Dank- und Bittgottesdienst in de« Stiftskirche
ep. Stuttgart, 22. März. Die große Stiftskirche konnte bei weitem nicht alle die Menschen fassen, die gestern abend- 7 Uhr zu dem von der Kirchenbehörde angeordneten Dank- und Bittgottesdienst anläßlich der Eröffnungsfeier für den neuen Reichstag zusammengekommen waren. Das wuchtige Orgelspiel von Kirchenmusikdirektor Strebe! gespielt, das alte schlichte gemeinsame Lied „Das walte Gott, der helfen kann" wie auch der alte Lobpsalm 103 bekamen in dieser Stunde der stillen Sammlung einen ganz besonders eindringlichen Inhalt. Prälat Sch renk baute seine Predigt auf dem Wort Eph. 5. 21, 22 auf. Erst sprach er vom Dank, zu dem Christen heute verpflichtet sind. Der Dank gebührt vor allem Gott, dann aber auch all den Toten, die ihr Leben im Kampf um ein besseres Vaterland hingegeben haben, wie dem Kreis aller derer, die Hand anlegten, um das Neue zu erstreiten. Daß uns Gott vor einem tiefen Abgrund bewahrt hat, ist ein Zeichen, daß er unser Volk noch nicht verworfen hat. Die Predigt schloß mit der kraftvollen Bitte: „Herr, gib an allen Orten, in allen Ständen und Aemtern, in unseren Gemeinden, Ländern und im Reich uns solche Männer und Frauen, die durch Christus den-lebendigen Gott kennen gelernt und die Barmherzigkeit des Vaters erfahren haben und aus Dankbarkeit dafür sich hineinstellen zum selbstlosen Dienst für alle". Mit einer umfassenden Fürbitte für die leitenden Männer unserer Negierung und mit dem 3. Vers des „Nun danket alle Gott" schloß die Feier.
Aufruf des Württ. Kriegerbunds
Stuttgart. 22. März. Der Präsident des Württemberg!- scheu Kriegerbundes, Generalleutnant a. D. Dr. v. M a u r, hat nachstehenden Aufruf an die Bundesmitglieder gerichtet: Kameraden! Die deutsche Front, die zu errichten seit Jahren unser Reichs krieg erb und „Kliffhäuser" als sein vornehmstes Ziel betrachtet, ist nach langem, zähem Kamps zur Tatsache geworden. Alles, was deutsch fühlt und deutsch denkt, steht heute in seltener Einmütigkeit hinter dem Herrn Reichspräsidenten, unserem Ehrenpräsidenten, und der von ihm berufenen nationalen Regierung. Es gilt, das Erkämpfte zu behaupten, den Sieg uns nicht wieder entreißen zu lassen. Unser großer deutscher Bund wird und muß an erster Stelle dabei miiraten und mittaten. Kameraden! Bleibt bei dieser hohen und hehren vaterländischen Aufgabe nicht untätig oder gar mutlos beiseite stehen. Helft mit, jeder an seiner Stelle, in der Familie, in den Vereinen, in den Gemeinden, in unserem Land. Deutsch sind wir endlich geworden, deutsch zu bleiben heiße die Parole bis in die fernste Zukunft.
Stuttgart. 22. März.
Anordnungen des Skaakskommissars von Stuttgart. Der Staatskommissar für die Verwaltung von Stuttgart, Dr. Strölin, hat angeordnet: Die gemei-nderätl. Finanzabteilung hat in der Sitzung vom 20. März beschlossen, die Hunde- steuer für den ersten Hund von 60 auf 42 Mk. herabzufetzen. Für den zweiten und dritten Hund bleibt es wie bisher bei dem doppelten bzw. dreifachen des — jetzt ermäßigten — Satzes. Auch die Zwingersteuer wurde bedeutend ermäßigt. Der Staatskommissar hat seine Zustimmung zu diesem Beschluß gegeben.
Verbot des „Simplizissimus". Der Polizeikommissar für das Land Württemberg hat auf Grund des 8 1 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 83) den „Simplizissimus" bis auf weiteres verboten.
Adolf hitlerstraße in Stuttgart. Bei der großen Kundgebung mit Fackelzug der nationalen Verbände am Dienstag abend auf dem Marktplatz teilte der Staatskommissar für die Stadt Stuttgart. Dr. Strölin, unter dem stürmischen Beifall von Zehntausenden mit, daß er verfügt habe, daß der Straßenzug, der vom Schloßplatz nach dem Wilhelmspalast, dem früheren Wohnsitz des letzten würt- tembergischen Königs führt und zurzeit die Bezeichnung „Plante" trägt, mit sofortiger Wirkung „Adolf Hitler- Straße" heißen soll. Dem Herrn Reichskanzler wurde aus diesem Anlaß vorn Herrn Staatskommissar ein Huldigungstelegramm der Stadt übersandt.
Neuer Slahlhelmführer. An Stelle des für den verstorbenen General v. Stülpnagel in das Reichskuratorium für Jugendertüchtigung berufenen bisherigen Landessührerr v. Neufville wurde der bekannte Richthofen-Flieger Dr. Wenzel zum Landesführer des Stahlhelm für Baden und Württemberg ernannt.
»jugsnll untspm I-sammsp
Zeitroman von Helmut Messerschmidt Urheber-Rechtsschutz für die deutsche Ausgabe:
Drei Quellen-Verlag, Königsbrück (Sa.)
47. Fortsetzung Nachdruck »erboten.
„Ja!" Ein herzliches Lachen scholl durch den Raum. „Und ich kenne auch Sie, alle beide. Wie war das Lehrerexamen, Herr Bredenkamp? Und wieviel Motorräder haben Sie zuschanden gefahren, Herr Strötgen?"
Die Wanderburschen fielen aus einem Erstaunen ins andere.
„Sie brauchen sich gar nicht weiter auszuweisen. Ich war der Nebenmann von Schnell im Ruhrkampst wenn Ihnen das als Auskunft genügt. Bleiben Sie die Nacht bei mir. Sie sehen aus, als könnten Sie ein anständiges Bett vertragen."
„Wo ist denn Schnell?"
„Leider nicht hier. Schon seit anderthalb Jahren ist er weg. Er siedelt in der Grenzmark. Dort wird eine Menschenfront gegen die Polen gebaut. Es ist noch eine gute Strecke bis dahin. Warten Sie, ich lasse ein paar Flaschen heraufholen, Oder — vielleicht essen Sie erst mal gründlich was, ja? Augenblick!"
-s-
Zwei Tage blieben sie bei dem Verwalter Fehrbach, der sich alle Mühe gab, sie reich zu bewirten und ihre Kleidung Zu erneuern. Dafür brachte Strötgen ihm einen defekten Motorpflug wieder in Ordnung.
Dann nahmen sie, mit Proviant für fast eine Woche versehen, wieder die Landstraße unter die Füße.
^au/en 5ie ck,'e-ulen
Diebesbande festgenommen. Die Kriminalpolizei verhaftete in den letzten Tagen den 31 Jahre alten Kaufmann Oskar B i d l i n g m a i e r, den 27 Jahre alten Gipser Johann Wiedergrün, den 43 Jahre alten Kellner Anton Schwab! und den 31 Jahre alten Friseur Josef Häußler, denen bis jetzt 26 Einbrüche in Wohnungen und Ladengeschäfte ufw. nachgewiesen sind. Bei Ausführung der Straftaten waren die Täter mit Schußwaffen und gutem Brechwerkzeug nebst Zubehör ausgerüstet. Ein weiterer Mittäter, der bekannte Einbrecher Eugen Schmau - der, befindet sich augenblicklich zur Verbüßung einer Reststrafe im Zuchthaus. — Kurz nach seiner Entlassung aus der Strafanstalt hat sich der 26 Jahre alte Kaufmann Manfred Kübler erneut als Einsteigedieb in Wirtschaften, Bäckereien und Metzgereien betätigt. Wie bis jetzt festgestellt werden konnte, hat er in Gemeinschaft mit dem 22 Jahre alten Hilfsarbeiter Fritz Wiesinger in den letzten Wochen wieder 10 solche Einbrüche verübt. Die beiden Täter wurden festgenommen.
Vorn Tage. In einer Anlage bei der Champignystraße erlitt mittags ein 69 I. a. Mann einen Herzschlag. Er war sofort tot.
Aus dem Lande
Heumaden OA. Stuttgart, 22. März. Amtsniederlegung. Gemeinderat Eugen Gehrung wurde vom Landrat an Stelle des in Schutzhaft genommenen Bürgermeisters Kettenmann vorläufig zum Stellvertreter ernannt. Der kommunistische Gemeinderat Mößner hat in einem Schreiben an das Bürgermeisteramt sein Mandat niedergelegt.
Scharnhausen OA. Eßlingen, 22. März. Ehrenbürger. Der Gemeinderat beschloß einstimmig, den Staatspräsidenten Murr zum Ehrenbürger zu ernennen.
Leonberg, 22, März, Verpflichtung der Polizei. Gestern wurden sämtliche Landjäger und Pvlizeibeamte der Bezirksgemeinden im Oberamtsgebäude in Anwesenheit des Oberamtsvorstandes und des Bezirkssturmführers der NSDAP, über die neue Lage in Land und Reich unterrichtet und auf ihren geleisteten Eid und Pflichten unter der neuen Regierung hingewiesen.
Gmünd, 22. März. Das Naturfreundehaus besetzt. Das Naturfreundehaus auf dem Himmelreich wurde gestern auf Weisung des Landeskommissars für Württemberg von der hiesigen SA. besetzt und die Einrichtung einstweilen beschlagnahmt. Von einer Versiegelung des Hauses wurde Abstand genommen.
Bad Mergentheim, 22. März. Der Bürgermeister in Schutzhaft — Der Gemeinderat teilweise seines Amts enthoben. Der Unterkommissar für den Bezirk Hetlbronn u. U., wozu auch der Oberamtsbezirk Mergentheim gehört, Dr. Sommer, hat sich veranlaßt gesehen, Stadtvorstand Dr. Brönner, um dessen persönliche Sicherheit gewährleisten zu können, zu ersuchen, in den nächsten Tagen, bis eine Klärung der Verhältnisse eingetreten sei, seine Wohnung nicht zu verlassen. Wie von zuständiger Seite mitgeteilt wird, ist damit zu rechnen, daß diese Maßnahme wohl in Bälde wieder aufgehoben wird. — Die vorläufige Amtsenthebung der Mitglieder des Gemeinderats der Fraktionen des Zentrums, der Demokratie und der Schassenden Stände ist durch das Oberamt auf Grund einer Weisung des Innenministers erfolgt,
' Balingen, 22. März. Staatsfeindliche Elemente werden körperlich ausgerottet. Unterstaatskommissar Mattheiß erläßt folgende Bekanntmachung: Die jüngsten Ereignisse in Tailfingen, sowie die Mitteilung, daß in der Bevölkerung noch immer gewisse staatsfeindliche Elemente sich bemerkbar machen, gibt mir Veranlassung zu folgender Erklärung: In dem Augenblick, in dem mir glaubhaft gemeldet wird, daß irgendwelche Umtriebe oder Aeußerungen gegen die Regierung oder gegen die deutsche Bewegung festzustellen sind, werde ich sofort 100 Mann Hilfspolizei nach Tailfingen legen und jeden Verdäch- tigen festnehmen und zur Zwangsarbeit einziehen lassen. Ich erkläre weiter, daß ich vor den drakonischsten Maßnahmen für den Fall, daß meine Warnung auch nur teilweise nicht von Erfolg sein wird, nicht zurückschrecken werde. So, wie ich jedem anständigen und arbeitsamen Bürger alle
Das Wetter war denkbar schlecht, naß und kalt. Oft krochen sie nachmittags in eine Feldscheune, weil sie in dem Dreck der Straße nicht vorwärtskamen.
Nach vielen Strapazen kamen sie endlich an einen Wegweiser, der die Aufschrift trug: „Langemarck II".
Das war das Ziel.
Sie liefen noch etliche Stunden auf nassem, zerfahrenem und aufgeweichtem Feldweg. Dann kamen ein paar Blockhäuser in Sicht.
Als sie sich der Siedlung näherten, rannte ein halbwüchsiger Junge auf sie zu, machte aber plötzlich kehrt und eilte johlend wieder fort.
Aus dem Häuschen, in dem er verschwunden war, traten einige Männer. Einer löste sich aus dem Kreise und kam winkend den Wanderern entgegen.
„Das ist Schnell!" schrien beide gleichzeitig und setzten sich in Trab.
„Bredenkamp! Strötgen!"
„Schnell! Schnell!!"
Von der Freude des Wiedersehens überwältigt, stürzten sie dem alten Kameraden in die offenen Arme.
„Wir warten schon ein paar Tage auf euch", sagte Schnell mit leuchtenden Gesicht, als er die Freunde der Siedlung zuführte.
„Auf uns?" Zehn Monate irrten sie durch Deutschland, und irgendwo hatte jemand auf sie gewartet.
„Natürlich! Leutnant Fehrbach hatte geschrieben, daß ihr mich bei ihm gesucht habt und er euch hergeschickt hat."
Von den anderen Siedlern wurden sie mit solcher Herzlichkeit begrüßt, als wären sie schon immer miteinander bekannt gewesen-
Freiheit und Sicherheit garantiere, so versichere ich Len Elementen, welche die mir als arbeitsam bekannte Bevölkerung Tailfingens seither mißbraucht und in ihrem öffentlichen und privaten Leben gestört haben, daß ich sie, diese Elemente, unter Umständen mit Gewalt — und ich mache keinen Hehl daraus — auch körperlich ausrotten werde.
Stetten a. k. M.. 22. März. Feldgottesdienst im Lager Heuberg. — Das Konzentrationslager. Das Lager Heuberg bei Stetten a. k. M. war am gestrigen Dienstag das Ziel vieler Neugieriger. Die beiden Bataillone, die sich augenblicklich dort befinden (Konstanzer, Donaueschinger und Villinger Infanterie) hielten anläßlich der Reichstagseröffnung einen feierlich-en Feldgotte-dimst ab, an dem auch die SA.-Stürme des Schwarzwaldkreises und der SA.-Sturrn Stetten teilnahmen, die zur Bewachung des ebenfalls in Stetten befindlichen großen Konzentrationslagers für politische Schutzhäftlinge dienen. Auch ein Kommando Schutzpolizei und eine Sigmaringer Stahlhelmgrupp» war im Zug zu bemerken. — Am gestrigen Tag trafen aus allen Gegenden Württembergs weitere politische Gefangene ein. Nach einer Erkundigung bei der Lagerverwaltung soll die Verpflegung gut und völlig gleichwertig mit der der Bewachungsmannschaften sein. Die Bewachung ist allerdings sehr scharf, man sah die Schutzhäftlinge vielfach unter starker Bedeckung (SA. mit Karabiner) Essen holen. Im allgemeinen sollen sich die Inhaftierten ruhig verhalten. Für das Publikum ist das Sammellager gesperrt. Bis Dienstag waren gegen 400 Häftlinge eingetroffen. Eingerichtet wird das Lager für etwa SOO Mann.
Ulm, 22. März. Parade. Anläßlich des Tags in Potsdam fand gestern auf dem Münsterplatz unter großer Beteiligung der Bevölkerung eine Parade des Standorts Ulm statt. Die Garnisonsgeistlichen beider Konfessionen hielten Ansprachen. Abends fand ein Fackelzug statt.
Elffacher Brandstifter. Der verheiratete Hilfsarbeiter Hans Sieinmair, geb. 1889 in Kempten, wohnhaft in Neu-Ulm, stand vor dem Großen Schöffengericht. In 11 Fällen wird er der Brandstiftung beschuldigt, wodurch ein Schaden von etwa 30 000 Mk. entstanden ist- Ferner hat er drei Verbrechen der vollendeten und ein Ver- brechen der versuchten Notzucht begangen. Das Urteil lautet« unter Anrechnung mildernder Umstände und Anrechnung der Untersuchungshaft auf 6 Jahre Gefängnis.
Schutzhaft. Der Führer des Reichsbanners, Postinspektor Wirtle, wurde in Schutzhaft genommen. Wirtl« ist Demokrat.
Eheberatungsstelle. Hier wurde eine katholisch; Eheberatungsstelle gegründet. Derselben gehören a-> ein Pfarrer, ein Jurist, ein Arzt und eine Frau. Dir B rs- tungsstelle ist eine Gründung des katholischen Deutschen Frauenbunds und des Caritasverbands.
Riedlingen, 22. März. Umbauarbeiten bei der Reichsbahn. Bei den nunmehr in Angriff gencmrnen Umbauarbeiten der Bahnstrecke Riedlingen—Unlingen finden etwa 60 Leut« aus dem Bezirk Riedlingen auf di« Dauer von 6 Wochen Beschäftigung.
Abgekürztes Zeitungsoerbot. Das auf ockt Tage ausgesprochene Verbot der „Ri-dlmger Zeitung" ist auf 3 Tage abgekürzt worden. Das Blatt ist heut« wieder erschienen.
Saulgau, 22. März. 7 0. Geburtstag. Ihren 70. Geburtstag beghet heute in ausgezeichneter geistiger und körperlicher Rüstigkeit Frau Marie Edel, Witwe des verstorbenen Buchdruckereibefitzers und Verlegers Roman Edel.
weinsberg. 22. März. Weinsberg meldet die Wiedergutmachung dar Wegnahme des Oberamts an. Weinsberg veranstaltete gestern zu Ehren ihrer beiden Ehrenbürger Reichspräsident v. Hinden- burg, Reichskanzler Hitler und zur Eröffnung des neuen Reichstages eins große Kundgebung mit Fackelzug. Bürgermeister Weinbrenner erklärte bei der Festsitzung des Ge- meinderats im Rathaus, daß auch die Stadt Weinsberg den Parlamentarismus zu spüren bekommen habe: 1926 durch die Wegnahme der Würde als Oberamtsstadt unter der Regierung Bolz, In dieser Stunde meiden wir feierlich den Anspruch aus Wiedergutmachung jenes Unrechts an.
Oberdorf OA. Neresheim, 22. März. Ehren bür- g e r. Der Gemeinderat in Oberdorf a. Jpf hat den Reichskanzler, den Reichspräsidenten und den Staatspräsidenten Murr einstimmig zu Ehrenbürgern ernannt.
Unterjesingen OA. Herrenberg, 22. März. Beschlagnahme. Das Oberamt hat den Turnverein Unterjesing u aufgelöst und das Vermögen beschlagnahmt. Die Turnhalle wurde geschlossen.
Loßkmrg OA. Freudenstadt. 22. März. Des Amten th oben. Bürgermeister Roth ist seines Amts enthoben. Mit der kommissarischen Verwaltung wurde Gemeinderat Dr. Strauß beauftragt.
„Aber Menschenskinder", sagte Schnell, als die Männer in einer niedrigen Stube am rohen Tisch beisammensaßen und die beiden Wanderburschen kräftig in das Abendbrot einhieben, „ihr seid wirklich zu Fuß gekommen? Und ich Hab' nicht einmal gewußt, daß ihr überhaupt auf der Wanderschaft seid!"
„Am Rhein vorbei, durch ganzSüddeutschland, dann von den Alpen bis zur Nordsee, dann elbaufwärts und dann auf schnurgeradem Weg bis zum Großen Lübbe-See. Zwei Tage Rast beim Herrn Fehrbach, dann hierher. Aber ich muß sagen: bis Sabin war die Wanderschaft erträglich. Von da aus war sie eine Quälerei. Ihr habt elende Straßen hier!"
„Die kommen auch ganz zuletzt dran. Erst müssen wir uns richtig festsetzen hier. Für alles andere ist noch viel Zeit."
„Sag' mal, Schnell, wie lange können wir hierbleiben, ohne euch lästig zu fallen?"
Bei dieser Frage strahlte der ganze Kreis der Siedler vor heimlichem Vergnügen.
„Das . . . kommt ganz auf euch an", erwiderte Schnell. „Schaut mal da hinaus. Seht ihr da was? Nein, da seht ihr nichts, weil es schon dunkel ist. Da haben wir vorgestern einen Neubau angefangen. Da könnt ihr mithelfen."
„Hei, das ist Sache! freute sich Strötgen, „da haben wir ein paar Monate Arbeit."
Alles lachte: „Nee, nee", gab einer zurück „höchstens vier Wochen, dann steht die Budel"
Schnell nahm wieder das Wort. „Und dabei soll das ein besonders feines Gebäude werden, worauf ganz Langemarck II stolz sein wird. Das wird nämlich Schule, Gemeindeverwaltung, Post und — leider — gleichzeitig Finanzamt."
(Fortsetzung folgt). ^