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^>ruck, Verlag u. oerantw. Schriftl«ltn»gr Theodor Sack, Dlldbad i. Schw., Wilhelmstr. S«. Tel. 179. Bohmmgr Villa Hubertu»

Nummer 67

Fernruf 479 Mittwoch de« 20. März 1935 Fernruf 479 70. Jahrgang

Wehrhoheit

kein Berhaudlungsobjekt

Die Antwort an die Welt

Es war zu erwarten, daß die Verkündung des deutschen Gesetzes für den Aufbau der Wehrmacht am 16. März 1935 in der Welt einen lebhaften Widerhall finden würde, und auch den Ton, in dem das Echo aus den verschiedenen Län­dern zurückschallt, konnte man sich ungefähr vorher schon vorstellen. Dabei muß man allerdings berücksichtigen, daß zu uns im wesentlichen ja nur die Zeitungsstimmen drin­gen. Sie spiegeln nicht immer und überall die wirkliche Meinung des Volkes. Für die Pariser Boulevard-Blätter gilt das bestimmt. Sie sind aufgeregt und sprechen je nach der Parteifärbung eine mehr oder weniger entrüstete und drohende Sprache Zufälligerweise läßt sich diesmal exakt feststellen, daß diese Presseäußerungen in den Redaktions­stuben gemacht sind und nicht das wiedergeben, was das Volk denkt und fühlt. Am Sonntag, also immerhin mehr als zwölf Stunden später, als die Nachricht von der Rück­kehr Deutschlands zur allgemeinen Wehrpflicht in Paris überall bekannt wurde, fand der Fußball-Länderkampf der deutschen Nationalmannschaft gegen die französische in Pa­ris statt. Die deutsche Mannschaft siegte 3:1. 40V00 Fran­zosen wohnten dem Spiel als Zuschauer bei, und in fairem Sportgeist zollten sie der deutschen Leistung ehrlichen Bei­fall. Die Hakenkreuzflagge flatterte neben der schwarz-weiß- roten am Siegesmast, und die deutsche Nationalhymne wurde gespielt. Wäre die französische Öffentlichkeit wirk­lich so erregt über den deutschen Schritt in der Wehrfrage, dann hätten die Massen bei dieser Gelegenheit bestimmt nicht diese freundliche und von aller Politik ferne Haltung eingenommen. Dann hätten sie demonstriert. Gerade der leichtbewegliche Franzose wäre am ehesten von einer poli­tischen Erregung hingerissen worden. Nichts davon war spürbar.

Darf man daraus den Schluß ziehen, daß auch die Zei­tungen zu einer ruhigen und sachlichen Betrachtung der Angelegenheit zurückfinden werden? Ein Recht zur Kritik an dem deutschen Schritt kann dem Ausland nicht zugebil­ligt werden, am wenigsten Frankreich. Von allem anderen abgesehen, was zür Begründung ja schon in dem Aufruf an das deutsche Volk angeführt wurde, ist darauf hinzuweisen, daß der historische Ablauf der europäischen Rllstungsdebatte das Gesetz über den Aufbau der Wehrmacht, so wie es be­kannt gegeben wurde, innerlich geradezu rechtfertigt. Die allgemeine Wehrpflicht, zu der Deutschland zurückkehrt, ist gleichbedeutend mit der Ersetzung des langdienenden Be­rufsheeres durch ein Volksheer. Niemand anders als Her- riot hat aber gerade das verlangt. Der Herriot-Plan, der im Herbst 1932 der Abrüstungskonferenz vorgelegt wurde, baute auf diesem Grundgedanken auf. Und der Macdonald- Plan, der im Frühjahr 1933 erfolgte, tat das Gleiche. Die Reichsregierung hat seinerzeit nach langen Ueberlegungen in Genf ihre Bereitwilligkeit erklären lassen, das Abrü- stungsproblem auf dieser Grundlage weiter zu diskutieren. Wenn sie jetzt von sich aus den Schritt zum kurzdienenden Volksheer tut, den gerade die französische Regierung als neuen Gedanken in die Abrüstungsdebatte hineinwarf, so hat Paris am wenigsten Anlaß, sich beschwert zu fühlen.

Es wirkt aber nach all den von Eleichberechtigungszufi- cherungen Uberfließenden Communiques und Reden über­haupt etwas sonderbar, wenn der deutsche Entschluß als kiwas ganz Unerhörtes dargest.ellt wird. Selbst der eng- usche Minister Valdwin hat sich in seiner Unterhaus­rede noch veranlaßt gesehen, auf die starken Rüstungen hin- zuwersen, die in einer ganzen Reihe von Staaten erfolgt sind und die das europäische Kräftefeld dauernd verändern. Sollte Deutschland warten, bis im Wege der bevorstehenden Verhandlung irgend ein Ergebnis herausgekommen wäre, das ihm die Freiheit, das zu tun, was es jetzt tat, verbrieft hätte? Die Zeit ist in solchen Dingen ein nicht zu unter- schatzender Faktor, und sie hätte in diesem Falle nicht zugun­sten Deutschlands gewirkt.

Außerdem: Es ist immer zu betonen, daß die Wiederc rrchtung der deutschen Wehrhoheit nichts weiter ist als unmittelbare und notwendige Ausdruck der Deutschland nun schon seit Jahren feierlichst zugesicherten Gleich! rechtigung, um mit Baldwin zu reden je «status" der vollkommenen Freiheit und Eleichkeit zwisc den Nationen, deren Anerkennung das Merkmal höch ftaatsmännischer Weisheit ist. Diese Gleichberechtigung aber, worauf der Führer wiederholt aufmerksam genn hat, die unverrückbare und unveräußerliche Plattform, der Verhandlungen Deutschlands mit anderen Mächten lern stattfinden können. Sie ist nicht mehr Verha lungsobzekt und kann es nie wieder werden, und wenn gewissen Veröffentlichungen der französischen Presse so was hindurchklingt wie der Aerger darüber, daß die L deutschen Wehrhoheit gewissermaßen in k «Geschäft , das man zu machen hoffte, das einzuhandel Obzekt der Vorwegnahme beseitigt habe, so liegt darin e vollkommene Verkennung der Situation. Im Rahmen

ragesspiegel.

Die englische Note nach Berlin wurde nun veröffentlicht. Sie enthält einen Protest gegen die Bekanntgabe der Hee­resstärke und zugleich die bekannte Anfrage über den Ver­handlungsplan.

*

Cs steht nunmehr fest, daß Sir John Simon und Lord Eden am Sonntag abend in Berlin eintreffen.

Auch Paris bereitet eine Protestnote für Berlin vor, es besteht Verstimmung und teilweise scharfe Kritik über die Haltung Englands. *

Ein französischer Minsterrat soll am Mittwoch die Ent­scheidung treffen über einen Protestschritt in Berlin.

Das belgische Kabinett Theunis ist zurückgetreten, es wird begründet mit den Angriffen auf die belgische Währung» die bekanntlich in der letzten Woche stark abgesunken ist. ^

Am Dienstag abend traf überraschend der Führer und Reichskanzler in Stuttgart ein und nahm im Hotel Viktoria Wohnung. Die Bevölkerung brachte ihm im Laufe des Abends begeisterte Huldigungen. ^

großen tzAropäischen Friebensprovlems stno noch eine ganze Menge von Dingen zu erörtern, und an Deutschlands Ver­handlungsbereitschaft ist nicht zu zweifeln. Das ist auch nach der englischen Seite hin klar und deutlich ausgespro­chen worden. Aber man kann nicht verhandeln über Dinge, die Voraussetzung dafür sind, daß zwei Partner, die zu ei­nem Akkord gelangen wollen, sich überhaupt erst als Gleich­berechtigte an den Verhandlungstisch setzen können. Die Welt wird sich daran gewöhnen müssen, daß Deutschland auf der Anerkennung der inneren Logik dieser These be­steht.

Der englische Schritt in Berlin

Berlin, 19. März. Zu der Lage nach der Verkündung des Gesetzes über den Aufbau der Wehrmacht und nach dem englischen Schritt in Berlin schreibt die deutsche diplo­matisch-politische Korrespondenz u. a.: Deutschland lehnt nicht Verhandlungen über die internationale Rüstungsre­gelung ab, es wünscht sie nach wie vor und will ihren Er­folg. Was es aber ablehnt, ist noch zu verhandeln über ein Spezialregime für Deutschland oder gar über jenes Mini­mum an Sicherheit, das jeder souveräne Staat und erst recht jede Großmacht für sich in Anspruch nimmt. Irgend eine Kritik an Art und Zeitpunkt des deutschen Schrittes zum Wiederaufbau der Wehrmacht ist daher abwegig. Die Grundlagen, aus denen im Sinne des englisch-französischen Eommuniques vom 3. März verhandelt werden soll, sind durch die deutschen Maßnahmen nicht umgestoßen, sondern geklärt worden.'Der Stilklauselkeine einseitige Aende- rung bestehender Entwaffnungsverpflichtungen" konnte wohl niemand in der Welt die Bedeutung beimessen, daß die immerhin an ihr Abrüstungsversprechen gebundenen Staaten die Zwischenzeit zu einer massiven Rüstungserhö- hung benutzen dürften. Sie konnten in keiner Weise glau­ben, tun und lassen zu können, was sie wollten, und gleich­zeitig in der Auffassung leben, daß folgerichtige Reaktionen auf deutscher Seite auch weiterhin ausbleiben würden.

Die vor der Tür stehenden Verhandlungen, die der eng­lische Außenminister in Berlin mit der deutschen Regierung führen wird, werden Gelegenheit geben, über die Frage einer internationalen Regelung der Rüstungen wie auch über die anderen im Londoner Communique enthaltenen Fragen zu sprechen. Es ist ein positives Ergebnis des Be­suches des englischen Botschafters beim Reichsaußenminister, daß die in den letzten 48 Stunden von interessierter Seite künstlich erzeugte Ungewißheit über den Termin der anbe­raumten deutsch-englischen Besprechungen beseitigt worden ist. _

Sie Note

Berlin, 19. März. Die Note die der englische Botschafter am Montag nachmittag dem Reichsaußenminister Freiherrn von Neurath überreichte, hat folgenden Wortlaut:

1. Ich beehre mich, Ihnen im Aufträge des königlichen Staats­sekretärs für auswärtige Angelegenheiten mitzuteilen, daß sich die königliche Regierung in dem Vereinigten Königreich genö­tigt sieht, der deutschen Regierung ihren Protest gegen die von ihr am 16. März verkündete Entscheidung zu übermitteln, die allgemeine Wehrpflicht einzuführen, und den Friedensrahmen des deutschen Heeres, auf 38 Divisionen zu erhöhen. Nach der Bekanntgabe einer deutschen Luftmacht ist eine solche Erklärung ein weiteres Beispiel für eine einseitige Aktion, die, ganz abgesehen von der grundsätzlichen Seite der Frage, geeig­net ist. die Unruhe in Europa in ernster Weise zu erhöhen.

2. Der Vorschlag einer englisch-deutschen Zu­sammenkunft, die in einer Woche stattfinden sollte, ergab sich aus dem Inhalt des englisch-französischen Kommuniques vom 3. März und der deutschen Antwort vom 14 Februar, die durch weitere Besprechungen zwischen der Königlichen Regie­rung und der deutschen Regierung ergänzt worden sind. Die Königliche Regierung hält es für notwendig, auf den Inhalt dieses Dokumentes besonders hinzuweisen. Das Londoner Kom­munique vom 3. Februar stellte einerseits fest, daß vertraglich begrenzte Rüstungen nicht durch einseitige Aktion abgeändert werden können, erklärte aber andererseits, daß die britische und die französische Regierung zu einer allgemeinen Regelung ge­neigt seien, über die zwischen Deutschland und den anderen Mächten frei verhandelt werden solle. Diese allgemeine Rege­lung sollte über die Organisation der Sicherheit in Europa nach den in dem Kommunique angegebenen Richtlinien Be­stimmung treffen und gleichzeitig Rüstungsvereinba­rungen festzulegen, die für Deutschland die einschlägigen Bestimmungen des Teiles S des Versailler Ver­trages ersetzen sollten. Das Kommunique führte wei­ter aus, es sei als Teil der ins Auge gefaßten allgemeinen Re­gelung anzusehen, daß Deutschland seine aktive Mitgliedschaft in dem Völkerbund wieder aufnehme und zitierte schließlich den Inhalt eines Luftpaktes zwischen den Locarnomächten, der als Abschreckungsmittel gegen Angriffe wirken und Sicherheit vor plötzlichen Luftüberfällen gewährleistet sollen.

3. Die Antwort der deutschen Regierung zehn Tage später begrüßte den Geist freundschaftlichen Vertrauens, den das englisch-französische Kommunique zum Ausdruck brachte und stellte in Aussicht, daß die deutsche Regierung die in dem ersten Teil des Londoner Kommuniques enthaltenen Fragen einer eingehenden Prüfung unterziehen werde. Sie bemerkte zustimmend, daß der in dem Kommunique zum Ausdruck ge­brachte Geist freier Verhandlungen zwischen sou­veränen Staaten allein zu dauerhaften inter­nationalen Regelungen auf dem Gebiet der Rüstungen führen könne. Im besonderen begrüßte sie den Vorschlag über einen Luftpakt! Die deutsche Antwort endete mit der Erklärung, daß die deutsche Regierung vor Ein­gehen auf die vorgeschlagenen Verhandlungen es für erwünscht halte, in besonderen Besprechungen mit den in Frage kommen­den Regierungen eine Anzahl von grundsätzlichen Vorfragen zu klären. Zu diesem Zweck lud sie die königliche Regierung ein, mit der deutschen Regierung in einen unmittelbaren Gedan­kenaustausch einzutreten.

4. Da die königliche Regierung sich vergewissern wollte, daß hinsichtlich des Umfanges und des Zweckes der vorgeschlagenen englisch-deutschen Unterhaltung kein Mißverständnis bestehe, richtete sie am 21. Februar an die deutsche Regierung eine wei­tere Anfrage, auf die diese am folgenden Tage antwor­tete. Das Ergebnis war eine endgültige Ueberein- stimmung zwischen den beiden Regierungen, daß der Zweck der beabsichtigten Zusammenkunft sein sollte, die Un­terhaltung über alle in dem englisch-französischen Kommunique behandelten Fragen ein Stück weiterzuführen. Auf dieser Ba­sis hat sich die königliche Regierung darauf vorbereitet, den von der deutschen Regierung vorgeschlagonen Besuch in Berlin auszuführen.

5. Was ins Auge gefaßt war, war alsoeine allgmeine frei zwischen Deutschland und den anderen Mächten auszuhandelnde Regelung" undVer­einbarungen über Rüstungen, die für Deutsch­land die Bestimmungen von Teil 6 des Versail­ler Vertrages ersetzen sollten". Dies ist stets das Ziel der Politik der königlichen Regierung gewesen, und auf die Erreichung des Zieles hat diese alle ihre Bemühungen in Genf und sonstwo gerichtet; aber das Zu­standekommen einer umfassenden Einigung, die auf Grund all­gemeiner Uebereinstimmung an die Stelle der Vertragsbestim­mungen treten soll, kann nicht erleichtert werden, wenn man jetzt als eine bereits getroffene Entscheidung Heeresperso­nalstärken bekanntgibt, die alle seither in Vorschlag gebrach­ten erheblich überschreiten, überdies Stärken, die falls sie un­verändert aufrecht erhalten werden, die Einigung mit an­deren ebenfalls stark beteiligten Mächten schwieriger, wenn nicht unmöglich machen müssen.

6. Die königliche Regerung wünscht keineswegs, die durch den vorbereiteten Besuch etwa geschaffene Gelegenheit, ein allge­meines Einvernehmen zu fördern, unbenutzt vorübergehen zu lasten. Aber unter den neugeichaffenen Umständen hält sie es vor der Ausführung dieses Besuches für nötig, die deutsche Re­gierung' auf die obigen Gesichtspunkte aufmerksam zu machen. Sie wünscht darüber Gewißheit zu haben, daß der deutschen Regierung das Zustandekommen des Besuches mit dem Umfang und Ziel der Un­terhaltung wie früher verabredet, so wie es oben in Absatz 4 ausgeführt ist, noch erwünscht

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Hierzu teilt DNB. mit: Man wird nicht fehl gehen in der Annahme, daß der Reichsminister gegenüber den Einwendungen der englischen Regierung zu dem Gesetz vom 16. März ds. 2s. die abweichende Stellungnahme der Reichsregierung geltend ge­macht hat. Deutschland ist bekanntlich nicht be­reit zuzugestehen, daß der Teil S des Versailler Vertrages, der auch das Abriiftungsverspreche« der ande-