Erscheinungsweise r Täglich mit Ausnahme cker Sonn- unci Festtage

Anzeigenpreis: s> im Anzeigenteil: ckie Zeile 20 öoläpsenmg«

d>tm Keklametetl: ckie Zeit« 85 Solckpsennigs

Auf Sammelanzeigen kommen 50°/<> Zuschlag

Für Platzvorschriften kann keine Sewähr

übernommen weräen

Sertcht-Yanck für d««<Ie r«il« ist call»

Kmls- unck Anzelgeblalt für äen Oberamlsbezirk Lalw

MM

vezugspreir: E

llnckerStaätlOSoläpfennig« i wöchentlich mit Kroger Io im , Post-Lezugspreis 40 So.'ä- psennige ohne Lestellgelck

Schluß cker Anzeigen­annahme 8 Uhr vormittag»

In AM«,» KSHare- 7,-waII besteht kein Anspruch auf Lieferung <I«r Keitang acker avs Niickzahlung <le» Lezugspreise»

Fernsprecher Nr. S

verantwort!. Schriftleitung: Frieckrich Han» Scheele Vrack unä Verlag cker A. Oelfchlager'schen Snchäruckeret I

Nr. 84

2) onners 1 ag, den 10. April 1 930

5:a./rgang 103

Umgestaltung der Steueworlagen

Die Regierung gibt unter dem Druck der Parteien nach

Die Biersteuererhöhung abgelehnt

rn. Berlin, IS. Apr'l. Im Steneransschnß des R-ichs- tagrs wurde am Mittwoch die Vorlage über die Biec- steuererhöhnng abgelehnt. Für die Vorlage stimmten nur das Zentrum, die Demokraten und die Deutsche Dolkspartei.

Im weiteren Verlauf der Sitzung wurden die Novelle -nin Branntwein Monopolgesetz gegen die Kom­munisten bei Stimmenthaltung der Sozialdemokraten ange­nommen. Es folgte die Beratung der Vorlage über die Alksbrittgnngsnmlage für 1830. Die Sozialdemokraten be­antragten, den Umlagcbetrag von 330 ans 370 Millionen und die Umlage von 6,1 auf 6,5 v. T. zu erhöhen. Sie beantrag­ten weiter die Streichung der Bestimmung, datz die Umlage 1631 nur 230 Millionen betragen soll. Schließlich verlangten sie, daß im Jahre 1030 für die Einkommen über 8000 Ol ein Zuschlag von 10 v. H. auf die Ein- kommensteuer erhoben wird. In einer Entschließung soll die Neichsregicrung ersucht werden, eine Vorlage zu unterbreiten, durch die die Aufbringungsumlage in einen dauernden Zuschlag zur Vermögenssteuer umgewandelt wird, dessen Ertrag für die Kleinrentner ver­wendet werden soll. Neichsfinanzminister Dr. Molden- Hauer wies darauf hin, datz diese sozialdemokratischen Anträge all dem ins Gesicht schlügen, was mit den übrigen Parteien der alten Negierung auch die Sozialdemokraten noch vor ganz kurzer Zeit als ihr Steuerprogramm vertre­ten hätten. Für die Neichsregicrung seien diese Anträge unannehmbar. Der sozialdemokratische Antrag über den Einkommcnstcuerzuschlag wurde darauf mit 14 gegen IS Stimmen bei Stimmenthaltung des Vertreters der Bay­rischen BolkSpartei abgelehnt. Unter Ablehnung auch aller übrigen sozlaldmokrattschen Anträge wurde dann die Anfbringungsvorlage bei Stimmenthaltung der Deutsch­nationalen angenommen.

Zustimmung fanden auch die Vorschläge über weitere Hinausschiebung der Bindung der Länder und Gemeinden an die Neichseinheitswerte und über die Ansdehnung des HIlsSfeststellungszeitraumes auf Grund des Reichsbewer- tungsgesetzes.

Ein neues Steuerkompromiß

Amtlich wird mitgeteilt:Das Nöichskabinctt beschäftigte sich in seiner gestrigen Sitzung erneut mit den Deck « » gS - Vorlagen für den Haushalt des Jahres 1930. An­schließend fand eine Besprechung statt, an der die Führer des Zcntrnms, der Deutschen Dolkspartei, der Demokraten, der Wirtschaftspakte!, der Christlichnationalcn Arbeitsgemein­schaft und der Bayerische» Volkspartei teilnahmen. In de« mehrstündigen Beratungen wurden alle Fragen dcS Tck- knngZprogramms eingehend besprochen und geklärt.«

Hierzu erfahren wir noch: Die Verhandlungen der Re­gierungsparteien mit dem Reichskabinett über die Finanz­reform führten am Mittwochabend zu einer Verständi­gung. Nur die Bayerische Volkspartet hat sich dem Kom­promiß nicht angeschlossen. Das Kompromiß fleht die Erhöhung der Bl er st euer um 50 v. H. unter Freilassung der kleineren Brauereien bis zu 10 000 Hektoliter vor. Der Ertrag wird mit 148 Millionen NM. berechnet, wovon 03,2 Millionen an das Reich und 54,8 Millionen an die Länder gehen sollen. Die allgemeine Umsatzsteuer soll von 0,75 v. H. auf 0,85 v. H. erhöht werden. Hier wird mit einem Ertrag von 110 Millionen gerechnet, wovon 77 Millionen das Reich und 33 Millionen dle Länder erhalten sollen. Schließ­lich soll eine Sonderstcuer auf die großen Umsätze der letz­ten Hand, also eine Warenhaus st euer erhoben wer­den, und zwar in Höhe von 0,5 v. H-, was einen Ertrag von 27 Millionen ergeben soll, wovon 10 Millionen auf das Reich und 8 Millionen auf di« Länder entfallen. Die Steuer be­ginnt bei Umsätzen von 1 Million Mark. Die übrigen Dek- kungsvorlagen werden aufrecht erhalten, und zwar die Tabak­steuer in der Fassung, die sie vor der Ablehnung im Ausschuß erhalten hat, also Zahlung von 0,5 v. H. BerwaltungSkosten- beitrag für die Zigarrensteuerlägcr. Insgesamt wird mit einem Ertrag von 532 Millionen gerechnet, wovon das Reich 338,2 Millionen und die Länder 175,8 Millionen erhalten sollen. Ans die Länder entfallen also 5,8 Millionen mehr als nach dem ursprüngliche« Decknngsprogramm.

Das neue Kompromiß wird heute von den Parteiführern unterzeichnet und dem Reichstag vorgelegt werden.

Wirtschaft und Steuerpolitik

Bedenken der Industrie gegen das Agrarprogramm

TU. Berlin, io. April. Der Deutsche Industrie und Han­delstag trat am Mittwoch in Berlin unter dem Vorsitz seines Präsidenten, Franz von Mendelssohn, zu seiner SO. Voll­versammlung zusammen. Reichswirtschaftsminister Diet- r I ch überbrachte die Glückwünsche der Neichsregicrung. Er führte u. a. aus, daß die Tagung unter eigenartigen Der- hältnissen stattfinde, da sie nicht nur in eine starke Depres­sion, sondern auch in eine schwer« politische Krise falle. Er sei der Meinung, baß wir zu einer dauernden Senkung der direkten Stenern insbesondere der Realstcnern nur dann kommen könnten, wenn die Besteuern»- des entbehrlichen Konsums i« Deutschland ans Lex ganzen Linie ausreichend auSgcbaut sei. Die Tagung fand ihren Abschluß mit der ein­stimmigen Annahme einer Entschließung, in der u. a. zum Ausdruck gebracht wird, baß die Wirtschaft nur gedeihe« könne, wenn den Betrieben wieder ein angemessener Ertrag gegeben und die Erneuerung beS Sach- und Gclvkapitals möglich gemacht werde. Staat «nd Wirtschaftswohl verlang­ten eine grundsätzliche Wendung in der Wirtschaft und Finanzpolitik. Zu dem doppelten Ziel der Hebung der Pro­duktivität der deutschen Gesamtwirtschaft und der Ordnung der öffentlichen Finanzen wäre die Grundlage eine mög­lichst geringe Belastung des nationalen Arbeitsertrages. Für die Handelspolitik dürfe auch weiterhin nur der Gesichts­punkt des überwiegenden Nutzens für die Gesamtheit ent­scheidend sein. Dir Ausfuhrbedürfnisse der Industrie müßten durch Erhaltung und Ausbau geeigneter Handelsverträge möglichst gefördert werden.

Die Industrie gegen daS Agrarprogramm Schielet.

Der Ncichsverband der Deutschen Industrie hat zu dem Agrarprogramm Schielcs in einer Entschließung Stellung genommen. Der NeichSverband macht gegen die bisher be- kanntgewvrdenen Einzelheiten des Programms ernste Be­denken geltend. Dt« Durchführung der geplanten Maß­nahmen brächte auf der einen Seite keine geeignete Hilfe für die Landwirtschaft) auf der anderen Seite aber «erde t« die innere Preisentwicklung für die Ernährung eine derartige Beunruhigung gebracht, die uatnrnotweudig z« einer allge.

meinen Preiserhöhung, znr Erhöhung der Gestehungskosten «nd z» Lohnsordernngen führe» müsse, die letzten Endes in eine gewaltige Erhöhung der Arbeitslosigkeit ausmünden müßten. Es wird im einzelnen u. a. daraus hingewiescn, daß die Gesundung der Landwirtschaft zum weitaus größeren Teil durch technische Verbesserungen, besonders durch eine« beschleunigten Ausbau der Absatzorganisationen» durch die Bereitstellung ansreichender Mittel erreicht werden müsse. Ein Lagerscheingesetz müsse in Verbindung mit der Stan­dardisierung des Getreides geschaffen werden. Die Lage des Kartoffelbaues könne bei sinkendem Verbrauch nur durch verstärkte Versütterung in der Schweinehaltung verbessert werden. Zur Verminderung der Schweinehaltung tm Westen und zur Begünstigung der Schweinehaltung im Osten sei die Aufhebung der Gcrstcnzölle nicht zu umgehen.

Zur Förderung der Geflügelhaltung wird die verbilligte Abgabe von «osingefärbtem Mais gefordert. Ein Milchgesctz müsse den Zusammenschluß der Milcherzeuger, Verbesserung des Absatzoerwertungswesens und die Einführung von Güte­klassen sicherstellen. Zum Schluß wird das große Interesse der Industrie an einer beschleunigten und ausreichenden Hilfe für die Landwirtschaft betont.

Die Finanzreform im Reichstag

-- Berlin, 10. April. Di« erste Beratung des Gesetzes über die Vorbereitung der Finanzreform im Reichstag endete mit der Ueberweisung der Vorlage an den Ausschuß. Nach der sachlichen Seite hin war die nur zweistündige Debatte völlig negativ. Der Abgeordnete Hertz von der Sozial- demokratie bemühte sich, den peinlichen Eindruck der Wissell- Rede vom Dienstag zu verwischen. Aber er machte eS nur noch schlimmer. Seine Verteidigung der sozialdemokratischen Taktik während der Krisenlage war denkbar unglücklich. Der Neichsfinanzminister Mold« »hau er gab den Abg. Hertz und Wissell eine ebenso knappe wie klare Antwort. Wenn auf allen Gebieten gespart werden müsse, bann könnten die Sozialdemokraten nicht verlangen, daß allein der Sozial- etat verschont bleib«. Auch sonst widerlegte Dr. Molden­hauer treffend di« tendenziösen Darstellungen der Sozial­demokraten, als ziele das Finanzprogramm, Lessen Grund- züge ja nach von dem Sozialdemokraten Hilferdlng stam­men. auf ein« einseitige Belastung der Masse» ab.

Tages-Spiegel

Nachdem i« Steuerausschuß des Reichstags auch die Vorlage zur Erhöhung der Bicrstcuer abgclchut worden ist, hat die Neichsregierung mit de» Parteiftihrer» gestern ein »ec^ Steuerkompromiß «usgcarbeitet.

»

Der Kanzler wird heute an die Deutschnatioualen die Frage richten, wi« sie sich zn dem Steuerkompromiß stellen werden^ aus die Gefahr hin, daß mit diesem auch di« Agrarvorlage gefährdet wird.

*

Der NeichSverband der Deutsche» Industrie hat in einer Ent­schließung ernste Bedenke» gegen Schicles Gesetzentwurf znm Schutz der Landwirtschaft gelte«- gemacht.

*

Der Reichstag hat die erste Beratung des Gesetzes über die Vorbereitung der Finauzresorm abgeschlossen »nd die Vor­lage dem Ausschuß überwiese».

*

Eine saarländische Abordnung ist in Paris eingetrofte«, «m d-r Saardelcgation ihr« Wünsche für die Verhandlungen mit Frankreich zu übermitteln.

, *

Nach einer Meldung aus Rio de Janeiro ist im brasiliani­sche« Staat Parahyba nördlich vou Pernambuco eine revo­lutionäre Bewegung ausgebroche«.

Heute will das HauS in die zweite Lesung der Decknngs- vorlage eintreten. Die Sozialdemokratie wird, wie derVor­wärts« berichtet, den tm Steuerausschuß gestellten Antrag auf Erhebung eines Notopfers der Leistungsfähigen wieder elnbringen.

Um das Ansgabensenknngsgesetz.

Im Reichstage teilte gestern Reichsstnanzminister Dr. Moibenhauer mit, daß die Vorarbeiten für daS Ausgaben- senkungsgesetz abgeschlossen sind und daß dieses Gesetz nach Ostern dem Reichstag zugelcitet wird.

Die Haltung der Deutschnat'onalen Volkspartet.

Die NeichSparteivertretnng der Deutschnationalen Volks- Partei hat gestern einstimmig folgende Entschließung gefaßt: Die Parteivertretung billigt die Beschlüsse des Partetvor- stanbes. Sie spricht ihrem Führer Dr. Hngenberg »nd dem Vorsitzenden der Netchstagsfraktion, Dr. Ober fah­re n, ihr volles Vertrauen aus.«

Zu dem Beschluß der dcutschnationalcn Parteivertretung verlauten in parlamentarischen Kreisen noch folgende Ein­zelheiten: Grundsätzlich sind die Parteivertreter dahin übcr- eingekommen, baß der Parteiführung «nd der Fraktion keine gebundene Marschroute gegeben werden könne. Es herrschte aber Einmütigkeit darüber, daß die Dcutschnatio- nale Partei zu dem Kabinett Brüning kein Vertrauen haben könne. Eine Verkoppelung des Landwirtschastspro- grammS mit dem Finanzprogramm lehnt die Partei ab. Es kam zum Ausdruck, daß die Erleichterungen, die der Land­wirtschaft im Agrarprogramm gegeben werden sollen, durch steuerliche Belastungen und damit durch Verteuerung der Betriebsmittel wieder wett gemacht würden. Auch daß die Ermächtigung zur Durchführung der Landwirtschaftsmaß- nahmen dem Kabinett als solchem und nicht dem Rctchs- ernährungsmintster gegeben werden sollen, wurde für außerordentlich gefährlich gehalten. Die von dem Kabinett geforderten Zölle würden tm übrigen tm Augenblick nur den Händlern zugute kommen, da die Landwirtschaft kein Getreide mehr in den Händen hat. Wer jedoch nach der nächsten Ernte die Bestimmungen über die Glettzölle ans- zuführen habe, sei gänzlich unbestimmt. WaS daS Finanz- Programm angeht, so herrschte einmütige Auffassung, daß die Deutschnatioualen nicht ein Programm gut heißen könn­ten, daS als eine Erbschaft der Großen Koalition durch die Sozialdemokraten maßgebend beeinflußt und durch die so­zialdemokratischen Forderungen notwendig geworden sei. Die damit tatsächlich gegebene Anlehnung auch der jetzigen Negierung an die Sozialdemokraten müsse von den Deutsch­nationalen abgelehnt werden.

Die Konferenzlaqe in London

TU. London, 10. April. Die Mittwoch-Besprechungen zwi­schen den Hauptvertretern der drei Flottenhauptmächte haben zu einer Ueberetnstimmung in allen wesentlichen Punkten geführt. ES bleiben nur noch ein oder zwei untergeordnete Punkte zu regeln, die in einer für heute vormittag elnbe- rufenen Sondersitzung gleichfalls verabschiedet werden sollen.

In der Pariser Presse verhehlt man sich die Schwierig­keiten nicht, die dem Zustandekommen eines Fünferabkom­mens in London noch im Weg stehen. Nach wie vor wird hervorgehoben, daß dir Haltung Italiens bet den kommenden Verhandlungen von ausschlaggebender Bedeutung sein wird, da nur der Verzicht auf die Flottenglelchh-It mit Frankreich eine Annäherung der gegenseitige» Gesichtspunkte ermög­liche.