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Nummer 27V
Fernruf 479
Samstag, den 18 November 1933
Fernruf 479
68. Jahrgang
!
Ssimiagsgedanken
Ein' feste Burg
Der Mensch lebt und bestehet nur eine kurze Zeit; und alle Well vergehet mit ihrer Herrlichkeit.
Es ist nur Einer ewig und an allen Enden, und wir in seinen Händen.
Matthias Claudius.
Lei guter Dinge und freue dich, denn Gott ist dein Freund.
Luther.
Du willst sorgen für Deinen Gott, gerade als wäre er nicht allmächtig, der da könnte zehn Doktor Marlinus schaffen, wo der einige alte ersöffe in der Laale oder im Osen- loch oder auf Wolfs Vogelherd. Latz mich in Frieden mit Deiner Sorge, ich habe einen besseren Sorger, denn du und alle Engel sind. Luther an seine Frau.
Geborgen
Das Work „Kampf" hat bei deutschen Menschen einen guten Klang. Im Kampf werden sie sich ihrer Kräfte bewußt. So ist es auch heute. Wir spüren !m Ringen gegen Lüge und Verblendung einer Welt mit freudiger Ergriffenheit den Strom unseres Bluts. Und wir lieben den Kamps, der in unserem Inneren vor sich geht. Er ist die Quelle unzähliger hoher Gedanken und Werke. Der suchende Faust ist sein Urbild. Luther wäre ohne ihn das nicht geworden, was er uns heute noch ist. Und wenn wir in der tiefsten Schicht des Lebens verweilen: wahrhaft deutsche Menschen nehmen den Kampf um die Wahrheit und gegen das Böse gleich ernst. Durch Irrtum und Sünde ging der Held der Gralssage, Parzival. in das Reich der Wahrheit und des Lichts ein. Und der Kämpfer Martin Luther fand im Evangelium Wahrheit und reinigende Kraft seines Lebens.
Aber nicht Kampf um des Kampfes willen. Fanden wir die innerste Heimat unseres Lebens? Wir kennen die Stunden, wo wir uns geborgen wissen möchten, wo wir wie Kinder, die in den Arm der Mutter eilen dürfen, ausruhen und rasten möchten, sei's bei einem vertrauten Menschen, sei's in einer verstehenden Gemeinschaft, sei's !m Gedanken an das eigene zukunftsfreudige Volk. Ist dieses Verlangen Schwäche? Entspringt es undeutscher, feiger Art? Einer der Größten im Reich deutschen Geistes. Goethe, gab ihm ergreifenden Ausdruck in den Worten: „Ach, ich bin des Treibens müde, was soll all der Schmerz und Lust, süßer Friede, komm, ach komm in meine Brust." War er ein Schwächling?
Nein, geborgen sein wollen, das ist nicht Schwäche, nicht müdes Verzichten. Das ist vielmehr Wissen um den Sinn jeden Kampfes, um sein Ziel. Ja, noch mehr, es ist Wissen um Gottes uns bergende Güte. Er treibt uns in den Kampf gegen Irrtum und Bosheit, denn er ist der Heilige. Er ruft uns aber auch zu sich unter seine schirmende Hand, denn er ist der gütige Vater. Er errichtet den suchenden, ringenden Menschen bergende Hütten als Zeichen seiner Gnade in Ehe und Familie, in Freundschaft und Volkstum. Denen aber, die ihn im Angesicht Jesu Christi erkennen, schenkt er das Höchste. Sie dürfen sich mit ihren Lieben, mit Nachbar und Volksgenosse, selbst wenn er schwer zu tragen ist, geborgen wissen in seiner Güte, die uns in Jesus Christus unbegreiflich groß entgegentritt und uns trägt mitsamt unseren Schwächen und Fehlern. Der Kampf unseres Lebens um Wahrheit und Reinheit geht weiter. Alle Tage. Gott heißt ihn uns kämpfen. Wir aber sollen nicht vergessen, daß derselbe Gott unser Vater ist, der uns hienieden schon seine Kinder sein läßt, wenn wir nur erkennen wollen, welche feste Burg und bergende Heimat er uns geschenkt hat. ti. C.
Kampf um Rosenburg
Roman aus Oberschlesien von Johannes Hollstein.
15. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
„Es ist wirklich an dem, lieber Inspektor. Meinen Sie nicht, daß hier etwas nicht stimmt? Wie kommt es, daß bisher so wenig Milch abgeltesert worden ist?"
Thomas Brucks saß blaß im Sessel.
„Herr von Kamerlingk . . . Ihre Worte entsetzen mich! Sie haben recht . . . hier stimmt unbedingt etwas nicht. Das Melkgeschäft ... ja, ich verstehe nicht recht ... es kann aber sicher nicht mit der erforderlichen Sorgfalt geschehen sein. Ich .. ich habe ja jeden Tag beaufsichtigt. Ich bin immer von 3 Uhr im Sommer oder 4 Uhr im Winter auf den Beinen. Ich kann natürlich nicht dauernd dabestehen, wenn gemolken wird."
Willfried nickte und fuhr mit unverminderter Ruhe und Freundlichkeit im Ton, der jedes Mißtrauen gegen den Inspektor auszuschließen schien, fort: „Ganz recht, lieber Inspektor, das meine ich auch. Die Schweizer sind wahrscheinlich nicht sorgfältig genug mit der Milch runge-gangen. Verschüttet! Haben damit gewüstet. Das weiß ich . . wenn nicht einer von ihnen gar unsaubere Geschäfts damit treibt."
„Das ist ausgeschlossen, Herr von Kamerlingk!"
„Dann käme nur dieser Umstand in Frage. Ich sehe natürlich nicht ein, Herr Inspektor, man kann nicht alles im Auge behalten. Sie Haben Ihr gerüttelt Maß von Arbeit und es ist daher recht und billig, wenn Ihnen die Beaufsichtigung des Melkgeschäfts abgenommen wird. Es ist ja verwüstet worden . . . Las macht im Jahre 10 090 Mark gut aus. Ich will darum, daß Herr Schaffranz dem Melkgeschäft weiter beiwohnt. Die Aufsicht von Anfang bis zu Ende ist doch nötig.
Brucks schien zu überlegen.
Dann nickte er ruhig und sagte mit Würde: „Selbstverständlich, Herr von Kamerlingk. Ich sehe es ein."
Willfried nickte ihm freundlich zu. Reichte chm die Hand.
Politische WochMMW«
Am 12. November hat das deutsche Volk ein Bekenntnis abgelegt, wie es wuchtiger noch keines gegeben hat. Daß von rund 45 Millionen Wählern rund 43,5 Millionen ihr Wahlrecht ausüben, und daß davon rund 40 Millionen ge- j schlossen hinter die Regierung -des Landes treten, das hat s die Welt bis dahin noch nicht erlebt. Das deutsche Volk ist i in die Reihe der Staatsvölker eingetreten, die in ihrem ! Staat die von Gott verliehene Lebensform erkannt haben ! und die in ihm ihr höchstes Erdengut verehren. Wenn un-- ! mittelbare Gefahr drohte, wenn der Landesfeind sich gegen ! unsere Grenzen in Bewegung setzte, ist diese Erkenntnis
- auch sonst schon in unserem Volk aufgsslammt. So in den Julitagen 1870, in den Augusttagen 1914. Wenn aber der Lärm der Waffen schwieg, dann erwachte alsbald die innere Zwietracht wieder. Das aber ist gerade das Große und Neue am Erlebnis des letzten Sonntags, daß das deutsche Volk der parteimäßig organisierten Zwietracht den Abschied gegeben hat, daß es zu einer Zeit, wo kein Feind unmittelbar die Lan-desgrenze bedrohte, in freiem Entschluß hinter eine Staatsführung getreten ist, deren Lebenswerk es ist, die Deutschen zum Staats-volk zu erziehen. Die Schule der letzten fünfzehn Jahre, durch die wir hindurch gemußt haben, war hart. Aber wenn sie nicht vergchlich gewesen ist, wenn sie uns zur Einsicht geführt hat, so wollen wir dem Himmel dankbar dafür sein.
Die Abstimmung hat zum erstenmal ein völlig neues ! Aussehen erhalten. Zum 5. März marschierten noch die l alten Parteien auf. Diesmal erschien nur ein einziger z Bewerber um die Reichsta-gZsitze aus dem Kampfplatz, die s Nationalsozialistische Partei. Im März vollzog sich der
- Wahlkampf noch nach den althergebrachten Regeln des ! Parte-iwes-ens, wenn auch schon in merklich abgeschwächter ' Form. In der Novemberabstimmung ging es -darum, das
- Volk für eine einheitliche Idee zu gewinnen und mit einem einzigen Willen mit dem dreieinig-en Ziel Friede. Ehre und
- Gleichberechtigung zu erfüllen. Dabei hat seit den Wahlen
- des Jahres 1907, die eine Entscheidung über die deutsche Kolonialpolitik bringen sollten, keine Abstimmung so stark
^ im Zeichen der auswärtigen Politik gestanden wie die vom
- 12. November.
Darum war auch die Aufmerksamkeit des Auslands mit größter Spannung auf die -deutsche Abstimmung gerichtet. Bisher konnte es sich so stellen, als habe, man es nur mit einer „Hitlerregierung" zu tun. Die 40 Millionen Ja sind aber dem Ausland dach stark in die Knochen gefahren. Den zahlenmäßigen Erfolg kann man nicht bestreiten, aber man erklärt ihn jetzt mit dem „deutschen Herdentrieb" oder mit den „brutalen Gewaltmitteln", die die Reichsregierung gegen die Wähler angewend-et haben sollte. Nützt alles nichts. Das deutsche Volk hat seine Karten osfengelegt.
, Es hat erklärt, daß es mit der Reichsregierung den Schmachsrieden vo-n Versailles satt hat und daß es sich nicht länger mfallen llißt, als „Besiegter" und „Zweit-
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„Ich danke Ihnen, lieber Inspektor! Ich hoffe auf in dauerndes gutes Zusammenarbeiten. Aber . . . wir müssen uns doch einmal über den Punkt unterhalten: Ersatz der polnischen Schweizer -durch Deutsche."
Brucks zuckte zusammen.
Aber er sagte ruhig: „Gewiß, Herr von Kamerlingk! Es ist zwar ein schwieriges Ding, aber vielleicht findet sich doch ein Weg."
„Ich hoffe es sehr, Herr Inspektor!"
*
Am Abend kam der Inspektor Brucks zu Willfried und sagte: „Herr von Kamerlingk, ich muß Herrn Schaffranz sehr dankbar sein, daß er in die Angelegenheit hinein- gestochen hat."
„Haben Sie etwas Neues festgestellt?"
„Zu meinem Bedauern . . . ja!"
„Interessant! Und das wäre?"
„Es sind jeden Tag frisch vom Stall weg von ein paar verfluchten, faulen Burschen hundert Liter und noch mehr . . . gute Milch an die Schweine verfüttert worden."
„Das ist doch ungeheuerlich!"
„Ja!" sagte der Inspektor und Entrüstung war in seinen Worten. ,/Diese faulen Kerle sollten sich von der Meierei regelmäßig die notwendige Magermilch, die wir im Ueber- fluß haben, holen zum Füttern der Schweins. Das bißchen Weg war ihnen zu weit und da haben sie kurzerhand frisch vom Stall die gute Vollmilch weggeholt und verfüttert. Ich habe ja die Bande auf den Trab gebracht. Daß mir das passieren muß! Man tut alles, was man kann . . . aber . .
„Trösten Sie sich, lieber Inspektor! Jeder Mensch hat nur zwei Augen im Kopfe. Also Vollmilch an die Schweine verfüttert! Das ist ungeheuerlich. Die Burschen sollte man rausschmeißen I"
,Ast schon geschehen! Heute noch zittern sie ab.
„Also gut! Kein Wort mehr darüber, lieber Inspektor! Ich freue mich, daß wir die Angelegenheit hinter uns haben.
napiger' im ucai osr Aoirer veyanoelt zu wevo-en. nurz, /Negierung sind in den großen Fragen der Außen- pE-ff, Abrüstung, Völkerbund usw. völlig eins, namentlich billr-gt das deutsche Volk, daß seine Regierung nach der höchst verletzenden Haltung der „Einheitsfront" Frankreich, England, Amerika a-n jenem ewig denkwürdigen 14 Okto- der der ganzen Gesellschaft den Rücken gekehrt hat.
Inzwischen sind in den Parlamenten in London und Paris außenpolitische Reden gehalten worden, die zwar nicht unmittelbar auf die deutsche Abstimmung Bezug nehmen, die aber doch offenbar von ihr stark beeindruckt sind. Ge lassen nämlich die Verlegenheit deutlich erkennen, in der sich die Gegenspieler Deutschlands durch unseren Rückzug von Genf und durch die überwältigende Zustimmung fast des ganzen deutschen Volks befinden. Man erkennt im Grund genau, daß die verletzende Mißachtung Deutschlands in Genf ein schwerer politischer Fehler war — man gesteht es natürlich nicht ein — man ist aber erst recht verärgert darüber, daß die deutsche „Hamme-lherde", wie ein Londoner Blatt sich ausdrückte, das Genfer Spiel durch seine Abstim- sti-mmung zur Weltsache gemacht habe. Vor der Abstimmung, am Donnerstag, den 9. November hielt der enal-i-be Erstminister Mac Donald beim Bürgermeister-Festesten im Londoner Rathaus eine Rede, die reichlich durchsetzt war mit Freundlichkeiten für Deutschland: Man könne wobl verstehen, daß Deutschland gekränkt fei, es möge aber um des Himmels Willen doch wieder nach Genf Zurückkehren und fe-ine Anliegen Vorbringen, das als zuverlässig bekannte England werde gewiß die uneigennützigst« Vermittlertätig- kei-t ausüben. Am 13. November pfiff der Wind aber bereits wieder aus einem anderen Loch. Mit besonderer Betonung erklärte Mac Donald im Unterhaus — das war zugleich ein Seitenhisb auf die deutsche Abstimmung — der Auszug ans Genf sei ein bedauerlicher Fehler gewesen; England stehe eng zu Frankreich und sei mit diesem des Willens, daß außerhalb Genfs keine Abrüstungs-Verhandlungen und -Abkommen stattfinden dürfen. Ist es Naivität oder sonst etwas, daß Mac Donald dä-bei immer noch glaubt, Deutschland zum Wiödereinzug in Genf veranlassen zu können? Selbstverständlich fehlten im übrigen wieder die bissigen Ausfälle verschiedener Abgeordneter wie Austen Chomberlain usw. gegen Deutschland nicht.
Aöhnliche Töne erklangen am gleichen Tag aus der französischen Abgeordnetenkammer. Hier fielen Wort« wie Sanktionen, Vorbeugungskrieg gegen Deutschland, Höchststeigerung der franz. Rüstungen usw., die nach der deutschen Abstimmung nötig würden. Ministerpräsident S a rraut erklärte, in Genf und nur in Gens, das heißt durch den Frankreich gefügigen Völkerbund, werde das Frankreichs Sicherheitsbedürfnis befriedigende Abrüstungsabkommen zu« stände kommen, ob Deutschland es unterschreib« oder nicht. Ohne Gegenleistung für die Sicherheit, (Auflösung der SA. usw.) gebe es keine Gleichberechtigung. Die Kammer hat Sarraut mit großer Mehrheit das Vertrauen ausgesprochen. Gegen den Bertauensantrag stimmten nur die Nationalisten, denen der Standpunkt der Regierung noch nicht deutschfeindlich genug ist.
Nimmt man hinzu, daß dieser Tage der belgische Kriegs- Minister Deosze einem Pariser Blatt frohlockend mllgetellt hat, was alles für Abwehrmaßnahmen Belgien gegen einen „deutschen Einfall" getroffen habe und daß für weitere Befestigungen in den ehemals deutschen Gebieten Eupen- Malmedy schon am 11. Oktober vom Ministerrat 750 Millionen Franken beschlosten worden feien — es handelt sich um ein Ausfalltor gegen Deutschland —, so bedarf es wohl keiner besonderen Mahnung, daß wir Deutsche uns vor jedem Optimismus in bezug auf die außenpolitische Entwicklung hüten müssen. Von selbst aber drängt sich die Forderung auf, daß Volk und Regierung erst recht zusammenstehen müssen. Solange Deutschland in Genf war, war es den Schikanen gewisser Kreise ausgesetzt: außer-
V > erkes Kapitel.
„Drei Jahre waren Sie also auf Reisen!" sagte Katja von Waslewfki zu Willfried, der heute den Besuch erwiderte „Da haben Sie die Welt kennengelernt. Hat auch ein gutes Stück Geld gekostet."
Willfried nickte und tat zerknirscht.
„lieber vierzigtausend Mark! Mein alter Herr hat mir schön den Kopf gewaschen, als ich wiederkam, leergebrannt, der verlorene Sohn."
„Was machen für den Kommerzienrat von Kamerlingk vierzi-gtausend Mark aus."
„Gott, ja, im Grunde genommen . . . nicht viel, aber die Sache hat noch einen Haken. Ich habe nämlich gesagt .... 211000 Mark."
„Warum denn?"
„Weil ich mich an einem Geschäft mit 150 Mille beteiligt habe."
„Ah so! Das ist interessant! Und das haben Sie Ihrem alten Herrn verschwiegen?"
„Ja!"
„Das Geschäft . . . wäre wohl nicht so recht nach dem Geschmack Ihres alten Herrn."
„Wahrscheinlich nicht, denn ... es ist das Risiko damit verbunden, daß . . ich mein Geld nicht wiedersehe."
„Das ist söhr leichtsinnig. Um was handelt es sich denn? Oder ist es Geheimnis.
,.Es weiß noch niemand . . . aber in Ihre reizenden Ohren, Gnädigste, will ich es flüstern. Hören Sie zu, was ich gemacht habe. Ich habe für 50 000 Mark ein Gut mit viertausend Morgen gekauft."
„Viertausend Morgen ... 50 Mille. Lieber Freund, ich verstehe von, Landwirtschaft nichts, aber . . . der Boden kann nichts taugen."
„Unland . . . Moor! Weiter nichts! Mein Freund, der Ingenieur Hellmer Gothe, sitzt nun mit hundert Mille aus dem Gute und ist damit beschäftigt, den Boden, der heute noch nichts taugt... in wertvolles Land umzuwandeln."
Fortsetzung folgt.