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Nr. 26

Segrünäet 1826

Dienstag den 2 . Februar zernsprech« m. 29 100 . Jahrgang

«NM

TageSsViegel

Der italienische Botschafter in Deck». Voslniri. wird WevÄreten.

Im Völkerbund «vrrrde dieVertagung" der Llbcüftungs- vorkonferenz von Frankreich Ztaliea, Zaprm und der Tsche. choflowakei beantragt.

Ein nachsichtiger Gläubiger

Nämlich England. Äst das möglich? Gilt doch der «noländer als ein geriebener Geschäftsmann, der überall auf seine Rechnung kommen will und der deshalb auch seine Politik unter den Gesichtswinkel desGeschäftes" stellt. Diesmal scheint er aber eine Ausnahme zu machen. Denn kille Welt staunt über das soeben abgeschlossene engllsch- titalt« Nische Schuldabkommen, das zweifellos «jeder einmal einen glänzenden diplomatischen Sieg Mus­solinis bedeutet. ^ . ,

Italien schuldet nämlich an England mit den ausgetan Denen Zinsen eine Kriegsschuld von 610 Millionen Pfun! «terlina (Frankreich an England 814 Millonen). Der iahr Ach« Zins würde somit bei 8 bi» 8 Prozent 36,60 bi» 48,80 Millonen Pfund betragen. Das wäre ein Betrag, unter dem her italienische Staatshaushalt und damit auch die Lire <zurzeit 100 Lire 4,03 Dollar) unfehlbar zusammenbrechen »nüßte. Aber das will England nicht haben. Italien ist eben muh ein Kunde Englands, und kein vernünftiger Gläubiger, Her auf Fortbestand seiner geschäftlichen Beziehungen mit seinem Schuldner einen Wert legt, will -essen Ruin. So­mit kann und will England nicht 40 Millionen Pfund, son» Hern und das ist sehr verwunderlich es begnügt sich «it sage und schreibe für 1926 2 Milk., für die näch­sten zwei Jahre je 4 Mill., für die weiteren vier Jahre je 4,25 Mill,, von da ab bis zum Jahre 1987 je 4,5 Will, «md als letzte Zahlung im Iahr 1988 2,25 Mill. Pfund Sterling. Also Zahlung in 62 Jahren!

Nun schuldet Italien an Amerika etwa 400 Millionen Pfund, muß aber jährlich 6 Millionen zahlen, also weit mehr als an England. Der Betrag an beide zusammen macht rund 210 Millionen Mark. Andererseits bekommt Italien von den deutschen Dawesraten jährlich 250 Millio- »en Mark, somit mehr, als es an seine beiden Gläubiger .zusammen zu leisten hat. Also durchaus erträgliche Verhält­nisse. unter denen eine Währung nicht unschwer durchgehal­ten werden kann.

Für uns Deutsche ist der Artikel 6 des Abkommens besonders beachtenswert. Dort heißt es nämlich:Wenn es sich in einem bestimmten Zeitpunkt herausstellt, daß die «Gesamtheit der Zahlungen, die England von seinen Kriegs­schuldner auf Kriegsentschädigungskosten oder aus Konto der Freiheitsanleihe erhält, die Gesamtsumme keiner Zahlungen an Amerika übersteigt, wird die britische Negierung ein Sonderkonte errichten und Italien eine ent­sprechende Summe gutschreiben. Mit andern Worten: wenn England von seinen Schuldnern zusammen mehr einnimmt, als es an Amerika jährlich zu zahlen hat, so wird dies Ita­lien gutgeschrieben. England aber empfängt 4,5 Millionen von Italien, 12,5 Millionen von Frankreich, 2 Millionen von kleinen europäischen Schuldnern und 10 Millonen von Deutschland, also zusammen 29 Millionen Pfund. Es hat andererseits an Amerika 37 Millionen, also 8 Millionen mehr, zu zahlen. Dabei hat es den Grundsatz, von seinen europäischen Schuldnern nicht mehr zu verlangen, als es selber Amerika zu zahlen hat.

Nun hatte Italien seinerzeit bei der englischen Bank 22,2 Millionen Pfund Gold als Sicherheit für seine Kriegs­schulden hinterlegt. England will dies nicht herausgeben, bis Italien seinen Verpflichtungen nachgekommen ist was allerdings Englands gutes Recht ist und was auch bei der außerordentlich milden Tilgungsregelung von Italien leicht verschmerzt werden kann-

Bemerkenswert ist ein Urteil, das derCorriere della Sera" aus Anlaß der englisch-italienischen Verhandlungen abgegeben hat, nämlich daß der Dawes-Plan von Deutschland nicht werde eingehalten wer­ben können.

Das ist schon längst auch unsere Ueberzeugung. V. kl.

Neuestes oom Tage

Der angebliche Eiseabahnerstreik

Berlin. 1. Febr. Die Meldung einer Korrespondenz von dem Kundgebungs streik der Eisenbahner ist nach einer Mitteilung des Allg. deutschen Eisenbahner­oerbands nicht zutreffend. Ein Beschluß sei noch nicht gefaßt worden. Die Verbände seien der Auffassung, ^."6 das Reichs­bahngericht in Leipzig in dem Streit, ob die Derbindlich- keitserklärung des Schiedsspruchs für die Reichsbahnverwal­tung verpflichtend sei, nicht zuständig sei, daß also die Ab­lehnung durch die Reichsbahn nicht ausrechterhalten werden könne.

Die Hauptverwaltung hat das Personal auf die folgen eines etwaigen Kundgebungsstreiks aufmerksam gemacht und ernste Mahnung vor einem solchen Unternehmen ergehen lassen. Der Betrieb werde unter allen Umständen ausrecht erbosten und jeder Störuna werde nachdrücklich entgegen-

Aus dem freien Köln

Der Abzug der Engländer

Köln. 1. Febr. Am Samstag nachmittag vor 8 Uhr zog eine englische Kompagnie vor das englische Hauptquartier, Hotel Exzelsior, wo sich mehrere Offiziere eingefunden hat­ten. Mit dem Schlag 3 Uhr wurde die englische Flagge unter den brausenden Hurrarufen einer vieltausendköpfigen Menge von einem Feldwebel heruntergeholt. Um 3.35 Uhr fuhr der Rest der englischen Besatzung, etwa 500 Mann, mit Sonderzug nach Wiesbaden ab. Nur ein kranker Soldat bleibt im Hospital zurück. Auf dem Hauptquartier wurde die schwarz-weiße Preußenfahne und eine Fahne in den Kölner Stadtfarben Weiß-Rot aufgezogen, wobei die Menge in stürmischen Jubel ausbrach.

Die Feier auf dem Domplatz

Am Sonntag abend warteten lange vor Mitternacht schon Zehntausend« geduldig. Alle Nebenstraßen waren dicht gefüllt. Als endlich der zwölfte Glockenschlag erklang, flamm­ten rechts und links vom Domportal auf den hohen Pylonen Feuer empor und Hunderte elektrischer Lampen verbrei­teten Tageshelle. DieDeutsche Glocke am Rhein", die Petrusglocke des Doms, kündete mit wuchtigen Tönen die Befreiung Kölns an. Als die letzten Schwingungen sich in den Lüften verflüchtigt hatten, hielt Oberbürgermeister Dr- Adenauer die Ansprache, die wir bereits gestern ausführlich Wiedergaben. Die versammelte Menge sang begeistert das Deutschlandlied.

Der preußische Ministerpräsident Braun überbrachte die Grüße der Regierung und den Dank kür das treue Aus­halten. Die Regierung werde ihre besondere Fürsorge und Pflege dem rheinischen Volk und seinen sozialen und kul­turellen Bedürfnissen angedeihen lassen. Alles Mißtrauen gegen Berlin solle verschwinden, nachdem durch die Ner- fassung die Gesamtheit des Volkes zum Träger der Staats­gewalt geworden sei. Die Freude des Tags werde freilich getrübt durch die schmerzliche Tatsache, daß noch über 4 Mil­lionen Volksgenossen weiter unter fremder Besatzung leben müssen. Cs solle nichts unversucht gelassen werden, um ihre Leiden abzukürzen, wozu der vom Geist der Völkerverständi­gung getragene Geist die Hoffnung biete. Die Freude werde aber auch durch die Wirtschaftskrise getrübt, zu deren Ueber- windung es des Zusammenwirkens aller Teile des Volks bedürfe.

Weitere Raumunpen

In der Nacht zum Sonntag sind auch die Reste der fran­zösischen und der belgischen Besatzung aus dem ersten Gebiet abgezogen. Die Stadt Krefeld wird allen Opfern des letzten Kriegs und den Veteranen aus den früheren Feldzügen Ehrengaben in bar stiften. Oberbürgermeister Dr. Io- hannsen sagt in einem Aufruf:Schmückt eure Häuser mit Fahnen und beleuchtet sie festlich. Der Ausdruck unserer Freud« soll zugleich ein Gelöbnis der Treue zu unserem geliebten deutschen Vaterland sein."

Die LondonerDaily News" scheiben: Es war ein Er­lebnis für jeden Engländer, am Sonntag abend den Jubel Deutschlands über die Befreiung Kölns von der britischen Besatzung (durch Rundfunk) mitcmznbören.

heirateten waren untergebracht 60 in Privatgebäuden, 57 in Hotels und 214 in Einzelzimmern. Außerdem waren am 1. Dezember 1925 in Reichsneubauten 1025 Wohnungen und in Kasernen sowie sonstigen reichseigenen Dienstgebäxdeb noch 224 Wohnungen in Anspruch genommen. An Schulen mären beschlagnahmt 1919: 88, an höheren Schulen 10, im Oktober 1925 4, höhere Schulen keine. An Hotels waren beschlagnahmt im 1. Jamrar 1919 52 Hotels ganz und 18 teilweise. Am 1. Dezember 1925 2 Hotels ganz und 1 HdM teilweise. Außerdem waren am 1. Dezember 1925 durch di« Besatzung noch in Benutzung: 6 Ladenlokale, 4 ganze Fabrik gedäiche, 2 Fabrikgebäude teilweise, 2 Wirtshäuser, 2 Kran­kenhäuser, 41 Garagen und 19 Spiel- und Sportplätze.

Ausgestellt wurden im ganzen 47 860 Requisitions­befehle, mit denen neben sonstigen Unterkunft?- und tech­nischem Material hauptsächlich vollständige Schlaf-,-, Herrenzimmer, Küchen nebst den dazu gehörigen Aus- rüstungsgegenständen wie Silber, Kristall, Teppiche usw gefordert wurden.

Durch G e wa l t ha n dl u n g e n kamen zu Tode 18 Personen, durch rücksichtsloses Fahren britischer Kraftwagen­führer 82, ingesamt Todesopfer 100. Durch gewalttätige Uebergriffe der britischen Besatzung erlitten 977 weitere Per­sonen körperlich« Schäden und 3951 Personen Schä­den an Hab und Gut.

Vor den britischen Kriegsgerichten standen 8206 deutsche Personen. Verhängt wurden insgesamt gegen Deutsche 628 Jahre Gefängnis; ein Deutscher wurde zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt. Diese Strafen sind zmn größten Teil ooMreckt worden. Daneben wurden Geldstrafen in Höhe von zusammen 42 Billionen Papiermark und 2950 Reichsmark verhängt. Ausgewie - sen wurden wegenGefährdung der Sicherheit", des Unter Halts und der Bedürfnisse der Besatzungsirupven gemäß der Ordonnanz 283 185 Deutsche und 74 Ausländer.

Zur Befreiung Kölns

31. Januar 1926

DieDeutsche Tagesztg.' veröffentlicht zum Befteiunas- tag folgende schwungvolle Verse von M o r t i n S e l t:

Vom hohen Dom ertönt um Mitternacht Ein Freudenlied aus aller Glocken Munde.

Zehntausend halten frohbewegk die Wacht And lauschen der ersehnten Freiheitskunde.

Dann schwingt ein Sang sich auf und braust mit Macht Rheinaus, rheinab, in nächt'ger Feierstunde: /

O Deutschland hoch in Ehren!' trutzk das Lied,

Das wie ein Sturmwind durch die Herzen zieht.

Beendet ist die Zeit der schweren Fron

Rach sieben Zähren voll von Schmerz und Bangen.

Eie duldeten der Feinde Haß und Hohn,

Sie sind für uns durch Höllenleid gegangen.

Run endlich ernten sie der Treue Lohn And was wir tausendmal bei Festen sangen:

Fest steht die Wacht am Rhein" sie machten » wahr And brachten Opfer dieser Treue dar.

Die 7 Leidensjahre Kölns

Di« Stabt Köln gibt über die Besatzung folgendes stati­stische Material heraus: 1. Dauer der Besatzung: Vom 15. Dezember 1918 bis 30. Januar 1926. 2. Uebersicht über die Einquortierungslasten in den Jahren 1918 bis 1925: Ein­wohnerzahl der Stadt Köln 727 000, frühere (deutsche) Gar­nison 11816 Mann, durchschnittliche Besatzungsstärke in den Jahren 1919 bis 1925: 1919: 55 000 Mann, 1920: 26 170 Mann, 1921: 14349 Mann. 1922: 12 300, 1923: 11000 Mann. 1924: 10 300 Mann, 1925: 10 000, Mann. Oktober 1925 : 9160 Mann. Außerdem verblieben zahlreich« de­mobilisierte Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften nach der Demobilmachung als Zivilpersonen in Köln, wo sie sich kaufmännisch oder in sonstiger gewerblicher Weise betät: n.

An Familien- und Einzelquartieren waren am 1. Dezem­ber 1925 beschlagnahmt: für Verheiratete 220 Wohnungen, 10 Gebäude, 8.5 Etagen und 1050 Einzelzimmer, an Unver-

Es steht zn Köln am Eigelsteiner Tor Tin alter Spruch in Marmelstein gegraben.

Der mahnt allso: Halt faß, do kölschen Boor!" Sie sollen unfern deutschen Rhein nicht haben. And: .Bliev beim Aich, et fall nu sööß ov foori' Ob sie auch schrei'n nach ihm wie gierige Raden Wie ward der alte Spruch so herrlich wahr Zn manchem langen, dangen Leidensjahr.

O rheinisch Bock, dir jubelt Deutschland zu. Das deine Qualen knirschend mit getragen. Die Treuesten der Treuen stelltest du Aus deinen Aeih'n in unfern trübsten Tagen Run winkt dir endlich die verdiente Ruh.

Wir aber wollen fernen Enke n sagen Von Nibelungenkreu am deutschen Rhein An- nimmer soll sie dir vergessen sein!

getreten. Das Reichsarbeitsministerium hat zu einer neuen gemeinsamen Verhandlung am Mittwoch eingeladen. (In einer Versammlung von Vertreten, der Eisenbahnerverbände war der Streik, der einige Stunden dauern und sich auf alle Betriebe der Reichsbahn einschließlich der fahrenden Züge erstrecken sollte, besprochen werden: zu einem Beschluß kam es nicht.)

Erklärung der aatioualen Gewerkschaft der Eisenbahner

Die nationale Gewerkschaft deutscher Eisenbahner erklärt sich gegen den Kundgebungs- streit. Die alten Gewerkschaften haben die Unterzeichnung desDawes-Abkommens gefordert, von dem das heu­tige Massenelend herrühre, sie haben daher auch die Ver­antwortung dafür zu tragen. Der Verwaltungsrat der Reichsbahn könne erst wieder eine wahre deutsche Politik treiben, wenn die deutschen Eisenbobnen wieder in deutschen Händen liegen.

Der Jewenwrb Paul«

Berlin, 1. Febr. Bor dem Schwurgericht de» Land gerichtes S haben heute di« Verhandlungen im ersten Bee- ' »ner Fememordvrozeß wegen Ermordung des Schützen Panier in Döbentz und wegen Beihilfe, Mittäterschort und Mitwisserschaft begonnen. Angeklaat sind 11 Perscm Gericht beschloß Ausschluß der Oefsentlichkeit der ä lungen.

Anschlag auf ein Munitionslager Magdeburg, 1. Febr. Der Posten aus den Schieviländrn der Reichswehr im Biederitzer Busch ertappt« nachts einen Mann, der sich am Munitionslager zu schaffen machte und dann auf den Posten mit einem Revolver losstürzte. Der Posten schlug die Waffe weg, er erhielt aber doch eine leichte Schußverletzung. Als darauf die Wache herbeieilte, sahen sie tn der Nähe etwa 15 Männer, die flüchteten. Durch nach­gesandte Scküsse scheinen zwei Männer derselben verwnndat worden zu sein.