teten sich auseinander, in der gläubigen Ueberzeugung, in ihrer Weltanschauung, die einzig mögliche, weil ausschließlich richtige Vertretung zu finden. Allein diesen Rissen in der Nation entsprach nicht die Haltung der endlich gewählten Parteien. Denn sowie erst der Weltanschauungskrieg der Wahlschlacht mit der Stimmenzählung seinen Abschluß gefunden hatte, trat zwischen den sich weltanschaulich so befehdenden Parteien der parlamentarisch-politische Waffenstillstand ein. (Erneute Heiterkeit und Beifall.)
(Fortsetzung der umfangreichen Rede in nächster Nummer.)
Mols Hetz on die MslondsdeMen
Die Kolonialfrage
Nürnberg, 10 Sept. Von den auslandsdsutschen Parteigenossen mit Beifallsstürmen begrüßt, ergriff der Stellvertreter des Führers, Rudolf Heß, das Wort zu einer Ansprache, zu deren Beginn er die Grütze des Führers an alle auslandsdeutschen Parteigenossen und insbesondere an diejenigen überbrachte, die, von jenseits der Grenze kommend, zum erstenmal im neuen Deutschland weilen.
Rudolf Heß ging hier kurz auf eine Frage ein. die für einen großen Teil der Ausländsdeutschen mit besonderem Interesse verknüpft ist, die Kolonialfrage. An Hand einiger Zahlenbeispiele erläuterte der Stellvertreter des Führers die Bedeutung, die eigener Kolonialbesitz in rohstoffwirtschaftlicher Beziehung für Deutschland haben könnte. Trotz der Erkenntnis der Bedeutung kolonialer Rohstoffbasen und Absatzgebiete für Deutschland könne er zu der Frage, ob Deutschland seine ehemaligen Kolonien zurückfordere, nur das sagen, was er einem Engländer antwortete, der kürzlich diese Frage selbst stellte und dabei betonte, daß heute bereits führende Engländer für eine Rückgabe eintreten. Er habe ihm etwa folgendes erklärt: Es ist selbstverständlich, daß man es in Deutschland wärmstens begrüßt, wenn maßgebende Stellen des Auslandes die Rückgabe unserer Kolonien befürworten. Wir haben aber keinen Anlaß, aktive Schritte in dieser Frage zu unternehmen und damit der uns feindlichen Presse draußen Gelegenheit zu geben, durch die dann angeblich von uns betriebene Aufrollung der Kolonialfrage die Oeffentlichkeit im Auslande von neuem gegen uns aufzuhetzen. Das aktive Handeln möge von der Seite ausgehen, welche die Kolonien zu vergeben hat.
Auch der Führer habe vor kurzem in einem Interview die Ansicht vertreten, daß unsere Kolonien für England z. B. ein Luxus sind. Damit wollte er aber, so erklärte Rudolf Heß, durchaus nicht zum Ausdruck bringen — wie der Berichterstatter anscheinend fälschlich verstand — daß sie etwa auch für Deutschland ein Luxus seien. Der Führer wisse, daß Kolonien, wie die einstigen deutschen Kolonien für uns keinen Luxus darstellten, besonders nicht, da wir auf die Einfuhr von Rohstoffen gegen Devisen angewiesen sind und an Devisen Mangel leiden.
Es stehe zu hoffen, daß die Verantwortlichen der Nationen, die ein Uebermaß von Kolonialgebieten besitzen und deren Völker aus eigenstem Interesse an einer friedlichen Wirtschaftsentwicklung dadurch fördern, daß sie Deutschland die Möglichkeit geben, mit Hilfe von Rohstoffkolonien zur Gesundung seiner eigenen Wirtschaft beizutragen.
Im Anschluß an seine Worte nahm der Stellvertreter des Führers die Weihe von 43 Fahnen auslandsdeutscher Ortsgruppen vor. Er sprach dazu folgenden Weihespruch: „Ihr Fahnen, tragt den Deutschen draußen ein Stück Heimat zu. Ihr seid die Feldzeichen des neuen Werdens, das geheiligt ist durch die Opfer, die Deutschland dafür bringen mußte. 460 Deutsche haben ihr Leben für die Bewegung gegeben, für die ihr Sinnbild sei. 406 Deutsche fielen in einer Zeit, die Friede genannt und dennoch Kriegszeit war. Daß wirklicher Frieds Deutschland erhalten bleibe und wirklicher Friede die Welt verbinde mit Deutschland, dafür weht ihr nun in den Ländern der Erde. Nehmt die Grüße der Heimat mit hinaus, ihr seid im Namen des Führers und damit im Namen Deutschlands geweiht. Unser deutsches Mutterland, seine Kinder draußen und der Führer in eine bessere Zukunft aller Deutschen — Sieg-Heil!"
Der ParteiöMgretz in Nürnberg
Nürnberg, 16. Sept. Die Fortsetzung des Parteikongreffes am Sonntag nachmittag stand im Zeichen Ser Anwesenheit von 2506 Schwerkriegsbeschädigten, die auf den Ehrentribünen und in den vorderen Reihen des Saals Platz genommen harten. In der ersten Reibe sahen 66 Kriegsblinde. Als der
Führer mit seinen Begleitern die Kongreßhalle betrat, brauste ein vielstimmiges „Heil" durch die Reihen. Der Führer ging sofort auf die Reihen der Kriegsblinden zu und drückte jedem die Hand.
Reichsarbeitsführer Hier! hielt eine Rede, worin er die Entstehung und Entwicklung sowie die Aufgaben des Arbeitsdienstes schilderte. Reichsjustizminister Dr. Frank kam in einer großen Rede über die Einwirkung des nationalsozialistischen Gedankenguts auf das deutsche Rechtsleben zu dem Schluß, daß auf dem gesamten Gebiet des Rechts sich der Glaube an die deutschen Rechtszustände wieder geltend zu machen beginne. Es werde der unermüdlichen Ueberwachung der Durchführung der nationalsozialistischen Gesetze und der Justizzustände bedürfen, um nach und nach alle noch vorhandenen Reste liberalistischen Rechtsdenkens und Rechtswirkens aus unserem Rechtsleben zu beseitigen. Jede Hoffnung auf eine Beibehaltung oder Duldung reaktionären oder liberalen Geistes in der Justiz werde allen Gegnern des Nationalsozialismus bald vergehen. Mit einem Aufruf an die Parteigenossen, Vertrauen zu den nationalsozialistischen Juristen, zu den Rechtswahrern des Dritten Reiches, zu haben, auf daß aus der Einheit von Partei, Staat und Weltanschauung auch die Einheit von Reich, Volk und Recht, die Einheit von Sitte und Recht erwachsen möge, schloß Dr. Frank seine Rede.
Jubel um Hermann Göring
Nürnberg, 10 Sept. Eine riesige Menschenmenge belagerte in den Mittagsstunden am Montag das Grand-Hotel, in dem Ministerpräsident Göring Wohnung genommen hat. Stundenlang warteten viele Hunderte, um Göring bei seiner Rückkunft von Len Reichswehrveranstaltungen begrüßen und feiern zu können. Brausende Heilrufe schollen seinem Wagen entgegen, als er endlich gesichtet wurde. Als sich Ministerpräsident Göring unter dem Jubel der Menge in das Hotel begeben hatte, zerstreuten sich die Masten nicht, sondern wuchsen immer mehr an. Immer und immer wieder brechen die Begeisterten in stürmische Kundgebungen für Göring aus. In lautem Chor erscholl es: „Hermann, Hermann!" Der Jubel kannte keine Grenzen, als sich Ministerpräsident Göring am Balkon zeigte und nach allen Seiten lachend grüßte: aber der Sprechchor und das Händeklatschen der Menge ließen ihm keine Ruhe und noch viermal mußte er am Balkon erscheinen, um schließlich in einer kleinen Ansprache den Volksgenossen für die Vertrauenskundgebung zu danken und sie zu bitten, nun ihrer Arbeit wieder nachzugehen. Erst nachdem die auf mehrere tausend angewachsene Menge begeistert vaterländische Lieder gesungen hatte, zerstreute sie sich nach und nach
77ü M Personen durch die Reichsbahn
nach Nürnberg befördert
Nürnberg, 10. Sept. Die Pressestelle der Reichsbahndirektion Nürnberg teilt mit: Der Sonntag brachte nochmals in den Planzügen einen starken Anstrom von Reisenden zu den Veranstaltungen des Reichsparteitages. Die Sonderzugbewegung für den Antransport war am Samstag schon abgeschlossen. Es trafen am Sonntag noch rund 50 000 Reisende mit der Reichsbahn in Nürnberg ein. so daß die Gesamtzahl der im Eisenbahnverkehr mit Sonder- und Regelzügen während des Parteitages angekommenen Teilnehmer nun rund 770 000 erreicht hat. Die Sonderzüge für die Rückbeförderung der HI. wurden planmäßig abgefertigt. Auch die Hauptrückbewegung (PO., SA. und SS.) hat schon eingesetzt. In der Zeit vom 9. September 6 Uhr bis 10. September 6 Uhr wurden 66 Rücksonderzüge gefahren. Damit haben schon insgesamt 112 Sonderzüge mit Parteitagsteilnehmern Nürnberg wieder verlassen. Im Güterverkehr wurden wieder 31 Güterzüge über das planmäßige Soll hinaus durchgeführt. Abgesehen von einigen kleineren Verspätungen wurde der gesamte Zugverkehr glatt und ohne Störung abgewickelt.
Deutschland und der Oftpakt
Die Reichsregierung unterrichtet die Mächte
Berlin» 10. Sept. Die deutsche Reichsregierung hat nach sorgfältiger Prüfung des bekannten Planes eines sogenannten Ostpaktes die beteiligten Regierungen nunmehr über ihre Stellungnahme unterrichtet.
Wie man weiß, handelt es sich bei dem vorgeschlagenen neuen Sicherheitssystem in Osteuropa vor allem um die Verpflichtung der acht Paktteilnehmer, nämlich Deutschlands, der Sowjetunion, Polens, Litauens, Lettlands, Estlands, Finnlands und der Tschechoslowakei zur automatisäien aeaenseitigen
militärischen Unterstützung im Kriegsfälle. Außerdem soll die Sowjetunion eine Garantie für den Rheinpakt von Locarno und Frankreich eineGarantiefürdenO st paktübernehmen. Diese Garantien sollen sich eventuell auch zugunsten Deutschlands auswirke». Das ganze System setzt die Zugehörigkeit der Teilnehmerstaaten zum Völkerbund voraus und will diese Staaten auch in gewissen grundlegenden Fragen der europäischen Politik zu einer bestimmten Haltung im Völkerbund verpflichten.
. 'hken Bemerkungen über dieses Projekt hat sich die deutsche Regierung zunächst grundsätzlich dahin ausgesprochen, daß sie keineMöglichkeit sieht, einem derartigen internationalen Vertragssystem beizutreten, solange ihre Gleichberechtigung auf dem Gebiete der Rü st ungen noch von gewissen Mächten in Zweifel gezogen wird. Der gleiche Gesichtspunkt ist auch für die Frage des künftigen Verhältnisses Deutschlands zum Völkerbund maßgebend.
Was die vorgesehene militärische Unterstützungspslicht der Paktteilnehmer anlangt, so hat die deutsche Regierung dargelegt, daß sich der Verwirklichung dieses an die Sanktionsbestim- mungen des Völkerbundsstatutes anknüpsenden Gedankens bisher bei allen internationalen Verhandlungen unüberwindliche Schwierigkeiten entgegengestellt haben. Deutschland, dessen zentrale Lage inmitten hochgerüsteter Staaten zu besonderer Vorsicht zwingt, kann keine Verpflichtung auf sich nehmen,dieesinalleimO st enmöglichenKonslikts- fälle hineinziehen und zum wahrscheinlichen Kriegsschauplatz machen würde. Für die in dem Paktsystem vorgesehenen Sondergarantien Frankreichs und der Sowjetunion liegt kein reales politisches Bedürfnis vor. Deutschland kann jedenfalls von solchen Garantie» keinen Vorteil für sich erwarten.
Die deutsche Regierung glaubt, daß andere Methoden der Friedenssicherung mehr Erfolg versprechen. Im allgemeinen würde sie dabei zweiseitigen Verträgen den Vorzug gebe«. Sie lehnt aber auch mehrseitige Verträge nicht ab. Nur müßte der Schwerpunkt dabei nicht auf die automatische militärische Unter- stützungspslicht im Kriegsfalls, sondern auf die Nicht an- grisfsverpflichtung und aus die Verpflichtung der an einem Konflikt interessierten Mächte zur Konsultation gelegt werden. Diese Verpflichtungen ließen sich im Sinne friedlicher Kriegsverhütungsmaßnahme» sehr wohl zu realen Friedensgarantien ausgestalten, ohne daß damit die Gefahr von ernsten Komplikationen verbunden wäre, wie sie der jetzt von den anderen Mächten vorgeschlageue Unterstützungspakt sicherlich zur Folge haben müßte.
Genf in den Armen Moskaus
Ostpakt-Schmerzen und Ostkriegs-Eefahren Von Ferdinand Kircheisen.
Und wieder kommt die Zeit, in der die Sonnensucher der großen Welt, die sich immer gelangweilt, obwohl sie stets behauptet, das nicht zu tun, und immer auf der Wanderschaft ist, um einem Leben der Langenweile, ohne eigentlichen Inhalt und ohne eigentliche Arbeit, zu entgehen, dem Genfer See zustreben. Im Herbst finden sie ihn am schönsten und haben damit recht. Das war ja auch der Grund, aus dem sich der Völkerbund in Genf ansiedelte, um an dieser Stätte des letzten großen Freudentanzes der Natur vor ^ dem Eintritt des Winters den Sprung aus der Romantik der politischen Sommerferien in die Nüchternheit der politischen Hauptsaison zu tun. Aber alle diese Leute, die nur ihre Fracks und ihre Zylinder für den Genfer Aufenthalt schön aufbügeln ließen und für ihre Frauen und Töchter Uebergangskostüme und Uebergangshllte in herrlicher Auswahl beschafften, so wie sich das für Genf ziemt und wie das auch die Genfer Diäten erlauben, haben ja nun eigentlich keine politischen Sommerferien gehabt. Die französische Sensationsmeldung von der Verlegung des Völkerbunds nach Wien ist nicht ernst zu nehmen, sie soll bluffen und die Schweiz gefügig machen, den Eintritt Rußlands in den Bund nicht zu vereiteln.
j In Genf erwartet dieser Familienrat mit ebenso feierlichem wie ängstlichem Gesicht die Rückkehr eines verlorenen ! Sohnes. Genf war ja immer nur ein Vollzugsausschuß des ! Versailler Gewaltwahnwitzes. Nur die Sowjets standen ab- i seits. Die Wilden von Moskau waren bessere Menschen als j die feinen Leute in Paris, weil sie glaubten, ihre weltrevo- ' lutionäre Suppe auf dem Feuer des deutschen Zusammen-
Um Heimat und Liebe
Roman von Herrn. Arnsseldt Vrkeder8ckut2 ä. O. tVeüernrami, Koman-Zentr. Stuttgt. lg Nachdruck verbot,-:.
Zwei Schritte weiter aber wußte sie es mit einem Male: Leuthold, der deutsche Verwalter von Arnsberg, war es gewesen, derselbe, mit dessen Knaben sie so oft in der Sandbucht an der Mur gespielt . . .Hänschens Freunde!
Ohne zu wissen, was sie tat, machte sie plötzlich kehrt und lief ihm nach. „Herr Leuthold . . . Herr Leuthold . .!"
Der Verwalter wandte sich um und schien, als er Margaret erkannte, sehr erfreut.
„Zu liebenswürdig. Gnädigste, ich hätte mich schon vorhin gern nach Ihrem werten Befinden erkundigt, wagte aber nicht . . . darf ich Sie ein Stückchen begleiten? Meine Jungens werden sich ja diebisch freuen, wenn ich ihnen von ihrer Märchentante' erzählen kann! Den Namen legte sie Ihnen nämlich bei, da Sie, wie die Jungens behaupten, so herrliche Geschichten erzählen können wie kein Mensch .sonst!"
Er sprach noch allerlei weiter, da Margaret blutrot und verlegen wie ein Backfisch vor ihm stand und den Mund nicht auftat.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Was hatte sie getan! Was mußte Leuthold von ihr denken? Und warum war sie ihm denn eigentlich nachgelaufen? Was wollte sie nur von ihm?
Jndeß half er ihr geschickt über ihre Verlegenheit hinweg, "nd allmählich kamen sie ganz von selbst in ein zwangloses Plaudern.
„Ja, ja, bei uns in Spillersdorf ist manches anders geworden, liebe gnädige Frau, nach Ihrer Heldentat . . ."
„Meiner .... Heldentat?" stammelte sie verwirrt und sah ihn fragend an.
„Nun ja — die Rettung der Friderauer Geiseln! Sie find wohl gar nicht stolz darauf?"
„Stolz! Nein! Gewiß nicht! Es war eine selbstverständliche Tat der Menschlichkeit, nachdem ich zufällig Kenntnis erlangte, daß jene sich tatsächlich in Lebensgefahr befanden. Aber ich ahnte nicht, daß man in Spillersdorf überhaupt darum wußte."
„Na, und ob! Es hat ja genug Staub aufgewirbelt damals, als der geknebelte Posten den Hergang berichtete. Bei den Deutschen unten leben Sie seitdem als Heldin fort! Bei den Slowenen freilich . . . aber inzwischen ist auch dort Gras darüber gewachsen, seit neue Männer in Amt und Würden sitzen, die uns Deutschen mehr Gerechtigkeit widerfahren lassen als ihre Vorgänger. Es weht jetzt ein anderer Wind aus Laibach, ein Wind des guten Willens und des Sichvertragenwollens! Heute brauchten die Friederauer ihre Heimat nicht mehr aufzugeben-, sie könnten ganz ruhig unter den Jugoslawen leben und sich wohl fühlen wie wir anderen Deutschen!"
Margaret hatte in steigender Verwunderung zugehört. Dabei klopfte ihr Herz unruhig. Sie hatte gedacht, daß man in Spillersdorf nichts wisse von ihrer Mithilfe bei der Flucht der Geiseln,.und nie war ihr der Gedanke gekommen, ihr Mann könnte vielleicht deshalb Unannehmlichkeiten ge- habt haben.
Jetzt zum ersten Male tauchte diese Möglichkeit erschrek- kend vor ihr aus.
„Sie sollten bald wieder zu uns kommen, gnädige Frau!" fuhr Leuthold fort, indem er aus der belebten Herrengasse in eine stillere Seitengasse einbog und den Schritt verlangsamte. „Es ist ja gewiß sehr edel und aufopfernd, daß Sie Mann und Kind verließen, um Ihre erkrankten Eltern zu pflegen, aber nun sind Sie doch schon anderthalb Jahre hier, und am Ende hat alles seine Grenzen — auch die Kindesliebe! Ihr Gatte und der Kleine brauchen Sie doch auch!"
Er hatte langsam und bedächtig gesprochen, begierig, was sie antworten wrede. Denn obwohl Jeglic Margarets Flucht
durch die Erklärung deckte, sie sei plötzlich zu ihren erkrankten Eltern berufen worden und könne diese seitdem nicht verlassen, so war doch durch unbedachte und gehässige Aeu- ßerungen Zlatas manch anderes Streiflicht auf die Abreise der jungen Frau gefallen . . .
Aber Margaret antwortete nicht. Mit gesenkem Kops schritt sie neben ihrem Begleiter her, tödlich verlegen und .... sehr erschüttert.
So also hatte Wladko ihre Flucht vor den Leuten erklärt! Ob er dabei nur an sich gedacht oder nur sie schonen wollte, war schließlich gleichgültig. Jedenfalls gab er sie nicht preis und hatte sich vor der Welt nicht von ihr los-
Margaret wußte nicht, warum diese Tatsache sie mit jähem Glücksgefühl erfüllte. Aber sie wuhte jetzt plötzlich, warum sie Herrn Leuthold vorhin nachgelaufen war: er sollte ihr Kunde geben von den beiden geliebten Menschen, die sie auf Hochegg zurückgelassen.
Freilicht, direkt fragen konnte sie nicht gut, da Leuthold doch offenbar annahm, daß sie mit Wladko die ganze Zeit über wenigstens in brieflichem Verkehr gestanden hatte.
So sagte sie nur: „Mein Mann wird mich wohl nicht so sehr vermissen, da seine Amtsgeischäfte ihm ja wenig freie Zeit lassen, und der Kleine geht doch schon zur Schule!"
Etwas wie Ueberraschung zuckte über Leutholds Gesicht. „Also doch"! dachte er. Dann blieb er stehen und sagte entschlossen:
„Sie vergessen, gnädige Frau, daß Ihr Herr Gemahl seit' seiner Pensionierung nun über mehr freie Zeit verfügt und der Junge gar nicht in die Schule geht, sondern zu Haust unterrichtet wird! Da fehlt beiden die Mutter und Hausfrau
gewiß doppelt!"
Keines Wortes mächtig starrte Margaret ihn an.
„Mein Mann . . . tst . . . pensioniert?" rang es sich
endlich von ihren Lippen. „Wußten Sie das nicht?"
(Fortsetzung folgt). ,