So danke ich Ihnen noch einmal, mein lieber Gauleiter und mein lieber Ministerpräsident, für Ihre Begrüßung. Ich habe den Wunsch, daß diese Tage für alle Parteigenossen, die sie zum zweiten oder auch zum ersten Male erleben, Tage der Besin­nung sein mögen, der Besinnung aus die Größe des Schicksals, dem wir dienen!"

Der letzte Satz der 5. Symphonie von Beethoven verhallte. Der Führer erhob sich und schritt grüßend durch oie Reihen sei­ner Mitarbeiter nach dem Schloßhof, wo ihm wiederum ebenso wie auf dem Wege nach seinem Quartier die Bevölkerung zu­jubelte.

Ausruf des Reichrministerr Sr. Göddels

Berlin, 3. Juli. Der Neichsminister für Volksaufklä- rnug und Propaganda erlätzt folgenden Aufruf:

Bach dem Willen des Führers hat Deutschland für die Olympischen Spiele 1936 Vorbereitungen wie kaum ein an­deres Land zuvor getroffen. Die Hunderttausende auslän­discher Gäste sollen würdig empfangen werden und ein be­sonders glänzendes Beispiel deutscher Gastfreundschaft er­leben. Ich bin gewitz, datz jeder Deutsche seine Ehre darein setzen wird, den ausländischen Besuchern, die alle unter dem Schutz des Deutschen Reiches stehen, zuvorkommend gegen- iiberzutreten und, wenn sie einer Hilfe bedürfen, ihnen mit Rat und Tat Beistand z« leisten.

gez. Dr. Göbbels.

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Mit wenigen, aber kernigen und aufrüttelnden Worten hat Reichsminister Dr. Göbbels das deutsche Volk aufgefordert, in den nun kommenden Tagen und Wochen echte deutsche Gastfreund­schaft zu üben.

Diese Worte werden, davon sind wir überzeugt, im ganzen deutschen Volk ein millionenfaches Echo und eine freudige Be­jahung finden. Es ist alte und beste deutsche Art, den Eastfreund zu ehren, ihm behilflich und förderlich zu sein. Kein Volk der Erde kennt in seiner Geschichte so stark die Heiligkeit des Herdes wie das deutsche. Dr. Göbbels hat in seinem Aufruf darauf ver­wiesen, daß alle Gäste unter dem Schutz des Deutschen Reiches stehen. Damit ist uns, den Gastgebern, ganz gleich, an welcher Stelle und wo auch immer wir Gastfreundschaft zu üben berufen stnd, ein Teil der staatlichen Verantwortung des Schutzes für un­sere Gäste übertragen. Die Einbeziehung des Einzelnen in die Erfüllung der Aufgaben des Staates, eines der wichtigsten Merk­male des neuen Reiches und seiner inneren Gestaltung, hat sich nunmehr auch an dieser Stelle zu beweisen und zu bewähren. Wir wissen, daß man sich draußen in der Welt leider noch allzu sehr ein falsches und verzerrtes Bild von den wahren Zuständen in Deutschland macht. Jeder, der nun in den kommenden Tagen und Wochen zu uns als East kommt, muß unser Land als Herold der Wahrheit wieder verlassen. Daß er diese Wahrheit erkennt, ist unsere Aufgabe.

Sie ist wahrlich nicht schwer, denn wir haben nichts zu ver­schweigen oder zu verbergen. Es kommt aber nicht nur darauf an, was der fremde Gast draußen zu sehen und zu hören bekommt, in unseren Familien und in unseren Wohnungen soll er sehen, wie wir leben, wie wir denken und wie wir uns als Deutsche fühlen. Wir wollen unseren Gästen nicht unsere Meinungen aufdrängen, aber wir müssen uns so geben und ihnen den Auf­enthalt in Deutschland so gestalten, daß sie ganz von selbst dahin gelangen, datz sie nämlich die Wahrheit erkennen. Rat, Tat und Beistand erbittet der Minister für unsere Gäste. Wer von uns wollte auch nur einen Augenblick zögern, sie zu gewähren? Da­rüber hinaus sei jeder bemüht, die Gastfreundschaft in eine dauernde Freundschaft für unser Land und unser Volk zu ver­wandeln.

Die SlqmpWStten sind bereit

Berlin, 3. Juli. Fast vier Wochen sind es noch bis zum feier­lichen Beginn des größten Sportfestes aller Zeiten, der 11. olympischen Spiele 1936. Im Olympischen Dorf sind bereits die ersten Olympiakämpfer eingezogen, und seit dem 1. Juli steht die Olympiastadt, das Reichssportfcld, das mehr als 600 000 Teilnehmer und Zuschauer auf seinen zahlreichen Anlagen un­terbringen kann, zur Besichtigung frei. Deutschland har seine olympischen Kampfstätten, die nach der uneingeschränkten Mei­nung aller Besucher auf der Welt ihresgleichen nicht haben, fertiggestellt. Was jetzt noch zu geschehen hat, sind in der Haupt­sache Verschönerungs- und Einrichtungsarbeiten in den 2nnen- räumen. Draußen aber leuchtet alles in dem Hellen Weiß der Ausbauten und frischen Grün der Anlagen, und an den Rändern der Straßen und Plätze blühen leuchtende Sommerülumen. Die in- und ausländische Presse, die am Freitag durch das Reichs- sportfeld geführt wurde, interessierte sich vornehmlich für die von der Deutschen Reichspost geschossenen Einrichtungen für den Nachrichtenverkehr. Der Olympiareferent des Reichspoftmini- steriums, Ministerialrat Schröder, gab einen ausführlichen Ueberblick über die Einrichtungen, die selbst den höchstgestellten Anforderungen genügen werden. Es stnd insgesamt nicht weni­ger als 13 Sonderpostämter, davon vier auf dem Reichssportfeld, vorgesehen, die 90 getrennte Schalter für Post-, Telegraphie- und Fernsprechzwecke, 7 Bildtelegraphensender, 22 Fernschreiber, 215 Fernsprecher und Wertzeichengeber, Stempelstellen und der­gleichen erhalten. Daneben sind fahrbare Postämter eingerichtet, Sonderbetriebsstellen befinden sich auf den Nebensportplätzen und an der Avus, überall dort, wo olympische Wettbewerbe durchgeführt werden. Für die Segelwettkämpfe in Kiel werden .ein Pressepostamt und drei Sonderpostämter für den allgemeinen Verkehr errichtet. 2m Olympiastadion in Grünau und im Pres­sehauptquartier im Schillertheater werden besondere Pressepost­ämter eingerichtet, außerdem sind auf den Prcssetribünnen des Reichssportfeldes rund lM Sitzplätze mit oirektem Anschluß ver­sehen. Bei den Pressestellen sind zugleich auch die Annahmestel­len für die Bildtelegraphie. Die großen Nachrichtenümter haben eigene Fernschreib- und Fernsprechanschlüsse zur Verfügung. Das gesamte Fernamt Berlin mit seinen 1200 Fernsprechdoppellei­tungen nach dem In- und Auslande wird ganz auf den Olym­piaverkehr eingestellt. N»ch Möglichkeit soll der Anmelder seine gewünschte Verbindung innerhalb Deutschlands und des euro­päischen Auslandes mit dem Hörer am Ohr abwarten können. In echt olympischem Geiste haben die Nachbarländer Nieder­lande, Belgien und die Schweiz zusätzliche Leitungen für den Durchgang nach England. Oesterreich und dem Süden zur Ver­fügung gestellt. Für lleberseeverbindungen ist die Zahl der Kurzwellensender erheblich vermehrt. 2m Reichssportfeld sind 18 Rundfunkübertragungen allein an das europäische Ausland gleichzeitig möglich gemacht. Daneben nehmen alle deutschen Sender den Verlauf für ihre Hörer auf. Zur Bewältigung des gesamten Nachrichtenverkehrs hat die Reichspost zusätzlich rund 4000 Kräfte berettgestellt. I ie Reichspost plant auch ihre Fern­feheinrichtungen bei de» ympischen Wettkämpfen einzusetzen. Die Zahl der Ferufehs wird aus 25 erhöht.

Me japanische Olympia-Mannschaft in Berlin

Berlin, 3. Juli. Nach der australischen und der argentinischen ist am Freitag vormittag als dritte geschlossene Mannschaft die japanische Abordnung für die Olympischen Spiele in Stärke von 150 Köpfen in der Reichshauptstadt eingetroffen. Ihnen wurde ein herzlicher und festlicher Empfang zuteil. Auf dem mit Flag­gen und Girlanden geschmückten Bahnhof Friedrichstratze waren von deutscher Seite erschienen der Präsident des Olymischen Or­ganisationskomitees, Exzellenz Lewald, mehrere Mitglieder des Komitees mit Dr. Ritter von Halt an der Spitze, Hauptmann Fürstner vom olympischen Dorf und der Ehrendienstoffizier für die japanische Mannschaft, Kapitänleutnant Lell. Auch sah man den Präsidenten der Deutsch-Japanischen Gesellschaft, Exzellenz Behncke, von japanischer Seite waren neben vier Mitgliedern der Kolonie der japanische Botschafter, Exzellenz Mushakoje, zu­gegen. Exzellenz Lewald sprach in seinen Eruhworten angesichts der hervorragenden Leistungen der Japaner bei den letzten Olym­pischen Spielen die Erwartung aus, datz auch diesmal sehr oft die japanische Flagge am Siegermast hochgehen möge. Er schloß mit einem Hoch auf die Mannschaft, auf Japan und seinen Kaiser. Dann erfüllten die choralähnlichen Klänge der japanischen Na­tionalhymne die Halle.

Darauf ging es durch ein Spalier der Olympischen Ehrendienst­jugend zu den Omnibussen der Wehrmacht, die die Kämpfer und Kämpferinnen aus dem Fernen Osten unter herzlichen Willkom­mensrufen der Berliner zum Rathaus brachten.

Dort hieß Staatskommissar Dr. Lippert die Mannschaft im Namen der Stadt Berlin willkommen. Als Erinnerungsgabe übergab er dem Mannschaftsführer wie auch dem japanischen Botschafter die Olympiamedaille der Stadt Berlin. Jedes Mitglied der Abordnung bekam ferner, wie schon die an­deren Olympiagäste, eine Erinnerunasabe an Berlin mit. Der japanische Mannschaftsführer dankte herzlich.Mit Begeiste­rung", so betonte er,erfüllt uns die Tatsache, daß die Deutschen unter Leitung des großen Mannes, der mit solcher Tatkraft die Führung seiner Nation in die Hand genommen hat, zielbewusst am Wiederaufbau ihres Reiches arbeiten. Diesem großen Führer und mit ihm dem gesamten Deutschland, sprechen wir unsere volle Hochachtung, unsere tiefste Verehrung und unsere herzlichsten Wünsche für eine glückliche Zukunft aus." Anschließend begaben sich die japanischen Gäste zu ihren Trainingsstätten.

Dieschwierigen" adessinisches AntrSze

Genf, 3. Juli. Die Völkerbundsversammlung setzte am Freitag vormittag die allgemeine Aussprache über die Aufhebung der Sanktionen und die damit mittelbar zusammenhän­gende Frage der Völkerbundsreform unter allgemeiner Teilnahmslosigkeit fort. Gleichzeitig gingen hinter den Kulissen die Bemühungen zur förmlichen Beilegung des Sanktionsstreits weiter. Man beabsichtigt, das gleiche Verfahren einzuschlagen, das seinerzeit für die Verhängung der Sanktionen angewendet worden war. Darnach dürfte die Völkerbundsversammlung eine Entschließung fassen, in der sie sich für die Aufhebung der Sanktionen ausspricht. Diese Entschließung dürfte dann dem so­genannten Koordinationsausschuß zugeleitet werden, der unter Bezugnahme auf die Satzung der Völkerbundsversammlung sich dahin aussprechen wird, daß die von ihm seinerzeit empfohlenen Maßnahmen durch die Entwicklung gegenstandslos geworden seien.

Die Bemühungen zur Beilegung des Sanktionsstreites sind erheblich durch die abessinischen Entfchließungsent­würfe gestört worden. Die Versammlung beschloß, ihr Büro zu beauftragen, eine allgemeine Entschließung auszuarbeiten, die den in der Aussprache zum Ausdruck gekommenen Auffassungen Rechnung tragen soll. Von den beiden Entschließungsentwürfen des Negus, die nach Auffassung der Völkerbundskreise die Ver­sammlung vor sehr heikle Fragen gestellt haben, wird als beson­ders schwierig der Antrag angesehen, die in Afrika durch Ita­lien geschaffenen Tatsachen nicht anzuerkennen. Sollte die abessinische Abordnung auf diesem Antrag und auf einer Ab­stimmung über sie bestehen, so würde die Versammlung zweifel­los in eine schwierige Lage kommen. Bis jetzt wollten die lei­tenden Völkerbundskreise die Frage der Nichtanerkennung vor­läufig offen lassen. In der Versammlung bestehen nämlich bei den lateinamerikanischen Staaten starke Tendenzen für die Nicht­anerkennung.

Der französische Außenminister Delbos sprach über den Standpunkt der französischen Regierung zur Frage derRefor m des Völkerbundes, den der Ministerpräsident bereits in allgemeinen und grundsätzlichen Ausführungen dargelegt hatte. Er betonte dabei, datz die französische Regierung gegen Aenderungen sei, die an die Struktur und den Geist der Völkerbundssatzung rühren würden. Es handle sich nicht darum, die Grundlagen des Paktes umzuwandeln, sondern seine Anwendung zu verstärken. Auch sei es ein schwerer Irr­tum, wenn man den Grundsatz der Universalität aufgeben wollte. Delbos entwickelte sodann im einzelnen einige Vorschläge über die wirksamere Anwendung der Artikel 11 und 16. Er schloß seine Ausführungen mit dem Vorschlag, die Völkerbundsversamm- lung möge beschließen, die Mitgliedstaaten aufzufordern, dem Generalsekretär des Völkerbundes bis spätestens 15. August alle Bemerkungen und Vorschläge einzureichen, die sie für eine wirk­samere Anwendung der Artikel 11 and 16 zu machen hätten.

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Paris, 3. Juli. Ministerpräsident Leon Blum ist aus Genf kommend wieder in Paris eingetroffen. Die französische Presse nimmt an, daß man in der Abessinien-Frage auf eine Aushebung der Sanktionen zum 10. Juli hinsteuere. Eine Anerkennung der italienischen Eroberung Abessiniens durch den Völkerbund werde auf dieser Tagung nicht erfolgen, aber wohl für die September- Tagung eingefädelt werden.

Der Negus verlangt eine VMerSun-sanleihe

Genf, 3. Juli. Der ehemalige abessinische Heerführer Ras Nafibu übergab dem Generalsekretär das Völkerbundes eine Note des Negus, in der die Versammlung zur Abstimmung über zwei Entschließungsentwürfe aufgefordert wird. In der ersten Ent­schließung sollen die Völkerbundsmitglieder ihre Treue zu den Artikeln 10 und 16 des Paktes bekunden und auf Grund dieser Artikel erklären, daß sie keine gewaltsame Annexion anerkennen. Die zweite Entschließung empfiehlt den Regierungen, dem Kaiser von Abessinien eine Anleihe von 10 Millionen Pfund Sterling zu gewähren.

Selbstmordversuch in der BörkerbundsversamMlMg

Eens, 3. Juli. Zu einem aufsehenerregenden Zwischenfall kam es am Freitag in der Völkerbundsversammlung. Während dis Rede des spanischen Außenministers übersetzt wurde, ertönte plötz­lich von den Hinteren Tribünen her ein Schuß und man sah,

wie ein Mann umfiel. Der Versammlung bemächtigte sich große Erregung. Der Präsident fragte sofort nach einem Arzt. Es wurde dann festgestellt, daß eintschechischerVildbericht- erstatterversuchthatte. durchErschießenSelbst- mord zu begehen. Saaldiener und Polizei bemühten sich sofort um den Verletzten und sorgten für seine Ueberführung. in ein Krankenhaus. Nach den bei ihm Vorgefundenen Ausweis- papieren handelt es sich um einen Tschechen Lux Stefan. Die Versammlung nahm nach wenigen Minuten ihren Fortgang. Präsident van Zeeland gab eine Erklärung ab, daß der Vorfall nichts mit der Verhandlung der Versammlung zu tun habe und daß die Debatte fortgesetzt werde.

Der Wert des Völkerbundes

Französische Einsicht wächst

Paris, 3. Juli. Der Außenpolitiker desEcho de Paris" be­schäftigt sich mit dem Niedergang des Völkerbundes und macht bei dieser Gelegenheit manche für die französische Politik un­angenehme Feststellung, wie sie früher in französischen Zeitungen nie erschienen wäre. Er schildert die Stimmung in Genf wie folgt: Alle Redner hätten so gesprochen, als ob der Krieg morgen vor der Tür stehe. Der Glaube an den Völker­bund sei nicht mehr vorhanden. Den kleinen Staaten bleibe bei dem Zusammenbruch die Hoffnung, ihre Bündnisse zu retten, die man mit dem schmückenden Namengegenseitige Bei­standspakte" bedacht habe. Aber die große Mehrheit der kleinen Staaten habe gar nicht einmal diese Möglichkeit. Das System der Reform der kollektiven Sicherheit, wie es sich die französischen Re­gierung vorstelle, umfasse erstens Militärbündnisse, die als gegen­seitige Beistands- oder Regionalpakte gebildet würden und zwei­tens eine Verpflichtung zu wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen. Dabei müsse man aber seststellen, daß die Staaten, die den Glau­ben an den Völkerbund verlieren, dazu neigen, in neutraler Haltung zu verharren. Das bedeute, daß man den Staaten, die keine Aenderung herbcfführen wollen und die erforderlichen Zu­geständnisse machen wollen, damit sie sich der Genfer Einrichtung anpassen. Vielleicht müsse man sogar einen Völkerbund, der nur noch als Büro zur Entgegennahme vollendeter Tatsachen tätig sein werde, mißtrauen. Für Frankreich habe der Völkerbund eigentlich nur praktischen Wert als geeigneter Ort fürZusam- menarbeit mitEroßbritannien und als Verbin­dungspunkt Großbritanniens mit seinen Dominien. Aber erst müsse man fesistcllcn. ob der Mißkredit des Völkerbundes in der ganzen Welt sich nicht auch aus die britische Regierung erstrecke

Ein Programm zur Befriedung

Ministerpräsident Valdwin hielt auf der Jahrhundert-Feier des Londoner konservativen Verbandes eine Rede, in der er sich auch mit außenpolitischen Fragen befaßte. Valdwin trat zu­nächst den Gerüchten, die von seinem baldigen Rücktritt wissen wollten, entgegen. Er kam dann auf die Sanktions­politik zu sprechen. Die Gründe, aus denen die englische Re­gierung beschlossen habe, in Genf dieAufhebungderSank- tionen zu befürworten, seien nach seiner Ansicht unanfechtbar. Die Sanktionspolitik sei in der Praxis nicht schnell genug ge­wesen, um das erhoffte Ziel herheizuführen. Es sei dann ein Zeitpunkt eingetreten, wo weitere Druckmaßnahmen sehr wohl zum Kriege hätten führen können. Unter diesen Umständen, so fuhr Valdwin fort, sei er ganz zufrieden, wenn man ihn einen Feigling nenne, weil er in Uebereinstimmung mit jedem Lande in Europa alles in seinen Kräften Stehende getan habe, um sein Volk vor einem Kriege zu bewahren. Gewisse Entwicklungen in Europa und die Erfahrungen der Sanktionspolitik unter der Völkerbundsfatzung hätten ihn überzeugt, daß England nicht noch einmal mit geschlossenen Augen bereit sein dürfe, Sanktionen gegen irgend ein Land zu beginnen. Wenn es noch einmal dazu kommen sollte, müsse England wissen, datz die Auferlegung von Sanktionen sehr wahrscheinlich einen Krieg mit sich bringen würde.

Valdwin kam dann auf die finanziellen und wirtschaftlichen Fortschritte Englands in den letzten fünf Jahren zu sprechen. Diese Fortschritte könnten jedoch niemals auf sicherer Grundlage ruhen, wenn sie nicht auch bei den anderen Nationen vorhanden seien. Zwar wisse jedermann, daß England sehr schnell aufrüsten müsse, aber gleichzeitig erkenne man den unglaublichen Wahnsinn im heutigen Europa, daß man auf Kosten des internationalen Handels riesige Summen für Rüstungen ausgebe. England müsse durch seine Besprechungen mit aus­ländischen Mächten alles in seinen Kräften Stehende tun, um diesen Wahnsinn an den Pranger zu stellen, der, wenn er zu lange fortgesetzt werde, alle in Elend bringen müsse. Daher müsse man immer noch daran festhalten, daß es früher oder später möglich sein sollte, noch einmal eine Rüstungsherab­setzung zu erörtern. Wenn diese Zeit komme, dann müsse sich jedermann hierfür einsetzen.

Im Herbst werde die englische Regierung nach Genf gehen, um die Zukunft des Völkerbundes und die Frage zu erörtern, wie auf Grund der Lehre des vergangenen Jahres eine neue Anstrengung gemacht werden könne, um die Form der Friedenssicherung durch kollektive Sicherheit zu erzielen. Es sei Englands stärkster Wunsch, Frankreich und Deutschland, ohne deren Mitarbeit kein Friede in Europa möglich sei, zu- sammenzubringen. Er hoffe immer noch, daß in den nächsten Mo­naten ein Fortschritt zu dem Ziel möglich sein werde, das jeder­mann wünsche.

BMkvin vsr dem LMsrhsus

London, 3. Juli. Der Premierminister Valdwin traf von sei­nem kurzen Urlaub wieder in London ein und begal» sich ins Unterhaus. Er wurde von minutenlangem Beifall seiner. An­hänger begrüßt.

Valdwin hatte im Unterhaus zunächst die Anfrage des Ab­geordneten Johnston zu beantworten, der ihn gefragt hatte, ob er anläßlich der Tatsache, datz er in der Frage des Umfanges der deutschen Luftaufrüstungirregeführt" worden sei, nunmehr eine Erklärung über die Quellen, die er zu seiner Unter­richtung benutzt habe, abgeben wolle. Baldwin erwiderte, daß es anscheinend einige Mißverständnisse über seine Erklärung ge­geben habe. Es sei nicht richtig, daß es irgend welche Meinungs­verschiedenheiten zwischen ihm und dem Luftfahrtminifterium wegen der früheren Schätzungen über den Umfang der deutschen Luftaufrüstung gegeben habe. Sowohl er wie Lord Londonderry Hütten auseinandergesctzt. daß die Beschleunigung der deutschen st ungen größer gewesen sei, als sie und ihre Ratgeber vorausgesehen hätten. Es bestünde daher kein Grund für die Annahme, daß er Warnungen, die er von seinen Rat­gebern bezüglich der Beschleunigung der deutschen Luftaufrllstung erhalten habe, nicht beachtet habe. Als er gesagt habe, daß er irregefühlt" worden lei, habe er keinem Ressort und keiner Per­sönlichkeit irgend welche Vorwürfe machen wollen.