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Nummer 177
Fernruf 479
Donnerstag den 1. August 1S35
Fernruf 479
70. Jahrgang
Genfer Bilderbogen
Wiedersehen mit der Bölkerbundsstadt — Das neue „Palais des Nation" fast unter Dach — Lichterzauber vor der Mont-Vlanc-Briicke — Mieter für Hochhäuser gesucht — Gewittergrollen im Süden
Von unserem Genfer Sonderberichterstatter.
Im Flugzeug, Auto und in den Nachtfernzügen sind die Delegierten der Genfer Tragikomödie in der lichtfunkelnden Stadt am Südende des Genfer Sees eingetroffen. Es sind alles alte Bekannte, die sich hier zusammenfinden. Von den Sekretärinnen bis hoch hinauf zu den Ministern war jeder schon viele viele Male in dieser sich so künstlich als internationalen Weltmittelpunkt gebärdenden Schweizer Stadt. Besondere Ueberraschungen gibt es nicht mehr, auch wenn die Weltsprachen noch so laut und bunt durcheinander schwirren. Man kennt sich zumindest vom Sehen ganz genau. Und auch die Genfer sind keine allzu neugierigen Gastgeber. Sie haben mit den VLIkerbundleuten ihre Erfahrungen. Sie wissen, was sich schickt. Sie wollen nichts anderes als verdienen. Wenn die Diplomaten nicht wären, müßten viele Hoteliers ihre Pforten sperren. So stehen sie vergnügt in den Eingängen. Und was die Diplomaten nicht verzehren, das müssen Journalisten und Berichterstatter bezahlen, die sich in den vielen kleinen Vars, Bierstuben und Weinlokalen von Genf von der drangvoll fürchterlichen Enge im „Salle de Reformation", dem nüchternen grauen Sitz der Ratsversammlungen, erholen.
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Es ist ja noch immer nicht soweit, daß der Völkerbund mit einem eigenen Sitzungsgebäude aufwarten kann. Das „Palais des Nation" wächst zwar gewaltig heran, aber mit seiner feierlichen Eröffnung ist kaum vor dem Herbst nächsten Jahres zu rechnen. Vorläufig treibt der Völkerbund «och die Baugelder für den kostspieligen Riesenrrakt bei seinen nicht sehr zahlungseifrigen Mitgliedern ein. Man kann verstehen, daß manche Staaten, wie z. B. Chile, über die Unsummen, die sie beisteuern sollen, nicht sehr erbaut sind. Wenn sie könnten, wie sie wollten, würden sie lieber hinaus- als hineingehen. Ein kurzer Besuch zeigt übrigens, daß der neue Völkerbundspalast in den letzten Wochen recht kräftig gefördert worden ist. Weite Teile des umfangreichen Gebäudes mit seinem Mitteltrakt und seinem geräumigen Seitenhause, sind bereits verglast. Sie harren nur noch des Einzugs von Malern und Tapezierern. Am weitesten fortgeschritten ist der Bau des Flügels, der die Büros aufnehmen wird. Auch die neue breite Zusahrtstraße, die gegenüber dem Internationalen Arbeitsamt von der Straße nach Lausanne abzweigt, ist bis auf eine kurze Strecke fertiggestellt. Wer sich vom See aus Genf nähert, sieht schon von weitem den in klassischen Formen gehaltenen mittleren Saalteil des Palastes über das Grün der alten Bäume hinausragen. Einstweilen treiben allerdings in dem Geäst der prächtigen Zedern in seiner Umgebung nur die Pfauen ihr eigenbrödlerisches Wesen. Sie tragen ihre Eitelkeit im Gegensatz zu den Diplomaten offen zur Schau. Sie lassen sich auch bei ihrem farbenprächtigen Radschlagen nicht durch die vielen Besucher stören, die in 20sitzigen Autocars zur Schnellbesichtigung des Palastes Vorfahren.
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Im übrigen muß man auch diesmal wieder bekenner Genf dem unerfreulichen Völkerbund zum Trotz doch sehr erfreuliche Stadt ist. Die öffentlichen Anlagen, Kais prangen in einem Vlütenmeer, d am Süden aufzubringen vermag, i
b^. "fer des Sees, von einer Lichterkette ,
durck Ä E"'' die Formen der Mont-Blanc-2
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Kursaal und aus dem I Englais! Oft genug schimmert das aewaltiae MaM, Mont-Blanc bis zum Quai des Bergues in dft Hotsfti hinein Es ruft mit seinem Alpenglühen ünd nacb nenuntergang mit seinem gespensterhaften Grau i neues Entzücken hervor. Und durchaus echt wirkt in StV^ der französische Charakter der a allem,- den Auslagen der Gest Ne^keb! d°" Toiletten der Damen und au-
r-- V der Menschen untereinander. Es ist heiterer Lebens, ein Geist der anqene Fassade, hinter dem sich so gut der Ernst der gegenwä Ratstagung verstecken läßt. uvgvnwar
Eine Eigenart Genfs sind seine ebenso qroßartn wunderbaren Parks, um die es die Hauptstädte d beneiden können. Sie stammen durchweg aus dem Erben die sie entweder selbst oder du
nE? ^r Stadt vermacht haben, die sie aufs Sora pflegt. Anlagen w,e Perle du Lac, Eau Vives
Mon Repos, mit seinen seltenen Pflanzen, sind Erdenfleck- chen, die den Besucher immer fesseln und stets neue berauschende Eindrücke von Schönheit und Lieblichkeit vermitteln. Für den Städtebauer ist die neue Baugesinnung Genfs von hohem Interesse. Wie alle alten Städte — Genf wird schon 58 vor Christi erwähnt — besitzt es einen Kern alter Häuser mit eigenartigen Winkeln und Ecken, der sich an die Kathedrale, das weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt, anschmiegt. Allmählich ansteigende Straßen und Eäßchen, in denen die Handwerker noch vor den Augen des Publikums ihr Gewerbe ausüben, vervollkommnen das reizvolle Bild des alten Stadtviertels. Aus den ehemaligen Bastionen in der Nähe der Russischen Kirche, des Observatoriums, des Historischen Museums, wohnt bzw. wohnte das wohlhabendere Genf in geräumigen Einzelhäusern mit geschlossener Bauweise, durchweg in rein französischem Stil. Leider stehen diese Häuser heutzutage in größter Zahl leer und suchen mit ihren zehn und mehr Zimmern Mieter Das neue Genf zeichnet sich im starken Gegensatz zu dem Stadtkern durch Wohnhäuser aus. die fünf, sechs, sieben Stockwerke hoch sind, häufig auch noch ein achtes Stockwerk für Bodenkammern besitzen Diese Häuser sind, obwohl sie auch kleinere Wohnungen enthalten, mit allem Komsort ausgc- stattet.
Je interessanter man jedoch Genf findet, umso uninteressanter wirkt in dieser Umgebung der Völkerbund. Es ist ganz gewiß nett, die Diplomaten zu beobachten. Aber wenn man dann die Zeitungen aufschlägt, die in drei, vier, zehn Sprachen immer neue Nichtigkeiten über die Formalitäten der Tagung, über die Prozeduren und gefährlichen Klippen der Besprechungen hinter dicken Ueberschriften verbergen, während fern hinter den Bergen nach Süden sich unaufhaltsam und drohend das Gewitter des Krieges zusammenbraut, dann möchte man mit beiden Fäusten diese glatte, gewiß schöne und äußerlich so prächtige Fassade zertrümmern. In einer solchen Stimmung sehnt man sich aus Genf fort, weit fort. Und man versteht, daß im Grunde auch die Diplomaten diese schöne Stadt an einem der schönsten Seen Europas nicht ernst nehmen, daß sie die Achseln zucken über das Spiel, das hier getrieben wird. Es hat bisher noch keinem Glück gebracht, weder den einzelnen Menschen, noch den Völkern. Es wird auch in Zukunft keinem Glück bringen, zumindest solange, als der Völkerbund nicht eine echte Arbeitsstätte der Nationen und nur ein Instrument zur Unterdrückung der Schwächeren durch die Stärkeren bleibt.
BölkeriMrmmdilt ßr MWen
Vorschlag zur Lösung der Krise
London, 31. Juli. „Times" weist in einem Leitartikel auf die britischen Interessen in Afrika und auch in Indien hin, die von Italiens Politik in Mitleidenschaft gezogen würden, und sagt, es sei jetzt klar, daß Mussolini nach der politischen Kontrolle über ganz Abessinien oder doch den größten Teil des Landes strebe. Sein Anspruch und besonders die Methode, durch die er vorgebracht werde, sei eine Herausforderung des Kelloggpaktes und würde tm Falle ihrer rücksichtslosen Durchführung auch andere italienische Verpflichtungen zerreißen.
In einer Meldung über die Unterredung zwischen Laval und Eden führte die „Times" an, daß daran gedacht werde, Abessinien auszusordern, sich einem gemeinsamen Mandat von Völlerbundsmitgliedern zu unterstellen. Das Mandat würde in der Ernennung eines Oberkommissars und dem Eintritt von Völkerbundsbeamten in die abessinische Verwaltung Ausdruck finden. Italien würde seinen vollen Anteil an örtlichen Konzessionen, aber keine ausschließliche Aufsicht über Abessinien erhalten. Die Gegenleistung an Abessinien würde in dem Schutz und dem finanziellen Beistand des Völkerbundes bestehen.
Der Pariser Korrespondent der „Morningpost" berichtet, der Gedanke eines Einschreitens des Völkerbundes in Abessinien mit der Beariinduna. dan Abessinien es unterlasse» kabe. die Ver-
Kurze Tagesüberficht
In Genf hat die Tagung des Völkerbnndsrates zum Abessinien-Konflikt mit einer nichtöffentlichen Sitzung begonnen.
Für den italienisch-abesfinischen Streit liegt ein neuer Vermittlungsvorschlag vor, ein Völkerbundsmandat über Abessinien zu schaffen, um den Krieg zu verhüten.
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Aus Anlaß des einjährigen Todestages des Reichspräsidenten von Hindenburg am Freitag veranstaltet die Wchr- ' macht in allen Standorten Appelle und die städtischen und staatlichen Gebäude werden beflaggt.
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Der Neichsarbeitsminister hat 35 Millionen RM. zum Van von Volkswohnungrn, billigsten Mietwohnungen. bereitgestellt.
pflichtungen eines Völkerbundsmitgliedes zu erfüllen, habe anscheinend neuerdings mehr Beachtung gefunden als früher. Eine solche Methode würde die Befriedigung der Ansprüche Italiens auf wirtschaftliche Ausdehnung ermöglichen und gleichzeitig Abessinien gegen eine einseitige Oberherrschaft schützen.
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Md was sagt Abessinien?
Der „Matin" läßt sich aus London melden, daß nach einer Depesche aus Addis Abeba dem Negus neue Vorschläge für eine friedliche Lösung des italienisch-abesfinischen Konflikts unterbreitet worden seien. Der Ursprung dieser Vorschläge wird nicht näher angegeben. Es wird angeregt, Abessinien unter ein internationales, vom Völkerbund abhängiges Mandat zu stellen, auf Grund dessen Italien gewisse wirtschaftliche Zugeständnisse erhalten könnte, ohne das geringste politische oder gebietsmäßige Privileg zu erlangen. Als Gegenleistung für dieses Mandat soll Abessinien gegen jeden Angriff von außen her Garantien erhalten. Ferner kann der Negus nach freiem Ermessen seine Berater und Verwaltungs- beamten unter sämtlichen Mitgliedsstaaten des Völkerbundes wählen.
Die Regierung in Addis Abeba habe, so heißt es in der Meldung weiter, den Eingang der Vorschläge bestätigt, ohne im einzelnen daraus zu antworten, doch soll der Negus habe durch- blicken lassen, daß er nicht grundsätzlich Einspruch gegen einen europiilschen Einfluß in Abessinien erheben würde, vorausgesetzt, daß dieser rein wirtschaftlicher Art sei. Er habe gleichzeitig erklärt, daß das abessinische Volk lieber in Wohlstand unter den Auspizien Europas leben, als arm in einer völligen Unabhängig- ke-t bleiben würde.
Auftakt in Genf
Besprechungen zwischen den Delegierten
Genf, 31. Juli. Der Mittwoch vormittag war in Genf bereits mit einer großen Anzahl von Besprechungen der maßgebenoen Ratsmitglieöec ausgejüllt. Der italienische Delegierte Baron Aloisi hatte eine längere Unterredung mir dem französischen Ministerpräsidenten Laval, der darauf mit dem englischen Minister Eden zu,ammentraf. Eden sprach sodann mit dem abessi- nischen Vertreter Hawariate und dem Generalsekretär des Völkerbundes. Schließlich fand eine Zusammenkunft zwischen Eden und Aloisi statt.
Von allen Seiten wird der Versuch gemacht, die Verhandlungen des Völkerbundsrates auf dem Boden des eingeleiteten Schlich- tungs- und Schiedsverfahrens zu führen und innerhalb weniger Tage zu beenden. Man hält es heute nicht für ausgeschlossen, daß ein Kompromiß in der Weise gesunden werden könnte, daß Italien der Ernennung eines fünften Schiedsrichters und der Einbeziehung des gesamten Streitfalles in das Schiedsverfahren zustimmt. Doch würde »er engliche Vertreter auch für diesen Teil gewisse Zusicherungen verlangen, die allerdings noch nicht im einzelnen angegeben morden sind.
Genf, 31. Juli. Die 87. Tagung des Völkerbundsratcs, die wegen des italienisch-abesfinischen Konfliktes eiuberufen worden ist, hat am Mittwoch nachmittag 5 Uhr mit einer nichtöffentlichen Sitzung ihren Anfang genommen. Die Sitzung findet in dem Saal des Anbaues des Völkerbundsgebäudes statt, der in früheren Jahren den Hauptausjchuß der Abrüstungskonferenz beherbergte. Die Ankunft der Hauptdelegierten Aloisi, Laval, Litwinow und Eden vor dem Völkerbundsgebäude erregte bei der Genfer Bevölkerung und den zahlreich hier anwesenden Fremden großes Interesse.
Vertagung der Ratssitzung
auf Donnerstag
Genf, 31. Juli. Der Völkerbundsrat hat in seiner nichtöffentlichen Sitzung beschlossen, am Donnerstag nachmittag 17 Uhr wieder zusammenzutreten. In der Zwischenzeit sollen die unmittelbar interessierten Mächte, d. h. die Großmächte, zusammen mit Abessinien eine Formel über die Bedingungen der Fortsetzung des Schiedsgerichtes und des Schlichtungsverfahrens finden. In der heutigen Sitzung sprachen der Vertreter Abessiniens, Professor Jeze, und sodann die Vertreter Italiens und Englands, die sich alle hauptsächlich mit dem Schlichtungs- und Schiedsverfahren beschäftigten. Die Vertagung erfolgte auf Antrag des französischen Ministerpräsidenten Laval, nachdem der Ratspräsident Litwinow festgestellt hatte, daß die Verhandlungen des Völkerbundsrates lediglich durch den Pakt beschränkt seien.
Neben diesen Bemühungen um eine formelle Lösung im Rahmen des Völkerbundes geht die Suche nach einer materiellen Verftändigungsgrundlage einher, wobei wiederum an das Drei- mächte-Abkommen von 1806 gedacht wird.
Addis Adeda dementiert Meldung über Bölkerblln-smandat
Paris, 31. Juli. Wie Havas aus Addis Abeba meldet, dementiert das abessinische Außenministerium die Meldung, wonach dem Kaiser von Abessinien ein Vorschlag zur Errichtung eines inter-