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»euch, Verl«, u. oerant«. Schristleittmgr Theodor Sack« WildbaL i. Schn»., »ilhelmftr. M, Tel. 47S. »ohmmgi Villa Hubertus

Nummer 274

Krrnvus S-Tg

Run wieder Leipzig

Der politische Teil des Reichstagsbrand-Prozesses

HED, Der letzte Teil der Beweisaufnahme im Prozeß ge­gen die Reichstagsbrandstifter, der sich ab Donnerstag wie­derum im Gebäude des Reichsgerichts in Leipzig abspielt, ist von besonderem Interesse, da er sich mit den politi­schen Hintergründen des Verbrechens be­schäftigt. Die Aufgabe der Richter ist es jetzt, die Feststel­lungen, die sie im ersten Teil des Prozesses bei der Ver­nehmung der Angeklagten und im zweiten Teil am Ort der Tat selbst getroffen haben, zu werten und zu den poli­tischen Verhältnissen jener Zeit in Beziehung zu setzen.

Von Anfang an wurde die Beweisaufnahme dadurch un­günstig beeinflußt, daß Lubbe, nach dem der Prozeß be­nannt ist. und der ob zu Recht oder zu Unrecht all­gemein als der Hauptangeklagte angesehen wird, Aussa­gen machte, die nur schwer zu verwerten waren. Er gab nur ganz kurze Antworten und kam kaum über ein Ja und Nein oder höchstens ein Vielleicht hinaus, und nur einmal an einem der letzten Berliner Sitzungstage trat er aus sei­ner Reserve heraus, wobei man ihm deutlich anmerkte, daß er sich Mühe gab, der Verhandlung zu folgen und klare Antworten zu geben. Von Anfang bis heute ist er jeden­falls dabei geblieben, daß er das Verbrechen nicht nur al­lein ausgesührt, sondern auch ohne jeden Helfer vorbereitet habe, und er war von dieser Behauptung auch nicht abzu­bringen, als die Sachverständigen seine Theorie für völlig unmöglich erklärt hatten. Von den anderen Angeklagten war nicht ein einziger geständig.

Besonders interessant war es, das Benehmen der Ange­klagten zu beobachten, van der Lubbe erschien völlig gleich­gültig und ließ mit sich alles geschehen, sodaß im Ausland vielfach der Verdacht auftauchte, er stehe unter dem Ein­fluß irgend einLs Narkotikums: denn, so argumentierte man, es sei unmöglich, daß ein Mensch so teilnahmslos zu­höre wie über sein Leben entschieden würde. Dieses Mär­chen ist dann durch mehrere Gutachten, besonders durch das eines namhaften ausländischen Gelehrten zerstört worden. Der einzige deutsche Angeklagte, der ehemalige kommuni­stische Abgeordnete Torgler, hat wohl besonders die Kreise, die er früher einmal vertreten hat, enttäuscht. Denn seinem äußeren Auftreten nach ist er alles andere als ein wilder Revolutionär, sondern vielmehr ein biederer Spieß­bürger, Popofs und Tanefs haben sich zurückgehalten, wenn sie auch bei weitem nicht so teilnahmslos waren wie ihr holländischer Mitangeklagter, besonders in den Teilen der Vernehmung, in denen es sich um ihre Schuld oder Un­schuld handelte, sind sie zeitweise recht aktiv geworden. Der dritte Bulgare Dimitross hat.keine Gelegenheit vor­übergehen lassen, um einen Zusammenstoß zu inszenieren, und das Gericht hat mehrmals sich dazu entschließen müssen, ihn wegen seines unverschämten Benehmens von der Ver­handlung auszuschließen.

Das Gericht hat es bei der Verhandlung insofern beson­ders schwer, als die Vernehmung der Angeklagten außer­ordentlich wenig Anhaltspunkte gegeben hat. Fest stand nur die Schuld oder Mitschuld Lübbes, an der ohnehin kein Zweifel bestand. Die Rolle der anderen Angeklagten mußte sich also erst aus der Zeugenvernehmung ergeben Für den Außenstehenden, der in den Akten des Prozesses nicht io zu Hause ist wie die unmittelbar beteiligten Personen, kann sich nur schwer ein Bild von der Sachlage machen, und es gehört gewiß eine jahrzehntelange kriminalistische Vorbil­dung dazu, um die einzelnen Zeugenaussagen zu werten, die wahren von den unwahren zu sondern.

Von entscheidender Bedeutung für den Ausgang des Pro­zesses werden natürlich die Sachverständigengutachten sein, die auch in den Berliner Verhandlungstagen vorgetragen wurden. Sie boten insofern sogar die Grundlage zu der weiteren Verhandlung, als gerade durch sie festgestellt wurde, daß Lubbe nicht der einzige Täter gewesen sein konnte. Chemiker und pyrotechnische Wissenschaftler haben den Tatort eingehend untersucht, und nicht die geringste Kleinigkeit ist in den Gutachten unbeachtet geblieben.

Die weiteren Verhandlungstage werden weitere Auf­klärungen über die Tätigkeit der kommunistischen Partei bringen und endgültig Klarheit über die Zusammenhänge des Reichstagsbrandes schaffen. Die Männer in der roten Robe haben eine schwere und verantwortungsvolle Arbeit zu vollbringen.

Ter Führer über die

delllslh-smzjWen Beziehungen

Paris. 22. Nov,Matin" veröffentlicht den Inhalt einer Un- ! terredung. vie der Außenpolitiker des französischen Wirtschafte- s blattesL'Jnsormation". de Brinon, mit Reichskanzler Adolf Hitler gehabt bat, Brinon hebt die zwanglose herzliche Auf­nahme durch den Reichskanzler hervor der im Gegensatz zu an­deren Staatsmännern jedes Zeremoniell und jedes Jnszenesetzen vermeidet, dessen inneres Feuer aber belebend zum Ausdruck komme.

Donnerstag den 23. November 1S33.

Fernruf 47S

68. Jahrgang.

Tagesspiegel.

Der Vertreter desMatin" hatte eine Unterredung mit dem Führer, die erneut den Friedens- und Berstiindigungs- willen des Kanzlers bekundet.

In Eens wurde die Abrüstungskonferenz ohne Ausspra­che nach dem Vorschlag Hendersons bis Mitte Januar ver- tagt.

Der russische Geschäftsträger in Washington, Skwirski, hat sein Amt angetreten. Er erklärte» daß demnächst neue Verhandlungen eingeleitet werden zum Abschluß eines rus­sisch-amerikanischen Handelsvertrages.

Im Prozeß gegen die Hümmlinger Schmugglerbande, dem bisher größten Schmuggelprozeß in Deutschland, die ton­nenweise Tabak, Tee und Kaffee über die deutsch-holländi­sche Grenze geschmuggelt hatte, wurde für die 21 Angeklag­ten aus eine Eesamtgeldstrase von 32 829 960 RM. und auf eine Eesamtgesängnisstrase von 1K Jahren erkannt.

Der Reichskanzler habe erklärt, van seine Einstellung stets die gleiche sei. Er juchte die Aussprache und Verständigung, weil er darin die Garantie für den Frieden erdlicke. Er wolle, daß dieser wahrhafte Friede zwischen loyalen Gegnern geschlossen werde. Er habe dies wiederholt erklärt aber man habe ihm im­mer nur mit mißtrauischen Worten geantwortet. Sein Wille habe sich jedoch nicht gewandelt.

Ich glaube" so erklärte der Reichskanzlerdaß das Ergebnis der Volksabstimmung meinem Wunsch neue Kraft gibt. Wenn früher Stresemann oder Brüning verhan­delten, so konnten sie sich nicht darauf berufen, daß das deutsche Volk hinter ihnen stehe. Ich aber habe ganz Deutschland hinter mir! Ich habe dem Volke nicht verheimlicht, was ich wollte! Das Volk hat meine Politik gebilligt".

Das Gespräch sei dann auf das deutsch-französische Problem Lbersegangen. Adolf Hitler, so schreibt de Brinon, glaube an die Notwendigkeit einer deutsch-französischen Berständigung.Ich habe die Ueberzeugung", so habe der Reichskanzler erklärt,dah wenn die Frage des Saarsebietes, das deutsches Land ist, ein­mal geregelt ist. nichts Deutschland und Frankreich in Gegensatz zueinander bringen kann. Elsaß-Lothringen ist keine Streitfrage. Aber wie lange noch wird man wiederholen müssen, dah wir weder absorbieren, was nicht zu uns gehört, noch daß wir uns von irgend jemand lieben lassen wollen, der uns nicht liebt! In Europa besteht nicht ein einziger Streitfall, der einen Krieg rechtfertigt. Alles läßt sich zwischen den Regierungen der Völ­ker regeln, wenn sie das Gefühl ihrer Ehre und ihrer Verant­wortlichkeit besitzen. Es gibt ein von vaterländischem Geist be­seeltes Polen und ein nicht weniger an seinen Traditionen hän­gendes Deutschland. Zwischen ihnen bestehen Differenzen und Reibungsvunkte, die auf einen schlechten Vertrag zurückgehen, aber nichts, was wert wäre, kostbares Blut zu vergießen, denn es sind immer die Besten, die auf den Schlachtfeldern fallen. Deshalb ist zwischen Deutschland und Polen ein gutnachbarli­ches Abkommen möglich".

Man beleidigt mich, wenn man weiterhin erklärt, daß ich den Krieg will. Sollte ich wahnwitzig sein? Den Krieg? Er würde keine Regelung bringen, sondern nur die Weltlage ver­schlimmern, Er würde das Ende unserer Rassen bedeuten, die Eliten sind, und in der Folge der Zeiten würde man sehen, wie Asien sich aus unserem Kontinent iestsetzt und der Bolschewis­mus triumphiert. Wie sollie ich einen Krieg wünschen, während doch die Folgen des letzten Krieges noch auf uns lasten und sich noch 30 oder tl> Jahre lang fühlbar machen werden. Ich denke nicht für die Gegenwart, sondern ich denke an die Zukunft. Ich habe vor mir eine lange innerpolitische Arbeit. Ich habe dem Volke den Begriff seiner Ehre wiedergcgeben. Ich will ihm auch die Lebensfreude wieder schenken. Wir bekämpfen das Elend. Schon haben wir die Arbeitslosigkeit zurückgedrängt. Aber ich will Besseres leisten! Ich werde noch Jahre brauchen, um dahin zu gelangen. Glauben Sie, daß ich meine Arbeit durch einen neuen Krieg schlechter machen will?"

Der Berichterstatter wies in diesem Zusammenhang aui die äußeren Aufmachungen hin, die man in Deutschland finde: Die Freude an der Verherrlichung der Kraft.

Der Reichskanzler erwiderte darauf, daß Deutschland fähig sein müsse, sich zu verteidigen. Sein Programm lasse sich folgen­dermaßen präzisieren: Kein Deutscher für einen neuen Krieg, aber für die Verteidigung seines Vaterlandes das gesamte Volk. Wenn die Jugend in Deutschland in Reih und Glied marschiert,

Ieäen Aden«!! Morgen!

wen« sie die gleiche Kleidung trägt, so deshalb, weil sie dir neue Ordnung und ihre Garantie verkörpere.

Das Gespräch wandte sich sodann den Mitteln zu, durch die das deutsch-sranzösijchc Problem bereinigt werden könnte.

Der Reichskanzler führte nach der Schilderung de Brinons aus:Wie die Verständigung zwischen gleichberechtigten Nach­barländern verwirklicht werden kann? Mein Vaterland ist nicht eine zweitrangige Nation, sondern eine grobe Nation, der man eine unerträgliche Behandlung aufgezwungen bat. Wenn Frankreich seine Sicherheit aus der gefährlichen Unmöglichkeit, Deutschland sich zu verteidigen, anizubauen gedenke, dann ist nichts zu machen, denn die Zeiten, in denen das möglich wäre, find zu Ende. Wenn Frankreich aber seine Sicherheit in einem Abkommen finden will, bin ich bereit, alles anzuhören, alle« zu begreifen, alles zu unternehmen. Man weiß ziemlich genau, wo­rin die von Deutschland geforderte Gleichheit bestebt. Mora­lisch handelt es sich um ein absolut gleiches Recht. Die praktische Durchführung kann etappenweise erfolgen und man kann über die Einzelheiten verhandeln. Aber man sagt mir: Gewiß. Gleich­heit, jedoch keine Gleichheit ohne Gegenleistung. Welche Gegen­leistung? Man müßte endlich den Inhalt des französischen Wor­tes Sicherheit kennen!"

Aui den Hinweis Brinons, daß man in Frankreich auch die Gewißheit haben möchte, daß nach endgültiger Regelung der Differenzen nicht neue Schwierigkeiten auitauchen erwiderte der Kanzler:Ich allein entscheide über Vie Politik Deutschlands. Und wenn ich mein Wort gebe, da bin ich gewohnt, es zu halten. Was ist also noch notwendig? Ich habe keinen Thron geerbt. Ich habe aber eine Doktrin aufrecht zu erhalten. Ich bin ein Mensch, der handelt und der seine Verantwortung übernimmt. Ich bürge mit meiner Person vor dem Volk, das ich führe und das mir die Kraft gibt.

Aber sprechen wir von der französischen Sicherheit! Wenn man mir sagen würde, was ich für Sie tun kann, würde ich es gern tun. wenn es sich nicht um eine Unebre oder eine Drohung llir mein Land handelte. Ein englischer Journalist bat geickrie- den, daß man zur Beruhigung Europas eine Berständigung zwi­schen Deutschland und Frankreich berbeiillbren und Frankreich die zusätzliche Sicherheit eines Verteidigungsbündnisses mit England geben müßte. Wenn es sich um ein derartiges Bündnis handelt, will ich es gern unterschreiben. D""n ich habe k>.in,»- wegs die Ansicht, meinen Nachbar anzngr.uen Polen fleht d»s letzt ein Aber weil Polen östlicher liegt als Frankreich, kennt es uns bester".

De Brinon wirft ein. daß der Rücktritt Deutschlands vom Völkerbund eine liefe Erregung ausgelöst habe, und sragt an. ob Deutschland nach Gens zurückkehren werde. Die Antwort des Reichskanzlers lautet nach den Worten Brinons:Als ich Genf verlieb, h-'bc ich eine notwendige Handlung vollzogen und ich glaube damit zur Klärung der Lage beigetragen zu haben. Wir werden nicht nach Genf zurückkebren. Der Völkerbund ist eia internationales Parlament, in dem die Mächtegruppen im Ge­gensatz zueinanderstehen. Die Mißverständnisse find dorr ver­schärft anstatt gelöst zu werden. Ich bin stets bereit und ich habe das bewiesen, Verhandlungen mit einer Regierung auf­zunehmen, die mit mir sprechen will"

De Brinon zieht aus seiner Unterredung mit dem Reichskanz­ler den Schluß, daß das Urteil des englischen Journalisten G. Ward Price. Ver aui Grund einer Unterredung mit dem Reichs­kanzler von dessen Aufrichtigkeit überzeugt wurde, zutrifst.

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Englische Stimmen zur Romreise Avenols

London, 22 Nov Die Reise des Generalsekretärs des Völker­bundes, Avenol, nach Rom erregt hier im Zusammenhang mir dem italienischen Presseseldzug gegen die jetzige Form des Völker­bundes großes Znlereste Mehrere Blätter sprechen von ver Mög­lichkeit, dah eine Reform des Völkerbundes vorgeschlagen werde. In einer Reutermeldung aus Rom heißt es man erwarte, daß Avenol bei Mussolini vorsprechen und daß bei dieser Gelegenheit eine durchgreifende Revision des Völkerbundes erörtert werden würde. In maßgebenden Kretzen in Rom werde, wie Reuter wei­ter angibt, erklärt, daß die italienische Unzufriedenheit m.t Genf nicht zu der Forderung arp Zerstörung des Völkerbundes führe, wohl aber zu dem Verlangen, daß folgende verhängnisvolle Neck)- teile beseitigt würden: der Zusammenhang, der zwischen dem Völkerbund und dem Versailler Vertrag sowie anderen Nach- kriegsvcrträgen besteht und der die Folge hat. die Bunvesmll- glieder in Sieger und Besiegte zu teilen, was den Völisrbund unter die Vorherrschaft Frankreichs und Großbritanniens ge­bracht bat. zweitens das starre und verwickelte Verfahren das durch endlose Erörterungen und zahllose, sich ständig vermehrende Ausschüsse Kraftverschwendung bedeutet und zur Erfolglosigkeit führt, und drittens dieübertrieben wichtige Rolle", die die kleinen Länder bei der Tätigkeit des Völkerbundes spielen. ,

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Matin" über Avenols Mission in Rom

Paris. 22 Noo. Der römische Korrespondent desMat'n" berichtet zum Aufenthalt des Generalsekretärs des Völkerbundes.