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Nr. 66

Segrüncket 1826

Samstag den 20. März

Zernsprecher Nr. 28

100. Jahrgang

rageSfpiegel

Im preußischen Landtag wurde festMstekkk. daß seit Ende 19^9 in Preußen 472 Zusammenstöße zwischen HorslbLaniten «uo Dild- und Holzdieben vorgekommen sind, wobei 63 Fo. Ideamte getötet und SS verwundet worden sind. Die Mi. eiluag erregte großes Aufsehen.

Za Barcelona (Spanien) sind die Mitglieder des von der Neuerung «mfgelösteu Disziplinorraks der Advokaten wegen Aufreizung zum Aufstand und Ungehorsam verhaftet worden.

Ja Honkong soll von den englischen Behörden eine Ver- tck Srung gegen die llnksradikale Kuomintang Regierung m t-aatoa, die bisher England feindlich gegenüberstand, ent- teit und unterdrückt worden sein. Die Engländer hoffen, daß ihr Eingreifen die Beziehungen zu Kanton bessern werde.

Politische Wochenschau.

Das Abenteuer von Genf ist zu Ende. Treffend kennzeichnet der LondonerDaily Graphic" die Lage: »Gens begann mit einem Falsch spiel und endete mit einem Bankrott. Aus dem unverschämten Tauschhandel mit Ratssitzen geht der Völkerbund b e - lchmutzt hervor, und die Verantwortung Eng­lands ist nicht klein, denn wenn Chamberlain vor ihrei Wochen ein aufrichtiges Wort gesprochen hätte, so wäre da» Falschspiel erstickt und der Völkerbund vor Schmach be­wahrt geblieben." Ja, so ist es. Chamber l a i n, der sich in Len Ketten Briands hin- und herwand, mußte in Genf eine überaus klägliche Rolle spielen, so lange der schwedische Vertreter Unden und die deutsche Abordnung fest blieben. Es ist eben ein schweres Kunststück, äußerlich den Deutschen gegenüber den dreimal gepriesenenGeist von Locarno" zur Schau zu tragen, während man Briand und »en Polen durch das schon damals in Locarno gegebene Persprechen, Polen zugleich mit Deutschland in den Völker- bundsrat zu bringen, verpflichtet ist. Chamberlain wußte ja ganz genau, daß Briand diese den Deutschen gegenüber sorgsam verschwiegene Forderung stellte, um den etwaigen Nnfluß Deutschlands im Völkerbund von Anfang an durch das Gegengewicht des Staates, der den Deutschen minde­stens ebenso feindselig gegenübersteht wie Frankreich selbst, aufzuheben. Ohne die Begünstigung^ durch Chamberlain soll man auch sagen der englischen Regierung? wäre die hinterlistige Politik Briands von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Da er dies ebenfalls hinter dem Rücken Deutschlands tat, beging Chamberlain eine Handlung, die derjenigen Briands an Verächtlichkeit gleich,zuachten ist, um so mehr, als es gerade die englische Politik war, die in ihrem eigenen Interesse Deutschland aus den Weg nach Lo­

carno gedrängt hatte.

An der Stimmung im Völkerbund mußten Briand und Chamberlain erkennen, daß dieR a t s e r w e i t e r u n g" durchPolennichtdurch zusetzen war. Sie griffen »aher nach dem überschlauen Ausweg, das schwedische «nständige Ratsmitglied zu überreden, den Polen sei­nen Platzeinzuräumen. Und wirklich, der Schwede, -er sozialistische Minister Unden, ging auf den heimtük- kischen Plan ein und erklärte sich zum Rücktritt bereit was übrigens in Schweden einen Sturm der Empörung hervorries. Die Deutschen erklärten aber, sie lehnen eine derartige Machtverschiebung im Völkerbundsrat zu Deutsch­lands Ungunsten ab. Nun kamen Briand und Chamber­lain auf einen noch schlaueren Einfall: nicht nur Schwe­den, sondern auch die Tschechoslowakei, das Mitglied des Kleinen Verbands, sollte zurücktreten und für diese bei­den sollten Polen und da- neutrale Holland in den Rat ausgenommen werden Das war dann doch keineRats- erweiterung", gegen die die Deutschen sich formal-juristisch -«wehrt hatten. Ehren-Vriand drohte noch, dieses Kom­promiß sei dasäußerste Zugeständnis", das sie machen könnten; ein weiteresEntgegenkommen" haben die Deut­schen nicht zu erwarten. Und siehe da, jetzt war es auch mit der Festigkeit der deutschen Abordnung vorbei, obgleich die rascke Bereitwilligkeit des ehrgeizigen Tschechen Är. Ve­ne sch, mit dem die beiden Tonangebenden im Rat zuvor eine lange Unterredung gehabt hatten, hätte bedenklich machen müssen. Also D r. Luther und D r. Strese - mann gingen aus denverbesserten" Vorschlag ein, nur wünschten sie, daß Polen und Holland erst bei der nächsten Tagung im September ausgenommen werden, nacbdem ein Ratsauslckmß die Frage geprüft habe. Was diese Prüfung für einen Zweck haben soll, nachdem oie Deutschen der Auf­nahme Polens keinen Widerstand mehr entgegeru.'kten, ist eigentlich nicht reckt erfindlich.

Briand und Chamberlain, die Max und Moritz von Gens, lachten sich ins Fäustchen, sie hatten das Spiel ge­wonnen. Chamberlain bekam wieder Haltung. Betrogene Betrüger! Es kam anders, und zwar machte -er Vertreter Brasiliens. Mello Franco, der mit Spanien den Anspruch auf einen stänkügen Ratssitz um des Friedens wil­len zurückgezogen hatte, einen dicken Strich durch die Rech­nung. Er war am letzten, elften Tag noch bereit, für die Ausnahme Deutschlands in einenunbeschädigten und unveränderten" Völkerbundsrat zu stimmen. Brasi­lien mußte sich aber mit Recht gekränkt fühlen, Laß nach sei­nem Verzicht der Völkerbundsrat nach Ansprüchen umge- wandeli werden lallte, die von einem Staat wie Polen ge-

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London, IS. März. Die im Arbeitsmiaisterium lu­gende internationale Arbeitszeikkonferenz wurde heute früh 2.30 Ahr geschlossen. Das Abkommen wurde von Deutsch­land. Großbritannien. Belgien, Frankreich uud Italien unterzeichnet.

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wichtige DesOüsse des Reichsraks Berlin, IS. März. Der Reichsrat nahm eine Vortage an. nach der die patentamtlichen Gebühren zum Teil bis um die Hälfte ermäßigt werden, dagegen wird die An­meldegebühr von 15 auf 25 Mk. erhöht. Die von der ^Regierung vorgeschlagene Verlängerung des Sperr­gesetzes wurde in dieser Allgemeinheit vom Reichsrat ab- gelehnt. Er beschloß lediglich die Verlängerung der Be­stimmung um ein Jahr, wonach Länder, Gemeinden und sonstige öffentliche Körperschaften den Wohnungs­geldzuschuß und die Einteilung der Orts­klassen für ihre Beamten nicht günstiger regeln dürfen

als es für Reichsbeamte der Fall ist. Der Reichsrat nahm weiter einen Gesetzentwurf an, wonach die Kraftfahr­zeugsteuer im Interesse der Instandhaltung der öffent­lichen Wege für Lastautomobile durchschnittlich um 150 v. H., für Motorräder um 230 v. H. und für Personenkraft­fahrzeuge um 50 v. H. erhöht wird. Die Steuerfreiheit der Kraftwagen von Aerztcn in kleineren Orken fällt fort- Das Aufkommen aus der Steuer soll nicht mehr nur zur Hälfte, fände-.. ganz für Zwecke der Wegunterhaltung verwendet werben. Vorausleistungen f ir den Wegebau sollen nicht mehr sie tsinden, wohl aber soll zunächst aus die Dauer von zwei I hren ein allgemeiner Zuschlag von 25 v. H. erhoben w rdsn.

Das Relchskabinekk billigt die Haftung dek Genfer Abordnung Berlin, 19. März. Das Reichskabinett billigte in seiner gestrigen Sitzung die Haltung der deutschen Abordnung in Genf, nachdem Dr. Luther und Dr. Stresemann den Bericht erstattet hatten. Das Kabinett habe sich davon überzeugt, daß die Locarno-Mächte den Vertrag als tatsächlich bestehend und gegenseitig wirksam ansehen, daher könne die Zurück­ziehung des Ausnahmegesuchs nicht in Frage kommen.

Vertrauenserklärung für Briand Paris, 19. März. In der Kammer verlas Minister­präsident Brianddie Regierungserklärung, die außer der Bemerkung, daß das Abkommen von Locarno aufrechterhal­ten werde, wenig wichtiges «iMest. In der Aussprache wurde Minister Malvy von dem Abg. Barillet im Rainen der ehemaligen Frontkämpfer heftig angegriffen, mit der Beschuldigung, er habe als Feldsoldat den Deutschen den französischen Angriffsplan am Chemin des Dames verraten. Malvy erklärt erregt, der Plan sei von den Deutschen bei einem toten französischen Unteroffizier gefunden worden. Malvy bricht darauf neben Briand ohnmächtig zusammen und wird aus dem Saal getragen. Nach kurzer Unter­brechung spricht die Kammer dem Kabinett Briand mit 361 gegen 164 Stimmen bei etwa 100 Enthaltungen das Ver­trauen aus. Ein Zusatzantrag des Abg. Renaudel lsoz.), daß die Kammer das Verfahren ständiger Ver­leumdung der Republikaner durch die Rechte verurteile, wurde mit 336 gegen 164 Stimmen angenommen.

Malvy erlitt in seiner Wohnung einen erneuten Ohn- Machtsanfall und soll ernstlich erkrankt sein.

Französische Schlappe in Syrien Paris, ly. März. Eine Abteilung französischer un- schwarzer Senegalschützen geriet in einen Hinterhalt der Drusen und wurde bis auf wenige Mann niedergemacht. Die Nachricht, Sultan Atrasch sei verwundet oder getötet worden, ist falsch, Atrasch leitet nach wie vor die Kämpfe der Drusen gegen die Franzoien.

Zusammenstoß in Peking

Peking, 19. März. Wegen der Annahme des Ultimatums der fremden Mächte durch die chinesische Regierung veran- stottetem etwa 1000 Studenten eine stürmische Kundgebung. Als die Studenten in die Ministerien eindrinaen wollten, gaben die Wachen Feuer und griffen mit dem Bajonett an. lieber 20 Studenten wurden getötet und mindest-ns 80 ver­letzt. Unter den Studenten herrscht eine ungeheure Auf­regung.

stellt wurden, der weder nach seiner staatlichen Bedeckung, noch nach seiner moralischen Verfassung eine Gleichberech­tigung mit Brasilien, Spanien und andern Staaten be­haupten konnte. Brasilien sah keinen andern Weg. dieses Falschspiel zu vereiteln, als gegen jede Verände­rung des Völkerbunds, also auch gegen die Aufnahme Deutschlands Stellung zu nehmen, ohne damit, wie es aus­drücklich betaut hak, eine Spitze gegen Deutschland heraus­zukehren. Mello Franco hat vielmehr, was in dem amt­lichen Bericht allerdings nicht erwähnt war, seinem Bedauern darüber Ausdruck gegeben, daß seinen Kampf gegen die Genfer Schleichwege Deutschland füblen müsse. Die Haltung Brasiliens soll übrigens von Washington und Neuyork und von Mussolini gestützt worden sein. Aber wie es auch sein mag, Brasilien bat in der ent­scheidenden Sitzung sein Verhalten mit Gedankengängen be­gründet, die eigentlich während der ganzen Genfer Tagung das geistige Rüstzeug der deutschen Abordnung hätten sein müssen.

Die Schuldigen an der Genfer Pleite sind Briand und Chamberlain und die Polen, die dem Locarnogeist ge- raoezu Faustschläge ins Gesicht gegeben haben. Um so widerlicher erscheinen daher die Lobhudeleien, die die beiden Ratsgewaltigen in ihren Genfer Abschiedsreden den den enttäuschten Deuffchen auf den Heimweg mitgaben. Frei- lich, in ihrer Niederlage durch Brasilien errangen sie noch einen Triumph über die Deutschen. Als am Tag vor der entscheidenden Sitzung der unbeugsame Widerspruch Bra­siliens bekannt wurde, begaben sich Briand und Chamberlain in das Hotel Metropol zu den Deutschen und veranlagten ste, eine gemeinsame Erklärung für die Pölker- bundsversarnmlung zu unrerju-reiben, des Inhalts, daß durch die Erfolglosigkeit der Völkerbundsversammlung, die allein wegen der Aufnahme Deutschlands einberufen worden war, LasFriedenswerk von Locarno" nicht berührt werde.Die Vertreter Deutschlands. Belgiens, Frankreichs. Großbritanniens und Italiens bleiben der Ueberzeugung, daß bei der nächsten Bundesversammlung die gegenwär­tigen S^wierigkeiten überwunden sein werden."

Es ist bedauerlich, daß dieser Satz von der deutschen Ab- o-dung hingenommen worden ist. So unangebracht es wäre, b rsch der Welt mitzuteilm. Laß wir tiesgekränkt und be- lc oigt dem Völkerbund den Rücken kehren, so abwegig wäre es, nach der Behandlung, die wir in Genf erfahren haben, durch die Zustimmung zu einer verabredeten Kundgebung auch nur den Anschein zu erwecken, als ob Deutschland seine Stellungnahme im kommenden Herbst bei der nächsten Ver­sammlung durch die andern fesllegen lassen wollte. Das Ge­ringste, was nach den beschämenden Vorgängen ln Genf er­wartet werden darf, ist, daß Deutschland jetzt sich alle seine künftigen Entschlüsse vorbehält. Dies um so mehr, als die Meldung unwidersprochen geblieben ist, daß Briand, wie in Locarno, am Taa vor seiner Abreise nach Genf wieder

eine Teufelei gegen Deutschland ausgehekt yar: er traf mit Italien und Südslavien ein geheimes Abkommen über Maßnahmen, um den Anschluß Oesterreichs an Deutschland nötigenfalls mit Waffengewalt zu ver­hindern.

Es ist nun kein Zweifel, daß das französisch-englische Falschspiel zugunsten Polens die deutsche Politik in eine peinliche Lage gebracht hat. Zehn Tage lang haben der deutsche Reichskanzler und der Reichsminister des Aeußcren mit einer großen politischen Abordnung vor den Türen des Völkerbunds, der sie zur Aufnahme eingela- Len hatte, gewartet, um am elften Tag mit der Vertröstung aus eine spätere Aufnahme heimgeschickt zu werden. Der Reichskanzler wenigstens hätte doch wohl seine Wartezeit eigenmächtig früher abbrechen sollen. Aber es hat keinen Zweck, politische Vorwürfe zu erheben. Und doch zwingt der Ausgang der Genfer Tagung zu Ueberlegungen, um aus ihnen Lehren für die Zukunft zu ziehen. Man gewinnt den Eindruck, als ob die deutsche Außenpolitik das System sich zu eigen gemacht habe, das bisher in unserer inneren Parteipolitik üblich war: in der politischen Arbeii kein festes Ziel, sondern nur ein Kompromiß in Aussicht zu nehmen und von vornherein an Deckungs- und Rückzugsmöglichkeiten zu denken. Das ist zwar vorsichtig, aber wenig erfolgversprechend und versagt regelmäßig einem zielbewußten Gegner gegenüber. Die deutsche Reichsregie­rung hätte, als sie angeblich erst aus Zeitungsm-ldnngen von der geplanten Ratserweiterung erfuhr, die Pilicht ge­habt, sich vor der Abreise der Abordnung nach Gens Sicherheiten geben zu lassen, daß außer der Aufnahme Deutschlands jede Veränderung des Völkerbundsrats unter­bleibe. Ein großer Teil der deutschen Presse hat dies da­mals gefordert und es wäre auch im Reichstag gefor­dert worden, wenn die Reichsregierung nicht durch den Aeltestenrat die Besprechung im Reichstag hätte unmöglich Machen lassen. Da die ganze öffentliche Meinung Englands mit der deutschen Auffassung übereinstimmte, hätte eine feste Haltung Set deutschen Regierung entweder den Rückzug Chamberlains oder seine Ersetzung durch einen anderen Staatsmann zur Folge gehabt. Dem Vorwurf allzu großer Vertrauensseligkeit wird die Reich«, regierung nicht ausweichen können.

Die deutsche Abordnung hat in Genf mehr Juristerei al» Politik getrieben, wie z. B. der schon genannte deutsche Vor­schlag zur Einsetzung eines Ausschusses mit bestimmten Richt­linien zeigt. Bedenklicher nach war die juristische Umschrei­bung der deutschen Auffassung, die den Widerstand Deutsch­lands statt gegen jede Veränderung, lediglich gegen eine Erweiterung des Völkerbundsrats festlegte. Wollte die deutsche Abordnung dadurch von vornherein einem -Kompromiß die Tür offenhalten? Die Erfahrung von Genf hat die Lehren von Locarno bestätigt, daß in einer P^riragsgesellschaft, in der aus der einen Seite juristisch, auf der andern politisch vorgegangen wird, der Jurist die