Veite 2 Nr. SS

Nagolder LagblattDer Gesellschafter-

Freitag, 8. Mörz LE

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fischen Meinen zugewendek und die nordischen Staaten seien halb oder ganz .trockengelegt".

halb oder ganz .trockengelegt'. Andererseits habe sich die Einfuhr ausländischer Weine nach Deutschland beträchtlich gesteigert. Die Wemsteuer müsse möglichst rasch abgebaut werden.

Minister der besetzten Gebiete, Marx, gibt zu, dasi sich der deutsche Weinbau in einer der schwersten Krisen befinde. Die Aeichsregierung sei entschlossen, alle Maßnahmen zu er­weisen, um über die Krisis hinwegzuhelfen. Die Vorgänge

<m der Mosel werden von der Neichsregierung bedauert uni «ißbilligk. Ihre weitere Bereitschaft zur Hilfe soll aber da­durch nicht behindert werden, daß solche Ausschreitungen da- allerungeeignetste Mitel sind, um bestehende Notstände zu defeitigsn. Die Untersuchung über verfehlte Maßnahmen der Behörden sind sofort eingeleitet worden.

Abg. Hörnle (Komm.) verlangt Aufhebung der Wein- Keuer und Erlaß der bisher gestundeten Steuern aus den Jahren 1924 und 1925, ferner Herabsetzung der Steuern für 4926.

Abg. DieLri ch-Baöen (Dem.) schildert die Not in Ba- ^n. wo die Winzerschafk vornehmlich aus Kleinbauern be­stehe. Die Schädlingsbekämpfung habe sich außerordentlich verteuert.

Abg. Dr. rissen (Wirtschaft!. Vereinigg.) tadelt stharf das rücksichtslose Vorgehen der Steuerbeamtcn, die angeblich Prämien erhielten, wenn sie durch Zwangsmaß­nahmen Rückstände eintreiben.

Abg. Dr. Beyersdörffer (B.V.P.) verlangt, daß die Kreditgewährung und die Skeuererleichtungen sofort durchgesührt werden.

Abg. Weide nhöser (Völk.) bekämpft den spanischen Handelsvertrag. Das rücksichtslose Vorgehen der Finanz­ämter habe die Erregung der Massen verursacht.

Sämtliche Anträge werden einem Sonderausschuß von 21 Mitgliedern überwiesen.

Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr: Wchrminisierium.

Neuestes vom Tage

Der deutsch-evangelische kirchenausschutz in Berlin Eintritt in die Verhandlungen

Berlin, 4. März. Unter vollzähliger Beteiligung seiner 2b Mitglieder trat heute vormittag der deutsch-evangelische Kirchenausschuß, die Ländervertreter des Kirchenbunds der deutschen Landeskirche, zu zweitägigen Verhandlungen in Berlin zusammen. Den Vorsitz führt der Präsident des evangelischen Oberkirchenrats der preußischen Landeskirche, Dr. Kapler. Die Mitglieder des Kirchenausschusses sind je zur Hälfte vomKirchenrat", der parlamentarischen Ge­sinntvertretung des Bundes und vomKirchenbundesrat", dem Organ der Kirchenregierungen, entsandt. Den Ver­handlungen gingen gestern Sitzungen der Ausschüsse vor­aus: Schulausschuß, sozialer Ausschuß, Auslandsausschuß. Auf der Tagesordnung stehen u. a. wichtige Anträge evange­lischer Auslandskirchen bzw. -Gemeinden auf Anschluß an den Deutschen Kirchenbund, außerdem schulpolitische und soziale Fragen.

Pfändung bei Eisenbahninspekkvr Menne

Berlin. 4. März. Der erste Vorsitzende des Einheits­verbands der Eisenbahner in Deutschland, Menne, der im Februar 1922 den Eisenbahnerstreik verkündete, wurde, wie dieB.Z." berichtete, auf Antrag der Reichsbahndirektion Halle wegen des durch den Streik entstandenen Schadens in einem Teilurteil .zur Zahlung von 4000 -4l verurteilt.' Der Gerichtsvollzieher pfändete in der Wohnung Mennes in Wilmersdorf die gesamte Wohnungseinrichtung.

Landesverräter

München, 4. März. Der Kaufmann Wilhelm Förster und der Mechaniker Gustav Neuhierg aus Nürnberg wurden wegen Verrats militärischer Geheimnisse zu 7 Monaten bezw. 1 Jahr 10 Monaten Gefängnis verurteilt.

Spanisch-sranzösisch-englischer Schiedsgerichtsvertrag

Madrid, 4. März. Seit Monaten schweben Verhandlungen über einen Schiedsgerichtsvertrag, der zwischen Spanien, Frankreich und England geschlossen werden soll, der aber wegen gewisser Mittelmeerfragen noch nicht zu Ende ge­führt werden konnte. Die spanische Diplomatie dringt nun darauf, daß die Verhandlungen baldigst zum Abschluß ge­langen. Ob später auch Italien zugezogen werden soll, ist aoch unaewiß.

Der Kampf um die Gemeinschaft der Freunde

DieGemeinschaft der Freunde" E B. zur Schaffung von Eigenheimen und Altersheimen veranstaltete gestern abend zur Abwehr der verschiedensten Angriffe durch Siedlungsoereine, Sparkassen und Banken im Fest­saal der Liederhalle eine große Kundgebung. Der große Saal war von vielen tausenden Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Ver­sammlung wohnten auch zahlreiche Abgeordnete bei. Da die Gegner der Gemeinschaft gleichfalls in großer Zahl anwesend waren und die Redner mit Zwischenrufen unterbrachen, nahm die Versammlung einen stürmischen Verlauf. Nach der Begrüßung durch Frl. Abg. Planck ergriff der Be­gründer und Vorsitzende der G.d.F., Kropp, das Wort- Er gab zunächst seiner Genugtuung über die Erklärung des Ministers Bolz Ausdruck, daß die Angriffe gegen die Ge­meinschaft mit seinem Wissen und Willen nicht erfolgt seien. Die Hetze sei ausgegangen von der westfälischen Heimstätte und dem Heimstättenamt. Weniger verständlich seien die Angriffe seitens der Sparkassen, zu denen man jedes Ver­trauen verloren habe. Der schlimmste Gegner sei der Re­gierungsbaurat Weiß in Stuttgart. Als die Versammlung dessen Entfernung aus dem Saal verlangte, bat Kropp, ihn da zu lassen, da seine Blamage riesengroß werde. Der Redner erläuterte dann die Grundlagen des Geschäftsplans der G.d.F. und ging auf die verschiedenen Angriffe näher ein. Es sei ein Verbrechen der Gegner, das Vertrauen, das in der Gemeinschaft herrsche, zu zerstören. Die Angriffe haben das Gegenteil zur Folge gehabt, denn im Januar und Februar 1926 haben sich neue 2500 Bausparsr mit 30 Millionen Mk. Bausparverträgen angefchlofsen. Dafür bestehen in Württemberg 150 Baugenossenschaften, die auch

gerne bauen würden, wenn sie Geld hatten uno setzt aus Konkurrenz gegen die G.d.F. Sturm laufen. Nach den mit großem Beifall aufgenommenen Ausführungen sprach Abg Mergenthaler (Völk.), der erklärte, daß die Negie­rung mit der G.d.F. Zusammenarbeiten sollte, um die Woh­nungsnot zu bekämpfen; es sei ein Narrenstreich, wenn gewisse Teile in einem Ministerium glaubten, die Ausgabe der Spargelder verbieten zu sollen. Versicherungsmathe­matisch und volkswirtschaftlich seien die Berechnungen richtig. Die Kritik könne nichts besseres an Stelle der G.d.F. setzen. In Ausführungen weiterer Redner wurde dem Grund­gedanken der G d.F. zugestimmt und die Herunterdrückung des Zinssatzes auf ein tragbares Maß als eine Großtat bezeichnet. In einer Entschließung wurde ausgespro­chen: Tausende von Vausparern erwarten vom württ- Innenministerium, daß es seine Haltung gegenüber der G.d.F. ändere. Es sei ein unerhörter Vorgang, daß in einer schwebenden Sache ein Regierungserlaß ohne Wissen und Willen des verantwortlichen Ministers der breitesten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, so daß er zum Kampf gegen die G.d.F mißbraucht werden konnte. In seinem «Schlußwort teilte Kropp mit, daß die Regierung die Ausgabe von Bausparsummen inzwischen freigegeben, aber vorerst verboten habe, dies der Oeffentlichkeit bekannt zu machen. (Großes Gelächter.) Bei Schluß der Versammlung wurden einige Teilnehmer, die durch Zwischenrufe Stö­rungsoersuche unternommen hatten, von der erregten Menge mit Gewalt aus dem Saale geschafft. Zu Beginn und zum Schluß der Versammlung wurden auf der Orgel Choräle zum Vorir-a"

Französischer Mord an einen, deutschen Arbeiter Düren, 4. März. Ein französischer Posten erschoß einen Arbeiter aus Stolberg, der angeblich mit seinem 19jährigsn Bruder auf dem Schießplatz in Stockheim Patronenhülsen »uchen wollte. Die Leiche wurde von den französischen Militärbehörden beschlagnahmt und der jüngere Bruder verhaftet. Vor einem Jahr wurde ebenfalls in Stockheim ein Stolberger Arbeiter von einem französischen Posten er­schossen.

Die Entscheidungsschlacht in China London, 4. März.Daily Mail" meldet aus Machang (60 Kilometer südlich von Peking), das chinesische National­heer sei von Wupeifu vollständig geschlagen worden und ziehe sich aufgelöst zurück. Wupeifu habe die Stadt Tschang- tschan besetzt. Seit 15 Jahren sei in China keine so große Schlacht geschlagen worden, wie die jetzige im Gebiet von Peking und Tientsin. Es sei ein Kampf auf Leben und Tod zwischen General Tschangtsolin, Wupeifu und Lutschunglin auf der einen und Fengyuhsiang mit seinen Anhängern auf der andern Seite. Beide Gegner bedienen sich der Panzer­wagen (Tanks).

Japanische Alottenbauten

Tokio. 4. Mürz. Von 10 Zerstörern von je 800 Tonnen, die 1915 gebaut wurden, werden 8 durch vier neue Zer­störer zu 1800 Tonnen ersetzt werden.

Abbruch des Streiks in Schanghai Schanghai, 4. März. Von den streikenden Arbeitern der japanischen Baumwollspinnerei Nwgaiwata Kaisha haben 3000 die Arbeit bedingungslos wieder ausgenommen.

Württemberg

Stuttgart, 4. März. Aenderung der Personal­abbauoerordnung und des Beamtenrechts. Das Staatsministerium hat den Entwurf eines Gesetzes über Aenderungen der Personcrlabbauverordnung und des Be­amtenrechts festgestellt. Der Entwurf, der die würtiember- gischen beamtenrechtlichen Vorschriften denen des Reichs ungleichen will, wird dem Landtag demnächst zugehen.

70 . Geburtstag. Am 5. März vollendet der frühere Kult­minister Dr. von Habermaas das 70. Lebensjahr. Er war von Mai 1910 bis Dezember 1912 Präsident des evang. Konsistoriums und dann bis zum März 1918 württember- gischer Kultusminister.

Der Karnickelbaron

WZ Humoristischer Roman von Frltz Gontzer

Der Amtsrichter« hatte dafür weder das brüllende Ge­lächter Wendels. das dessen Kehle noch während des Lesens entronnen war, noch die tiefsinnige Bemerkung Kublickes: Es kann keiner nich anders, als er kann." Er lächelte und hüstelt« auch nicht grämlich, rme Herr Johannes getan, oder war ungemein belustigt wie Kurt von Gronau, der chm die­sen Erfolg bereits gestern prophezeit hatte. Nein.

Ter Herr Amtsrichter Georg Ebertq setzte das strengste Dienstgesicht, über das »hm zu verfügen möglich war, aus. 'Me 'sich and die ganze heilige Justiz belecket, lächerlich ge- nacht und wußte nur eins: Das geht nicht ungerochen durch, llnd: die Kostenrechnung wird beglichen werden müssen!

Anfänglich hatte Eberty vor. sofort den Weg der Gewalt zu beschreiten, umgehend Zwangsvollstreckung zu verfugen. Und mit diesen schwarzen Plänen trug er sich bis zum Mittag. Dann begann er zu überlegen: Man konnte es auch erst anders versuchen. Wie denn? Vielleicht persönlich vor­stellig werden? Mal rüberfahren und dem Krachtwitzer gut zureden? . . .

Er hatte das nicht nötig. Ganz gewiß nicht. «Seine Würde litt eigentlich darunter, wenn er so als halber Bittsteller kam. Und das Gebäude der ganzen Gerichtsverwaltung der Mo­narchie inußte über dieses Beginnen zu wanken beginnen. Erfahren durfte es überhaupt niemand, daß der Herr Amts­richter von Bütenhagen wegen Beitreibung einer plundrigen Schreibge' üyr von 5 Mark 45 Pfennigen einen Gang nach Canossa getan. Es hätte ihn das unsterblich lächerlich ge­macht. Er entschuldigte sein Vorhaben schließlich vor sich selbst damil. daß er sich sagte: Es ist ein freundschaftliches Entgegenkommen, das ich übe. Der Erfolg kann nicht aus- ö leiben.

Al--, er die Genüsse der Kreyenbühlschen Mittagstafel durchkostet hatte, erhob er sich sofort und bestellte im Flur bei Ernst heimlich dieArche", sie solle in einer halben Stunde vor seiner Wohnung halten.

Laura Witte empfing ihn mit einem Klagelied. Die Mot- «n seien in diesem Jahr schlimmer denn je. Man müsse et­wa« gegen die Plage tun. Die Kleidungsstücke klopfen und

einkampfern. Und ob der Herr Amtsrichter gestatten wür­den, daß man auch seine Garderobe vornehme.

Es sei nicht nötig, lehnte er zuerst rundweg ab. Als er aber dann Lauras tiesunglückliches Gesicht beobachtete, das den Eindruck erweckte, seine Besitzerin müsse von dem Ende der Welt oder ihren, eigenen Dahinfahren überzeugt sein, lenkte er ein:Na, meinetwegen! Aber höchstens klopfen, gelinde klopfen! Das kann schließlich sowieso nichts schaden. Ganz entschieden aber kein Atom Kampfer."

Laura war nur halb befriedigt. Im ersten gelinden Aer- ger beschloß sie sogar, die Garderobe Ebertys unberührt zu lassen. Mochten doch die Motten Orgien der Zerstörungslust in seinen Beinkleidern und Röcken feiern und nichts von ihnen übrig lassen als die Knopflöcher und allenfalls noch die Knöpfe. Aber als er dann in der zur gewünschten Zeit pünktlich herangezuckelten Arche kaum davongefahren war, genossen seine Kleidungsstücke den Vorzug, als die ersten cm die Reihe zu kommen.

Die Fahrt nach Krachtwitz ging mit der für die Kreyen- bühlsche Kutsche charakteristischen Langsamkeit vor sich, ob­gleich Jakob Priem nicht fuhr, sondern Ernst diefetten Ele­fanten" anzutreiben sich bemühte. Es ging so sanft und sacht dahin, schaukelte so gemächlich nach rechts und links, daß man die Vorstellung: Es soll geschlafen sein! nicht los wurde. Da sich außerdem zwei der Räder in ermüdendem Gleichmaß in einem elegischen Pfeifen und einem dunkel­gefärbten, an eine fette Stimme erinnernden Knarren ablös­ten, und sich beides mit dem eintönigen Summen einer gro­ßen blauen Fliege, die mit eingesperrt worden war und nach ihren Stammeltern zu suchen schien, zu einem regelrechten Schlummerlieds vereinte, war es gar nicht zu verwundern, daß dem Amtsrichter bald die Augen zufielen. Halben Wegs noch Krachtwitz war er fest eingeschlafen.

Sein Erwachen kurz vor Krachtwitz stand unter dem Eindruck eines höchst merkwürdigen Erlebnisses. Es war so eigentümlich merkwürdig, daß es geraumer Zeit bedurfte, bis er sich sagen konnte: Was ich sehe, ist kein Spuk, kein Gebilde erregter Phantasie, sondern reine, klare Wirklichkeit. Auf seinem Schoß saß tatsächlich Kreyenbühls graue Katze, die ihm beim Essen zu seinem Aerger schon so häufig die Beine umstreichelt hatte, sah, leise schnurrend und mit den Augen blinzelnd, zu ihm hoch und schien fragen zu wollen:Aber sage mal, mein lieber, alter Freund, was fällt dir denn

Fackelzug. Die Studenkenschaft der Technischen Hoch­schule veranstaltete gestern abend um 8 Uhr von der Tech­nischen Hochschule aus einen Fackelzug zu Ehren des Pro­fessors Dr. Grammel, der einen Ruf an die Technische Hoch­schule Dresden abgelehnt hat.,

Evang-theol. Diensiprüsung. Die erste evangelisch-theo­logische Dienstprüfung haben im Februar d. I. mit Erfolg 28 Kandidaten erstanden.

Sozial- und Lleinreninerfürsorge des Wohlfahrtsamts. Dem Tätigkeitsbericht für die Zeit vom 1. April 1924 bis 31. März 1925 ist zu entnehmen: In ständiger Anstaltspflege befinden sich 618 Personen gegen 496 zu Beginn des Be­richtsjahrs. Diese befinden sich in 46 verschiedenen Anstalten mit einem Verpflegungsaufwand von 382 563 -4l. In ständiger offener Fürsorge stehen: einzelstehende männliche Personen 424 mit 62 Kindern, einzelstehsnde weibliche Per­sonen 1527 mit 519 Kindern, Ehepaare 229 mit 24 Kindern mit einem Gesamtaufwand mit zusammen 595 257 -4t. Die Zahl der in ständiger Kleinrentnerfürforge stehenden Par­teien beträgt in eigenen oder fremden Haushaltungen 2231, in Heimen oder Anstalten 265, berücksichtigte Unterhaltungs­berechtigte 287, zusammen 2783. In der Berichtszeit wurden als Unterstützung insgesamt 1 085 262 -4t in rund 32000 Einzelzählungen geleistet. /

Schwenningen, 4. März. Widerliche Tierquäle­rei. Am letzten Sonntag bot sich Spaziergängern in der Nähe des Moorwegs ein häßlicher Anblick. In einer Erd- oertiefung lagen etwa 100 Frösche mit abgeschnittenen Hinter­füßen, und zum Teil heraushängenden Eingeweiden. Das schrecklichste aber war, daß die armen Tiere noch lebten. In der Mitte des Haufens saß einer auf seinem abgeschnittenen Leibstumpf, der wie anklagend seine Vordersüße in die Höhe hob, als wollte er die Menschheit verfluchen, die so etwas lnit Bedacht fertig bringt. Und das alles wegen eines Sonn­tagbratens.

Ravensburg. 4. März. Die gescheite Stadt­srau. Auf dem Ravensburger Mark» trug sich jüngst fol­gendes wahre Geschichtchen zu. Eine Stadtfrau kaufte eine Gans und sagte vorwurfsvoll zu der Bäuerin:Diese Gans hat ja bloß zwei Füße", worauf sie die Bäuerin lä­chelnd belehrte, daß eine Gans doch kein Vierfüßler sei. Darauf ging der Städterin ein Lickt aus und sie bat um

Entschuldigung:Verzeihen Sie, ich bin in Gedanken a» einer Ente gewesen "

Selbstmordversuch. Von der Kanalbrücke bei Escher- Wyß stürzte sich ein älterer Mann in das Wasser, der aus Verzweiflung über die Wohnungsnot seinem Leben ein

eigentlich ein, das Ding, in dem ich zurzeit mein Wochenbett habe, als Reisekutschr zu benutzen?"

Ja, der Königlich Preußische Amtsrichter und Königlich Preußische Oberleutnant d. R. Georg Eberty reiste wirklich in einem Vehikel, in dem Frau Mieze ihr Wochenbett auf­geschlagen hatte. Denn als er nun nach dem Ueberwinden seines ersten grenzenlosen Erstaunens genauer Umschau hielt, sah er, wie unter dem gegenüberliegenden Sitz ein paar Köpfchen junger, vor kurzem erst sehend gewordener Kätz­chen neugierig hervorlugten und dann blitzschnell verschwan­den, als er eine unwirsche Bewegung machte.

Die glückliche Mutter verließ ihren bisher auf dem Schoß« Ebertys eingenommenen Sitz nunmehr auch, sprang nach dem andern Polster hinüber und sah ihren Reisegsnossen jetzt un­verhohlen mißtrauisch an. Beinahe drohend. Man konnte etwa aus ihren Augen lesen: Wage es nicht, meiner jungen Sippe einen scheelen Blick zuzuwerfen, ihr gar ein Haar zu krümmen! Wir sind zurzeit legitime Besitzer dieses Kutschen­bauches, und du bist allenfalls als nicht gern gesehener Mit- benutzer des Kutschenbauches geduldet.

Wie es möglich gewesen, daß Mama Mieze und Kinder die Reisegenossen des Amtsrichters geworden, bleibe dahin­gestellt. Jedenfalls hatte man infolge der schleunigen Ab­fahrt nicht mehr Zeit gehabt, die übliche Revision des Wagen- irmern vorzunehmen, natürlich auch nicht daran gedacht, daß es demGrauchen" eingefallen sein könnte, dieArche" in eine Wochenstube zu verwandeln. Der Ruhm der alten Henne, die einst in trauter Gemeinschaft mit dem Super- intendenten Beck dem Hause Kreyenbühl den stattlichen Zu­wachs von vierzehn kohlschwarzen Kücken zugeführt, hatte di« ehrenwerte Katzenmadame nicht schlafen lassen. Nun war es ihr gelungen, auch ihre Kinder in vornehmer Gesellschaft reisen zu lassen. Nur mit dem Unterschiede von einst aller­dings, daß man sich auf einer Ausfahrt befand, und daß der Reisegenofle kein geistlicher, sondern ein weltlicher Herr war.

Noch dazu keiner von dem sanften, freundlichen Gemüt des alten Superintendenten Beck, der sich damals über das junge Leben, Las er heimgebracht, herzinnig gefreut, son­dern einer, dem seine Reisegesellschaft äußerst unangenehm und widerwärtig war. der sich ihrer am liebsten sofort «ck- ledigt hätte.

(Fortsetzung Lolgt)