Zeuge: Nein, es ist auch kein ernstlicher Widerstand geleistet worden.

Der Staatsanwalt erklärt sodann, daß die Oberin auch nach der Verhaftung der Angeklagten in moralisch unterstützendem Sinne auf sie eingewirkt habe. Das ergebe sich aus einem be­schlagnahmten Brief.

Der Strafantrag

Am Schluß seines nahezu einstündigen Plädoyers bean­tragte Staatsanwalt Ranke gegen die Angeklagte Ka­tharina Wiedenhöfer wegen Devisenverbrcchens eine Gesamt­strafe vonfünfIahrenZuchthaus und fünf Jahren Ehr­verlust und 150 000 RM. Geldstrafe. Außerdem beantragte der Staatsanwalt die Einziehung von 250 000 RM. und Haftung für diesen Betrag durch die Laritative Vereinigung E.m.b.H.

Das Urteil

In den Abendstunde» verkündete der Vorsitzende des Berliner Schnellschöffengerichts das Urteil gegen die 42 Jahre alte Ka­tharina Wiedenhöfer, genannt Schwester Wernera. Die Ange­klagte wurde wegen fortgesetzter und vorsätzlicher Devtsenvcr- Lrechen zu einer Gesamt st rasevonsünfJahrenZucht- haus, fünf Jahren Ehrverlust und 140 OVO RM. Geldstrafe ver­urteilt; anstelle der Geldstrafe soll im Nichtbeitreibungsfalle eine Zuchthausstrafe von weiteren 14 Monaten treten. Ferner wnrde die Einziehung eines Betrages von 250 vvü NM. angeordnet; für die Einziehung haftet die Caritative Vereinigung in Köln- Nippes.

Der Vorsitzende erklärte in der Urteilsbegründung: Es handelt sich um ein Devisen-Strafverfahren. wie es bisher die deutschen Gerichte noch nicht beschäftigt hat, obwohl wir in den letzten Jahren ständig mit der Bekämpfung von Devisen- Zuwiderhandlungen zu tun gehabt haben und uns alle mög­lichen Kreise von Angeklagten bekannt geworden sind, die auf diesem Gebiete Verfehlungen begangen hatten.

Der Vorsitzende erklärte sodann, daß es bei der Beurteilung des Strafmaßes besonders schwer für die Angeklagte ins Ge­wicht gefallen sei, daß sie ihre Schiebungen unter dem Deckmantel ihrer Ordenskraft begangen hätte. Der Umstand, daß sie nicht in die eigene Tasche gewirtschaftet habe, sondern glaubte, ;m Interesse des Ordens zu handeln, habe sie vor der Höchststrafe bewahrt. Ihr Verhalten sei dazu angetan, das Ansehen der katholischen Kirche zu gefährden. Weiter erschwe­rend sei, daß sie durchaus nicht weltfremv sei, sondern in Finanz­dingen Bescheid gewußt habe. Die Angeklagte nahm das Urteil und die Begründung ohne Bewegung auf.

Eden Skr MröstW und CWrtzeit

Er glaubt Rußlands Friedensbeteuerungen

London, 17. Mai. Lordsiegelbewahrer Eden hielt im Lon­doner Stadtteil Fulham seine erste öffentliche Rede seit seiner Genesung. Eden gab einen kurzen UeberbUck über die mit dem englisch-französischen Protokoll vom 3. Februar eingeleitete Po­litik und fuhr dann fort, er wolle in ein paar Sätzen in die Erinnerung zurückrufen, warum das Ergebnis des Berliner Be­suches nicht alle Hoffnungen erfüllt habe. Das Londoner Proto­koll habe in der Hauptsache zwei Dinge behandelt: Sicherheit und Abrüstung. In keiner dieser beiden Fragen habe man in Berlin wesentliche Fortschritte erzielen können. In der Sicher- hettssrage habe Deutschland in bezug auf einen mehrseitigen osteuropäischen Nichtangriffspakt ein Angebot gemacht. Es sei wichtig, daß alles getan werde, um den besten Gebrauch von diesem Angebot zu machen. England gründe seine Auffassung von der europäischen Sicherheit auf den Völkerbund; leider fei es nicht in der Lage, zur Zeit Deutschlands Bereitwilligkeit zu verzeichnen, seine Mitgliedschaft wieder aufzunehmen.

Auch in der Riistnngsfrage hätten sich die englischen Hoffnun­gen nicht erfüllt. Es sei durchaus richtig, daß die deutsche Regierung, wie schon oft zuvor, ihren Wunsch nach einem Rüstungsabkommen betont habe. Was die in dieser Frage be­stehenden Schwierigkeiten angehe, so wolle er das Beispiel der Truppenbestände anführen. In allen bisherigen Ab­rüstungsbesprechungen sei man davon ausgegangen, daß in einem etwaigen Abkommen über die militärischen Streitkräfte Parität für alle in Europa befindlichen Truppen der drei großen west­lichen Festlandsmächte herrschen müsse. Dieser Vorschlag sei auch im Macdonald-Plan enthalten gewesen. Für die drei genannten Länder seien 200 000 Mann und für Sowjetrußland die erheblich höhere Ziffer von 500 000 Mann vorgeschlagen wor­den. Deutschland selbst habe in der Vergangenheit diesen Entwurf gepriesen und habe später bedauert, daß man die Grundsätze des Macdonald-Planes verlassen habe. In der Tat sei dieser Entwurf von der Abrüstungskonferenz einschließlich Deutschland als Grundlage eines künftigen Abkom­mens angenommen worden.

Als er vor einem Jahre Berlin. Rom und Paris besuchte, fei der Pa r i t ä t s g r u n d sa tz für die drei westlichen Festlands­mächte nirgendwo bestritten worden. Deutschland Hobe jedoch damals eine Erhöhung der Zahl von 200 000 auf 300 000 Mann vorgeschlagen. Wenn jetzt die deutsche Regierung die Notwen­digkeit von 550 OOOMannaufrechterhalte, seies klar, daß bei einer so hohen Ziffer die Parität zwischen den drei west­lichen Festlandsmächten auf einer gleiche» Ausbildungsgrund­lage ehrlich gesagt unerreichbar sei.

Er wisse die Ansicht der deutschen Regierung zu schätzen, daß diese Ziffer angesichts der deutschen Besorgnisse in Osteuropa gerechtfertigt sei. Daher wolle er sich für einen Augenblick der Lage in Osteuropa widmen. Cs sei nicht seine Absicht, die Innenpolitik irgend eines Landes zu erörtern, und was man auch immer von dem Experiment denke, das zur Zeit in Sowjetrußland erprobt werde: Sowjetrußland würde sich in seinem eigenen Interesse gegen alles wenden, was die Maschinerie, die zur Zeit in mühevoller Arbeit errichtet werde, erschüttern könnte, und man könne sich keine größeren Erschütterungen vorstellen als einen Krieg. Auch der geogra­phische Faktor dürfe nicht übersehen werden. Die Entfer­nungen, die den größten Teil Deutschlands von Sowjetrußland trennten, seien riesig. Seit der Wiedergeburt des großen polni­schen Staates, der bereit und gewillt sei, aus der europäischen Bühne eine beträchtliche Rolle zu spielen, sei die Möglichkeit eines sowjetrussischen Angriffes auf Deutschland ein geographi­scher Anachronismus geworden. Aus diesen und anderen Grün­den sei es für ihn schwierig, die Besorgnisse über einen militä­rischen Angriff Sowjetrußlands zu teilen, die in Deutschland heute anscheinend herrsche, und er müsse hinzufllgen, daß, wenn eine Nation sich um ihre eigene Sicherheit sorge, für sie der beste Weg sein würde, ihren Platz im Völkerbunde einzunehmen und dadurch den Nutzen der kollektiven Sicherheit zu erhalten.

Wenn jetzt die internationale Lage vielfach mit den Jahren vor dem Kriege verglichen werde, so sei ein solcher Vergleich nur teilweise richtig. Heute gebe es mindestens zwei höchst wichtige stabilisierende Elemente, die vor dem Kriege nicht bestanden: 1. der Völkerbund und 2. die Locarno-Verträge. Der Locarno­pakt sei zum Vorteil aller seiner Unterzeichner abgeschlossen worden.

^ Die Gegenseitigkeit sei das lebenswichtige Element von Locarno.

Der Redner fragte daun, welche Politik England bei i der gegenwärtigen europäischen Lage treiben solle. Großbritan- i nien könne Frieden und Sicherheit nicht in der Isolierung fin- ^ de». Auch ein System von Bündnissen sei keine dauerhafte Lösung der Schwierigkeit. Als einzige Lösung verbleibe lediglich ein kollektives Friedens­system. Die einzig praktische Lösung eines solchen heute be­stehenden Systems sei der V ö l ker bu nd. Er glaube, daß eines Tages alle Nationen sich für diese Lösung erklären würden. Aber dieser Zustand sei noch nicht erreicht.

Wenn in diesen Tagen viel von neuen Verpflichtungen ge­sprochen werde, so müsse man bemerken, daß es nicht darum gehe, England neue Verpflichtungen aufzubürden, sondern daß Eng­land seine Entschlossenheit betonen sollte, die bereits eingegange­nen Verpflichtungen zu erfüllen. England werde immer auf der Seite des kollektiven Systems gegen jede Regierung oder jedes Volk zu finden sein, das durch eine Rückkehr zur Machtpolitik den Frieden zu brechen suche, den dieses System gerade schaffen wolle. Die öffentliche Meinung in EnglairL werde nicht so sehr durch Friedenserklärungen, als vielmehr durch konstruktive Bei­träge beeinflußt werden, die eine Regierung zur gemeinsamen guten Sache zu leisten bereit sei.

Dasfliegende Fort-

Neue englische Luftwaffen

London, 17. Mai. DerEindecker fllralles" wird vor­aussichtlich bald eine große Rolle in der englischen Luftflotte spielen. Trotz bisheriger strenger Geheimhaltung aller Einzel­heiten weiß man bereits, daß der neue Handley-Page- Eindeck er außerordentlich vielseitige Verwendungsmöglich­keiten besitzt. Die Maschine, die mit Leichtigkeit eine Höhe von 7000 Meter erreichen kann, ist nicht nur als Jagdflugzeug brauchbar, sondern ebenso als Bomben- und Torpedo­flugzeug, als Beobachtungsmaschine, für Sanitätszwecke und schließlich als Transportflugzeug. Die Maschine besitzt u. a. eine vollständige Funkanlage, ein Faltboot für den Fall einer Not­landung auf dem Wasser und eine besondere Schwimmvorrich- tung, um das Flugzeug am Sinken zu verhindern. Außer dem Piloten kann die Maschine im Bedarfsfalls vier weitere Per­sonen aufnehmen.

Eine englische Flugzeugbaufirma hat, wieEvening Stan­dard" meldet,ein fliegendes Fort" sertiggestellt, das als das schnellste und leistungsfähigste Kampf- flugzeugderWelt bezeichnet wird. Das Flugzeug soll eine Höchstgeschwindigkeit von 400 Stundenkilometer erreichen. Es ist mit vier Maschinengewehren und einem 20-Millimeter-Geschütz ausgerüstet. Im Juli werde die Maschine an einem von der belgischen Regierung veranstalteten Wettkampf gegen die Kampf­flugzeuge vieler Staaten teilnehmen. Der Preis dieses Wett­kampfes werde ein Auftrag für die Neuaufrüstung der Kampf­geschwader der belgischen Luftflotte sein.

Die Tmerfeieri» i» MrM«

Gottesdienst in der Kathedrale Trauerzug durch die Straßen Warschaus

Warschau, 17. Mai. Die Trauerfeierlichkeiten für den verstor­benen polnischen Nationalhelden Marschall Pilsudski be­gannen am Freitag unter allgemeiner Anteilnahme der Bevöl­kerung um 10 Uhr mit dem feierlichen Gottesdienst in der Kathedrale. An dem Gottesdienst nahmen der Staats­präsident, die Vertreter der ausländischen Staatsoberhäupter und Armeen, die Regierung und die höchsten Würdenträger des Staa­tes, die Generalität, das diplomatische Corps, die Vertreter von Sejm und Senat, sowie das Warschauer Offizierskorps teil. Ter Erzbischof von Warschau. Kakowski, zelebrierte unter Assistenz der hohen Geistlichkeit Las feierliche Totenamt. Im Chor hatte der Nuntius Marmaggi in seiner Eigenschaft als Sonder­gesandter des heiligen Stuhls Platz genommen. Am Katafalk hielten Offiziere und Soldaten der polnischen Armee und des 16. rumänischen Infanterie-Regiments, dessen Chef der Mar­schall war. die Ehrenwache. Feldbischof Eawlina hob in seiner Trauerrede die großen Eigenschaften des Verstorbenen hervor.

- Nach Beendigung des Gottesdienstes trugen zehn Offiziere und darnach die Mitglieder der Regierung den Sarg auf den Schul­tern aus dem Gotteshaus, um ihn auf eine Lafette zu legen. Unter dem Geläute aller Glocken setzte sich sodann der Trauer­zug in Bewegung. Voran schritten Militärabteilungen unter Führung des Generals Dreszer, denen die Fahnenabordnungen aller polnischen Regimenter folgten. Unmittelbar vor dem Sarg bewegte sich die katholische Geistlichkeit, an ihrer Spitze Kar­dinal-Erzbischof Kakowski und Feldbischof Eawlina. Hinter der Lafette wurden die Kränze des Staatspräsidenten, der aus­ländischen Staatsoberhäupter und der Armee, sowie die Orden, der Marschallstab, der Säbel und die Feldmütze des Verstorbenen getragen. Es folgten die Witwe, die von dem Eeneralinspekteur der polnischen Armee, Rysz-Smigly, geleitet wurde, die Töchter und die übrigen Familienangehörigen, der Staatspräsident und die Vertreter der ausländischen Staatsoberhäupter, darunter Ministerpräsident General Eöring, der Earl of Oavan und Außenminister Laval. Marschall Pstain folgte dem Zuge in einem Kraftwagen. Man sah ferner die Mitglieder der polni­schen Regierung, die Marschälle von Sejm und Senat, das diplomatische Korps, die Inhaber des Ordensvirtuti militari" und unzählige Abordnungen der Legionäre, des Schützenoerban­des und anderer Organisationen. Eine unübersehbare Menschen­menge bildete in den Straßen Spalier, die der Zug auf dem Wege zum Mokotow-Zelt. wo um 16 Uhr die Trauerparade der Warschauer Garnison stattfand, passierte. Sämtliche Balkon, ja sogar die Dächer der Häuser und die Bäume waren mit zahlreichen Menschen besetzt, die ihrem toten Marschall die letzte Ehre erweisen wollten. Soldaten im Stahlhelm mit prä­sentiertem Geweyr säumten die Straßen. Sämtliche Büros und Läden hatten geschlossen, überall waren Trauerfahnen.

Die Trailerparade in Molwlow

Der riesige Paradeplatz in Mokotow war von den frühesten Morgenstunden ab das Ziel unzähliger Delegationen und Ver­treter der verschiedensten Organisationen, Parteien und Ver­bände. Vier Stunden vor Beginn der Parade sind bereits die riesigen sechs Tribünen, auf denen 50 000 Personen Platz haben, überfüllt. Unnuttelbar vor der Ehrentribüne steht auf einem etwa 3 Meter hohen Hügel ein Feldgeschütz. Dort stand wäh­rend der letzten Jahre die Kanzel, von der aus der Marschall große Truppenparaden abhielt. Von derselben Stelle aus hat der tote Marschall nun die letzten militärischen Huldigungen seiner Armee entgegengenommen.

Kurz nach 2 Uhr erschien nach über dreistündigem Marsch die Spitze des Trauerzuges, eine Kompagnie Lhevouleger, mit dem

schwarz behängten Reitpferd des Marschalls aus dem Platz. Die endlose Reihe der Kränze wird rings um den Marschallhllgel ge­legt. Die Offiziere mit den Ordenskissen und die Abordnung der Legionäre mit ihren alten Fahnen nehmen an dem Aufgang zum Hügel Aufstellung. Die Hinterbliebenen des Marschalls, der Staatspräsident, die Mitglieder der Regierung und die Ehrengäste nehmen auf der Tribüne vor dem Hügel Platz. Alle Häupter entblößen sich, als sechs General« den Sarg auf de» Hügel tragen und auf die Lafette heben.

Inzwischen haben sich am äußersten Ende des Platzes die Trup­penabteilungen formiert. Ihre Spitze setzt sich langsam in Be­wegung. Als sie mit dem General Rydz-Smigly an der Spitze von etwa 100 Generalen sich dem Marschallhügel nähern, haben sich alle, die dieser ergreifenden Parade beiwohnen, von ihren Plätzen erhoben und ihre Häupter entblößt. Dreimal senken sich Degen und Fahnen, ehe sie an dem toten Marschall oorbeiziehe». Die je 100 Mann der 90 Jnfanterieregimenter, unter ihnen die Ehrenkompagnie des 16. rumänischen Infanterieregiments, der 48 Kavallerieregimenter und der Flieger. Marine, Grenzschutz- korps und der Artillerie bilden einen endlosen Zug, der erst nach etwa einer Stunde sein Ende erreicht. Hin und wieder unterbrechen die Flugzeuge, die über dem Platz in Staffeln kreisen,, die Totenstille.

Kurz nach 3.30 Uhr ist die Parade beendet. Langsam tragen die Generale auf ihren Schultern den Marschall an der Ehren­loge und den Hinterbliebenen vorbei auf den bereitstehenden Eisenbahnwagen. Eisenbahner treffen die letzten Vorbereitungen für die Reise. Zu beiden Seiten des Sarges beziehen jetzt sechs Offiziere M't gezogenem Degen die Ehrenwache. Die Gat­tin des Toten mit ihren beiden Töchtern und die übrigen nahen Anverwandten besteigen inzwischen den für sie bestimmten Salon­wagen. Langsam setzt sich der Zug in Bewegung.

Die deutsche Delegation für die Veisetzungsfeierlichkeiten ver­läßt Warschau zusammen mit den übrigen ausländischen Dele­gationen, um morgen an den Beisetzungsfeierlichkeiten in Krakau teilzunehmen.

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Görirrg in Warschau

Vier Kränze am Sarge Pilsudskis niedergelegt

Warschau, 17. Mai. Ministerpräsident General Göring ist mit feiner Begleitung am Freitag um 8.30 Uhr im Sonderzug auf dem Warschauer Ostbahnhof eingetroffen. Zur Begrüßung auf dem Bahnhof waren der polnische Außenminister Beck mit sei­nem persönlichen Sekretär Friedrich und seinem Kabinettschef Graf Lubienski erschienen, ferner der Chef des polnischen Ge- neralstabes, General Gonsiorowski, begleitet vom Chef der zwei­ten Abteilung, Oberst Englisch, sowie der Chef des polnischen Militärflugwesens, General Rayski, und General Jarniuzkie- wicz. Deutscherseits war Botschafter von Moltke mit den Mit­gliedern der Botschaft zum Empfang auf dem Bahnhof. Mi­nisterpräsident Göring schritt nach der Begrüßung die Front der Ehrenkompagnie des Warschauer Infanterieregiments Nr. 30 ab, die aus dem Bahnhof Aufstellung genommen hatte. Vom Bahnhof begab sich die deutsche Abordnung in die deutsche Botschaft.

Gleich nach der Ankunft würden durch Major Conrath und dem Stellvertreter des Warschauer deutschen Militärattaches, Haupl- mann Kintzel, in der Kathedrale am Sarge des Marschalls Pil- sudfki vier Lorbeerkränze mit Schleifen in den deut­schen Farben niedergelegt und zwar ein Kranz des Füh­rers und Reichskanzlers mit der Widmung:Dem großen Mar­schall Polens Der deutsche Reichskanzler" und je ein Kranz des deutschen Reichsheeres, der Reichsmarine und der Reichs- luftwaffe mit den gleichlautenden Inschriften:Dem ersten. Soldaten Polens".

Rener aus AeWen

llebersülltes Massaua

Massaua (Erytrea), 17. Mai. Massaua gleicht einem Heerlager. Der kleine Hafen ist den Ansprüchen, die auf ihn einstürmen, nicht gewachsen. Er ist überfüllt von Truppentransport ten und Frachtschiffen, die Kriegsmaterial aller Art ui ungeheuren Mengen löschen. Oft liegen aus Italien eintreffende Schiffe tagelang außerhalb des Hafens auf Reede, da keine Mög­lichkeit besteht, im Hafen vor Anker bezw. an den Kai zu gehen, um Ladung zu löschen.

Trotzdem laufen täglich neue Truppentransporte ein. Fast immer bringen sie 2000 bis 3000 Mann von Italien nach Ery- trea, leider darunter auch viele Soldaten aus Südtirol, die dem hiesigen Klima absolut nicht standhalten können. Von Tripolis wurden 10 000 Askaris hier gelandet, von denen di« letzten 2000 der DampferBarbarigo" brachte.

Die Straßen und Plätze von Massaua gleichen Pionier­parks. Stacheldraht, Drahtverhauschrauben, Stollenhölzer, Well­bleche, Zement, Teerfässer, Wasserröhren und Kleinbahnmaterial sind in großen Mengen aufgestapelt.

' Tage- und nächtelang rollen Autokolonnen und bringen das Material ins Oberland. Die Autos werden vorzugsweise von Amerika geliefert, es sind in der Regel neueste Typen von Ford und Chevrolet. Italienische Fabrikate sind kaum darunter. Wa­gen, die mit dem Dampfer eintreffen, werden gleich nach dem Ausladen am Kai mit Material bepackt und auf den Weg nach Usmara geschickt, wo sich der Sitz des Gouverneurs befindet.

Die Straßen sind sehr schlecht. Die Transporte werden dadurch ganz erheblich behindert. Schwere Beschädigungen des Wagen­materials sind keine Seltenheit. In diesen Tagen bevölkern schon etwa 75 Lastwagen aller Art die in Massaua eingerichtete Reparaturwerkstatt. Am besten scheint sich Büssing-NAG. zu bewähren, der für schwerste Transporte Verwendung findet.

Drei Transporter:Lajfaro".Jndia" undHilda" brachten Eisenbahn material für Normalspur. Das Ausladen die­ser schweren Güter gestaltet sich sehr schwierig, da nur ungenügen­des Kranmaterial vorhanden ist. Falls es zum Krieg kommen sollte, so rechnet man hier in gut orientierten Kreisen nicht da­mit, daß größere militärische Operationen vor dem 15. Septem­ber beginnen.

Sondersitzung des englischen Kabinetts

über den abessinifch-italienischen Streit London, 17. Mai. Der diplomatische Mitarbeiter derMor- ningpost" erklärt, das Kabinet werde sich in einer Sondersitzung mit der abefsinischen Angelegenheit beschäftigen. Der britische Botschafter in Rom, Drummond, traf mit dem Flugzeug aus Paris in London ein.

Morningvost" widmet aus diesem Anlaß den Leitartikel der abefsinischen Frage. Das Blatt tritt dabei sehr nachdrücklich gegen Italien auf. Es vertritt die Ansicht, daß infolge der Haltung Italiens die Regierung vor einer sehr ernsten Frage stehe. Mussolini habe an England und Frankreich in ihrer Eigenschaft als Unterzeichnermächte des Abessinien-Vertrages von 1906 wie an alle Mitglieder des Völkerbundsrates eine Art Herausforderung gerichtet. In dem Dreimächtever-