Reform des Außenhandels in der Sowjet-Union

Das Exportergebnis des russischen Außenhandels in der Zeit vom Oktober 1929 bis Ende Februar 1930, das kürzlich von -erZa Jndustrializatsiju", dem offiziösen Wirtschafts­organ der Sowjets, veröffentlicht wurde, ist keineswegs er­mutigend. Gewiß läßt sich für diese Periode eine Ausfuhr­steigerung von 2S Prozent im Vergleich zu der des Vorjah­res feststellen, doch entspricht diese Steigerung weder den dafür ausgeivandten Mitteln noch dem Zuwachs, den man im Interesse der Balancierung des Etats als unerläßlich in Rechnung gestellt hatte. Allein für die Ausfuhr von Jnbu- strteerzeugntfsen hatte man ein Zuwachsminimum von 69 Prozent angesetzt. In Wirklichkeit wurden jedoch nur öS Pro­zent erreicht. Einen fast katastrophalen Rückgang erlitt vor allem der Holzwarenexport, der im Februar um 2)4 Mil­lionen Rubel, verglichen mit dem des Januars, sank. Das Gesamtergebnis bezeichnet die Za Jndustrtalizatsiju gerade­zu alserschreckend* und prophezeit in diesem Zusammen­hang den völligen Zusammenbruch des berüchtigte» Fünf- jahresplans, falls nicht bald eine nennenswerte Besserung der Lage des russischen Ausfuhrhandels erfolgt.Man muß energisch Alarm schlagen*, fordert die Zeitschrift,denn die Verhältnisse an unserer Exportfront sind sehr beunruhigend. Die unverzügliche Mobilisierung der gesamten russischen Oeffentlichkett, insbesondere der breiten Arbettermassen, er­scheint dringend geboten, um die bedrohte Front zu retten.* Diese Alarmierung der Massen klingt etwas theatralisch und hilflos. Mit guten Vorsätzen und Massenaufgeboten beseitigt man noch keine Mißstände eines verfehlten Wirtschafts­systems. Glauben die roten Machthaber in Moskau wirklich, durch eine Wirtschaftspolitik ä la Vogel Strauß allem Un­heil dadurch zu entgehen, daß sie die Mafien unentwegt zur Arbeit anhalten, zu einer Arbeit, die oft nicht einmal pro­duktiv, nur Selbstzweck ist?

Es wird in Rußland jetzt viel und optimistisch von der Neugestaltung des Außenhandelsapparates gesprochen, un­ter der in erster Linie naturgemäß eine Umwandlung der Außenhandels-Monopol-Organisation zu verstehen ist, um endlich einen reibungslosen Geschäftsverkehr mit dem Aus­lande zu ermöglichen. Das bisher mit handelsfunktionellen Arbeiten überlastete Außenhandelskommissariat soll durch die jüngst ins Leben gerufenen Außenhandelsorganisationen es handelt sich hierbet um nicht weniger als 24 Ein- und Ausfuhrkörperschaften dadurch entlastet werben, daß die­sen mit Monopolrechten versehenen und zu juristischen Per­

sonen erklärten Organisationen künftig die gesamte prak­tische AnstenhanLelolätigkeit obliegt. Von diesen bestehen an Ausfuhrgcsellschaftc» bereits dieExportljon" für Flachs, Expvrtles" für forstwirtschaftliche Produkte,Maslvexport* für Butter,Expvrtchleb" für Getreide u. a., sowie mehrere Einfuhrgesellschafterl, von denen hier nur dieMctallo- import*,Elektroimport" undTextilimport" genannt seien Geplant ist ferner eine Reorganisation der russischen Ver­tretungen im Auslande, denen n. a. sämtliche funktionellen Vorarbeiten zur Begutachtung der Ein- nnd Ausfuhrgeschäfte künftig abgenvmmen werden solle».

Dieses demnächst zur Ausführung gelangende Reform­werk wäre damit vorläufig das Schlußstrich im Rahme« des erst teilweise verwirklichten Entwurfs einer grundlegenden Reorganisation des Obersten Volkswirtschaftsrats der Sow­jetunion, eines bereits vor einigen Jahren ausgearbetteten Entwurfs, der wichtige Aenöerungen im Außenhandels- system Rußlands vorsah. Gemäß diesem Entwurf sollte den­jenigen staatlichen Betrieben, die dem Obersten Volkswirt­schaftsrat unterstehen, das Recht zur freien Ge­schäftstätigkeit auf dem Auslandsmarkt er­teilt werden. De» russischen Industrie- und Handelsunter­nehmungen wurde gestattet, eigene Vertretungen im Aus­lands zu eröffnen. .

Der ganze Entwurf zielt« jedenfalls auf eine beträchtliche Erweiterung der Befugnisse des Oberste» Volkswirtschafts­rates auf dem Gebiete des Außenhandels ab. Diese Erwei­terung entsprach zwar der Jnüustrialisierungspolttik der Sowjets, erwies sich aber in ihren außenhandelspolittscheu Folgen als ein Hemmnis auf dem Wege zur Besserung des russischen Exports. War es deshalb ein Wunder, wenn das vom Obersten Bolkswirtschaftsrat stark abhängige Außen- handelskommifiariat in der Ausübung seiner Tätigkeit zum Nachteil des russischen Außenhandels so häufig durch die Er­ledigung von Aufgaben, die teilweise nur sehr lose mit dem Außenhandel zusammenhingen, beeinträchtigt wurde?

Heute sind in Rußland jedenfalls Regierung und Wirt­schaft soweit von einer solchen als Eigenwesen überhaupt die Rebe sein kann zur Erkenntnis gelangt, daß großzügig und zwar bald der gesamte Außenhandelsapparat reorgani­siert werben muß, um dem Handelsverkehr mit dem Ans- lanüe gesundere Grundlagen zu verschaffen, als es bisher unter der Einwirkung des privatwtrkschaftsfeindltchen Sy­stems in Rußland möglich war.

Der Gesetzentwurf zum Schutz der Landwirtschaft

Im einzelnen sehen die Vorschläge, die dem Reichs­tag unterbreitet werden sollen, folgendes vor: Die Netchs- regierung erhält bis zum 31. März 1931 die Ermächtigung, die Wertbestimmung aller Einfuhrscheine sowohl für Ge­treide und Getretdeproöukte wie für Vieh und Viehprodukte zu regeln. Dabet soll darauf Bedacht genommen werden, baß die Belastung der Reichskasse die Höhe der letztjährtgen Be­lastung nicht übersteigt. Die schon von der früheren Regie­rung festgesetzten Richtpreise von 289 Reichsmark für Roggen und von 269 Reichsmark für Weizen sind betbehalten wor­den, jedoch ist in beiden Fällen die Umlaufzett von S Mo­naten auf 8 Monate erhöht worden. Bei Gerste hat man einen Unterschied zwischen Wintergerste und Braugerste ge­macht, und zivar dergestalt, baß der Zollsatz für Braugerste dem des Weizenzolls entsprechend sein soll. Im übrigen hat man der Regierung eine« variablen Zollsatz in Höhe von 2 bis 12 Reichsmark je Dz. an die Hand gegeben. Weiterhin soll die Regierung ermächtigt werden, den Zollsatz für Schweine dann z« erhöhen, wenn der Schwetneprets auf dem Berliner Markt den Satz von 75 Reichsmark unterschreitet. In diesem Fall ist die Regierung berechtigt, den Zollsatz bis zu 59 v. H. heraufzusetzen. Bei Eiern soll an die Stelle beS jetzige« Zollsatzes von S Reichsmark ein Zollsatz von 89 Reichsmark für 199 Kg. erhoben werben. Hier ist jedoch lediglich der autonome Zollsatz geändert worden, da sowohl gegenüber Italien wie gegenüber Südslawten der Eierzoll gebunden ist. Für sämtliche Müllereierzeugnifie wird der Doppelzollsatz für Weizen zuzüglich 1Z9 Reichsmark Risiko­zuschlag eingeführt. Die Zollsätze für Wein, die vor allem gegenüber Spanien, Italien und Frankreich gebunden sind, sollen durchweg um 59 o. H. erhöht werden. Außerdem wird die Reichsregierung ermächtigt, die Weinzollsätze für Schaum­wein je nach der Marktlage herauf- oder herabzusetzen. Das zollfreie Gefrierfletschkontingent fehlt nach dem Agrarkom- promiß der Regierungsparteien völlig. Dafür wird die Retchsregierung verpflichtet, für die minderbemittelte Be­völkerung auf anderem Weg eine billige Kletschversorgung sicherzustellen.

Die Verleilunq der Biersteuer

TN. Berlin, 9. April. Dem Reichstag ist jetzt auch der Gesetzentwurf zur Uebergangsregelung des Finanzaus­gleichs zwischen Reich, Ländern und Gemeinden zugegangen. Zwischen der Relchsreglerung und dem Reichsrat ist ledig- ltch über die Verteilung der Biersteuer keine Uebereinstim- mung zustande gekommen. Der Reichsrat hat beschlossen, di« Ueberweisung in Höhe von einem Siebtel des Aufkom­mens an Biersteuer zu zwei Drittel nach dem Verhältnis des Aufkommens und zu ein Drittel nach dem Verhältnis der Bevölkerungszahlen zu verteilen. Er begründet seinen Beschluß damit, baß die Biersteuer eine Verbrauchs­steuer sei. Die Verteilung dürfte daher nicht ausschließ­lich nach dem Aufkommen erfolgen, es müsse vielmehr auch dem Verbrauch Rechnung getragen werben. Die Länder, die Blererzeugungsländer seien, führten in nicht unerheblichen Mengen Bier nach anderen Ländern aus. Diesem Umstand sei dadurch Rechnung getragen, daß die Verteilung an Ueber- wcisung von Biersteuer zu einem Drittel nach dem Ver­hältnis der Bevölkerungszahlen erfolgen. Dem gegenüber hält die Retchsregierung an ihrer ursprünglichen Vorlage fest. Sie hält die von dem Reichsrat vorgesehene weitgehende Abänderung des Verteilungsschlüssels zugunsten der bier- erzcugenden Länder für sachlich nicht gerechtfertigt.

Der Partetvorsttzende der Bayerischen Volkspartei, Ober­regierungsrat Schliff er wird in Berlin erwartet, um Besprechungen über die Biersteuer betzuwohneu.

Ungenügende Neichshilfe für Ostbayern und die Pfalz

Im Bayer. Landtag gab Ministerpräsident Dr. Held zu mehreren Eingaben um Bewilligung von Reichsmitteln und Einleitung von Hilfsmaßnahmen für die Pfalz und für den bayerischen Osten eine längere Erklärung ab, worin er betonte, die Neichsregierung -habe wiederholt erwidert, daß sie auch die Interessen der bayerischen Ostgrenze im Auge behalten werde. Es scheine aber, daß auch für 1939 keine finanzielle Hilfe gewährt werden soll«. Man könne sich des Eindrucks nicht erwehren, daß man in Berlin die wahren TerhLltniffe an der bayerischen Ostgrenze nicht kenne oder nicht zu würdigen vermöge. Tie bayerische Negierung werde alles tun, um im Kampf für die bayerische Ostgrenze gegen­über der Neichsregierung und dem Reichstag nicht zu er­lahmen.

Bezüglich der Pfalz bedauerte der Ministerpräsident, daß die Pläne der Reichsregierung über den Zweckhtlfsfond auf die Pfalz nicht die notwendige Rücksicht nähmen,' gerade die Pfalz müsse in erster Linie berücksichtigt werden, wenn das Reich die Schäden ausbessern wolle, die der Krieg und die 19jährige Besatzung gebracht hätten.

Die Finanzierung des Wohnungsbaus

BeMa, 9. April. Zur Finanzierung des Wohnungs­baus im Jahre 1939 wurde eine einstimmige Entschließung vom Ausschuß für Siedelungs- und Wohnungswesen dcS Neichswirtschaftsrates gefaßt. S' ^ing davon aus, daß in diesem Jahre für den Wohnung-, au nur etwa 2259 bis 2159 Millionen Reichsmark lang- und kurzfristige Mittel zur Verfügung stehen und daß mit einem Ausfall von öff'-nt- lichen Bauten im Werte von etwa 1 Milliarde zu rechnen ist. Die Arbeitslosigkeit im Baugewerbe betrage 63 Prozent ge­genüber 83 Prozent zur gleichen Zeit des Jahres 1929. Un­ter feinen dringlichen Abhilfevorfchlägen fordert der Aus­schuß u. a. baldigen Erlaß eines Gesetzes mit Festlegung eines Termins für die Aufhebung der Kapttalertragsteuer. Der Kapitalflucht soll durch gesetzliche Maßnahmen begegnet werden. Wettere Forderungen sind Ausländsanleihen für den Wohnungsbau zu angemessenen Bedingungen, ferner Erhöhung der Hauszinssteuerhypotheken für 1939 im Rah­men der vorhandenen Hausztnssteuermittel. Der Woh­nungsbau für 1939 soll hauptsächlich auf Wohnungen mkt 2)4 Räumen lZtmmer, Kammer und Küche) mit 49 bis 59 Quadratmeter» sowie Wohnungen von 8)4. Räume« be­schränkt werden.

Der König

Mozartskizze von Marga Stiehler.

Potsdam 1739 im Maien. Der Herr Waldhornist Türrschmidt hatte einen lieben Gast. Sein Freund, Wols- gang Amadeus Mozart aus Wien den er aus einer Konzertreise in Paris kennen gelernt, war in seinem Hause. Bassinplatz Nr. 1V. abgestiegen. Fürst Karl von Lichnowsky hatte den Wiener Meister in seinem eigenen Wagen mit- gebracht, um ihn dem König Friedrich Wilhelm II. vorzu­stellen. Damals stand noch in der Mine des von einem eisernen Gitter umzäunten Bassins das berühmte Tabakhäus­chen des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm 1.

Vor dem im Barockstil erbauten Hause, darin Türr- schmidt wohnte es ist bis aus den heutigen Tag erhalten dufteten die Linden. Aus den weitgeössneten Fenstern drang fröhliche- Schwatzen, so daß die in der Lindenplantage spazierenden Potsdamer wohl den Schritt anhielten, rn der Hoffnung, wieder einmal ein kleines Freikonzert genießen ru können. Ta hielt vor dem Hause eine königliche Kutsche. Eilfertig sprang der silberbetreßte Diener herab und riß den Wagenschlag auf. Ein zierlicher Herr im lichtblauen, gold­gestickten Nock, den Dreispitz aus dem gepuderten Haar, ent­stieg dem Wagen und eilte leichtfüßig durch die Mitteltür des breiten, holzgeschnittenen Tores.

Tie Spaziergänger blieben stehen.DaS war doch der berühmte Mozarr! Schon mit sieben Jahren soll er kompo­niert baden.*

Hab' ich auch", sagt« ein junger Berliner, den die Baumblüte nach Potsdam gelockt hatte,man schreibt nur solche Kleinigkeiten nicht immer auf", und unter lustigem Gelächter ging man weiter.

Oden wurde der Meister schon erwartet, vor allem von den Damen, denen hatte es sein allzeit heiteres Temperament besonders angetan. Galant küßte er ihnen die Fingerspitze» «nt der nur ihm eigenen Zartheit wie sie meinten.

Der Herr Kammermusikus Semler trat an ihn heran. Nun, wie war's im Schloß?"

O, Seine Majestät waren äußerst huldvoll zu mir vnd boten mir eine Stellung als Kapellmeister mit einem Jahresgehalt von 3000 Talern an, aber"

Na, da gibt's doch kein .Aber ", warf Semler ein.

Fast vorwurfsvoll sah Mozart zu ihm auf:Soll ich meinen Kaiser verlassen?" Dann berichtete er weiter, indem «x eine aolde»re Toie hervor zoa: -Ta. lckant'S. hundert

jrrtevrichSdor sind darin, oret Quartette soll ich dafür schreiben. Ich werde besonders das Cello dominieren lassen, das Seine Majestät oft selbsten spielen... Aber wo bleibt Madame Niklas, unseres Semlers vielliebe Frau Schwester?"

Es war allen bekannt, daß die schöne Frau Sophie 1784 die Constance in MozartsEntführung" mit vielem Beifall gesungen. Als wäre des Meißers Wunsch Befehl, so öffnete sich auch allsvglcich Tür, und die Erwartete trat ein, jung, trühiingsfrlich, mit leicht gepudertem blondem Gclvck um das reizende Köpfchen, im spitzcnüberrieselten, weitaus bauschen­den Kleid.

Lebhafte Begrüßung.Wo ich so lange war? Herum spaziert, mit Ton Juan", und aus Mozarts fragenden Blickso Hab' ich Nero, meine schwarze Dogge, Euch zu Ehren umgclaust." Sie ließ sich in einen der goldfüßigen Sessel fallen.An der Windmühle waren wir", fuhr sie fort,und denkt Euch, Plötzlich stand eine Zigeunerin vor niir, alt und häßlich. Ich mußte Ton Juan, der nur iunge Weibsleute leiden mag. fest am Halsband halten, sonst wäre er der Alten an die Kehle gefahren. Na, und dann hat sie mir wahrgcfagt: ,Wohledle Frau, heute noch wird Euch ein König küssen'." Sie breitete lachend die Arme aus.

Ein König?"

Jawohl, ein König, und sein Zepter reiche über die ganze Welt! Als dann die Alte gegangen, raschelte es wieder im Gebüsch, und diesmal war es ein Offizier, der Ton Juan in Unruhe versetzte. Seine Majestät, der König."

Und er hat Dich ...?" fuhr Semler auf.

... geküßt? Nein. Bruderherz, das nicht, er neigte, ein echter Kavalier, den Degen und ging mit stummem Gruß an mir vorüber."

So lassen wir den König König sein, und machen lieber a bissel Musik", schlug Mozart vor und begann auf dem neuen Silbermannschen Instrument zu präludieren. Zunächst spielten Türrschmidt und Palsa auf ihren silbernen Waldhörnern ein selbstkomponiertes Duo. Braun und Semle': holten die Geigen hervor, und schließlich sollte Mozart auf dem Klavier phantasieren. Der Architekt Sar- tory, ein weitgereister Herr und auch in der Musik wohl­beraten, schlug ein Thema vor, ein zweites fand sich dazu, und als Sophie hinter den Klavierstuhl trat, um das heitere Spiel von Mozarts Künstlerhänden besser verfolgen zu können, sah der Meister zu ihr auf und fragte:Na, Haben s auch ein Ttzemerl auf m Gewissen?" Sie taua ihm eins

vor, uiw iogte»cy vegann er ln penenvem Spier, vie vrer Themen ineinander zu schlingen und wieder zu lösen. Zuerst im scharf akzentuierten Marschtempo. Während er spielte, stieg eine versunkene Zeit vor ihm auf. Er sahden Alte« Fritz", den siegreichen König, aus seinem goldgezäumten Schimmel durch Potsdams blumengeschmückte Straßen reiten. Die wetterharten Soldaten marschierten einmal nach dem einen, dann nach dem andern der vorgeschriebenen Themen. Allmählich schien sich der Zug in der Ferne zu verlieren.

Zart und lieblich schwebte dafür aus den Tasten ein Menuett hervor. So anschaulich war die Musik, daß die Zuhörer die eleganten, buntbefrackten Herren zu sehen mein­ten, wie sie den in lichte Gewänder gekleideten Damen mit blitzenden Steinen im hochgetürmten, gepuderten Haar die ringgeschmückten Hände reichten. Im graziösen Tanze ver­flochten sich auch hier die drei Themen zu neckischem Spiel. Selbst Frau Sophie wiegte sich in den Hüsten.

Fast unmerklich leitete Mozart vom leichten, tändeln­den Rhythmus zu ernsten, dunklen Akkorden über.

Ei«' hoher, heiliger Tom schien aus den Harmonien heraus zu wachsen. Klangvoll sieghaft vereinten sich jetzt die drei Themen zu einer gewaltigen, im Bachschen Stil auf« geballten Fuge, in höchst künstlerischer Vollendung.

Vor dem Hause halten sich unzählige Menschen ange­sammelt, atemlos lauschend. Als das Spiel geendet, brach jubelnder Beifall aus.

Sophie streckte dem Meister beide Hände entgegen. Sie suchte nach Worten. Alles, was sie sagen wollte, erschien ihr banal, diesem Können gegenüber.Mozart, Ihr seid kein gewöhnlicher Sterblicher, ein Fürst seid Ihr unter den Must kanten nein ein König!"

Und der Meister, selbst noch durchglüht von dem he> glückenden Feuer seiner eigenen Kunst, sprang auf:Was bin ich?" rief er, und seine Augen leuchteten.Was bin ich, ein König? Ei, wenn ich ein König bin, dann darf ich auch die schöne Sophie Niklas küssen!"

Und ehe es sich die Uebcrraschte versah, nahm er ihren Kopf in beide Hände und küßte sie herzhaft auf beide Wan­gen, zuletzt auf den oft so köstlich singenden Mund.

Als man später beim heiteren Mahle saß, sagte Mozart: Das muß ich gleich heute meinem Stanzerl berichten, eh'S ihr irgend a lästerliches Klatschmaul hinterbringt, daß ich die schöne Sophie geküßt. Aber mein liebstes, bestes Weib­chen weiß ia selbst am besten, wie treu und zärtlich sei» Wolierl es liebt."