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Niontag, den 28. April 1930
Jahrgang 103
Die nächsten Aufgaben der Reichspolitik
Wiederbeginn
der Parlamentsverhandlungen
— Berlin, 28. April. Mit Beginn dieser Woche findet die parlamentarische Osterpanse ihr Ende. Reichspräsident und Neichsminister sind nach der Reichshauptstadt zurückgekehrt. Morgen wird vermutlich das Kabinett wieder zusammentreten. Seine Hauptaufgabe ist die
Fertigstellung des Ostprogramms» das der Kanzler mit äußerster Beschleunigung durchzuführen versprochen hat. Die Frage, ob ein besonderes Ost- ministerium geschaffen werden,soll, ist noch nicht geklärt. Treviranus und seine Freunde dringen darauf, da nach der Räumung der Rheinlanbe die Auflösung des Ministeriums für die besetzten Gebiete zu erwarten ist. Von Dr. Wirth ist bekanntlich auch im Kabinett Müller angeregt worden, das Ministerium der besetzten Gebiete in ein Grensland-Ministerium umzuwandeln, Lin Projekt, das unter dem wachsenden Zwang der Einsparungen jedoch inzwischen an Aussichten stark eingebüßt hat. Vielleicht wählt man den Mittelweg in der Form eines besondere n Ausschusses, der in engster Zusammenarbeit mit den einschlägigen Reichs- und preußischen Stellen die Osthilfe in die Praxis zu übertragen hätte.
Am Freitag nimmt der Reichstag seine Beratungen wieder auf. Seine Tätigkeit in den nächsten zwei Monaten wird sich fast ausschließlich auf die
Verabschiedung des Etats 1930 erstrecken. Der Notetat läuft am SO. Juni ab. Bis zu diesem Zeitpunkt müßte der Regierung also das neue Budget bewilligt sein. Der glatte Ablauf der Etatsdebatt« hängt sehr wesentlich von der Haltung der Deutschnationalen ab, auf deren Unterstützung Dr. Brüning auch weiterhin nicht verzichten kann. Die deutschnational« Retchstagsfraktion geht mit getrennten Bataillonen t» bi« Schlacht. Der Vorstandsbeschluß vom Samstag hat den Keim zu neuen Konflikten ge-
— Warschau, 28. April. Die Warschauer Polizei entdeckte durch Zufall am Samstag vormittag in einem Kamin der sowjetrussische« Gesandtschaft eine Höllenmaschine, die von unbekannten Täter« dorthin gebracht wnrde, und wie die Polizei vermutet, offenbar in -er Absicht, eine« Anschlag anf das Gebäude der sowjetrnssische« Gesandtschaft zn verüben. Die Untersuchung hat bis jetzt noch kein Ergebnis gezeitigt. Das Gebäude der fowjctrnsfischea Gesandtschaft wurde fast den ganze« Tag über von einer starke« Polizei- abtcilung bewacht.
Zu dem Bombenfund ist ergänzend zu melden, daß die Uhr, die durch einen elektrischen Draht mit der Höllenmaschine verbunden war, auf 20 Uhr eingestellt war, und zwar gerade auf die Stunde, zu der eine Zusammenkunft des gesamten Gesandtschaftspersonals im Beratungssaal der Gesandtschaft stattfinden sollte. Noch auffälliger ist, Latz die Höllenmaschine im Kamin in -er Höhe des Versammlungssaals befestigt war. Man vermutet, baß die Täter über die Vorgänge in -er Gesandtschaft außerordentlich gut unterrichtet gewesen sind.
Moska« t« starker Erregung.
Nach einer Meldung der Amtlichen Sowjetrusfischen Te- legraphen-Agentur hat die Nachricht von dem Bombenfund in der Warschauer sowjetrusfischen Gesandtschaft in Moskau größte Erregung hervorgerufen. Man hält es dort für unzweifelhaft, daß auf das Leben des Warschauer Gesandten ein Anschlag verübt werden sollte. Mit besonderem Nachdruck wird betont, daß die Höllenmaschine durch den Rauchfang aus dem Nachbarhaus Herabgelaffen worden sei, in dem sich der Sitz des polnischen Monarchistenklubs befinde. Die „Jswestija" betonen, in dem Anschlag sei ein Versuch polnischer Abenteurer zu erblicken, eine svwjetrussische Kriegserklärung an Polen herauszufordern. /
Es wird erwartet, daß die russische Regierung voraussichtlich aber erst nach Abschluß der Untersuchung an die polnische Regierung eine Note richten werde, in der der Hoffnung Ausdruck gegeben werden soll, daß die polnische Negierung alle Maßnahmen zur Verhaftung der Täter und gegen die russischen Emigranten in Polen ergreife, die einen neuen Mord an dem russischen Gesandten in Warschau planten. In der Note dürfte die russische Negierung weiter auf die letzten «egen die russische diplomatische Vertretung in Warschau gerichteten Anschläge aufmerksam machen und besondere Maßnahmen zum Schuh der russischen diplomatischen Vertretung in Polen verlangen.
legt, da die Fraktionsmehrheit, wie es scheint, nicht gewillt ist, sich dem Gebot der Parteiführung zu fügen und dem Kabinett Brüning Opposition um jeden Preis zu machen.
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Hilfe für die Bauwirtschast
TU. Berlin, 28. April. Amtlich wird mitgeteilt: Der Ncichsarbeitsminister hat im Einverständnis mit dkm Netchsfinanzminister die Nückzahlnng der vom Reich 1926 aus erste «nd zweite Hypotheken bercitgestellte« Zwischenkredite bis znm 28. Febrnar 1931 insoweit gestundet, als diese Mittel nachweislich wieder dem Kleinwohnungsbau -«geführt werde«. Durch die Verlängerung der Kreditfrist, die ursprünglich drei Jahre nach Abruf durch die Länder bzw. Realkredit- anstalten ablanfen sollten, bleibe« der Bauwirtschast noch erhebliche Beträge ans diesen Mitteln im laufenden Jahre für die Zwischensinanziernng erhalte«. Nach dem Haushaltsansatz für 1930 würden zur Einzahlung im Lanfe des Jahres rnnd SO Millionen Reichsmark fällig, wozu noch etwa 20 bis 25 Millionen Nm. kommen, die bereits im Jahre 1029 gestundet worden find.
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Bilanz der Reichsbahn
TU. Berlin, 28. April. Don der Reichsbahn wird mitgeteilt: Der Verwaltungsrat der Deutschen Reichsbahngesellschaft tagte am 26. und 26. April in Berlin. Geschäftsbericht und Bilanz für das Geschäftsjahr 1020 wurden genehmigt. Die Ausschüttung einer 7prozenttgen Dividend« auf die ausgegebenen Vorzugsaktien Serie 1—4 wurde beschlossen. Auch der dritte Monat des lausenden Geschäftsjahres hat infolge des Niederliegens der Wirtschaft die vorgesehene« Einnahmen nicht gebracht. Die Einnahmen find vis zum 1. April 1930 um rund 100 Millionen Mark gegen die Erwartung zurückgeblieben. Das bei der letzten Tagung des Verwaltungsratos beschlossene Einschränkungsprogramm muß deshalb bestehen bleiben.
Hüte mit doppelte« Bode« als Mittel kommunistischer Propaganda.
Die Warschauer Polizei hat bet ihren Nachforschungen nach kommunistischen Werbeschriften und Agitatoren in Warschau die aufsehenerregende Entdeckung gemacht, daß man in den Räumen des Verbandes der Warschauer Hutmacher Hüte mit doppeltem Boden herstellt«. Diese Hüte bienen dazu, kommunistische Werbeschriften, schriftliche Anweisungen, chiffrierte Telegramme und Werbegeld zu verbergen und zu verbreiten. Bon den Mitgliedern des Verbandes wurde lediglich der Sekretär verhaftet, während die anderen flüchten konnten. Der Polizei ist es bisher nicht gelungen, ihnen anf die Spur zu kommen.
Polen und die deutschen Agrarzölls
Rauscher bei Zaleskt.
TU. Warschau, 28. April. Der deutsche Gesandte Rauscher wurde am Freitag von Außenminister Zaleskt zu einer längeren Unterredung empfangen. Vermutlich wurde die Frage der letzten deutschen Zollerhühungen ^berührt. Die Besprechung hatte jedoch lediglich informatorischen Charakter, zumal die offizielle Antwort der Reichsregierung auf die polnische Note bekanntlich unmittelbar gleichfalls in Form einer Note erfolgen wird.
„Gras Zeppelin" über Paris und London
— Berlin, 28. April. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" hat am Samstag seine Englaudsahrt glücklich dnrchgeführt und ist Sonntag früh nach 4 Uhr wohlbehalten in Friedrichshafen gelandet.
Das Luftschiff „Graf Zeppelin" traf auf seiner Fahrt nach London um 11.46 Uhr über Paris ein, das es in geringer Höhe überflog. In der französischen Hauptstadt hatte man die Ankunft des Luftriesen schon seit 11 Uhr erwartet und in den Straßen stauten sich die Menschen, um bas Luftschiff zu bewundern. Automobil- und Straßenbahnverkehr ruhten für einige Minuten. „Graf Zeppelin" ist dann kurz nach 16 Uhr über London erschienen. Um 16.44 Uhr hatte das Luftschiff Epsom erreicht. Kurz darauf kreuzte es über dem Riesenstaöion von Wembley, wo gerade in Gegenwart des Königs und des Herzogs von Nork Las große Endspiel um den Fußballpokal stattfand. 92 000 Menschen begrüßten hier das Luftschiff mit lautem Jubel. „Graf Zeppelin" flog ungefähr 20 Minuten Schleifen über der City, wo außergewöhnlich starke Menschenmenge versammelt war und fuhr dann
Tages-Spiegel
In dieser Woche werde« nach beendeter Osterpanse die parlamentarische« ArVe'te« in Berlin wieder ausgenommen. Das Reichskabinett tritt morgen» -er Reichstag am Freitag wieder zusammen.
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Das Reichskabinett wird sich morgen mit der Fertigstellung des Ostprogramms befassen. Auch die Frage, ob ein Ost- minister»mn> geschaffen werde« soll» bedarf noch der Klärung.
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In der Warschauer Gowjetgesandtschaft wnrde eine Höllenmaschine entdeckt. I« Moskau herrscht hierüber große Erregung.
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Der Magdeburger Polizei gelang es, zwei der Hanpttäter an den Leipziger Ausschreitungen während des ersten Osterfeiertages, in deren Verlauf zwei Polizeibeamte getötet «nd mehrere verletzt wurde«, z« ermitteln und fest- -nnehmen.
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Die englische Mittelmeerslotte ist znsammengezoge« worden, um im Notfall die Fahrt nach Indien antrete« z« könne«.
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„Graf Zeppelin" hat am Sa-mStag die Hauptstädte Frankreichs und Englands besucht. Während der Empfang des Luftschiffs überall herzlich war, warte« die Preffeorgan« mit Gehässigkeiten anf.
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Der Aufstieg des Luftschiffs znr Südamerikafahrt ist von Dr. Eckener endgültig anf den 18. Mai festgesetzt worden.
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In Neapel wnrde ei« heftiges Erdbeben »erspürt, das «nter der Bevölkerung Bestürzung hervorrief, jedoch glücklicher» «eise keinen Schade« ««richtete.
tu westlicher Richtung weiter nach Cardington, wo er programmäßig 10 Minuten vor 17 Uhr eintraf. Die Landung ging ohne Zwischenfall vonstatten. Kurz nach der Landung begab sich Dr. Eckener mit seiner Frau zu dem Luftschiff, das er wenige Minuten vor dessen Wiederaufstieg um 17.15 Uhr bestieg. Der Flugplatz war von einer großen Menschenmenge umsäumt, die sehr bald nach der Landung des Luftschiffes die Pvlizeiabsperung durchbrach und dem Luftschiff eine außerordentlich herzliche Kundgebung darbrachte, die sich bet dem Wiederaufstieg wiederholte. Um 17.60 Uhr überflog bas Luftschiff London zum zweitenmale, um dann über Dover, Brüssel, Trier, Landau, Karlsruhe die Heimfahrt nach Frtebrichshafen anzutreten. Kapitän Lehman» erklärte nach der Landung, daß der Fahrtverlauf als äußerst günstig zu bezeichnen sei. Die in etwa S4 Stunden zurückgelegte Strecke beträgt rund 2000 Km.
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Französische Gehässigkeiten beim Pariser Besuch des „Graf Zeppelin".
Aus Paris wird gemeldet: Während die breite Oeffent- lichkeit mit großem Interesse das Erscheinen des „Graf Zeppelin" verfolgte, versuchte die Presse die Bewunderung durch gehässige Ausführungen zu dämpfen. Der Vorsitzende einer Pariser Bezirksgruppe der patriotischen Liga hat an den französischen Luftfahrtminister ein Protestschretben gegen die Ueberfliegung von Paris durch „Graf Zeppelin" gerichtet. Mit unversteckter Befürchtung hätten die Pariser die Vorstellung -eS „Graf Zeppelin" über ihrer Hauptstadt mit angesehen, Li« von den Vorfahren des Zeppelins auf das bitterste heimgesucht worden sei. Der Besuch des „Graf Zeppelin", -er mit echt germanischem Haßgefühl Parts in niedriger Höhe mehrmals überflogen habe, sei für jeden Franzosen, der die Schreck« -es Krieges gesehen habe, unerträglich.
Unfreundliche Stimme« auch i« England.
Der erste Besuch eines Zeppelins über England in der Nachkriegszeit wird von der Presse als ein großes Ereignis behandelt. Die führende und ernst zu nehmende Presse äußert sich sehr freundlich, während die extremen Blätter alte Kriegserinnerungen wachrufen und ausgesprochen unfreundliche Beschreibungen bringen.
Eisenbahnunglück bei Berlin
TU. Berlin, 28. April. Ein folgenschweres Eisenbahnunglück Hat sich am Sonntag vormittag kurz nach 9 Uhr auf der Reinickendorf—Liebenwalder Eisenbahn unmittelbar hinter dem Bahnhof Basdorf -wischen Basdorf—Wandlitz ereignet. Infolge falscher Wcichenftellung entgleiste« mehrere Wagen des von Berlin kommende« überfüllten Zuges. Zwei Wagen sprangen aus dem Gleis, wobei der eine Wagen umkippte. Bei dem Unglück sind 11 Berliner Ausflügler verletzt worden, vier davon so schwer, daß sie in das KreiS- krankenhaus Bernau überführt werde» mutzte».
Anschlag auf die Warschauer Sowjetgesandtschaft
Die Bombe im Kamin — Große Erregung in MotzHau