Londons Abschied von König Georg

London, 28. Jan. Vei trübem, wolkenverhangenem Himmel fand am Dienstag die feierliche Beisetzung König Georgs V. unter riesiger Beteiligung der englischen Bevölkerung und des Auslandes statt. Hunderttausende waren schon in den frühen Morgenstunden unterwegs, um sich einen günstigen Platz zu sichern. Gegen 8 Uhr hatten sich bereits an zwei bis drei Mil­lionen Menschen längs der Straßenzüge angesammelt, durch die der Trauerzug zwei Stunden später schritt. Sämtliche Verkehrs­mittel der Stadt London waren seit den frühesten Morgenstun­den überfüllt und brachten Tausende und Abertausende in das Stadtinnere, wo sich in den Straßen die Menschenmassen Kopf an Kopf drängten. Von 8 Uhr ab wurden die Straßenzüge, durch die sich später der Leichenzug begeben sollte, für den Durchgangs­verkehr gesperrt Von 9 Uhr ab war es nicht mehr möglich, sich überhaupt noch vorwärts zu bewegen. Kein lautes Gerede, kein Schimpfen war zu hören. In sichtlicher Ergriffenheit harrte die Menge hinter dem Spalier der Garden auf das Erscheinen des königlichen Leichenzuges. Auch die Kaffee- und Gasthäuser an den Straßen, durch die der Trauerzug führt, waren zum Brechen voll. Viele Engländer waren aus weit entfernten Landesteilen, teilweise unter Aufwendung ihre letzten Pfennige, nach London geströmt, um von ihrem toten König Abschied zu nehmen. Manche Walliser Arbeiter haben die ganze Strecke von Wales nach Lon­don trotz der Winterkälte mit dem Fahrrad zurückgelegt.

Ungewöhnlich für das Auge des Ausländers waren die zahl­reichen Zylinderhüte, die in der Menge getragen wurden und das tiefe Schwarz, in das die Mehrzahl der Frauen gekleidet war. Die zahlreichen, in der Menge vertretenen Angehörigen außereuropäischer Völker bewiesen, in wie hohem Maße die viel­gestaltige Bevölkerung des britischen Weltreiches an dem Schick­sal ihres Monarchen Anteil nahm.

Der Weg -es Traueezuges

Unter Glockengeläute und unter dem Donner der Geschütze der Salut-Batterien setzte sich der riesige Trauerzug von der Westminster-Hall aus zur festgesetzten Stunde in Be­wegung. Zwei Stunden lang, während der ganzen Dauer des Trauerzuges, wurde Trauersalut gefeuert. Feierliche Stille trat überall ein, sobald der Zug herannahte. Das spalierbildense Militär stand, den Kopf gesenkt, die Arme über dem mit der Mündung nach unten gehaltenen Gewehr verschränkt in der althergebrachten Habacht-Haltung der englischen Trauerparade. Sobald der Trauerzug nahte, wurde das Gewehr präsentiert. Die Menge entblößte das Haupt und viele Frauen knieten nieder.

Der Trauerzug führte von der Westminster-Hall, in der der Katafalk des Königs aufgebahrt war, durch die Parlamenrs- straße, in der das weltberühmte, uralte englische Unterhaus steht, vorbei an Whitehall, wo sich sämtliche Regierungsgebäude befinden, zunächst zum Paradeplatz der berittenen Garde. Auf- diesem Platz hat bekanntlich der König 25 Jahre hindurch in jedem Frühjahr und Herbst die Parade über die Leibgarde ab­gehalten. Der Zug führte dann weiter durch die berühmte Prachtstraße St. Jamespark, an der deutschen Botschaft vorbei zum St. Jamespalast, von dort über Piccadilly durch den Hyde- park nach Norden bis zur Bahnstation Paddington. Den ganzen Weg entlang waren sämtliche Gebäude mjt schwarzen und pur­purnen Trauergirlanden verhangen. Die Leuchter auf den Straßen trugen violette und schwarze Fahnen. Vereinzelt waren Denkmäler und Erinnerungsplaketten mit Lorbeerkränzen ge­schmückt.

Das Trauergefolge

Der fast 2 Kilometer lange Trauerzug wurde durch einen Offizier aus dem Kriegsministerium eröffnet. Es folgten Ab- ordnungender Regimenter, deren persönlicher Chef der , König war. Jedes Regiment hatte 20 Mann und einen Offizier entsandt. U. a. waren in diesen militärischen Eskorten vertreten Abordnungen der Garden, der Londoner Offiziersschule, des Ko­lonialkorps, der Luftmacht, der Dominionflotien und -Heere, der Territorialarmee, der indischen Truppen, des königlichen Haus­korps, der Artillerie und der Husaren. Die Truppen in Parade­uniform und mit verhüllten Fahnen, traten den Marsch in der bekannten englischen Begräbnisordnung an, voran jeweils der Offizier mit verkehrt gehaltenem Degen unter dem Arm, hierauf die Mannschaften in Dreierreihen. Es folgten dann Abord­nungen der Leibwaffe in ihren malerischen blauen und roten Mänteln und Sonderabordnungen der königlichen Marine.

Dann kamen die Vertreter der ausländischen Wehrmächte. Ihre bunten Uniformen waren meist durch dunkle Mäntel verhüllt. Unter ihnen wurden die Vertreter ver­deutschen Wehrmacht im Stahlhelm und die Vertreter der Reichs­marine viel bemerkt. Es folgten die Feldkapläne der Marine, der Armee und der Luftwaffe in schwarzen Röcken und schwarzem Zylinder. Hinter ihnen schritt der Kommandeur der Luftwaffe mit den Abordnungen der königlichen Luftflotte, und zwar oer gesamte Eeneralstab der Luftflotte, das gesamte Hauptquartier, der Beirat sowie sämtliche Obersten der Luftwaffe. Dann folg­ten die entsprechenden Vertreter der Armee, etwa 2 0 Feld- marschälle, der Generalstab, der Kriegsrat, alle mit wehen­den weißen Federbüschen und im langen dunkelgrauen Mantel. Ihnen schlössen sich die Vertreter der Flotte in blau, sämtliche Admiräle und ein großer Teil der Kommandanten der Kriegs­schiffe an.

Ein besonderes Bild boten hierauf die etwa 40 ehemaligen Flügeladjutanten, die im Laufe der 25 Jahre nachein­ander zur Dienstleistung bei dem König befohlen worden waren. Es folgten hierauf die Musikkapellen der gesamten Earde- regimenter und zwar zunächst die Musilkapelle der Gardekavai- lerie, aber zu Fuß, hieraus die Kapelle der Eardehusaren und der übrigen Garderegimenrer, zuletzt die schottische Dudelsack­pfeifer-Kapelle.

Die Lafette mit dem Sarg des Königs

Unmittelbar hinter den Militärkapellen folgte der Sarg des Königs auf einer Geschützlafette, die in gleichmäßig lang­samem Trauerschritt von 120 Matrosen in Paradeuniform ge­zogen wurde. Zur Seite schritten Abordnungen und Herolde des königlichen Haushalts sowie Gardeoffiziere. Der Sarg war bedeckt mit dem Banner des königlichen Hauses Windsor, auf dem Sarg lagen die Reichskleinodien, die Krone des Königs, der Reichsapfel, sowie sein Zepter und außerdem ein einfaches, aus weißen Lilien bestehendes Kreuz, dar aus befände'en Wunsch der Königin auf dem Sarge ruhte. Unmittelbar hinter d-.n Sarg folgte die königliche Standarte, die von zwei hohen Offi­zieren begleitet wurde.

Die königliche Familie

Hinter dem Sarge, schritt König Eduard VIII. in der Uniform eines Großadmirals der englischen Flotte. Er war sicht­lich bewegt. Ihm folgten die Prinzen des königlichen Hauses, der Herzog von Kent, der Herzog von Ljork, der Herzog von Glou- cester sowie der Earl of Alson. Hierauf kamen die höchsten ßsi- amten des königlichen Hauses in ihren prunkvollen mittelalter­lichen Uniformen sowie der diensttuende Offizier des königlichen Haushaltes. Ihnen folgten die Mitglieder der fremden Königs­häuser, fünf Könige, neun Kronprinzen und etwa dreißig weitere Prinzen. Unter ihnen bemerkte man auch den Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha in feldgrauer Uni- . Lorm und Stahlhelm.

Den königlichen Prinzen folgte die Staatskarosse mit der Königin, von vier Herolden in rotgoldenen Mänteln begleitet.

Die Vertreter der fremden Mächte

Hinter dem Wagen der Königin schritten die Führer der aus­ländischen Abordnungen. Hier sah man in der zweiten Reihe Reichsaußenminifter von Neurath.

Anschließend folgten die Wagen mit den Prinzessinnen und den dreiKöniginnen, unter ihnen die einzige noch lebende Schwester des verstorbenen Königs, Königin Maud von Nor­wegen.

Weiter folgten die Beamten des königlichen Haushalts des verstorbenen Königs, unter ihnen die Kammerdiener in einem langen Zuge, in dem wohl sämtliche Militäruniformen der Welt vertreten waren, dann das Gefolge der Könige und der frem­den Abordnungen. Hier bemerkte man u. a. die deutschen Wehr­machtvertreter.

Schließlich folgten Abordnungen der Londoner Polizei, der Feuerwehr, der Londoner städtischen Beamten. Den Schluß bil­deten wiederum Militärabordnungen der Earderegimenter.

Bis zum Bahnhof Paddington

Nachdem in der Westminster-Hall der Sarg auf die von 120 Matrosen gezogene Lafette gelegt wurde, setzte sich der Zug langsam in Bewegung. Während der ganzen Dauer des Zuges standen die spalierbildenden Truppen, insgesamt 11000 Mann, mit gesenktem Haupt, die Arme auf ihr Gewehr gestützt; nur beim Herannahen der Leiche des Königs präsentierten die Sol­daten auf ein kaum hörbares Kommando das Gewehr, ebenso beim Vorüberschreiten der Feldmarschälle und der Oberbefehls­haber der drei Waffengattungen.

Trotz der vielen prunkvollen Uniformen der hohen Militärs und der Diplomaten bot der Trauerzug ein würdig-schlichtes, aber deshalb um so eindrucksvolleres Bild. Der eigenartige, nur in England bei solchen Anlässen übliche gemessene Paradeschritt gab dem Ereignis eine besondere Note.

Als die Lafette unter dem Schweigen der Musik am Ceno - taph, dem britischen Ehrenmal für die Gefallenen des Weltkrieges, vorübergezogen wurde, erhob König Eduard VIII. die Hand zum militärischen Gruß, der Toten des Reiches ge­denkend. Von dem Paradeplatz der Gardekavallerie ertönten hierauf die ersten Klänge klassischer Trauermusik, unter denen sich der Leichenzug bis zu seiner Ankunft am Bahnhof Pad­dington fortbewegte.

Mustergültig wie stets war auch diesmal das Verhalten der gewaltigen Menschenmenge, die nach vorsichtigen Schätzungen sich auf zwei bis drei Millionen belaufen haben dürfte. Nur am Corner, dem Wegende des Parks, durchbrach die Menschen­menge die Absperrung. Das Schutzkorps, das hier drei Mann tief Spalier bildete, konnte nur mit größter Mühe die Ordnung einigermaßen wieder Herstellen. An dieser Stelle des Parks hatten sich rund 100 000 Menschen angesammelt, die durch Laut­sprecher ausgefordert werden mußten, Ruhe und Disziplin zu wahren.

Die gesamte Feier wurde nach England und allen Teilen des Reiches, sowie durch ausländische Sendestellen auch nach vielen fremden Ländern übertragen.

Der Trauerzug erreichte nach fast zweieinhalbstündigem Marsch die Eisenbahnstalion Paddington im Norden Londons. Hier löste sich der Zug auf. Der Sarg mit den sterblichen Ueber- resten des Königs wurde in einen Sonderzug gehoben, der ihn nach Windsor brachte. Nachträglich hervorgehoben zu werden verdient noch die Tatsache, daß an dem Katafalk in der West- minster-Hall insgesamt 809 000 Personen vorübergeschritten sind.

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Die Versetzung in Windsor

London, 28. Jan. Gegen Mittag hat der riesenhafte Trauer­zug den Bahnhof Paddington erreicht. Dann hoben acht Earde- osfiziere den Sarg von der Lafette und trugen ihn durch die Reihen der königlichen Familie, die zu beiden Seiten Aufstel­lung genommen hatte, zum Zug. Auch König Eduard VIII- be­trat den Wagen, um sich noch einmal zu überzeugen, daß seine Anordnungen befolgt worden sind. Dann präsentierte die Leib­wache das Gewehr. Dudelsackpfeifer der Hochländer stimmten eine melancholische Weise an. Langsam setzte sich die Wagenreihe in Bewegung.

Kurz nach 11 Uhr wurde Windsor erreicht. Die Lafette, die den Sarg des Königs aufnehmen soll, ist nicht mit Pferden bespannt. Diese Stunde gehört der Marine. Blaujacken der Flotte stehen bei den Zugseilen bereit. Das Trauergeleit setzt sich in Bewegung, seinem Ziele zu, der St. Georgs-Ka­pelle von Windsor, wo der Lordmarschall, der Erzbischof von Canterbury und der Vikar von Windsor seiner harren.

Ursprünglich sollte sich in dem Augenblick, in dem der Sarg der Gruft übergeben wurde, zwei Minuten lang Schweigen über das ganze weite Britische Reich breiten. Aber die Abwick­lung des Programmes hatte doch längere Zeit in Anspruch ge­nommen als vorgesehen. So tritt die Eedenkpause ein, als der Zug noch unterwegs ist. In den Werftbecken und in den Häfen ruht mit einem Schlag die Arbeit. Auf den Straßen stockt der Verkehr. Zwei Minuten sind der Ehrfurcht und dem stillen Ge­denken gewidmet. Dumpf dröhnt vom Schloß her das Trauerge- läui der großen Glocke. Dazwischen krachen die Schüße der Sa­lutbatterie. Die Königsstandarte sinkt auf Halbmast. Es be­ginnt der letzte Gottesdienst.

Er ist von ergreifender Schlichtheit und Einfachheit.Der Herr ist mein Hirte", klingt es auf. Dann tritt der Erzbi­schof von Canterbury vor. Feierlich, gemessen fallen von seine Lippen die Worte der Einsegnung. Wieder rauscht ein Psalm durch das Kirchenschiff.

Dann greift König Eduard VIII. nach einer silbernen Schale, aus der er Erde auf den Sarg seines Vaters streut. Der Erz­bischof von Pork spricht ein Gebet für das Seelenheil des Da­hingeschiedenen.

Langsam verschwindet dann der Sarg in der Gruft. Nur vier Kränze schmücken ihn, Kränze seiner nächsten Anverwandten und die Königsstandarte der Eardegrenadiere.

Gleichzeitig verlies ein Herold, wie schon seit Jahrhunderten üblich, die sämtlichen Titel des Dahingeschiedenen und verkün­det den Namen des neuen Herrschers.

Der Vikar von Windsor, als Träger des Hosenbandordens, nimmt noch in feierlicher Formel die sterbliche Hülle des Da­hingeschiedenen Monarchen in Obhut. Ein letzter Gruß der Du­delsäcke; die Hochländer spielen das schottische LiedDie Blu­men des Waldes". Dann ist alles beendet. König Georg ist zur ' letzten Ruhe heimgegangen. Die Kapelle leert sich. Nur König Eduard und seine Mutter verharren noch eine Weile in stillem Gebet.

Der Mhrer Seim Trauergoilesdienst

in der englischen Kirche

Berlin, 28. Jan. Zur selben Stunde, da König Georg V. sich aus der Fahrt zur letzten Ruhestätte nach Schloß Windsor besano, veranstaltete die britische Botschaft und die Gesandtschaft der südafrikanischen Union in Berlin in der englischen St. Georgs- Kirche einen Trauergottesdienst für den Heimgegangenen Mo­narchen. Der Führer und Reichskanzler bezeugte durch

seine Gegenwart seine Anteilnahme an dem Verlust, den die i britische Nation erlitten hat. Sämtliche Chefs der auswärtigen Missionen, sowie zahlreiche hohe deutsche Persönlichkeiten wohnten dem Gottesdienst bei. Punkt 12 Uhr betrat der Führer und Reichskanzler, begleitet vom britischen Botschafter, die Kirche.

Die Gemeinde erhob sich ihm zu Ehren von ihren Plätzen. Der Führer nahm auf der linken Seite in der ersten Bankreihc vor dem Altarraum Platz. An seiner Seite, durch den Mittclgang getrennt, saßen der britische Botschafter und der Gesandte der südafrikanischen Union. In den nächsten Reihen sah man den Stellvertreter des Führers, fast alle Reichsminister und Staats­sekretäre und andere führende Persönlichkeiten von Partei und Staat, sowie Vertreter der auswärtigen Missionen. In tiefer Ergrifsenheit nahm die Trauergemeinde an dem liturgischen Gottesdienst teil. Geistliche, Kirchenchor und Gemeinde ehrten in Gebet und Chorälen das Andenken des toten Königs und schlossen Königin Mary, König Eduard VIII. und die königliche Familie in ihre Fürbitte ein.

Der Führer und Reichskanzler verließ als erster, wiederum geleitet'vom britischen Botschafter, die Kirche und sprach im Vorraum dem diplomatischen Vertreter Großbritanniens noch­mals sein- herzliche Anteilnahme aus. Auch die übrigen Trauer- » gäste brachten beim Verlassen der Kirche ihr Beileid zum Aus­druck.

Bemauensratswahlen am 3. und 4. AM

Berlin, 28. Jan. Der Reichsarbeitsminister hat für die Ab­stimmung über die Listen der Vertrauensmänner und ihrer Stellvertreter im Jahre 1936 den 3. und 1. Avril bestimmt Der Rmchsarbeitsminister weist gleichzeitig daraus hin. daß die Feststellung des Abstimmungsergebnisses mit größter Beschleu­nigung zu erfolgen hat Es wird erwartet, daß die Abstim­mungsleiter in den Betrieben das Ergebnis der Abstimmung unverzüglich feststellen und ohne Verzögerung alsbald der zu­ständigen Kreiswaltung der Deutschen Arbeitsfront entsprechend dem Paragraph 2 der 13. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 13. Avril 1935 Mitteilen. ._

SicherheitsverVahruug für Horst-Mffel-MMer

Berlin, 28. Jan. Entsprechend dem Antrag der Staatsan­waltschaft ordnete die 20. Große Strafkammer des Berliner Landgerichts am Dienstag die Sicherheitsverwahrung gegen den 32jährigen Erwin Rückerl, einen der Mörder Horst Wessels, an. Rückert hatte mit entsichertem Revolver in der Tasche neben dem Rotmordbuben Ali Höhler gestanden, als dieser den tödlichen Schuß auf den nationalsozialistischen Freiheitshelden abgab. Man erinnert sich, daß das Berliner Schwurgericht da­mals die feige Bluttat alsTotschlag" wertete. Der Mörder und sein Mittäter Rückert kamen daher mit je sechs Jahren ein Monat Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust davon. Da Rückert inzwischen seine Strafe verbüßt hat, mußte den gesetz­lichen Vorschriften entsprechend eine Entscheidung über die Frage seiner Unterbringung in der Sicherungsverwahrung her­beigeführt werden, da angesichts >einer zwei Vorstrafen die for­mellen Voraussetzungen dafür Vorlagen.

Der SeefeLd-Prozeß

Schwerin, 28. Jan. Im weiteren Verlauf der Verhandlung wurde der Angeklagte zu den zwölf Mordfällen gehört. In al­len Fällen antwortet Seefeld auf alle Vorhalle mit Ausflüch­ten und mit der Behauptung, er käme auch für diesen Mord nicht in Frage. In allen Fällen hat der Angeklagte die Taten bestritten. Es wurden dem Angeklagten dann noch alle allge­meinen Indizien für den Tod der zwölf Knaben durch fremde Schuld vorgehalten, insbesondere die Gleichartigkeit der Um- tände beim Verschwinden der Knaben, der Befunde an den Lei­chen und der Fundorte. In diesem Zusammenhang wurde der Angeklagte weiter befragt nach merkwürdigen Antworten, die er bei den staatsanwaltschaitlichen Vernehmungen in der Vorun­tersuchung gab. Viele dieser Aeußerungen sehen aus wie ein Anlauf zu einem Geständnis, andere dagegen wieder bedeuten das genaue Gegenteil. Seefeld gibt zu allem, was chn belasten könnte, nach seiner bisherigen Taktik ausweichende Antworten, aber keine klaren Erklärungen.

Einweihung

desOlympia-Senders Garmisch-Partenkirchen"

Garmisch-Partenkirchen hatte am Samstag ein großes Ereig­nis. Reichssendeleiter Hadamovsky übergab das für die 4. Olympischen Winterspiele errichtete Funkhaus dem Betrieb und weihte es auf den NamenOlympia-Sender Garmisch- Partenkirchen".

Olympia-Fanfaren kündigten die Feier an. Es sprach dann ein Sprecher des Reichssenders München einen launigen Vor­spruch des bayerischen Heimatdichters Peter Paul Althaus. Dr. Habersbrunner, Intendant des Reichssenders München, der als Ursender für die Uebertragungen der olympischen Winterspiele verantwortlich ist, überreichte anschließend dem Reichssendeleirer den Schlüssel zum Haus des Olympia-Senders Reichssendeleiter Hadamovsky gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß der deutsche Rundfunk mithelfen könne, das Weltereignis der olym­pischen Spiele zum Welterlebnis werden zu laßen. Dann weihte er den Olympia-Sender Garmisch-Partenkirchen den Sportleuten der Welt. Auf das Kommando des Sportreferenten der Reichs- sendeleitung und Olympia-Beauftragten des deutschen Rund­funks, Paul Müller, wurden die Fahne des neuen Deutschlands und die Fahne der olympischen Spiele gehißt. Er rief die ein­zelnen Uebertragungssiellen von der Bob-Bahn, vom Eisstadion und vom Sikstadion auf zu einem kurzen Bericht über ihre Auf­gaben und die ihnen gegebenen technischen Möglichkeiten. Die Uebertragungssiellen antworteten über den Lautsprecher. An­schließend sprachen Vertreter des Rundfunks über besondere Ar­beitsgebiete im Dienste der Uebertragung der olympischen Winterspiele. Oberingenieur Leußer, dem die hervorragende technische Ausgestaltung des Olympia-Senders Garmisch-Parten­kirchen insbesondere zu danken ist, gab einige intereßante An­gaben über die Ausgestaltung dieses Senders. Es sind zwölf Sprechräume und zwölf Aufnahmeräume vorgesehen, so daß jederzeit zwölf Programme unabhängig voneinander abgewickelt werden können. Zu jedem Sprechraum gehören Regieraum, Schallaufnahmeraum und Schallplattenwidergaberaum. Im zen­tralen Schaltraum münden 51 örtliche Uebertragungsleitungen. Die Unterzentralen sind an allen Kampfstätten eingerichtet. Sie werden durch ein umfangreiches internes Fernsprechnetz mit dem zentralen Schaltraum verbunden. Insgesamt sind 65 Verstärker­apparaturen eingesetzt, 100 Mikrophone und 120 Telephonappa­rate. Ueber 10 000 Schallfolien und Platten liegen bereit, die Ereigniße neben der eigentlichen Uebertragung aufzunehmen. Ueber 80 Ingenieure werden sich für die reibungslose Abwick­lung der Uebertragungen einse-m. Ritter von Halt beschloß die Feier, indem er ein packendes Bild von den bevorstehenden Ereignißen entwarf, die Indienststellung des deutschen Rund­funks für die olympischen Winterspiele dankbar begrüßte und alle Mitarbeiter aufrief zu freudigem Einsatz für das Weltfejt des Frieden».