Wtrdvader Tagvrakt

EHvorrtV und Mnzelger? für Wttdvud und k»«rd ödere Errztal

Nummer 286

Fernruf 479

Zum Sonntag

Der Ruf des Advent

Die einzige Entscheidung, die die Kirche immer wieder zu fällen hat, ist die sür Christus. Bei allen kirchlichen Er' lchiitterungen und Kämpfen aller Zeiten geht es darum. Ob sie Christus bei sich einkehren lassen will, darüber unrd sie in diesen Entscheidungsstunden gefragt. In der Offen­barung des Johannes ist diese Frage in ein unvergeßliches Bild gekleidet. Dort läßt der Herr der Kirche seiner Ge­meinde in Ladizea sagen:Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abend­mahl mit ihm halten und er mit mir". Dies Wort sieht die Christenheit bis heute für sich in Geltung. Es ist ein Ad­ventswort. Christus steht vor der Tür. Er ist im Kommen begriffen. Wir, die wir so gerne unsere großen Feste in schönes Brauchtum hüllen und es dabei bewenden lassen, sind nicht ohne weiteres aufgeschlossen für die gewaltige Wirklichkeit dieses Wortes. Aber es hebt Advent Uber die bloße Stimmung weit hinaus.Siehe, ich stehe vor der Tür". Der ganzen deutschen evangelischen Kirche ist das ge­sagt. Sie ist mit all ihren Gemeinden unter den herben Ernst dieses Wortes gestellt. Der Herr, der da anklopft, for­dert eine Entscheidung. Wir können ja immer, wenn es an unsere Tür pocht, beides tun: Schweigen oder Herein ru­fen. Wenn Christus bei uns anklopft, hat das freilich mit einem harmlosen Besuch, den man allenfalls entbehren könnte, nichts mehr zu tun, sondern hier sind wir von ei­ner Instanz, über die wir nicht verfügen, gefragt, ob wir ihr die Tür ins Zentrum unseres Lebens öffnen oder ver­schlossen halten wollen. Dieses Pochen kann ganz still und heimlich vor sich gehen, es kann aber auch so laut dröhnen, so dringlich" und gewaltig sein, daß nicht nur der oder jener, sondern daß alles aufhorcht. Könnten wir irgend eine kirch­liche Gärung, Not und Kampfzeit je anders verstehen, denn als das Anklopfen des Herrn der Kirche? Und wissen wir heute, wo die religiösen Fragen so lebhaft und allgemein diskutiert werden, nicht ganz besonders darum, daß all un­ser Fragen und Forschen im letzten Grunde nichts ist vor der einen Kardinalfrage an das deutsche Volk, ob es seine Tür vor dem Herrn der Welt weit öffnen will?

So gesehen ist Advent nicht Stimmung und Vorberei­tung der Einzelseele auf den Lichterglanz des Weihnachts­tages, sondern Entscheidungsstunde von umfassendster Be­deutung. Man möchte darüber manchmal erschrecken und am liebsten dieser Entscheidung aus dem Wege gehen. Denn dem Herrn der Kirche die Tür aufmachen, ihn durch alles Mißverstehen, durch alle Ablehnung hindurch zu bekennen, ist nie eine leichte Sache gewesen. Aber wer die Tür öff­nete, ist ja nun nicht mehr alleinSo jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir." Die Gemeinschaft mit dem Herrn der Kirche gab noch immer dem gehorsamen Jünger sieghafte Kraft. Er steht klopfend am Tor seiner Gemeinde. Vernimmt sie sein Po­chen aus all dem andern Werben um die Seele unseres Vol­kes heraus? Wird sie ihm auftun, weit austun? Er wartet noch. Es ist ja Advent. H. E.

. Der Gruß des Advent

! ^ , Macht eurer Herzen Tore weit!

^ Die Liebe geht in Herrlichkeit,

Liebe, noch nie gewesen.

O blitzdnrchflammte, große Zeit, du machst die Herzen hochbereit und hast sie hocherlesen.

E. Schüler.

Alles, was scheint, leuchtet und wärmt in dem Dunkel der winterlichen Welt, ist nur wie eine Kerze auf dem Kranz des Advents; ein tröstliches Licht voll Ahnung und Verheißung; eine nach der anderen darf brennen und sich verzehren, und sie alle sollen sich verzehren, ehe das große Licht kommt. Und es ist genug, wenn sie ihre Stunde haben brennen dürfen zwischen den Zeiten: er muß wachsen, aber ich muß abnehmen.

^ Wilh. Stählin.

Advent! Es ist merkwürdig, bis z« welchem Maße dies fremde Wort dem deutschen Gemüts vertraut geworden ist. Die Seele erlebt ja ein neues Grüßen von dem Gott der Geduld und des Trostes und der Hoffnung, und Friede und Freude ist im Eesolge dieses Grußes. 2 hmels.

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BmcWchW der Justiz

Fortfall der Landesjuftizministerien

Berlin, 6. Dez. Durch das Gesetz über den Neuaufbau des Rei ches vom 30. Januar 1934 ist die Justizhoheit auf das Reich über gegangen. Di« Verwaltung der Justiz durch die Länder kras Auftrages des Reiches ist ein Uebergangszustand, der fortschrei tend überwunden werden muh. Den ersten Schritt bildete di Beauftragung des Reichsministers der Justiz mit der Wahrnsh mung der Geschäfte des preußischen Justizministers und die orga uisatorische Vereinigung der Justizministerien des Reiches un Preußens.

Das Reichskabinett verabschiedete in seiner Sitzung vom 4. De zember ein zweites Gesetz zur Ueberleitung der Rechtspflege au oas Reich, durch das ein weiterer Schritt zur Vereinheitlich«-!

-Lsitlz getan wird. Mit diesem Gesetz übernimmt das Reit auch m den außerpreußischen Ländern die unmittelbare Leitun oer Justizverwaltungen. Das Gesetz überträgt die Zuständigste' der obersten Justizbehörden dieser Länder unter Fortfall der Lau desjustlzministerien aus den Reichsminister der Justiz. Dam «erden die Justizverwaltungen der Länder und des Reiches i fammeng^f ßt" einheitlichen Reichsjustizverwaltung zi

. Gesetz geht davon aus, daß der Reichsminister der Ju't di-n hindern die Justiz unmittelbar leitet, gibt ihm jedoch st 1 --,-- n? ° rgangszeit die Befugnis, für einzelne oder mei Ä" Landesteile Beauftragte zu bestellen, die d ^/'^uftragte des Reichsministers der Justiz" führe'

Reicksü.üi-m^-r^ihre Dienststellen als Abteilungen dk ^^Ministeriums nach den Weisungen des Reichsjusti ren"o^u-n n Einrichtungen. Beamten und Hilfskräfte der früh ^ dem Beauftragten als Diens

Samstag, den 8. Dezember 1934 , Fernruf 479

69. Jahrgang

Auf Grund des Gesetzes hat der Reichsminister der Justiz durch Verordnung vom 5. Dezember 1934 mit Wirkung vom 1. Januar 1935 folgende Abteilungen des Reichsjustizministeriums gebildet:

1. Reichsjustizministerium Abteilung Bayern,

2. Reichsjustizministerium Abteilung Sachsen-Thüringen,

3. Reichsjustizministerium Abteilung Württemberg- Baden.

4. für die Länder Hamburg, Mecklenburg, Oldenburg (ohne Birkenfeld), Bremen und Lübeck: Reichsjustizministerium Abteilung Nord.

Das Gesetz gibt dem Reichsminister der Justiz ferner das Recht, die Befugnisse der bisherigen obersten Landesbehörden auf Nach­geordnete Behörden zu übertragen, wozu in manchen kleineren Ländern mit starker Zentralisation Anlaß gegeben sein wird.

Die Befugnisse der Länderjustizverwaltungen in den Ländern Hessen, Braunschweig, Anhalt und beide Lippe werden von der Reichsjustizverwaltung unmittelbar übernommen werden.

In Betracht kommt hier namentlich die Uebertragung der Zu­ständigkeit aus die Provinzialbehörden (Präsidenten der Ober­landesgerichte und Generalstaatsanwälte). Das Gesetz trifft Vor­sorge, daß diese Provinzialbehörden sogleich mit den erforder­lichen Mitarbeitern versehen werden können. Es sollen zu die­sem Zweck entsprechende Kräfte von den obersten Landesjustiz­behörden abgezweigt werden können.

Die vollständige Bereinigung der Landesjustizverwaltungrn mit der Reichsjustizverwaltung bleibt einem späteren Schritt Vorbehalten. Dies gilt insbesondere für die llevernahme der Justizhaushalte aus den Haushalt des Reiches. Vis dahin schreibt das Gesetz vor, daß die im Landeshaushalt sür die bisherigen obersten Landesjustizbehörden bereitgestellten Mittel dem Reichs­justizministerium zur Verfügung stehen. Vis dahin bleiben auch die beamten- und verwaltungsrechtlichen Verhältnisse der Lan­desjustizbehörden unberührt.

Wochenrundschav

Den 6. Dezember 1934

Die außenpolitische Lage, die in den letzten Wo­chen durch die Saarfrage und das Rüstungsproblem, na­mentlich infolge der französischen Kammeraussprache und der englischen Unterhausdebatte, eine scharfe Zuspitzung er­fahren hatte, zeigt in dieser ersten Dezemberwoche eine fühlbare Entspannung. Wenn man will, kann man sogar von einer europäischen Entspannung der Ge­samtlage sprechen, da die politischen und wirtschaftlichen Vereinbarungen zwischen Deutschland und Frankreich vor dem Dreierausschuß des Völkerbunds in Rom eine überaus günstige Aufnahme gefunden haben.

Dieses Abkommen über die Saarfrage wird gekennzeichnet durch die gesamte internationale Auffassung von dem zu erwartenden Ausgang der Abstimmung. In dem vom Dreierausschuß erstattenden Bericht wird im allgemei­nen mit einem Abstimmungsergebnis zugunsten Deutsch­lands und damit der Rückgliederung des Saargebiets an das Mutterland gerechnet. Der Völkerbundsrat wird dieser Tage wohl den Bericht aus Rom, den der italienische Ver­treter im Völkerbund, Aloisi, verfaßte, annehmen.

Der schwierigste Teil der römischen Verhandlun­gen betraf die finanzielle und wirtschaftliche Auseinandersetzung zwischen Frankreich, das durch das 15jährige provisorische Saarregime alle wirtschaftlichen Schlüsselstellungen in die Hand bekam, und Deutschland, das nach der Rückgliederung des Saargebiets natürlich auch in wirtschaftlicher Hinsicht die volle Souveränität über das Land erlangen muß. Dabei stand im Vordergrund der im Versailler Vertrag vorgesehene Rückkauf der Saar­grub e n, die bekanntlich 1919 Frankreich mit allen Eigen­tumsrechten überanwortet wurden. Daneben im Ver­hältnis zu dieser Hauptfrage weniger schwer ins Gewicht fallend handelte es sich um das Schicksal der elsaß-lo­thringischen Eisenbahnstrecken, die in das Saargebiet hin­einreichen. wichtiger und nicht ganz so einfach zu lösen, um die Regelung des Uebergangs von der jetzt im Saargebiet geltenden Frankenwährung zur Reichswäh­rung und die Liquidierung der umlaufenden französischen Franken. Damit im Zusammenhang steht die Frage der Rückzahlung der von öffentlichen und privaten Stellen des Saargebiets aufgenommenen Ausländsanleihen.

Für die Rückgabe der Saargruben hat Deutsch­land einen Kaufpreis von 150 Millionen Reichsmark zu zahlen, eine Summe, die schon vor Jahren einmal genannt wurde, als man die Möglichkeit einer vertragsmäßigen Verständigung über die vorzeitige Beendigung des Völker­bundregimes im Saargebiet erörterte. Es ist müßig, sich jetzt in Diskussionen darüber einzulassen, ob dieser Kauf­preis etwa zu hoch ist. Kommerzienrat Röchling hat vor einiger Zeit daraus hingewiesen, wie sehr der Wert der Gruben durch die französische Bewirtschaftung, durch das Unterbleiben notwendiger Investierungen herabgemindert worden sei. Wesentlich für die in Nom getroffene Regelung ist, daß Vorkehrungen getroffen wurden, um zu verhindern, daß durch die Barzahlung der Pauschalsumme eine Ver­schlechterung der deutschen Devisenlage eintritt. In der Summe von 150 Millionen NM. sind übrigens die Entschä­digungen, die für die Uebernahme der elsaß-lothringischen Bahnlinien samt Erenzbahnhöfen zu zahlen sind, mitein­geschlossen. Für die Transferierung des Betrages werden die im Saargebiet umlaufenden Franken herangezogen wer­den. Die Schätzungen der Höhe dieses Umlaufs weichen sehr stark voneinander ab. Sie schwanken zwischen 500 und 1500 Millionen Franken. Sollte ihr Betrag für die Abgeltung des Erubenkaufpreises nicht ausreichen, so können Kohlen­lieferungen aus Deutschland bzw. aus dem Saargebiet zur Transferierung verwendet werden. Sollte er höher sein, so würde unter Umständen eine Ueberschuß sür die Abtragung der privatwirtschaftlichen Schulden an Frankreich, die im Saargebiet ausgenommen wurden, benutzt werden können. Frankreich erhält im übrigen eine recht wesentliche Gegen­

leistung noch dadurch, daß ihm gestattet wird, von den auf elsaß-lothringischem Gebiet liegenden Warndtschäch­ten aus, die auf deutschem Grund und Boden liegenden Kohlenflöze auf die Dauer von fünf Jahren bis zu einer Maximalausbeute von 2,2 Millionen Tonnen pro Jahr ab­zubauen. Wenn man vom Verkaufswert der so gewonnenen Kohlen, die ja von Frankreich selbst aufzuwendenden Ar­beitslöhne und Betriebskosten abzieht, wird man den Ge­genwert, der Frankreich hier zufällt, immerhin auch mit mindestens 50 Millionen Franken ansetzen müssen.

Der römischen Verständigung kommt, abgefehen davon, daß sie die technische Abwicklung des 15jährigen Proviso­riums erleichtert, noch eine grundsätzliche Bedeutung inso­fern zu, als sie sich nur mit den Abwicklungsfragen beschäf­tigt, die bei der zu erwartenden Rückgliederung an Deutsch­land in Betracht kommen. Nachdem einige Monate lang aus durchsichtigen Motiven andere Möglichkeiten des Volks- abstimmungsergebnisses scheinbar ernsthaft in den Bereich der Erörterung gezogen wurden, darf man nun wohl an­nehmen, daß auch Genf die Augen vor der Wucht der ge­gebenen Tatsachen nicht mehr verschließt.

Der Völkerbundsrat in Genf hat die Saarberatungen al­lerdings mit einer Ueberraschung ausgenommen. Schon ein­mal hat er sich in diesem Jahr mit der Einführung einer i n- ternationalenPolizei befaßt und eine solche Poli­zeitruppe abgelehnt, allerdings die Regierungskommission zu Anwerbungen im Ausland ermächtigt. Der Präsident der Regierungskommission, Knox, hält trotz der Disziplin der Deutschen Front, die Ruhe und Sicherheit im Saarge­biet immer noch für gefährdet. Er will den Umtrieben der Separatisten und Kommunisten eben kein Ende machen und läßt sich von zweifelhaften Leuten, vor allem auch von Emigranten, beeinflussen. Seine Vorstellungen in Genf ha­ben diesmal zum Erfolg geführt. Der Völkerbuiidsrat will ihm nun die internationale Polizei bewilligen. Der fran­zösische Außenminister Laval hat den Antrag dazu gestellt mit der Einwilligung, daß Frankreich und Deutschland in dieser Polizeitruppe nicht vertreten sind. Das Ueberra- schende war, daß England nun plötzlich seine Zustimmung gegeben hat und auch Italien. Französische Blätter vermu­ten darin, daß England und Italien deshalb zusammenge­gangen seien, um auch in der Abrüstungsfrage gemeinsam etwas zu erreichen. Die deutsche Zustimmung zur inter­nationalen Polizeitruppe soll noch durch Aloisi eingeholt werden.

In der R ü st u n g s f r a g e haben die gegenseitigen Be­sprechungen französischer und deutscher Frontkämpfer ver­sucht, Brücken zu schlagen. In Paris hat dies viel Staub aufgewirbelt, die Verständigungsaktion selbst aber nicht ge­stört. Auch die Kammeraussprache in Paris, in der es al­lerdings zu üblen Hetzereien und schweren Mißdeutungen deutscher Maßnahmen kam, konnte nicht verhindern, daß der mit Abrüstungsfragen beauftragte Herr von Ribben- trop seine Unterhaltungen mit französischen Frontkämpfer- Führern weiterspinnen und den französischen Außenmini­ster Laval besuchen konnte. Vorbereitet war diese Aktion durch den Empfang französischer Frontkämpfer beim Füh­rer und Reichskanzler und die Friedensreden des Stell­vertreters des Führers, Rudolf Heß. Es ist zweifellos eine versöhnliche Saite durch diese Aussprache angeklungen, weil das persönliche Sichkennenlernen und das gegenseitige Ver­stehen die Voraussetzungen sür eine Verbesserung der Be­ziehungen zwischen Deutschland und Frankreich bedeutet. In Paris mehren sich die Stimmen, die eine direkte Aussprache führender Staatsmänner mit Adolf Hitler befürworten. Von deutscher Seite ist alles versucht worden, den Weg zum Vertrauen zu öffnen. Auch der preußische Ministerpräsident Göring hat in einer Rede im Rheinland den französischen Frontkämpfern die Hand geboten.

Aus den englischen Unterhausreden ist als Kernpunkt nur das eine herauszunehmen, daß England die Deutschen vor allem nach Genf zurückbringen will und deshalb über die Rllstungsfragen mit sich reden läßt. Laval hat freilich in der Kammer davon gesprochen, daß er sich dengegebe­nen Tatsachen" nicht beugen werde, und er verlangte von Deutschland als ersten Beweis seinen guten Willens den Anschluß an den Ostpakt. Diese Ost paktsrage dürfte aber aufs neue Jahr vertagt werden, bis die Saarfrage ihre Erledigung gesunden hat. Man bestreitet ja amtlich in Paris, daß mit dem Ostpakt ein französisch-russisches Bünd­nis beschlossen oder geplant sei. Praktisch hat das nicht viel zu bedeuten, denn es gibt mancherlei Formen, die das glei­che bewirken. Jedenfalls sucht man mit dem Ostpakt einen Nahmen zu schaffen, in dessen Inhalt alle möglichen Aus­führungsbestimmungen oder Sonderverabredungen hinein­gezaubert werden können. Nur so ist es auch zu erklären, daß Polen, das neuerdings durch eine französische Note zum Beitritt aufgefordert wurde, die Antwort auf die lange Bank schiebt.

2n Paris ist die französische Neichswirt- schastskonferenz eröffnet worden, die die Vertreter des Mutterlandes mit denen seiner überseeischen Besitzun­gen vereinigt. Der Präsident der Republik wohnte der Er­öffnungssitzung persönlich bei, und dieser Umstand sowohl wie die Reden, die bei dieser Gelegenheit gehalten wurden, zeigen, welche Bedeutung die Regierung dieser Veranstal­tung nach dem Muster der britischen Ottawa-Konferenz bei­mißt. Auf der Konferenz werden sehr ernsthafte, die gesamte Welt interessierende wirtschaftliche Problem erörtert wer­den, und über sie wird noch einiges zu sagen sein. Die Probleme, die in Paris verhandelt werden, gliedern sich, von Frankreich aus gesehen, um zwei Fragen: Wie ist die Ausfuhr des Mutterlandes nach den Kolonien zu steigern? Und wie kann die Einfuhr aus den Kolonien nach Frank­reich so entwickelt werden, daß einerseits das Mutterland in zunehmendem Maße unabhängig von der übrigen Welt wird, andererseits die Kolonien eine zweckvolle Verwen­dung ihrer Produktionsmöglichkeiten finden?