ft und Industrie im Ausland aufs schwerste, indem dürch die von der Regierung immer wieder aufgewärmten Vernutungen das Vertrauen zur deutschen Wirtschaft erschüttert werde. Diejeniaen, die sich als Füh-er der Brotlosen ausgeben, schaden dadurch ge­rade den Brotlosen in urtt ilvollstsr Weise, nachdem sie durch das Vertrauen der Arb iter in Stellungen gekommen seien, die ihnen die Macht geben, diese Keulenschläze gegen die deutsche Wirtschaft zu führen.

Die Kommmüjwn und die Völkischen werden im Reichs- kag MßtrauenscmkrSge gegen das Kabinett Marx einbring n.

Die englische Regierung beabsichtigt, einen Gesetzentwurf eiazubrmgeu. wonach künftig ein Streik nur nach geheimer Abstimmung der Arbeitnehmer zulässig ist. Zeder Streik, der keine Abstimmungsmehrheit Hst, soll ungesetzlich sein und bestraft werden.

Die Gewerkschaft der englischen Bergarbeiter hat die von den russischen Gewerkschaften gesammelten 26 Millionen Rubel angenommen und um Reberweisung nach England gebeten.

Zn Belgien gabs wieder einmal einen KübineliLwechsel. Vas neue Kabinett wurde von dem früheren Minister Zaspar (Katholische Partei), der lange auch Mitglied der Entschädi- gunFskommisflon war, gebildet.

Die Regierung Asunowitsch in Belgrad hat das Entlas­sungsgesuch zurückgezogen, nachdem eine Verständigung mit den Kroaten erfolgt war und Paul Radiksch freiwillig zurück- getreken war.

Eine französische Lügenfabrik

EZ war -er 4. August 1914. Da beantragte Vioiani bei -er Kammer und beim Senat eine erste Kreditrate von W Millionen Franken zur Errichtung derklaisoo cie ls Presse" (Pressehaus). Was in diesem Riesengebäude m der Rue Francois 3 und seinen 5 Stockwerken mit 200 Zimmern an Lügen gegen dieBarbaren", dieHunne::", dieBoches" fabriziert wurde, grenzt ans Märchenhafte, sind wenn das Diabolische Bewunderung verdient, so kann die französische Regierung sie für sich und ihre großzügige Kriegspropaganda vollauf in Anspruch nehmen. Selbst Northclisfe, derVater der Lügen", geht Gefahr, an seinem Glorienschein zu verlieren, wenn man das liest, was ein Pariser Chefredakteur jüngst in der SchriftH i nrer den Kulissen des französischen Journalis­mus" (Lühe u. Cie., Leipzig) der staunenden Welt aus der Tätigkeit dieserlVlaison cle la Presse" mitzuteilen weiß.

Nur einiges Wenige. Im zweiten Stock wurde über­setzt, und zwar von 80 Angestellten in 18 Kultursprachen, natürlich nur französische Siegesmeldungen und Berichte über die Grausamkeiten der Boches. Dutzende von Maga- <unen und die Korridore waren hoch hinauf mit Ballen von Propagandaschriften angefüllt, wovon ganze Wogenzüge nach Nord- und Südamerika, der Schweiz, Italien und an­deren Ländern verschickt wurden. Nach Griechenland kamen 8 Wagenladungen von Bronze- und Alabasterfiguren der französischen Heer- und Volksführer. Amerika erhielt viele Zehntausende kleiner seidener Fähnchen. Unter dem Glas­dach hauste die photographische Abteilung. Ihre Hauptarbeit bestand darin, von Holzfiguren mit abgsfchnittenen Händen, herausgerissenen Zungen, ausgcstochenen Augen, zertümmer- tcn Schädeln Lichtbildaufnahmcn und Druckstöcke anzufer- tigen. Kulissen zu den Ausnahmen wurden von ersten Deko­rationsmalern der Pariser Oper geliefert.

Der Verfasser sagt wörtlich:Das Pressehaus war der unermüdlich sprudelnde Springbrunnen, der entstellte Kriegs­berichte, falsche Stimmungsbilder, gemeinste, niederträchtigste Verleumdungen, mit bewunderswürdigem Talent erlogene Schandtaten in die Welt spie. Ein schleichendes, sicher wir­kendes Gift, das auch unbefangene und unvoreingenommene Köpfe verseuchte."

Nicht genug. Der .Msison cle ls Presse" unterstanden auch die ausländischen I o u r n a l i st e n. Nicht weni­ger als 20 Millionen Franken wurden vom französischen Krieasministerium demAusschuß für Beeinflussung der ausländischen Presse" zur Verfügung gestellt. Kein Wunder, doß diese bezahlten Kreaturen alles, auch das erlogenste und 'chondbarste Zeug, das ihnen von Paris angeboten war, ivillig annahmen und Weitergaben.

Und wir Deutsche! Erstens hat man gleich in den ersten Tagen unser Kabel zerstört, damit nichts von unseren Meldungen in die Welt hinauskomme. Zweitens waren wir ?n unseremGründlichkcitsfanatismus" so dumm, ebrlick und zurückhaltend, daß wir so gut wie nicbts gegen den fran- Osiichen Lügenfeldzug unternahmen. Wie schwer haben wir dafür büßen müssen! Noch bis zum heutigen Tao!

V tt.

Die Abröstmrgs-Vorkouserenz

Am 18. März wurde in Genf die vielberufene sogenannte Vorkonferenz für die Abrüstung eröffnet, an der die Vertreter von 20 Staaten teilnehmen, mit den Sachver­ständigen etwa 100 an Zahl. Auch Deutschland ist eingela- «v worden. Es ist von Interesse, eine Uebersicht über die Niistungsoerhältnisse der hauptsächlich in Betracht kommen­den europäischen Länder, soweit sie amtlich zugegeben wer­den, zu geben, um ein Bild zu gewinnen, wer am meisten abzurüsten hätte.

Frankreich. Stehendes Heer: 738000 Man (da­runter rund 200 000 Farbige). 367 leichte und 408 schwere Batterien, 39 000 Maschinengewehre, 5800 Kampfwagen, WVO Flugzeuge. Die Ausgaben für Heer und Marine be­laufen sich auf 18 Prozent der gesamten Staatsausgaben.

So wj e t r u ß l a n d. Stehendes Heer: 560 000 Mann, 280 leichte und 121 schwere Batterien. 15 000 Maschinen­

gewehre, 100 Kampfwagen und 500 Flugzeuge. Militär­lasten ebenfalls 18 Prozent der gesamten Staatsausgaben.

Polen. Stehendes Heer: 291 000 Mann, 321 leichte und 90 schwere Batterien, 9600 Maschinengewehre, 160 Kampfwagen und 360 Flugzeuge. Heeresausgaben 33 Pro­zent der gesamten Staatsausgaben.

Italien. Stehendes Heer (nur reguläre Armee): 250 000 Mann, dazu kommen 60 000 Karabinieri, 276 leichte und 192 schwere Batterien. 9000 Maschinengewehre, lOÖ Kampfwagen, 1200 Flugzeuge. Heeresausgaden 10 Pro­zent der Staatsausgaben.

England. Stehendes Heer: 145 000 Mann, 82 leichte und 30 schwere Batterien, 6000 Maschinengewehre, 300 Kampfwagen, 1200 Flugzeuge, Rüstungsausgaben inkl. Marine 14,6 Prozent der Staatsausgaben.

Tschechoslowakei. Stehendes Heer. 90 000 bis 170 000 Mann je« nach der Jahreszeit. 192 leichte und 114 schwere Batterien, 4000 Maschinengewehre, 60 Kampfwagen. 400 Flugzeuge. Heeresausgaben 10.5 Prozent der gesamten Staatsausgaben.

Deutschland hat bekanntlich eine sich nicht durch jähr­liche Rekruteneinstellung verjüngende Miliz, von 100 000 Mann (einfchl. Offiziere, Aerzte, Militärbeamte usw.) und keine Heeresstugzeuge.

Polnische Wirtschaft

Warschau, 18. Mai. Marschall Pilsudski erklärt in einer Bekanntmachung, es sei ihm vor allem darum zu tun, mit der ungeheuren Verderbnis in Polen auszuräu­men. Polen mußte sich auf Grund der 100 Millionen-Dar- lehen von Frankreich verpflichten, sein aus rund 300 000 Mann bestehendes Hoer (bei 27 Millionen Einwohnern!) einheitlich zu bewaffnen »nd die neuen Waffen fast durch­weg von Frankreich zu beziehen. Eine mit 600000 Zloty Varvorschuß unterstützte Fabrik in Polen lieferte keine einzige brauchbare Waffe. Der vom Landtag bestellte Un­tersuchungsausschuß stellte in der Gasmaskenfabrik in Ra­dom 100 000 unbrauchbare Gasmasken fest, für die der Staat 2 Millionen Zloty bezahlt hatte. DieGazeta Cod- pienna" schrieb: Der große Konzern in Frankreich, an dessen Spitze Loucheur (der bekannte ehemalige Minister und Kriegsgewinnler) steht, hat sich die Ausgabe gestellt, wert­loses Heeresgat an Polen zu verkaufen. Der polnische Heeres­berichterstatter im Parlament steht der französischen Gesell­schaft sehr nah«. Nun sind kürzlich in der Eisenbahnverwal­tung Veruntreuungen von vielen Millionen Zloty aufgedeckt worden und es wurde festgestellt, - auch beim Kriegs­ministerium 150 Millionen verschwunden sind, obgleich schon seit 1924 nicht weniger als 11 Untersuchungskommisf'.anen eingesetzt worden waren, um den Mißbräuchen der Ver­waltung aui die Svur zu kommen. Dabei ist die Finanz­

lage Des volnstci^en Staats so. daß er nirgends mekft An­leihen bekommt. In den beiden letzten Jahren betrugen dft Einnahmen 1,5, dir Ausgaben 2,5 Milliarden Zloty- Von letzteren kommt fast genau ein Drittel auf das Heer

Deutscher Reichstag.

Berlin, 18. Mai.

203.. Sitzung. (Schluß.) Der kommunistische Antrag betr. 50prozentige Erhöhung der Erwerbslosenunterstützung wird abgelehnt, der sog. Antrag, die Verordnungen Wer die Erwerbslosenfürsorge bis Ende Juni 1926 zu verlängern, angenommen.

Ein Antrag der Deutschen Volkspartei betr. die Ueber laffung der etwa frei werdenden Exerzierplätze der Be satzungstruppen an die früheren Besitzer geht an einen Aus­schuß, ebenso ein deutschnationaler Antrag betr. die Ermög­lichung der Kapitalkreditbescl-affung für landwirtschaftliche Pächter un- ein komm. Antrag betr. Erhöhung der Zu schlage der Besoldungsgruppen 19 nach zustimmenden Er klärungen eines völkischen Redners. Der komm. Antrag über die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen die Urteile des Staatsgerichtshofs wird abgelehnt.

204. Sitzung. 2- Lesung der Handelsabkommen mit Spa nien, Portugal und Honduras, sowie Zusatzabkommen zum deutsch-französischen Handelsvertrag.

Abg. Haag (Dntl.) empfiehlt als Berichterstatter die Annahme der Verträge mit Spanien und Portugal, mä­rend Frau Abg. Sender (Soz.) im Namen des Ausschusses die Annahme der Verträge mit Honduras und Frankreich befürwortet.

Abg- Dr. Lejeune-Iung (Dntl.) erklärt, daß di« schwersten grundsätzlichen Bedenken, die «gen den frühere« deutsch-spanischen Vertrag geltend gemacht werden mußten, durch den neuen Handelsvertrag beseitigt seien. Jeder Cp- pvrtfanattsmus auf Kosten der deutschen Landwirffchaft müsse zum schwersten Schaden für die deutsche Exportfähig­reit selbst ausschlagen. Die Bedeutung der kleinbäuerlichen Betriebe wir- vielfach unterschätzt. Allein die Gütererze u- gung des deutschen Wein-, Obst- und Gemüsebaus stellt einen Wert von über 2 Milliarden dar, ein Betrag, der den Ver­kaufspreis der inländischen Steinkoblenförderung überschr-i- tet. Der Abschluß von Zollkonventionen würde zweifei'as auch in anderen Ländern Anhänger finden. Zwischen In­dustrie und Landwirtschaft müsse eine handelspolitische Ein­heitsfront geschaffen werden. (Bestall rechts.)

Abg. Frau Sender (Scn.j wirst der Reckten vor. die Verhandlungen mst Spanien im Interesse einer Sonder- arunvc ungebührlich verwarnt zu haben.

Aog. H a m? e s ID. V.1: Der deutick-ivaniiche Verirag