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RagolLee Tagblatt »Der Sefeüschafter

Freitag. 9. April 1926

Schwestern geleiteten Pension gelebt. Diese sagten aus, daß üe auch bei den religiösen Andachten sich sehr auffällig be­nommen habe. Im vorigen Frühjahr machte sie in Rom enien Selbstmordversuch-, sie sagte, sie wolle sich für Gott og rn.

<5 h a m d e r l a i n telegraphierte an Mussolini:Ich bin >-n chi über den abscheulichen Anschlag aus Ihr Leben. M ne Frau schließt sicb meinem Glückwunsch ftir Ihre alück- lich- Errettung an. Wir hoffen, daß die Wunde nicht ge- jährlich ist "

Württemberg

Stuttgart, 8. April. Vom Landtag. Der Aus­schuß für Verwaltung und Wirtschaft hat einen Antrag Rath (D.Vp.) angenommen, die Regierung möge in tun­licher Bälde einen das ganze Land umfassenden Plan über die Neueinteilung derOberamtsbezirke nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und Verkehrszusammsn- hängen verlegen, der das Bestreben erkennen läßt, möglichst Amtsverbände zu schaffen, die den Anforderungen der jeßigen Zeit zu genügen imstande sind. Ein Zusatzantrag Pflüger (Soz.), im Antrag Rath das Wortmöglichst" zu streichen, und am Schluß anzusügen:Und bis dahin den Gesetzentwurf über die Aufteilung des Oberamts Weinsberg zurückzustellen", wurde mit den Stimmen des Zentrums, der Bürgerpartei, des Bauernbunds und der Völkischen abgelehnt. Der Gesetzentwurf betr. Auftei­lung des Oberamts Weinsberg wurde mit den gleichen Stimmen angenommen. Eine Eingabe aus dem Oberamt Welzheim, die sich gegen die Aufteilung dieses Obermnts wendet, wurde dem Staatsministerium zur Kenntnisnahme übergeben.

Das Ergebnis des Volksbegehrens. Nach der amtlichen Feststellung sind bei der Volksabstimmung über die ent- 'chädigüngslose Fürstenabfindung in Württemberg 467 835. inü Regierungsbezirk Sigmaringen 10199, zusammen 478034 Stimmen abgegeben worden. Das sind 1998 weniger gegenüber dem vorläufigen Ergebnis. Allein un Oberamtsbezirk Waiblingen sind bei der endgültigen Zu­sammenstellung 1500 Stimmen weniger herausgekommen.

Württ. Bildstelle. Auf eine Anregung des Kultministe­riums hak das Staatsministerium beschlossen, den staatlichen Behörden die Beiziehung der Württ. Bildstelle G. m. b. H. in Stuttgart in allen Lichtbild- und Bildstreifenangelegen­heiten zu empfehlen, soweit dies die Verhältnisse des ein­zelnen Falls zweckmäßig erscheinen lassen. Die Bildstelle, an der der württ. Staat beteiligt ist, hat haupttächlich die Aufgabe, im Dienst der Jugend- und Volkserziehung sowie der Pflege von Kunst und Wissenschaft die bei staatlichen Stellen vorhandenen Lichtbild- und Bildstreifenbestände zu­sammenzufassen und sie der Schule, der Volksbildung, so­wie anderen kulturellen Zwecken dienstbar zu machen. Sie ist auch fachmännische Beratungsstelle in Lichtbild- und Bildstrcifenangelegenheiten. Ihre Bestrebungen sollen nach Möglichkeit unterstützt werden.

Gutes Beispiel!

Aufwertungs-Volksbegehren. In zwei Versammlungen des Württ. Sparerbunds im Sieglehaus und im Haus des Deutschtums hielt der bekannte Vorkämpfer für eine gerechte Aufwertung. Reichstagsabg. Oberlandesgerichtspräsidrnt Dr. Best-Darmstadt einen Bortrag über die Aufwertung. Er teilte mit, daß der Sparerbund die Einreichung eines Volks­begehrens zur Abänderung des Aufwertungsgesetzes vom 16. Juli 1925 beschlosten habe. Falls die Regierung nicht auf die betr. Eingabe des Bundes hin selbst eine neue Vorlage bringen werde. Der Sparerbund verlangt eine Aufwertung aller Guthaben, auch der Industrieschuldverschreibungen, auf 50 v- H. des Goldmarkbetrags, der nach der inneren Kauf­kraft der Mark, nicht nach dem den Gläubiger entrechtenden Dollarkurs berechnet werden soll- Die persönlichen Forde­rungen sollen ausnahmslos nach den allgemeinen Vorschrif­ten, gegebenenfalls bis zur vollen Höhe aufgewertet werden. Bei Jnslationsverkäufen soll bis zum Beweis des Gegen­teils der Vorkriegswert des Grundstücks als vereinbart gel­ten. Die Aufwertung erstreckt sich auf alle Ansprüche mit Rückwirkung bis auf den 1- Januar 1919. Der Unterschied zwischen Alt- und Neubesitz bei öffentlichen Anleihen ist aus­zugeben. Beim Erwerb bis zum 1. Juli 1920 gilt der Nenn­wert als Erwerbspreis. Die Vorzugsrechte werden auf 1600 Mark erhöht, ebenso die Grenze der Bedürftigkeit. Einen Sturm der Entrüstung aab es. als Dr. Best mitteilte, daß

Der Karniüelbaron

Humoristischer Roman von Fritz Gantzer

»Hm!* Fernand lud nicht von neuem ein, knallte leicht nnt der Peitsche und ries ein aufmunterndes Hüho!

Da rackerte man langsam aus Bütenhagen zu. Sechs Roder drehten sich. Eine Weile. Dann ging das kunstvolle Flickwerk in Stücke, und der Bauch der Arche blieb stehen wie ein« treulos verlassene Braut. Kreyenbühl merkte es nicht-, denn er schlief. Und die anderen sagten nichts.

Eberty hatte noch ein« Weile nach der Richtung gesehen, die der Krachtwitzer Jagdwagen genommen, ehe er sich zum Gehen gewandt, aber nichts mehr von ihm bemerkt.

Da seufzte er ein wenig. Als er sich aber einredete, daß er froh sei, Renate Brandt nicht mehr auf Krachtwitz zu wissen, zum zweitenmal einredete, lächelte er ein wenig. Und dachte: »Es ist am besten so. Nun machen wir den letzten dicken Strich unter die ggnze Geschichte."

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In Bütenhagen erzählte jedes Kind: Die Kreyenbühlschen ihre Pferd« sind durchgegangen. Der Engelwirt ist tot. Der Amtsrichter hat beide Deine und den rechten Arm gebrochen.

Di« Alten hielten erregten Diskurs: Wenn man so wild fährt. Freisich! Da sei's ja gar kein Wunder ... Ob wohl die Kreyenbühlsche noch nzal heiraten würde? Na ja, viel­leicht! Den Sarg würde wohl Meister Stabert machen. Am Ende auch der Tischler in der Ranftgaffe. Der sei billiger. Und die Kreyenbühlschen seien immer genau gewesen.

Als die schreckliche Kunde auch in das Haus Rosencmste 14 drang, hoben Laura und Frida Witt« ein bitterheißes Weinen an, richteten ein Lager für den verunglückten Amts­richter her, schnitten aus altem Leinenzeug Binden und zupf­ten Scharpie, die sie mit Tränen netzten. Doktor Schrumm war zu allem Unglück über Land. Wer sollte nun den Ver­band anlegen?Hätten wir ihn doch nicht reisen lasten!* wehklagten beide, sich bittere Selbstvorwürfe machend.

In das Amtsgericht trug «in Magistratsschreiber die Mär, als er ein paar Aktenstücke brachte, die man sich aus­geliehen hatte.

Wendel lachte:Solch ein gemeiner Schwindel. Ehe die Fettwänste von Kreyenbühl durchgehen, regnet es Sirup. Unser Alter ist halb nach Stettin hin. Und nun soll er sich beide Beine und einen Arm gebrochen haben. Und Kreyen-

Reichsbankpräsidenk Dr. Schacht, der 240 000 Mark Jahresgehalt bezieht, es abgelehnt habe, als Schuldner einer Offizierswitwe eine in der Infla­tionszeit von ihm zurückbezahlte Hypothe­kenschuld von 50000 Goldmork a u k 11000 Mark aufzuwerten mit der Begründung, daß er dazu weder rechtlich noch moralisch sich ver­pflichtet fühle. Die Hauszinssteuer, führte Dr. Best aus, sei nichts als eine Besteuerung des Diebsgutwerts?. Die höhere Aufwertung bezeichnet? er als wirtschaftlich mög­lich, ja sie sei sogar die Voraussetzung für jede wirtschaftliche Gesundung. Für diese Aufwertung trat dann auch Reichs­tagsabg. Dr. Roß-Dortmund ein. In einer Entschließung wurde das württ. Volk zum Kampf für das Volksbegehren aufgerufen.

Disziplinar-Ankersuchung gegen den Abgeordn. Brönnle. Gegen den kommunistischen Landtagsahgeordneren Brönnle ist von seiner Vorgesetzten Dienstbehörde, nämlich der R.B.D. Stuttgart das Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Und zwar ein beschleunigtes Verfahren mit dem Ziel auf Suspendierung und Dienstentlassung, begründet mit dem dringenden Verdacht hochverräterischer Umtriebe. Unter dem gleichen Verdacht wurde bekanntlich Brönnle zugleich mit dem kommunistischen Abg. Schneck erst vor kurzem 8 Tage lang auf Antrag der Staatsanwaltschaft Stuttgart in Untersuchungshaft behalten, bis dann die beiden Äbg. auf den Einspruch des württe. Landtags aus der Haft ent­lassen worden sind.

Stuttgart. 8. April. Die Zimmerer gegen den Lohnabbau. Eine hier abgehaltene Mitgliederversamm­lung der Zimmerer von Groß-Stuttgart har gegen den Ber­liner Schiedsspruch Stellung genommen, der für die Zim­merer in Stuttgart einen Lohnabbau von 5 Pfg. in der Stunde vorsieht. Es wurde eine Entschließung angenom­men, worin angekündigt wird, daß, wenn wider Erwarten einige Firmen versuchen sollten, den Lohn abzubauen, dis Zimmerer in Stuttgart entschlossen sind, bei gegebener Zeit sich den für sie in Frage kommenden Lohn zu verschaffen.

Der durch Schiedsspruch für die Flaschner und Installa­teure vorgesehene Lohnabbau von 56 Pfg. ist nach drei­einhalbwöchiger Dauer des Abwehrstreiks der Bauflaschner und Installateure vorläufig verhindert worden. Das Ab­kommen vom 1. 8. 25 (Mindestlohn für 25jährige Facharbei­ter 1.20 -4t pro Stunde) läuft bis zum 1. Oktober weiter. Die Wiederaufnahme der Arbeit ist am Mittwoch nach Ostern erfolgt.

ep. Der Eisenacher Bund, der es sich zur Aufgabe gesetzt hat, Kirche, Theologie und Gemeinschaftsbewegung zusam­menzuführen, hielt seine diesjährige Tagung in Stuttgart ab und bestimmte für seine Verhandlungen als Hauptthsma die Mystik. Nach einem Eröffnungsgottesdienst in der Stifts­kirche fand am Osterdienstag, 6. April, abends die erste öf­fentliche Versammlung in der Liederhalle statt, begrüßt von Stadtpf. K o h l e r-Degerloch und geleitet von v. Jäger- Bethel. Prof. v. Büchs e l-Rostock sprach über die mystischen Strömungen der Gegenwart. Der Haupttag, Mittwoch, 7. April, brachte zwei geschlossene und einen öffentlichen Vor­trag. Geh.Rat- Prof. v. Lütgert-Halle sprach über das Wesen der Mystik. Er stellte als Normaltypus die in der Bibel vertretene Mystik auf und zog auf dieser Grundlage die Grenzlinie zwischen echter und entarteter Mystik. Prof, v. Heinzelmann-Vasel redete über Kritik der Mystik. Das Anliegen der Mystik sei berechtigt, dagegen ihr Streben nach Einheit mit Gott unbiblisch. Den öffentlichen Abend­vortrag hielt Geh.Rat Prof. v. Lütgert-Halle über die Geschichte Jesu als Offenbarung des Geistes. Er zeigte, wie sich in allen Abschnitten des Lebens Jesu bis zu Kreuz und Auferstehung der Geist Gottes cmsgewirkt habe.

Deukelsbach i. R.. 8. April. Leichenfund. Am Mon- tag vor acht Tagen wurde in einer Schachtel verpackt in der Rems die Leiche eines Knaben gefunden, der etwa zwei Tage gelebt hat. Nach der Kindsmutter wird geforscht.

^Vaihingen a. E-, 8. April. Aufsehen erregende Verhaftung. Durch zwei Elberfelder Eisenbahnkriminal­beamte und einem Beamten des hiesigen Landjägerkom­mandos wurde ein Vaihinger Arbeiter von feiner Arbeits­stelle in Asperg weg verhaftet. Dem Verhafteten wird zur Last gelegt, an schweren Eisenbahn-Bandendiebstählen im Rheinland, die schon drei Jahre zurückliegen, beteiligt ge­wesen zu sein. Seine Helfershelfer wurden bereits zu 45 Jahren Gefängnis verurteilt, während er selbst durch seine Flucht nach Rußland sich der Verhaftung entzogen hatte. Vor Jahresfrist war er nach Vaihingen zurückgekehrt.

Hellbraun. 8. April. Hundeausstellung. Zu der

bühl tot? Da sage ich bloß: Unkraut vergeht nicht."

Kublicke dachte pessimistischer:Es könnte sein, daß es doch is. Es haben sich schon andere Leute die Beine ge­brochen."

Ja. Und es sind schon Nachtwächter bei Tage gestorben, Vater Kublicke. Ihnen hätte ich eine größere Dosis Vernunft zugetraut, um so mehr, da sie bald mein Schwiegervater werden wollen."

David Manzke schrieb weiter und hatte seine eigenen Ge­danken. Es wäre ein Jammer, wenn es wahr wäre. Der Herr Amtsrichter hatte es immer so gut mit ihm gemeint und stets seine saubere Schrift gelobt. Aber es würde schon nicht wahr sein.

Der Herr Sekretär blieb ahnungslos. Er hatte es ein für allemal verboten, ihn währen- seiner Dienststunden zu stö­ren, sofern es der Dienst selbst nicht erfordere. Er arbeitete wie immer sein Pensum herunter, unbekümmert um die Ge­schehnisse in der Welt.

Und der Assessor erfuhr auch nichts, da er gleich nach der Abreise Ebertys von dem Zinnowitzer Wagen abgeholt wor­den war. Herr von Struwe hatte ihm gelegentlich der Treib­jagd den Abschuß eines Rehbockes versprochen.

Eine gute Stunde später war alle Sensation dahin. Fer­dinand Ridderwisch erschlug sie skrupellos mit seinem nüch­ternen Erzählen. Der Engelwirt war nicht tot. Nur die Arche hatte ihr Leben ausgehaucht, und die Pferde waren fort. Und der Herr Amtsrichter ging eben heil und ganz die Straße hinab und bog zumSchanzgraben" ein.

Wendel, vergnügt und freiheitsfroh am Fenster liegend, erblickte ihn zuerst. Er fuhr fluchend zurück:Das wäre ja «ine kurze Freude gewesen! Aber hoffentlich macht er morgen «inen neuen Versuch, nach dem Bahnhof zu kommen. Da wollen wir uns nur in die Sielen werfen! Es lebe der Dienst! Hurra, Davidchen!"

Er war dann bald wieder so glücklich, das Fortgehen des Chefs feststellen zu können. Und von den Anstrengungen der Viertelstunde, während der er unlustig und verärgert vor dem Pult gestanden, erholte er sich durch den Genuß einer frischen Zigarre, die er, wieder wohlig im Fenster liegend, mit Würde und schmunzelndem Behagen rauchte.

Die Schwestern Witte fluchten nicht, als Eberty kam. Sie wären ihm am liebsten jauchzend um den Hals gefallen. Verbandwatte und Scharpie verschwanden. Und ein« halbe

R-fsehundeausstellung am 11. April sind über 350 Maste. Hunde aller Art gemeldet, u. a. 40 Jagdhunde, 35 Wind­hunde, 150 Diensthunde, 100 Nutz- und Wachhunde und 28 Zwerghunde. Die württ. Regierung gewährte für hervor­ragende Zuchtleistung in Gebrauchshunden zum erstenmal wieder eine bronzene Staatsmedaille.

Diefenbach OA. Maulbronn, 8. April. Sachbeschii- digung. In der Nacht auf Karsamstag verübten drei Sternenfelfer Burschen grobe Sachbeschädigung dadurch, daß sie an der Straße Diefenbach Zaisersweiher jung« Obstbäume mutwilligerweise beschädigten, Kilometer- und Hektometersteine Herausristen und eine Straßenlaterne zer­trümmerten. Die Burschen wurden zur Anzeige gebracht,

Oehringen, 8. April. Tödlicher Uniall. In der Gegend von Ammertsweiler wurde der Mitte der LOer Jahr« stehende Schanzenbach von Rutzenweiler auf dem Weg zu seiner Arbeitsstätte in Heilbronn von dem Grupp'schen Per­sonenauto von Kirchensall angefahren und so schwer verletzt, daß er bald darauf starb-

Langenburg, 8. April- Doppeljubiläum. Hof. konditor Karl Bauer feiert dieser Tage ein Doppeljubi- läum, die silberne Hochzeit und die 25jahrige Wiederkehr der Geschäftsübernahme. Die Handelskammer hat ihm aus diesem Anlaß die besten Glückwünsche ausgesprochen. Aus der Firma G. F. Bauer gehen seit 100 Jahren die bekann- tenEchten Wibele" oderEeduldzeltle" hervor, die ihren Namen dem Kondikormeister Wibel, dem eigentlichen Er­finder und Urheber dieses vielgeschätzten Gebäcks, verdanken.

Urach, 8. April. Steinschlag- Oberhalb der Hanner­steige löste sich ein Felsstück ab und traf den in der Steige beim Holzmachen beschäftigten Johannes Wacker so unglück­lich, daß ihm der linke Fuß abgeschlagen wurde.

Heidenheim, 8. April. Hohes Alter. Der älteste Mitbürger hiesiger Stadt, Schuhmacher Will). Jung, beging gestern seinen 94. Geburtstag in körperlicher und geistiger Frische.

herbrechkiagen OA. Heidenheim, 8. April. Jugend von heute. Eine Anzahl junger Burschen zog über den Bernauer Hof, wo sie sich allerlei zuschulden kommen ließen, nach Haus hierher. Einen des Wegs kommenden jungen Mann fielen sie ohne Grund an und mißhandelten ihn mit Stock- und Faustschlägen schwer, so daß er blutüberströmt in Bernau ankam. Die Burschen wurden zur Anzeige ge­bracht.

Königsbronn. 8. April- Todesfall. Dis älteste Per­son von hier, die Witwe Christine Vogel, ist un Alter von 96 Jahren dieser Tage gestorben. Sie war körperlich und geistig sehr rüstig und konnte ohne Brille gut lesen.

Alm, 8. April. Fahrplanbesprechu n g. Bei einer hier abgehaltenen Fahrplanbesprechung erläuterte Regie- rungsrat Kühleisen die gegenwärtige schwierige Lag« der Reichsbahn, die durch den Rückgang der deutschen Wirt­schaft verursacht worden sei. Die Höhe der aus der Deut­schen Reichsbahn im laufenden Jahr herauszuwirtschaften­den Reparationen belaufen sich auf 700 Millionen Mark. Demgegenüber weise die Reichsbahn derzeit ein monatliches Defizit von über 30 Millionen Mark auf. Dieser auf die Dauer unhaltbare Zustand habe die Reichsbahn gezwungen, schon für den Sommerdienst des kommenden Fahrplans 1926/27 gegenüber dem ersten Fahrplanentwurs gewisse Einschränkungen vorzusehen. Dieselben betragen derzeit gegenüber dem Entwurf 3 v. H-: sie werden aber zweifel­los im Winter noch erheblicher werden, falls sich die wirt­schaftlichen Verhältnisse bis dahin nicht bedeutend bessern.

Ankerdettingen OA. Biberach, 8. April. Autounfall. Am Ostersonntag fuhren in Kellmüz in der Kurve bei der Krone zwei Autos gegeneinander. Ein Kind, das heraus­geschleudert wurde, erlitt erhebliche Verletzungen im Gesicht.

Durzach, 8. April. Edle Gesinnung. Ein Bauer der Umgebung, der in der Inflationszeit den elterlichen Hof übernahm und bald schuldenfrei war, während sein lediger Bruder sozusagen an den Bettelstab kam, hat diesem frei­willig ein schönes Vermögen verschreiben lassen, da er es für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit ansah, daß er das ganze elterliche Vermögen, sein Bruder aber nichts besitze.

Meckenbeuren, 8. April. Diebstahl. Nachts wurde in -er Bahnofwirtschaft Baur hier aus dem Hausflur ein Her­renfahrrad entwendet. In Verdacht kommt ein Reisender, der schon in früher Morgenstunde sein Quartier verließ und der auch die ihm zur Verfügung gestellte Weckeruhr mitnahm.

Stunde später trug Frida freudeglühend den Kaffee in Ebertys Zimmer. Der braune Trank war extra gut, ein wahrer Festtagsaufguß. Der Amtsrichter wußte seine Gut« zu würdigen und fand in dem Genuß einen Teil seines see­lischen Gleichgewichts wieder. Wenn auch nur den kleineren. Der vollgewichtigere war mit Renate Brandt auf Reisen gegangen und ließ sich selbst durch die Güte des braunen Trankes nicht zurückgewinnen.

Peter Kreyenbühls innere Verfassung war so total aus dem Leim gegangen, daß er ein Zusammenflicken erst gar nicht versuchte. Hier hätte selbst Mokka erster Güte mit Schlagsahne nichts genutzt.

Doktor Schrumm war gerade gegangen,n paar Tage im Bett bleiben, Kreyenbühl!" hatte er gesagt.Die Kno­chen sind allesamt ganz. Solche Knochen wie Ihre brechen so leicht nicht, die vertragen «inen Knuff. Der Bauch ist 'n bißchen gequetscht. Weiter nichts. Opodeldok holen und sanieren. Verstanden, Kreyenbühlsche?"

Frau Johanne war Herzensfroh. Als der Doktor hinaus war, tätschelte sie ihrem Cheherrn die Wange. »Siehst^ Pe­ter! Nu sei man froh!"

»Froh?* Der Engelwirt sah unendlich grämlich drein, . so grämlich, wie es eigentlich in ganz Bütenhagen nur Herr Johannes Adomeit vermochte, und fragte zum andernmal: Froh? Wo die Pferde fort find? Froh? Wo unser Wagen kaputt ist?... Und wo ich obendrein noch ein Versprechen gegeben habe, dem Mädel, Kublickes Marie? Da froh?... Da soll sonst wer froh sein. Ick nich!"

Er stöhnte und drehte sein Gesicht der Wand z«. Und nach einer kurzen Weile:Is das Mädel noch da. Hanne?* Frau Kreyenbühl bejahte. Marie trinke in der Küche . Kaffee. Sie hätte sich ja rein totgelaufen. Und geweint hätte sie, als wenn ihrem leiblichen Vater etwas zugestoßen. »Ei« gutes, braves, tüchtiges Mädel!* schloß die Sprecherin an­erkennend.

Hm!* knurrte der Leibwunde auf seiner Lagersinkt. Schick' sie mir nachher rein, sie soll sogen, was sie kriegt, am Ende kann man noch fufzig Pfennige abhandeln."

Die Engelwirtin ging kopfschüttelnd und unwillig hinaus. Uyd im Alleinsein hielt -er Unfrohe lange Selbstgespräch«^ die sein grenzenloses Unglück angingen und in denen er alle ^ Verantwortung auf Georg Ebertys Schultern lud,

(Fortsetzung folgt.) - ' " ' -