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Naaolder Tagblatt »Der «esellschafler-

Montag. 10. Mai 1988

Boykott englischer Zeikuoocn dnrch die französischen Schriftsetzer

Paris, 9. Mai. Der Verband der Arbeiter des Buch­druckgewerbes hat durch Anschlag gestern in Paris den Schriftsetzern verboten, sich an der Herstellung von Zeitun­gen. die für England bestimmt sind, zu beteiligen.

Die spanische Regierung und der englische Generalstreik

Madrid. 9- Mai. Die spanische Regierung Hai nach einer Zeitungsmeldung die spanischen Hafenbebördsii angewiesen, den englischen Schiffen zur Versorgung Londons mit Kost e olle Erleichterungen zu gewähren.

Der südafrikanische Typogravlienverband gegen die Streikunterstützung

Johannesburg, 9. Mai. Der Vollzugsrat der südafrika­nischen Gewerkschaften hatte die Buchdrucker aufgefordert, nichts zu drucken, was die Streikenden in England schädigen töne. Der Vollzugsausschuß des südafrikanischen Typo­graphenverbands warnt dagegen seine Mitglieder, jener Aufforderung Folge zu leisten, da der Verband dem Ge­werkschaftsbund nicht angehore und die Aufforderung über­dies einen Bruch der Ärbeitsvereinbarungen mit den Ar­beitgebern bedeute.

Die hinlertriebeneu Ariedensverhandlungen

Paris, 9. Mai. Der Berichterstatter derHumanste", der ,us Udschda nach Paris zurückgelehrt ist, erklärt, die Frie­densoerhandlungen in Marokko feien daran gescheitert, daß

»je französischen und spanischen Militärs immer neue Be­dingungen vorgebracht haben, obgleich die Vertreter Abd el Lrims in ihren Zugeständnissen bis an die äußerste Grenze desfen gegangen seien, was mit der Würde eines Volks ver- «nbar ist. Der Berichterstatter kündigt weitere Enthüllun­gen an

Abg. Doriot (Komm.) wird in der Kammer eine große Anfrage über die Hintertreibung der Friedensoerhandlungen «inbringen.

England gegen die spanischen Absichten auf Tanger

London, 9. Mai. Die englische Regierung verhält sich de» spanischen Wünschen auf Einverleibung des neutralen 'Longergebiets in die spanischeJnteressenzone" gegenüber ablehnend. Es müsse bei dem internationalen Abkommen »on Tanger verbleiben.

Württemberg

Stuttgart, 9. Mai. Vom Landtag. Im Finanzaus- *ch> ß teilte Finanzminister Dr. Dehlinger mit. die Frage der Bezahlung und Verzinsung der Eisenbahnschulden iei noch in der Schwebe. Auch die Verhandlungen mit dem Reich "-berlahlma württembergischer Staatsgebäuüe an Reichsbehörden seien noch nicht abgeschlossen. Württemberg nabe noch eine große Forderung an das Reich, namentlich wegen der Abtretung militärischer Gebäude. Für die Er- werbung von Vorzugsaktien der Reichsbahn stehen keine staatlichen Mittel zur Verfügung. Bezüglich der Ausein-

«bersetzrmg mit dem Königshaus wäre es zwecklos, setzt etwas von Württemberg aus zu betreiben, solange man nicht wisse, inwieweit reichsgesetzlich in die württ. Verhältnisse «ingegriffen werde. Gegenüber einer Forderung von sozial­demokratischer Seite bemerkte der Minister, es liege kein Anlaß vor, bestehenden freiwilligen Deamtenkrankenkassen auch Staatsbeiträge zu geben. Die soz. Forderung, die staal- kchen Mittel für Notstandsbeihilfen zu erhöhen, wurde von den Vertretern sämtlicher bürgerlichen Parteien finanziell für unmöglich erklärt. Zu der weiteren soz. Forderung, das Vebäudekataster um die Hqlfte herabzusetzen, erklärte der Minister, das würde einen Ausfall von 50 Millionen Marß «rsmachen. Das neue Gewerbesteuergesetz werde baldigst »orgelegt. Mit Rücksicht auf die Steuerrückstände habe ein Grundstock von 16 Millionen Mark geschaffen werden müs- len, da sonst der Staat eines Tags ohne Mittel gewesen «äre. Die Steuerrückstände von 1925 betragen nämlich Allein bei der Grund-. Gebäude- und Gewerbesteuer 6.5

Heirat auf Wechsel

Von Victor Zobel- Auerbach.

Im sckänen Schwnna des windwärts geaen den Ozean gerich­teten Intelboaens ickwamm vor Zeiten ein namenloses Eiland kernab über dem Vesser, und weltenweit lag die französische Mutter. Die Knriben zwar waren lärmst hinaeschwunden. an den lind überwestten Hüaelbänaen wurden nickt mehr kanniba­lische Felle gefeiert: da fruchtete sckan für europäische Leibeslust der Kaffeebaum, und pllanzende Kaufleute verfrachteten ihre schweren Säcke aus die Seoler. Solch ein reicher Handelsherr, der fast das ganze Eiland sein einen nannte, gebürtiger Variier, noch bei guten Jahren und des Haaestolzlebens überdrüssig, be­schloß. eine Frau seines Heimatlandes zu ehelichen, und sekte seine Plane auf eine nicht gewöhnliche Weise ins Werk. An einem vorgemerkten Tage bestieg er leinen Faktoreischemel und schrieb seinem Korrespondenten in Voris den folgenden Brief:

Durch Gegenwärtiges ersuche ich Sie. mir mit dem nächsten Schiff ein Mädchen von zwanzig bis fünfundzwanzig zu über­senden. Selbige muß mittelgrok. aut in den Proportionen und von angenehmen Aeußeren, gefühlvoll sowie sittsam sein, end­lich auch eine feste Gesundheit besitzen, um den Klimawechsel zu ertragen. Ich wünsche mich nicht genötigt zu sehen, bei Ihnen eine Andere zu bestellen, wenn die Erste nickt gut ausfallen sollte, worauf in Ansehung des Transportrisikos besonders zu achten ist. Mitgift wird nicht gefordert.

Wenn die Jungfer, von der Beschaffenheit wie vor. hier ein- trifft und Gegenwärtiges mit Indossement Ihrerseits, oder we­nigstens Kopie dieses, gehörig und wohl beglaubigt, präsentiert. lo mache ich mich verbindlich, besagten Wechsel einzulösen, will sagen: Vorzeigerin vierzehn Tage nach Sicht zu heiraten: urkund­lich dessen ich Gegenwärtiges gezeichnet habe."

Der Korrespondent bemühte sich, den reichen Amerikaner nach Wunsch zu bedienen,- er behandelte den ungewöhnlichen Auf­trag mit Eifer und Ernst und hatte das Glück, schon nach kurzer Zeit ein ausnehmend hübsches Mädchen zu finden. Die Kleine. Marie Latour genannt, mutzte ihren Unterhalt bei einem alten Drachen von Tante schwer verdienen und griff ohne Besinnen und mit glänzenden Augen zu. Nachdem die Landreise ohne Fährlich- keiten und schnell Überstunden war, ging sie in Havre-de-Gräce an Bord eines nach den Inseln bestimmten Schiffes, das mit Waren für ihren künftigen Gatten beladen war. In der Schiffs- raktura waren alle Ballen. Fässer und Kanister nach Zahl, In­halt und Zeichen aufs genauste vermerkt. Am Schluß, hinter einer kleinen Kiste mit Federkielen, hieß es dann folgender- matzen:

Ferner ein Wjähriges Mädchen von Qualität, Ansehen und Beschaffenheit, wie im beigehenden Wechsel spezifiziert und aus oen Zertifikaten ersichtlich, die selbes bei sich trägt." Hiermit waren vier wichtige Papiere gemeint: ein amtlicher Taufschein, ein Sittenzeugnis, das der Geistliche der Pfarrei ausgestellt hatte, ferner eine Bescheinigung ehrengeachteter Nachbarn, dah wäh­rend eines dreijährigen Aufenthaltes bei der krankhaft übel­launigen Tante die freundliche Geduld der Nichte sich immer gleich aeblieben iei. endlich ein van vier Aer.zten der Fakultät

Millionen, bei der Gebäudeentschuldungssteuer 3,3 Millionen I Mark.

Erweiterung der Sonnkagsfahrkarken. Auf eine An­regung des Dr. Kah-Avaensburg, die Sonnkagsfahrkarken für alle Stationen in der Weise einzufübren, daß zur Hin- und Rückfahrt in 4. Klasse eine einfache Karte 3. K'asse und zur Hin- und Rückfahrt in 3. Klasse eine einfache Fahrkarte 2. Klasse ausgegeben werde, hat die Reichsbahndirektion Stuttgart geantwortet, eine Gestaltung dieser Art sei von der Direktion schon früher erwogen worden. Hiebei würde aber die Preisoergünstigung für die Sonntagskarten nur ein Viertel betragen, während sie nach dem jetzigen Verfah­ren ein Drittel ausmache. Immerhin werde dis Direktion die Angelegenheit im Auge behalten.

Missionskonferenz. In der Pfingstwochc, vom 24. bis 26. Mai, tagt hier die Württ. Landesmissions - Konferenz. Redner sind Missions-Inspektor v. Würz-Basel und Mis­sionsdirektor Dipper-Basek.

Landesversammlung. Der Württ. Hauptverein des Ev. Bunds hält seine Landesversammlung vom 12.14. Juni bier. Redner sind: Prälat v. v. Planck-Ulm. Lic. Günther- Stuttgart. Dr. Moscipo-Stuttgart, Bundesdirektor F-chren- Horst-Verlin, Pfr. Pfeiffer-Frankenbach und Pfr. Hermann- Holzmaden.

Vom Tage. In einem Haus der Kanzleistraße hat sich ein 59jähriger Mann erhängt.

Aus dem Lande

Waiblingen. 9. Mai. Das Ge m e i n d e b e stim­mungsrecht. Für das Gememdebestimmungsrecht haben hier bis jetzt 1918 Wahlberechtigte unterschrieben, d. h. etwa 42 v. H-, in Winnenden 1030 (40 o. H.), in Fe hrbach über 3000, in Trossingen über 1000 (je etwa 30 v. H.), in man­chen Landgemeinden über 50 v. H.. in einzelnen bis 86 v. H.

Heilbronn, 9- Mai. Vom Rathaus. Der Eemeinde- rat hatte sich wieder einmal mit der Theaterfrage zu be­schäftigen. Die Theaterleitung fordere von der Stadt wei­tere 19 000 Mark Vorschuß (über den Monatszuschuß von 6000 Mark hinaus). Die Ausgabe wurde bewilligt, wobei festgestellt wurde, daß der Besuch neuerdings stark nach­gelassen hat. Für die neue Spielzeit kommt nur Schauspiel und Operette in Betracht. Selbst bei einer Beschränkung auf 5 Monate werden mindestens 126 000 Mark Beitrag not­wendig werden.

Vom Rechberg, 9. Mai Regenzur rechten Zeit. Die Mairegen brauchten nicht nur die Saatfelder und Wie­sentäler, sondern vor allem die Trinkwasserleitungen und Dorfbrunnen. In Wißgoldingen mußte schon manchen Tag mit Motorkraft das Wasser beigeschafft, zu Winzingen die Wasserentnahme auf die Futter- und Mahlzeiten beschränkt werden.

Ellwangen» 8. Mai. Kraftpo st Verbindung. Die Krastpostverbindung DinkelsbühlEllwangen kann in nächster Zeit in Betrieb gesetzt werden. Von dem Winter­betrieb ÄinkelsbühlCrailsheim muß solange Abstand ge­nommen werden, bis die gefährliche Straßenstelle bei Unter- adach völlig umgebaut wird.

Reutlingen, 9. Mai. Die Abstimmung über Gemeindebestimmungsrecht. Durch den Irrtum eines hiesigen Blatts gelangte die Nachricht in die Blätter, das bei der Abstimmung über das Gemeindebestimmungs­recht nur 1500 Unterschriften gegeben worden ssim. In Wirklichkeit sind es 3500. Inzwischen hat sich die Zahl noch erhöht. Bei strammer Durchführung der Sammeltätigkeit hätte wohl die doppelte Stimmenzah! erreicht werden können

Oberndorf a. N 9. Mai. Betriebseinschrän­kungen. In verschiedenen Abteilungen der hiesigen Groß­industrie, die nach dem Krieg umgeskellt wurden, mußte der Betrieb auf vier Tage in der Woche eingeschränkt werden. Eine Anzahl Arbeiter wurde entlassen.

unterzeichnetes Gutachten über den glänzenden Zustand von Mariens Körperlichkeit.

Noch ehe das Schiff mit seiner kostbaren Fracht die Anker lichtete, hatte der Pariser Korrespondent aut dem Wege über Spanien in mehreren Avisbriefen seinen Kaufherrn verständigt, daß er ihm per Schiff ab Havre-de-GrLee ein junges Mädchen, wie verlangt, zugehen ließe. Und so war denn unser Amerikaner der erste am Hafen, als Schiff, Ballen und Fräulein nach glück­licher Fahrt dort einliefen. Der Kapitän hatte seinem lebenden Kollo schon von weitem den Handelsherrn gezeigt, der mit dem Hut in der Hand am Landsteg wartete. In anmutiger Freiheit schritt Marie Latour auf ihn zu und sagte errötend aber mit lachenden Augen:Mein Herr, ich habe einen Wechsel auf Sie; kann ich hoffen, daß Sie ihn einlösen werden?" Dabei bändigte sie dem Amerikaner, der vor der reizenden Erscheinung ganz die übrigen Fakturanummern vergaß, seinen Wechselbrief ein, auf dessen Rückseite der Korrespondent vermerkt hatte, daß die Ueberbringerin die verlangte Gattin sei.

Mein Fräulein", erwiderte fast mit einem Herzenston der Kaufmann,nie in meinem Leben habe ich irgendeinen Wechsel zu Protest gehen lassen, und ich versichere Sie, daß ich bet diesem hier nicht meine Gepflogenheiten ändern werde. Ich bin ganz glücklich, daß auch Sie den fälligen Wechsel eingelöst und bezahlt haben wollen."

Ja. ich will es von Herzen gern", sagte darauf leise unsere Gelandete.Die guten Schiffsleute haben mir während der Reise so viel Freundliches von Ihnen erzählt, und meine eigenen Augen finden es so sehr bestätigt, daß ich den Wechsel in froher Zuversicht ziehe."

Einige Tage nach dieser ersten geschäftlichen Begegnung hielt man Hochzeit, und die auf Wechsel geschlossene Ehe wurde eine der haltbarsten und glücklichsten im fernen Westen. Trotzdem blieb der Eheherr ein guter Kaufmann; er vergrößerte ständig seinen Besitz und ließ seine Pflanzungen und Faktoreien auch über die Guadeloupe-Insel sich ausbreiten. Eine seltsame Laune des Schicksals hatte seiner Ehe nUr Söhne geschenkt, die er alle später auf der größeren Insel ansiedelte. Das Eiland aber, auf das eines gelobten Tages seine Frau den Fuß gesetzt hatte, taufte er, ganz die kaufmännischen Gewohnheiten vergessend, mit dank­barem Sinn Marie galante. Und so benamst schwimmt es noch heute im Schwünge des windwärts gegen den Ozean gerich­teten Infelbogens über dem Wasser, fast zärtlich umfangen von den Armen der männlichen Guadeloupe.

Des Weibchens Siegeszug

Von Karl Wilhelm.

Des Weibchens Siegeszug nickt des Weibes! Denn das wäre nicht schlimm, ländern naturbedingt und zu begrüßen. Wenn man sich aber die Bilder illustrierter Zeitungen und neu zeitliche .zugkräftige" Reklamen ansieht, kann man wirklich fraoen. ob man überhauvt noch den BeariffWeib",Frau". Mädchen" kennt, oder ob alle drei zuWeibchen" undgirls" verniedlicht und oerparfümiert sind.

Das Weibchen und das airl regieren zwar nicht die Welt aber die breite Malle. Sie bat lick bereits so daran gewöhnt. da^die

Laukerback, OA. Oberndorf, 9. Mm. Selbsthilfe. Ende letzter Woche wurde das erste Sechsfamilienwohnhaus (Doppelhaus) der Sparerbauhilfe errichtet. Arbeiter und Gewerbetreibende haben sich hier zusammengeschlossen, um mit wöchentlich oder monatlich abzuführenden Beiträgen das Wohnungsbauwesen zu fördern- Etwa 600 Mitglieder haben in verhältnismäßig kurzer Zeit die Summe von 13 000 Mark zusammengebracht.

Rottweil, 9. Mai. Versicherungsbetrug. Das Schwurgericht hat den Möbelfabrikanten Wilhelm Frey aus Spaichingen wegen Versicherungsbetrugs zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt. Von der Anklage der Brandstiftung wurde Frey sreigesprochen.

Zimmern OA. Rotkweil, 8. Mai. Erwischt. Zwei Burschen, die kürzlich dem Landwirt Burkhard hier 60 -R entwendeten, sind durch einen Landjäger ermittelt und fest­genommen worden. Sie sind von Trossingen, der eine 15, der andere 19 Jahre alt und trieben sich bettelnd in der Ge­gend umher.

Merklingen OA. Blaubeuren, 9. Mai. Ein früher Jahrgang. Als Kuriosität kann berichtet werden, - am 1. Mai auf hiesiger Markung Roggenähren anzutresfea waren.

Mengen, 9. Mai. Amtsanmaßung. Nachts wurde ein 16 Jahre altes Mädchen von Hohentengen auf dem hie­sigen Bahnhof von einem jüngeren Mann, der sich als Ge­heimpolizist vorstellte, angehalten und wiederholt aufge­fordert, den Koffer zu öffnen, weil der Inhalt zu unter­suchen sei. Das Mädchen schöpfte aber sofort Verdacht, und derKontrolleur" ist in dem Augenblick verschwunden, als er merkte, daß das Mädchen einen in der Nähe befindlichen Schutzmann rufen wollte. Der angebliche Geheimpolizist wurde in der Person eines 27 Jahre alten, stellenlosen Friseurs aus Stuttgart festgenommen und dem Amtsgericht Saulgau vorgeführt.

Ravensburg, 9. Mai. Einweihung. Am Himmel­fahrtsfest findet die Einweihung der evang. Anstalten Klein­tobel, Gde. Berg, und Oberrallewinden, Gde- Ravensburg, statt. Beide Anstalten haben den Betrieb ausgenommen und sind voll besetzt.

Vogt OA. Ravensburg, 9. Mai- Milchfälschung. Ein hiesiger Käsereibesitzer, der die Milch auf Reinheit und Unverfälschtheit prüfte, machte die Wahrnehmung, daß ein nicht unerheblicher Teil durch Wafferzusatz und "Dreingabe von Magermilch gefälscht ist. Eine von der Milchwirtschaft­lichen Lehr- und Forschungsanstalk in Wangen vorgenom­mene Stallprobe bestätigte diese Annahme in vollem Um­fang, wobei ein Wasserzusatz bis zu 35 v. H. festgestellt wurde. Die betr. Lieferanten erklärten sich zur Bezahlung von zum Teil ganz namhaften Schadenabfindungssummen an den geschädigten Käsereiinhaber bereit, Loch dürfte noch ein gerichtliches Nachspiel folgen.

kellmünz a. d. Iller, 9. Mai. Das verschwundene Keltenschwert. Bei den Grabarbeiten an der neuen Illerbrücke wurde ein altes Bronzeschwert» vermutlich aus der Keltenzeit, zutage gefördert. Ohne Kenntnis der Bau­leitung warf man das alteEisen" achtlos beiseite, es kam in Kinderhände und ist seitdem spurlos verschwunden. Be­kanntlich müssen solche alte Funde an die staatlichen Behör­den gegen eine entsprechende Vergütung abgeliefert werden, und man ist nun eifrig bemüht, das jedenfalls wertvolle Stück aufzufinden, um es der Allgemeinheit als Altertum zu erhalten.

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Suxustkerchen des Films und der Operette in BIM und Worr ihren stumpfen kirnen erngevrägt werden, daß es ihr schon pur nicht mehr auffällt. wenn nahezu jedes Titelbild jeder illustrier­ten Zeitung selbst die ernsteste Sache in Verbindung mit einem Weibchen bringt. Ein Beispiel für viele: ..Die teuerste Bibel der Welt" swarum nickt:einer der ersten Bibeldrucke der Welt?" O unglückseliges Amerika!) wird im Bild gezeigt Man sieht das aufgeklappte Buch sauber abgebildet und denkt, daß das genüge. Beileibe nickt! Damit eszuakräftig" wird, sikt davor das ..Weibchen", grinst den Leser an, ist unentwegt niedlich und macht die ganze an sich interessante und ernsthafte Abbildung zur albernen Spielerei. Es hat jemand einen neuen Apparat zum Fernsehen erfunden. Der Apparat wird abgebildet. So, daß man etwas sehen kann? Bewahre! Denn davor oder darcw sitzt das Weibchen, grinst den Leser an (vergleiche oben!) ist m:t Bubikopf und Florstrümpfen auf niedlich zurechtgemacht und hat nicht den mindesten Zusammenhang mit der ganzen Sache. Im Geaenteil! Denn diese Wesen (nach Bedarf:die Tochter des Erfinders" oderdie bekannte Kinodiva Mizzi Pizzi" usw.) zeigen in Haltung und Ausdruck deutlich, daß sie gar nichts von dem Gegenstand, den sie verniedlichen sollen, verstehen, sondern daß sie ganz mechanisch in's Bild hineinaesetzt sind.

Sehr beliebt und deshalb .zugkräftig" ist auch die Verbin­dung irgend einer gefährlichen oder schwierigen Sache ober Un­ternehmung mit dem Weibchen oder dem girl.Die berühmte Opcrettensönaerin Soundso auf der Eisbärenjagd". . in einem niedlichen Salonaufzug, in dem man vielleicht auf einen Groß Nadtkorso oder ein Kostümfest, niemals aber auf eine wirkliche BärenjoA- gehen kann.Die bekannten Tillergirts des So- undsotheaters in der Sommerfrische beim Pflügen.Ach T»tt, wie niedlich", denken alle Zipfelmützen.Zu nett, daß stck diese berühmten Künstlerinnen herablallen, höchst eigenhändig zu pflügen, ganz wie unsereins" Pflügen sie denn? Keine Ahnung! Sie sind um einen Pflug malerisch und niedlich grup­piert. grinsen den Leser an (oergl. oben!) und jeder, der einmal einen Bauer pflügen sah, erkennt auf den ersten Blick:dre können das ganz gewiß nicht." Macht nichts! Der Philister ist begeistert! Ein kühner Jäger und Forscher hat in harter Ar­beit. mit großem Mut und großer Gewandtheit einen riesigen Haifisch erlegt. Die Bestie wird an Land gebracht und photo­graphiert. Wer steht davor, in elegantem Sommerkleid, den Fuß kokett auf dem toten Ungeheuer? Das Girl! Das unvermeid­liche! Und was tut es? Es ist niedlich und grinst geistlos den Leser an. (Vergl. oben')

Man denke ja nicht, daß das nurAeutzerlichkeiten" sind. Die große Mehrzahl der Männer, soweit die Städter in Frage kommen, verweiblicht. und die Frauenvergirlen" (man verzeihe die scheußliche, aber treffende Wortbildung). Es ist durchaus nicht unwichtig, ob die Menschen durch illustrierte Blätter und Reklamen immer weiter in dieser Richtung verbildet werden, oder ob inan sich Mühe gibt, die Entwicklung, die eine Folge der wirtschaftlichen Verselbstständigung der Frau und der ge dankenlosen Nachäffung amerikanischer Torheiten ist, zuruckzu halten und auf ein erträgliches Maß zu bringen Denn sonst kommen wir bald dahin, eines unserer besten ideellen Guter z» zerstören: das Gefühl dafür, daß turmhoch über dem g>m das Mädchen, über dem Weibchen die Frau steht. Wehrt euch, die ihr angegriffen -'»id'