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Ar. 49

Segrünöer 1820

Montag den 1. März Femsprech« nr 2 s IVO. Äahrgan,

LageSsViegel

Im Haushallansschntz des badischen Landtags teitte Mnanzminister Dr. Köhler mit. daß bei den Finanzminifiern der Elkzelstaaken schwere Bedenken bestehen gegen die so- aenannke Finanzreform des neuen Reichsfinanzministers Dr. Reinhold, die wohl die Steuereinnahmen, nicht aber die Reichsansaaben vermindere. In Sachsen wird Dr. Rein­hild. der bisher sächsischer Finanzminister war, vorqeworfen. daß er die sächsischen Siaatsflnanzen in völlige Anordnung gebracht habe.

Dem britischen Botschafter in Berlin. Lord d Abernvn. wurde vom König die Würde eines Viscount (Vizegraf) verliehen.

Der Boranschlaa für den brikischen Marinchansha» 198« delänfk sich ans 5« 100 ONO Pfund Slerlina. Die Herab­setzung gegenüber 1925 beträgt 2 400 009 Pfund.

Für den Falk, daß außer Denlschland .roch eine andere > Macht einen Ratssitz im Völkerbund erkalten sollte, hak anch Persien einen solchen für sich verlangt.

Das italienische kreer soll durch Anschluß der kaizisttschen Miliz um 2 Armeekorps (Friedensstärke je 20 000 Manns verstärkt werden.

Die griechische Reaieruna Hai in Baris um die Ent­sendung von 6 französischen Flieaerofsizieren gebeten, zwecks Gründung einer Fliegerschule in Athen.

Präsident Toolidge hat das Gesetz, wodurch die Steuern für 1928 um 38 v. H. herabgesetzt werden, unterzeichnet.

Za Mexiko-Stad; sind 16 deutsche Industrielle cingekrof. ,e» und amtlich empfangen worden.

Genfer Vorfreuden

Nach Genf also gehen Luther und Stresemann» die beiden Männer, die uns in Locarno auch vertreten haben. Da di« Abmachungen von Locarno erst durch unseren Eintritt in den Völkerbund wirksam werden, so ist es folgerichtig, wenn dieselben Vertreter, die den Locarno-Pakt geschloffen haben, auch unseren Eintritt in den Völkerbund vollziehen. Vor­ausgesetzt, daß es dazu kommt, was noch nicht über jeden Zweifel erhaben ist.

Denn von Paris aus wird die Stimmungsmache dafür, mit Deutschland gleich beim Eintritt in den edlen Völker­bund gleich ein wenig Schindluderchen zu treiben, andauernd kräftig ermuntert. Der militaristische Sozialist so was oibt's in Frankreich nicht nur in einem Exemplar Paul Boneonr, erzählt uns, von einer Vermehrung der Sitze im Völkerbundsrat sei schon seit Jahren die Rede gewesen! Und Ehamberlain pflichtet dem bei: schon seit zwei Jahren. Das alles mag sein, aber ist davon auch die Rede gewesen, als man Deutschland den ständigen Sitz im Rat zubilligte, um chm den Eintritt in den Volkerbund möglich zu machen? Doch wohl mit keiner Silbe. Und so wäre das Spiel, das hier getrieben wird, als unehrlich ausreichend genug ge­kennzeichnet!

Gewiß ist der Völkerbundsrat nicht gefeit in seiner Zu­sammensetzung. Aber die Meinung ist doch wohl bisher gewesen: ständige Sitze darin sollen nur die Großmächte er­halten. Frankreich, Großbritannien, Italien und Japan haben gegenwärtig diese Sitze inne. Die Vereinigten Staaten haben die Teilnahme am Völkerbund abgelehnt, mit Ruß­land ist man noch nicht einig. Deutschland ist bereit zum Ein­tritt, aber nur, um als anerkannte Großmacht im Kreis der Großmächte Platz zu nehmen. Unter den Staaten, die zur­zeit die ständigen Ratssitze inne haben, steht der Volkszahl nach Japan mit über 56 Millionen cm der Spitze. Es folgt Großbritannien mit 48 Millionen, Frankreich mit 40 Millio­nen, Italien mit 39. Deutschland mit mehr als 60 Millionen kann und will seinen Eintritt nicht vollziehest auf einer Linie mit 22 Millionen Spaniern, 27 Millionen Polen oder 30 Millionen Brasilianern. Deutschland will im Bplkerbund seine Stimme als Großstaat in die Wagschale werfsn-kLnnen oder es zieht vor, draußen zu bleiben.

Damit ist nicht gesagt, daß Deutschland sich einem Aus­bau des Völkerbundsrats in alle Ewigkeit widersetzen werde. Es verlangt nur, daß der Ausbau erst vorgenommen werde, wenn es unter den Umständen Mitglied des Rats geworden ist, die maßgebend waren, als es zu seinem Eintritt ge­drängt wurde und als es sich zum Eintritt bereit erklärte.

Diel mehr als auf die Zahl der Mitglieder kommt es darauf an, daß die zur Entschiedunq stehenden Fragen nur von denen entschieden werden, die unmittelbar daran be­teiligt sind. Es wäre doch kaum erträglich, daß die Lösung einer europäischen Frage, worüber die europäischen Mächte einig wären, etwa durch ein brasilianisches Veto verhindert würde. Und wenn schon Brasilien einen ständigen Sitz er­hielte, so könnte man mit mindestens ebensoviel Recht for­dern, daß auch die nordischen Staaten, daß Holland : nd die Schweiz nicht unvertreten bleiben

Einfach wird die Aufgabe, wie der Rat des Völkerbunds am zweckmäßigsten umzugestalten sei, so daß alle berechtigten Ansprüche einigermaßen ^»friedigt werden, also nicht zu lösen sein. Und schon aus Siesem Grund empfiehlt es sich nicht, die Märztagung des ..Völkerbunds mit mehr Fragen zu belasten, als sie zu tragen vermag, ohne die Aufgabe zu gefährden, die ihr von Anfang an zugedacht war: die Auf­nahme Deutschlands. Bestehen die anderen gleichwohl dar­auf, schon im März den Versuch zu machen, ob sich der Ein­tritt Deutschlands nicht dazu mißbrauchen ließe, im Völker­bund einen antideutscben Block zusammenzuschmieden, sx

Entrüstung gegen Ehamberlain

Die altgermauische Gefahr

London, 28. Febr. Die ganze Oppositionspresse richtet äußerst scharfe Angriffe gegen Außenminister Chamber- lain wegen seiner unaufrichtigen und zweideutigen Pa'.itik in der Frage der Ratssitze und die weitverbreiteten ange­sehenen WochenschriftenStar" undNew Statesman" for­dern entschieden den sofortigen Rücktritt Chamberlains, weil er das Ansehen Englands in der unheilvollsten Weise ge­schädigt habe.Statesman" schreibt: Man weiß jetzt genau, daß Ehamberlain nicht nur die Ratsbewerbungen Brasiliens. Polens und Spaniens unterstützt, sondern daß er sich sogar Briand gegenüber im Geheimen dafür verpflichtet hat. Sach­lich würde nicht viel Schaden entstehen, da Schweden gegen diese Politik Widerstand leisten wird (nach den Völkerbunds­satzungen kann die Ausnahme nur einstimmig erfolgen). Es wäre aber beschämend für England, wenn es Schweden die Rettung des Völkerbunds überließe. Wer wird künftig den Worten Chamberlains noch Glauben schenken? Wenn das Ränkespiel BrianLs und Chamberlains über die klar aus­gedrückte Meinung siegen würde, dann wäre England künf­tig nur noch ein Anhängsel Frankreichs. Selbst die konser­vativ« Presse tadelt größtenteils die Haltung Chamberlains und seine Abhängigkeit von Brian-, kein Blatt wagt ihn zu verteidigen.

Neue Unruhen

Trier, 28. Febr. Am Freilag abend marschierten etwa 1000 Weingärtner aus der Umgebung in Bernkastel ein, zogen vor das Gesängnis. in dem die Führer der Tumulte vom Donnerstag eingeschlosjen waren, und verlangten stürmisch die Freigabe der sieben Gefangenen. Da bei ihnen Fluchtverdacht nicht oorliegt- genehmigte der Oberstaats­anwalt die Freilassung.

Am Nachmittag sollten auf Befehl der Staatsanwalt- schüft in dem Winzerort Graach durch ein Polizeiaufge­bot weitere Verhaftungen vorgenommen werden. Plötzlich wurden die Sturmglocken geläutet, und von allen Seiten kamen die Bauern herbei, bewaffnet mit Sensen, Mistgabeln uiw. Die Polizei mußte sich zurückzieken.

Der Deutschenhaß Mussolinis

Paris. 28. Febr. DerPetit Parisien" veröffentlicht ei:- lange Unterredung mit Mussolini. Darnach sagte dieser: Im deutschen Reichsbanner Schwarz - Rot - Gold sei der alte deutsche Militarismus wieder ausaelebt. Bedrohlich seien die deutschen Lustfahrtsbestrebungen. Die Italienisierung desOberetschgebiets" werde tatkräftig fortgesetzt werden, demnächst sollen 1000 ehemalige Frontkämpfer mit ihren Familien dort angesiedelt werden-, in Meran seien bereits 500 Familien untergebracht. Bor der all germani­schen Gefahr müsse man auf der Hut sein. Es gebe drei große Gruppen in Europa: die lateinische, die germanische und die slawische. Wenn Franzosen und Italiener, zusam­men 80 Millionen,, zusammenstehen, können sie den Ger­manen die Stirn bieten; wenn sie sich aber nicht einigen, so sei die Gefahr da. Polen müsse gleichzeitig mit Deutsch­land in den Völkerbundsrat ausgenommen werden- wie es auch in Locarno in gleichem Rang mit Deutschland gewesen sei.

Der frühere Geheimsekretär Mussolinis, Rossi, ist nach Nizza geflüchtet. Er soll beabsichtigen, wichtige Enthül­lungen über Mussolini zu veröffentlichen.

in Bernkastel

" Nach derKöln. Ztg" 'ist' festgestellt, daß die Bauer» auch durch die in französischem Sold stehenden sondeu» bündlerischen Hetzer aufgewiegelt worden Pud.

Französische Roheit«,

Saarbrücken» 28. Febr. In letzter Zeit haben sich i» besetzten Gebiet die Gewalttätigkeiten der französischen Be­satzung gegen die Zivilbevölkerung wieder auffallend ge­mehrt. So wurde in Saarbrücken ein 20jähriger Packer» der nichtsahnend abends an zwei französischen Soldaten vorbeiging, plötzlich von diesen überfallen und durch Hiebe schwer am Kopf verletzt. Als sich einige Personen näherten, ergriffen die Franzosen die Flucht.

können wir s nicht ändern. Ader wir rönnen immer nocy den Eintritt dankend ablehnen. Und vielen -Deutschen würde ein Stein vom Herzen fallen, wenn uns alle weiteren Genfer Freuden erspart blieben wovon die Vorfreuden, die wir jetzt auskosten, doch einen nichts weniger als reizvolle» Geschmack geben.

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Neuestes vom Lag«

Me Reichsregierung zum Bolkstrauertag Berlin, 28. Febr. Amtlich. In stiller Trauer gedenkl das deutsche Volk am heutigen Tage seiner Brüder, die tn dem größten aller Kriege ihr Leben gaben für die Verteidi­gung der Heimat. Für uns sind sie in den Tod gegangen. An den Gräbern unserer Gefallenen, die sich für uns alle opferten, soll die Zwietracht schweigen. Mahnend steht vor uns das deutsche Leid und das heilige Opfer der im Kriege Gebliebenen, die starben, damit Deutschland lebe. Aus dem Leid wuchs immer des deutschen Volkes höchste Kraft. Wenn heute die Flaggen Halbmast wehen, wenn große Scharen sich ;u würdigen Gedächtnisfeiern still vereinen, soll der Ent­schluß in uns sich festigen, um im Glauben an Deutschland das Work zu verwirklichen: .Nimmer wird das Reich zer­störet, wenn ihr einig seid und treu?"

Der Reichspräsident: v. Hindenburg.

, Die Reichsrcgierung. Dr. Luther.

Briaud über den Locarno-Vertrag Paris. 28. Febr. Bei der Beratung der Locarno- Verträge in der Kammer stellte Abg. Plaisant (radikale Linke) fest, daß der Locarno-Vertrag eine Be­kräftigung und Erweiterung des Ver­trags von Versailles bedeute. Wenn Strese­mann die angeblich versprochenen Rückwirkungen verlange, so müsse man demgegenüber der Versicherung Briands Glauben schenken, daß in Locarno kein Wort von Rückwirkungen gesprochen worden sei. Briand werde hoffentlich den Locarno-Vertrag noch durch Verträge mit Polen und Tschechien verstärken.

Ministerpräsident Briand gab hierauf die Erklä­rung ab, der Vertrag von Locarno sei in einem europäischen Geist abgefaßt, er befreie aber Frankreich nicht von der Sorge um seine Sicherheit Es dürfe nicht unbeachtet bleiben, daß der Vertrag von Ver­sailles in vielen Punkten noch unvollständig sei. Er hoffe, daß Deutschland die Tragweite des Locarno-Vertrags be­greife. Es sei ja zu verstehen, daß Deutschland aus dem Vertrag Vorteile für sich zu ziehen wünicbe, aber Frank­reich werde seine Rechte verteidigen, und es bx-c:<^ Freunde, vie es dabei unterstützen. Die ,ü>";tun- gen, die man mit dem Eintritt Deutschlands in

Sen Vö1k»i-i"<nr> verbinde, zeien wohl gegenstandslos, denn im Völkerbund herrsche bereits eine feste lieber- lieferung, gegen die Deutschland vergebens ankämpfe» würde. Frankreich wisse- welche Rolle in der Welt Deutsch­land zugewiesen sei. Das Heldentum Frankreichs sei unvergleichlich. Auch Deutschland habe gezeigt» daß es auf den Schlachtfeldern ein wackeres Volk sei. Solle« aber die beiden Völker alle 28 oder 30 Jahre vernichtende Kriege gegeneinander führen? Frankreich habe die mora­lische Kraft, den Frieden aufzubauen; die Morgenröte einer neuen Zeit breche an. Frankreich, das immer an der Spitze des Fortschritts ging, müsse die Verträge unterzeichnen; es bleibe immer, was es gewesen sei, heute, morgen und über­morgen.

Der Rede folgte starker Beifall, und von allen Seiten wurde verlangt, daß die Rede öffentlich angesäsiagen werde.

Aussperrung in der englischen Maschinenindufirie

London, 28. Febr. Die Arbeitgeber der Maschinen­industrie beschlossen, die Arbeiterschaft vom 13. Mörz «n auszusperren.

Rücktritt des Kabinetts Brutto««?

Bukarest, 28. Febr. Obgleich die Regierung Bratianu bei den «tzemeindewahlen, auf die sie ihre Hoffnung gefetzt hatte, eine Niederlage erlitten hat, weigerte sich Bratianu, zurück- zuirelen. Die vereinigte Opposition erklärt nun. daß das Kabinett Bratianu kein Recht mehr zur Regierung habe und daß es mit allen Mitteln bekämpft werde. Mit dem Prin­zen Karol, der zurzeit in Paris weilt, werden Verhandlun­gen wegen der Rückkehr nach Bukarest angeknüpft. kDie Ge­waltherrschaft der drei Brüder Bratianu und ihres An­hangs der Spekulanten und Wucherer ist in Rupujnieo aust» äußerste verhaßt^

Württemberg

Stuttgart. 27. Febr. 8V. Geburtstag. Oberbaoru« Dr. h. c. Wilhelm Maybach feierte dieser Tage den 80. Ge­burtstag.

SO Jahre. Frau Wilhelmine Staib « r Ww., ged. Jung, die einer Stuttgarter Wemgärtnerfcsnilie entstammt, feiert« am 1. März in geistiger Frische den 90. Geburtstag.

ep. Landfrauenlag des Evang. Volksbunds. Am 24. Febr. veranstaltete der Evang. Volksbund einen von etwa 80 Frauen von nah und fern besuchten Landfrauentag in Stutt­gart. Die Begrüßungsworte von Frl. Meta Dieste'l-Stuttgart galten der Verantwortung der Frauen im Blick auf da» Wohl der weiblichen Jugend. Pfarrer Plcmck-Nußdorf sprach über Wechselwirkungen zwischen Stadt und Land. Frl. A. Schubert riet dringend, die Töchter im jetzigen Zeitpunkt