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Rr. 84 öegrunäs: I8L6 Dienstag den 13. April Fernsprecher Nr 29 100. Jahrgang
TsHeKstziegel
Am 13. April wird in einer Sitzung des Reichskabinetts -er Anspruch des Daweskommissars gegen die Steuererleichterungen besprochen werden.
Reichskanzler Dr. Luther wird am Dienstag abend nach München abreisen. Die Besprechungen mit der bayerischen Negierung werden, wie mau glaubt, hauptsächlich die von Payern immer wieder geförderte Abänderung der Weimarer Verfassung im Sinu -er Buadesstaatsverfafsung berühren. Bayern wüuscht insbesondere- dah der Reichsrat die Stellung des früheren Buüdesrats emnehme, was auch eine Forderung der Rechtsparteien ist.
Der russische Flüchtlingskongreß in Paris hat einstimmig «klärt, dah er den Großfürsten Nikolai als den rechtmäßigen Zaren anerkenne. Die russischen Dauern sollen das Land, das ihnen durch die Revolution zur Bearbeitung überwiesen wurde, im Fall der Wiederherstellung -er MouarchSe als Eigentum behalten dürfen.
Mussolini ist am Sonntag früh in Tripolis eiugetrvfsea und hat aus dem Marktplatz eine Parade abgenommea» wobei er natürlich eine Rede hielt. Ls sind scharfe Sicher- heitsmaßnahmen für Mussolini getroffen worden.
Zu Portugal gab es wieder einmal einen kleinen Auf. Hand. Die Radikalen versuchten das Fort Sau Jose zu stür. »e». Die Regierungstruppen unterdrückten den Aufruhr
Kronprinz karol soll sich durch Vermittlung Aoarescu» mit dem König von Rumänien ausgesöhnt habe« und bereits Mif seinem Gut bei Bukarest emcetreffcn sein.
Tre Verschleuderung von Reichs- vermögen
Der „Süddeutschen Zeitung" wird von einem Wirtschaft» >chen Mitarbeiter geschrieben:
Bor einigen Wochen sind die „Deutschen Werke", das sind hie 1919 auf privatwirtschaftliche Erzeugung umgestellten staatlichen Fabriken zur Herstellung vom Heeresbedarf, von »er Bildfläche verschwunden, indem sie in die Arme der „Bereinigten Industrie-Aktiengesellschaft" (Wiag) sanken. Der Reichsrechnungshos hat dem Reichstag eine Denkschrift über die Ausgaben des Reichswirtschaftsministeriums (dem die „Deutschen Werke" bis vor kurzem unterstellt waren), für Reichsbeteiligungen bei privaten Jndustrieunternehmun- gen übermittelt. Aus dieser Denkschrift geht hervor, wie bei «en Deutschen Werken in den letzten Jahren gewirtschaftet worden ist Rund eine Milliarde Golbmark haben die Deutschen Werke in dieser Zeit verpulvert. Und auf die wiederholten Mahnungen des Rechnungshoss hat das Reichsschatzministerium nichts getan, suchte vielmehr eine Nachprüfung zu verhindern, wobei ihm die Reichskreditgesellschaft („Erka") als Bank für Reichsbeteiligungen behilflich war. So namentlich 1922.
Die Denkschrift des Rechnungshoss berichtet weiter: Teile des Reichsinüustriegeländes Spandau-Haselhor^ wurde teils an Siemens-Schuckert. teils an eine Firma Zischoffswer- der verkauft, und zwar wurde „das Geviertmeter zu einem Zehntel des Friedenswerts angeschlagen, was 215 000 Go'd- mark ausmachte. Bezahlt wurde aber nur eia Zwanzigstel". Bei der Auflassung stellte sich heraus, daß die Firma Bi- sthoffswerder noch über 10 000 Quadratmeter mehr zu beanspruchen hatte, wofür sie — am 29. August 1923 — in Papier 2 Millionen nachzahlte. Das sind eine Mark und 12 Pfennig; Siemens- Sch 'ckerl erhielt noch 2600 Qm. und — zahlte gar nichts nach. Es wurde übrigens in Aktien der Telefon-Fabrik. A.-G.. vormals I. Berliner bezahlt.
Ganz toll war die »Verwerfung" der Lager und Mag«, ziae von Heeresgut durch das Reichsverwerlungsamt. Inventur gab es nicht. In vielen Fällen wird den Käufern für ausgelieferte Waren überhaupt keine Rechnung ausgestellt. Ende 1923 »sind Hunderte solcher Saufschulden infolge Entwertung gestrichen worden, die ehemals recht erhebliche Summen darstellten". Cs wurde sogar ein großes »Sammelkonto für ungeklärte Einnahme- und Ausgabe- pvsten" ausgestellt.
Ganz erhebliche Unregelmäßigkeiten wurden offenbar, «nd das trotz der nur geringen Nachprüfung durch den Rechnungshof, der sich außerstande sieht, selbst die wesentlichen Beanstandungen auf,Zufuhren, weil das den Rahmen seines Berichts sprengen würde. Nur ein Beispiel: Im November 1919 wurden mehrere Lager im Wert von W Mil- Konen Mark an einen Konzern verkauft, der sie durcy einen Scknebervertraa sofort für 31 Millionen weikergibt. Nachdem der Haupkbekeiligke ins Ausland entwichen war, ist mir den übrigen Beteiligten vom Reichsschatzministerium ein Vergleich abgeschloffen worden, wonach sie 1,5 Millionen -K rl- Abfindung an das Reich bezahlten und damit einschließ- äch der Geflüchteten jeder weiteren Verfolgung entgingen. Oie gezahlte Summe bestand indessen hauptsächlich aus Provisionen, die die Beteiligten aus dem Geschäft bezogen hat len. Sie haben daher wenig mehr als die zu Unrecht erhol' neu Gelder herausgegeben.
Was das übrigens für Firmen waren, darüber sagt die ichrift: »Neben den Konzernen sind zahlreiche andere F neu in ganz auffälliger Weise bei großen Verkäufen berücksichtigt worden, wobei es sich zum Teil um Firmen und
"ndungen recht zweifelhafter Art gehandelt hat: daß oft >rch: mit der gebotenen Sorgfalt venabren ist. hat mit zu
Polnische Herausforderung
Deutscher Kolonialbesitz und die „Grotzmut" unserer Bölkerbuudebrüder.
Kattmvitz, 12. April- Der polnische Magistrat in Königshütte hatte zu Weihnachten und jetzt wieder zu Ostern diejenigen Arbeitslosen, die für Deutschland optiert haben, sich aber noch in Polen aufhalten, von der Auszahlung einer besonderen Arbeitslosenbeihilfe mit der Begründung ausgeschlossen, daß sie „Verbrechern, Optanten und Zuchthäuslern" nicht zustehe. Das deutsche Konsulat in Kattowitz hat gegen die Benachteiligung der Deutschen Einspruch erhoben und seinerseits den bezugsberechtigten arbeitslosen Deutschen die Beihilfe aus eigenen Mitteln bezahlt, um zu verhüten, daß die Geschädigten sich etwa zu Ausschreitungen Hinreißen ließen; solche Ausschreitungen hätten die Polen selbstverständlich zur deutschfeindlichen Hetze benutzt. Die unterschiedliche Behandlung der Arbeitslosen widerspricht überdies der Genfer Konvention.
Denkschrift über das
Berlin, 12. April. Dem Reichslag ist eine Denkschrift „ das Ausgleichsverfahren zugegangen. Es handelt sich um Regelung von Verbindlichkeiten aus der Vorkriegszeit» zwischen Deutschen und Angehörigen der ehemals feindlichen Staaten. Nach dem Stand vom 30. November 1925 sind insgesamt rund 798 600 deutsche Forderungen im Vorkriegswert von rund 2.9 Milliarden Mark, sowie rund 410 500 gegnerische Forderungen im Vorkriegswerl von rund sechs Milliarden Mark anhängig geworden. Von den deutschen »Forderungen sind dem Betrag nach 59 v. H» von den geg- -lc.ischeu Forderungen 66 o. H. erledigt.
Amsterdam, 12. April. In einem Aussatz im „Telegraaf"
schreibt der frühere englische Marineminister Lord Fische r. man dürfe zwar Deutschland keine eigenen Kolonien mehr geben, aber es sei gerecht und billig, daß die Kolonialmächte ihm einen angemessenen Anteil an der Ausnutzung ihr« kolonialen Rohstoffe gewähren. » .
Kommmnstcnkongreh in Stockholm Stockholm. 12. April „Aftonbladet" meldet, an Oster« habe in Stockholm ein geheimer Kommunistenkongreß stattgefunden, der aus Schweden. Norwegen, Finnland, Dänemark und Holland beschickt war. Agenten aus Rußland waren anwesend. In Schweden gebe es 8 kommunistische Leitungsstellen. Die Kommunisten in Schweden seien in 22 militärisch geordnete Bataillone von 28 000 Mitgliedern eingeteilt. die nicht bewaffnet seien. Außerdem seien 19 000 Jugendliche in militärisch gebildeten Verbänden vereinigt.
Ausgleichsverfahren
Aussetzung des Inkrafttretens de» Gesetzes bekr. da» MMM- strafrechk
Berlin, 12. April- Der Reichspräsident hak die Verkündung des am 3. Februar ds. 3s. vom Reichstag übereilt beschlossenen Gesetzes zur Vereinfachung des Mililär- strafrechts um 2 Monate ausgesehk, nachdem ein Drittel der Reichskagsmikglieder dieses Verlangen gestellt hatte. (Nach dem Gesetz sollten Offiziere, die sich duellierten, aus Reichswehr und Schutzpolizei entfernt werden müssen, sie würden also unter ein Ausnahmegesetz gestellt. Wie verlautet, will man sich jetzt auf die Formel einigen, daß solche Offiziere usw. aus dem Dienst entfernt werden können.)
den zahlreichen üblen Vorfällen, die sich im Lause der Zeit zueetragen haben, Veranlassung gegeben." Bei Bezahlung wird natürlich der Markenkwerkung nicht Rechnung getragen; es gelang aber dem Rechnungshof, die steuerliche Erfassung her Konjunkturgewinne wenigstens in einer Reihe von Fällen zu erzwingen, wobei sich dann ganz gewaltige Steuerhinterziehungen der betreffenden Firmen ergaben. Was diesen weiter nichts schadete, weil vielfach die verkauften Lager weit mehr Material enthielten, als in den Büchern geführt wurde.
Die 14 Werksgruppen der ..Deutschen Werke" gaben nach der Denkschrift W19 bei ihrem Uebergang in den neuen Betrieb einen Wert von 500 Millionen Mark an, der in Wirklichkeit aber das Vierfache betrug, da man die Werte nur mit 25 v. H. bezifferte. 435 Millionen steckte das Reich hinein. Ende Dezemebr 1921 nochmals 300 Millionen im Goldwert von 6,8 Millionen. Der Anschaffungswert der Liegenschaften, Maschinen und Materialien betrug aber Ende 1818 nicht weniger at« 4000 Millionen. Erhalten hat das Reich im ganzen in Goldmark — 72 Missionen, nämlich 100 Millionen Mark in Aktien und 330 Millionen in Ge- außscheinen, so daß gegenüber dem viel zu niedrigen Ein- ichätzungswert von 500 Millionen das Reich einen Verlust von 482 Millionen erlitten hat. Da aber die Deutschen Werke 1922 noch ein Darlehen von 12 Milliarden (^ Millionen Goldmark) bekamen, hat das Reich schließlich überhaupt nichts erhalten: denn das gesamte Aktienkapital der Deutschen Werke gehört jetzt der „Viag", in Höhe von 30 Millionen Goldmark. Für sämtliche Lieaenschaften Z. B. hat die Gesellschaft dem Reich ganze 12 000 Mark bezahlt. Dabei hat sie noch 1923 selbst erklärt, daß ihr Aktienkapital 500 Millionen Goldmark darstelle, und das mit Recht.
Im ganzen sind während des Kriegs und hernach 19 Unternehmungen aus Reichsmitteln gegründet worden, bei weiteren 18 war das Reich beteiligt Darunter ist die spaßhafteste die „Demo", die Deutsche Margarine- und Speisefettfabriken AG. in Spandau-Haselhorst. Die ehemalige Armeekonservenfabrik Spandau wurde „trotz anderweitigen günstigen Angebots von namhaften Firmen" mit sämtlichen Maschinen und Geräten an die „Brema". eine erst seit einem Jahr bestehende kleine Margarinefabrik in Bremen verkauft, die zum — Barmat-Konzera gehörte. Der Kaufpreis wurde in Aktien dieser „Brema" bezahlt, die nie im Börsenverkehr, nur unter der Hand gehandelt wurden, und zwar zu einem Kurs, der zu einem Drittel unter dem vom Reichsschatzministerium angerechneten lag. Selbst nach dieser Schätzung betrug der Kaufwert ganze 800000 Goldmark. Beim Verkauf lag eine Abschätzung de« vergangenen Jahrs zugrunde,
-ie höher gewesen ar; außerdem «hielt die Barmat- »Vrema" noch sür 2V Millionen Mark Materialien dazu; » Tage nach Abschluß de» Vertrag» hatte sie de- gesamte« Kaufpreis durch teilweise« Verkauf au Maschinen und Ala» lerialiea schon wieder «»gebracht. Sie hat dann ein weiteres Gelände von 78 000 Qm. gekauft mit S Hausern und 45 Wohnungen für 75 Millionen Mark — zahlbar in „Demo"» Aktien! —, was im ganzen 13 500 Mark ausmachte. Dafür erhielt sie aber — warum? — End« März 1923 au» Reichs- Mitteln eia Darlehen von rund 370 Millionen; dem Reichstag war von der Beteiligung des Reichs an der „Demo" überbauvt nie etwas bekannt geworben
Das sind nur ein paar Beispiele, die sich vettevig vermehren lassen, so etwa durch den Verkauf von über 100 Kesselwagen siär rund 300 000 Goldmark an die — jetzt in Liuidation befindliche Kesselwagen-A.-G-, der Verkauf d« militärtechnischen Institute, der Artilleriedepots Dresden «u- des Iudustriegeläudes Dresden-Albertstadt an die »Ida . — die keine Pacht .zu .zahlen brauchte, wenn der Aufsicht«« nicht wollte —, die Veräußerung des 428 000 Om. gr oße« Truppenübungsplatzes Zelktzeim für die lächerliche Summe von rund 100 000 Goldmark ufw.
Schon nach den Stichproben, die die Denkschrift des Aech- nungshofs aibt, ist der VersM des Reichs ohne weiteres «<
Die Friedensverhandlungen in Marokko
In den nächsten Tagen kommen in Udschda, einem Oit an der von den Franzosen ausgebauten Straße Rabat— Fes—Oran, Vertreter der Franzosen und Spanier mit Abgesandten der Rifstämme zusammen, um sich über die Beendigung der Feindseligkeiten zu besprechen. Diese Verhandlungen werden im Gegensatz zu manchen frühere», denen man, da sie fehlschluien, eine ernsthaftere Bedeutung abstritt, als amtlich gekennzeichnet. Diese Wendung kommt überraschend. Wenn man sich jetzt, wo die Regenzeit z» Ende ist, eines anderen besinnt und sich mit Vertretern der Rifleute an einen Tisch setzt, um auf friedliche Weise „völlig Schluß zu machen", so müssen inzwischen doch den Franzosen schwere Bedenken gekommen sein, ob die Fortsetzung des Kriegs in Marokko sich lohnt. Nach der am 23. Dezember o. I. von der französischen Regierung mitgeteilten Liste betrugen die Verluste auf dem marokkanischen Kriegsschauplatz an Toten, Verwundeten und Vermißten 412 Offiziere und 11 000 Mann. Die Zahl der getöteten 140 Offiziere gibt einen Maßstab für die schweren Verluste an weißen Franzosen. Und dabei sind die von der Regierung mitgeteilten Zahlen sicher nicht vollständig. Die außerordentlich hohe Zahl der durch Krankheit ausgefallenen und ständig ausfallenden Truppen hat bisher keine amtliche Stelle genannt. Die geldliche!: Ausgaben für die Kämpfe in Marokko sind schwer festzustellen. Ihre Höhe kann man an den spanischen Ausgaben für ein wesentlich kleineres Heer ermessen.
- König Alfons jagte im vorigen Sommer, der Feldzug koste dem Land täglich rund eine Milligji Peseten letwa 600 000 Reichsmark). Spanische Finanzleute rechneten aber aus, daß diese Angabe zu niedrig sei. Für Spanien liegen die Dinge ganz ähnlich wie für Frankreich.
Mit einem französisch-spanischen Waffensieg scheint e» aber auch noch gute Weile zu haben. Alle Nachrichten deute» darauf hin, daß Abd el Krim keineswegs so geschwächt ist» wie man es noch vor kurzem in Frankreich und Spanien gern hinstellte. Den Franzosen ist diese Einsicht eher gekommen als der spanischen Regierung, die trotz aller Erfahrungen in den letzten sechzehn Jahren noch immer an die Möglichkeit der völligen Unterwerfung der Rifstämme glaubt. Allerdings nur mit Hilfe der Franzosen. Nicht ganz mit Unrecht fürchten die Spanier jetzt, daß ein Friede auf idre Kosten obaeicbloffen werde. Denn das Riiaebiet liegt