- Mrllembers

Stuttgart. 5. März.

Neue Beitragsmarken in der Angeskelllenoersicherung.

Bom 1. April 1933 an werden neue Beitragsmarken der Angestelltenversicherung ausgegebeiv die das gleiche Mar- kendild wie bisher zeigen, sich aber durch die Farben und einen orangefarbenen Schutzdruck von den bisherigen Mar­ken unterscheiden. Die bisherigen Marken werden von der Post nur bis einschließlich 31. März 1933 verkauft. Wer nach diesem Zeitpunkt noch Beiträge für die Zeit vor dem 1. April 1933 zu entrichten hat, erhält nur noch die neuen Marken. Ls ist ratsam, etwaige Beitragsrückstände noch vor dem 1. April 1933 zu beseitigen. Die Gültigkeits­dauer der bisherigen Marken läuft mit dem 30. Avril 1933 ab. Sie dürfen also nach dem 30. April 1933 nicht mehr verwendet werden. Unbeschädigte Stücks der bisherigen Marken können bei der Post bis zum 31. Juli 1933 gegen neue Beitragsmarken der Angestelltenversicherung üm- getauscht werden.

Die leitenden Grundsätze für Unterricht und Erziehung in den Schulen sind vom Kultministerium nunmehr im Amts, blatt veröffentlicht worden. Sie sollen alsbald in den Lehrer­räten aller Schulen beraten werden.

Aus dem Lande

Eßlingen, 3. März. Waffe» und Munition bei K oinmunisten beschlagnahmt. Laut Polizeibericht wurde in den leisten Tagen von der Polizeidirektion bei Durchsuchungen eine große Anzahl kommunistischer Druck- und Flugschriften beschlagnahmt und eingezogen. Außerdem sind eine Armeepistole samt 20 Schuß Munition und ver­schiedene Schlagzeuge sichergestellt worden.

Dom unteren Neckar, 5. März. Tödlich abgestürzt. Der 24jährige ledige Metzger Berner, Sohn des Lammwirts Berner in Neckarhausen, wurde morgens von seinem Vater in der Scheune unter einer Lage Heu tot aufgefunden. Der junge Mann war in der Nacht auf den Heuboden gestiegen und ist tödlich auf die Tenne gestürzt.

Zimmern o. R OA. Rottweil, 5. März. Todesfall. Donnerstag früh verschied im hohen Alter von 82 Zähren Schultheiß a. D. Peter Meichert.

Schwenningen. 4. März. S p r e n g st o f f a n s ch l a g. Gestern abend kurz vor 9 Uhr wurde auf das Haus 1 der Bismarckstraße, in dem Schlachthnfdirektor Dr. Schlenker wohnt, ein Sprengstoffanschlag verübt, indem eine im Durch­messer 4 Zentimeter starke, mit Sprengstoff gefüllte Röhre zur Erplosion gebracht wurde. Dadurch wurde ein Zimmer des Hauses, in dem sich glücklicherweise niemand befand, stark beschädigt.

Göppingen, 5. Mürz. Rösing fe st genommen. In den frühen Morgenstunden des Freitag wurde der kommu­nistische Stadtrat Bernhard Rösing von der Kriminal­polizei festgenommen und dem Oberamt zugeführt, wo er wegen des gegen ihn eingeleiteten Dienststrafverfahrens über die erhobenen Beschuldigungen von Rogiernngsrat Hoff­man» verhört wurde.

Folgen de rSchwarzarbeitfüreinenHaus- besitzen. Ein Hausbesitzer ließ von einem Dachdecker, der mangels wirtschaftlicher Selbständigkeit der Baugewerks- genvssenschaft nicht als Mitglied angehörte. die Dachung sei­nes Mietshauses erneuern. Dabei stürzte, weil die vor­geschriebene Schutzrüstung nicht angebracht war, ein Gehilfe tödlich ab. Der Verunglückte hinterließ mit der Frau ein achtjähriges Kind. Wegen der festgestsllten groben Zuwider­handlungen gegen die Unfallverhütungsvorschriften ver- hängte der Vorstand der Verufsgenossenschaft gegen den Hausbesitzer als Eigenbauunternehmer eme Strafe von 200 Mark, die nachträglich vom Oberverficherungsnmt auf 50 Mark herabgesetzt wurde. Der Hausoefitzer hat außerdem noch zu erwarten, daß er wegen des fahrlässig verschuldeten Unfalls für alle Aufwendungen der Berufsgenossenschafr nach 8 903 der Reichsversicherungsordnung haftbar gemacht wird. Die Höhe dieser Aufwendungen läßt sich ziffernmäßig noch nicht angeben, dürste aber mit 70008000 Mark nickt überschätzt sein.

lllm, 5. März. Von Ulm nach Augsburg In 58 Minuten. Im Sommerfahrplan ist bereits eine lieber- ficht über die neue elektrische Strecke Ulm Augsburg vor­gesehen Man wird nun von München bis Ulm elektrisch fahren können. Personenzüge werden künftig die 84,6 Km. lange Strecke Ulm Augsburg in durchschnittlich etwa 120 Minuten bewältigen, das bedeutet eine Zeitersparnis von etwa einer halben Stunde. Beschleunigte, zuschlagsfr-ie Per­sonenzüge werden etwa 85 90 Minuten brauchen, mährend die Schnellzüge die Strecke in 5875 Minuten durchfahren werden.

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Zeitroman von Helmut Messerschmidt Urheber-Rechtsschutz für die deutsche Ausgabe:

Drei Quellen-Verlag, Königsbrück (Sa.)

3t. Fortsetzung Nachdruck verboten.

Bredenkamp wurde auf Grund seiner Leistungen in der schriftlichen Prüfung von der mündlichen befreit.

Aber er empfand keine Freude darüber. Es brachte ja doch keinen Vorteil.

Still und einsam saß er dann im Lärm des Abschieds­kommerses.

Einer seiner Mitschüler hielt ihm die Likörflasche hin:

Heini, Glückspilz du, hast deine Sache gut gemacht, alter Streber. Komm, her dein Glas! Trink trink, Brüder­lein trink! Jetzt hat die Schinderei ein Ende!"

Laß gut sein, Fritz. Ich denk daran, daß jetzt die Schinderei erst anfängt."

Schon wieder miesepetrig? Mensch, und wenn die Welt morgen zerknallt, so jung wie heut' kommen wir sobald nicht mehr zusammen. Prost!"

Bredenkamp erhob sich und klopfte an sein Glas:

Sehr verehrte Herren Seminarlehrer, liebe Kame­raden."

Kollegen!" rief Ernst Behrendt.

Meinetwegen auch Kollegen, obwohl ich nicht daran glaube, daß wir uns einmal in Amt und Würden gegen­seitig begrüßen können. Also: es sind hier schon etliche schwungvolle Reden gehalten worden, und die Stimmung geht schon ziemlich hoch. Dennoch möchte ich noch ein ernstes Wort sagen . . ."

Setz' dich, Bredenkamp, schlechte Einleitung, eine Vier!"

Und zwar möchte ich zuerst daran erinnern, daß einer

Lokales.

Wildbad. 6. März 1933.

Reichstagswahl 1933. Am Vorabend der Wahl veran­staltete die NSDAP, eine Kundgebung auf dem Kurplatz, während auf der Höhe beim Panoramahotel ein Freiheits­feuer lohte, aus dem das mächtige Hakenkreuz als Trans­parent weithin sichtbar aufleuchtete. Neben den SA.- und SS.-Abteilungen hatte sich eine ungeheure Menschenmenge auf dem Kurplatz eingefunden, die den letzten Appell des Führers der NSDAP., der durch Großlautsprecher aus Königsberg übertragen wurde, hören wollten. Fast zwei Stunden dauerte die gewaltige Kundgebung, die sich gegen 10 Uhr in Ruhe wieder auflöste. Der Wahltag selbst verlief außerordentlich ruhig. Die Wahlbeteiligung betrug über 850 / 0 . Davon erhielten die Nationalsozialisten in Wildbäd ca. 60°/o, in Sprollenhaus sogar 69°/n, während sich die übri­gen Parteien in die restliche Prozentzahl teilen.

Wahlergebnis.

Rath.

S. März 1933 Schulh. Sprollenh.

8--s.

6. Nocbr 1932

Rationalsozialisten 728

612

195

1 535

992

Sozialdemokraten 166

195^

2^"

388

289

Kommunisten 63"

62

1P-

136

297

Zentrum 42

37

1

80

83

Deutschnationale 136

135

5'

276

218

Deutsche Volkspartei 16

7

1

24

138

Lhrisll. Soz. Volksd. 25

15

47

87

111

Staatsparlei 17

7 .

24

36

Deutsche Bauernpart.

1

1

Württ. Bauern- und Weingärtnerbund

Andere Parteien

37

1 193

1071

287

2 551

2 201

Eine bedeutsame landgerichtliche Entscheidung bei fahr­lässiger Vernichtung eines Menschenlebens. Die Große Straf­kammer Tübingen hatte auf die Berufung der Staatsan­waltschaft des Verurteilten die Entscheidung des Schöffen­gerichts Neuenbürg zu prüfen, die den 46 Jahre alten ver­heirateten Kaufmann Carl Lay, Mehlhandlung in Pforz­heim wegen fahrlässiger Tötung und Vergehen gegen 88 21 KFG. und 18 KFG. anstelle von 6 Wochen zu der Geldstrafe von 150 Mark verurteilte. Diese Verurteilung stützt sich auf folgenden kurzgefaßten Tatbestand: Am Abend des 29. Okto­ber v. Js. zwischen 6 und 7 Uhr bewegte sich der Fuhr- halter Gustav Sieb aus Wildbad mit einem einpferdig bespannten Langholzfuhrwerk, das beleuchtet war, auf der Straße WildbadCalmbach, etwa 500 Meter vom Orts­ausgang Calmbach gelegen, als ihm Lay mit seinem Last­kraftwagen begegnete, der trotz eingeschalteter Scheinwerfer seines Wagens das Fuhrwerk nicht beobachtet haben wollte. Mit unverminderter Geschwindigkeit, nach eigener Angabe des Lay, etwa 4550 Kilometer fuhr er drauf los und be­merkte das Fuhrwerk erst, als er bis auf ganz kurzen Ab­stand von wenigen Metern an dasselbe herangefahren war bei seinem Tempo zu spät, um noch anhalten zu können. Er fuhr auf das vorschriftsmäßig rechts fahrende Langholz­fuhrwerk mit solcher Gewalt aus, daß das Pferd über­schlug und mit schwersten Verletzungen und mehrfachen tie­fen Verwundungen an verschiedenen Körperteilen sofort ver­endete. Sieb, der auf dem Hohlarm der Deichsel saß wie das nach Ansicht des Staatsanwalts auch das zweckmäßigste bei Langholzfuhren ist wurde ebenfalls sofort getötet durch die Folge eines schweren Schädelbasisbruches. Er lag eingeklemmt zwischen Fuhrwerk und Lastwagen auf dem Rücken. Einzufügen ist, daß Sieb ein braver, rechtschaffener, in seinem Beruf vorsichtiger, sorgfältiger Mann war, um dessen plötzlichen Tod eine zahlreiche Familie trauert, die so jäh Sieb stand im 52. Jahr, den Gatten, Bitter und Ernährer, lediglich einem unvorsichtigen Fahrer auf belebter Landstraße, opfern mußte. Lay behauptet zwar, er sei rechts gefahren und könne sich den Ausstoß nicht erklären und geht soweit, anzunehmen, das Fuhrwerk sei in ihn hineinge­kommen durch Zeugen ist jedoch erwiesen, daß er zu weit nach links gehalten hatte, denn sonst wäre er nicht auf das Fuhrwerk aufgestoßen. Sein Verschulden bestand im wesentlichen darin und auch weiterhin in den Punkten, daß er nickt genügend auf die Fahrbahn achtete und eine zu hohe Geschwindigkeit fuhr. Polizeilich ist Lay in Wildbad

tlss ickesle AnregungsmittsI

krstältl'ich in o.IisHApotstsksn v.Orogsrisy,

als scharfer Fahrer bekannt, was in der Hauptverhandlung verlesen wurde, auch an dem Unglückstag wurde er von einigen Zeugen beobachtet, wie er mit seinem Lieferwagen in allzu rascher Fahrt durch die Straßen Wildbads raste und darum auffiel. Die Polizei hat Lay Irrwegen schon öfters verwarnt. Die Beobachter sagten sic ' i, wenn der schon in geschlossenem Ortsteil dermaßen . wie mag der esst auf offener Landstraße gerast sein. Staakamvalt Irank führte u. a. aus: Die ausgesprochene Strafe bilde keine aus­reichende Sühne für solches Verschulden, zu dem das Erst­urteil schon ausführte, daß Lay an fraglicher Unfallstelle eine übermäßige, unzulässige Geschwindigkeit hatte, die un­terstützt von Zeugenaussagen, eine außerordentlich hohe ge­wesen sein mag, wenn Verurteilter selbst schon 50 Kilometer angibt. Im Punkt ob Lay genügend rechts gefahren, ist das Ersturteil nicht ganz schlüssig, festgestellt ist einwandfrei, baß Sieb ganz rechts fuhr, es handle sich um ein 11 Jahre altes Pferd, das nie scheute und Äs fromm galt. Es sei eine Aus­rede des Angeklagten, wenn er sage, das Pferd habe plötz­lich eine unvorhergesehene Wendung gemacht, Sieb sei ganz richtig auf dem Wagen gesessen, denn von oben herab, könnte er ja die Bremse nicht erreichen. An der Verletzung des Pferds sei zu ersehen, wie ungemein schwer der Ausstoß war. Den Angeklagten treffe das alleinige Verschulden, das so grob war, daß eine Geldstrafe nicht ausreichte, er bean­trage 2 Monate Gefängnis. Die Große Strafkammer ver­kündete nach längerer Beratung folgendes Urteil: Die Be­rufung des Angeklagten wird verworfen, der Berufung der Staatsanwaltschaft wird stattgegeben, das Urteil des Schöf­fengerichts Neuenbürg aufgehoben und Lay dem Antrag des Staatsanwalts gemäß wegen fahrlässiger Tötung zu 2 Mo­naten Gefängnis verurteilt. In den Urteilsgründen ist aus­geführt: Festgestellt ist, daß Angeklagter den Tod des Sieb verursachte, weil er nicht genügend rechts gefahren ist. Zu dieser Feststellung gelange man auf Grund einer Reihe von Erwägungen er fuhr nicht 1 Meter rechts vom Ban­kett, sonst hätte er noch anhalten können, als er das Fuhr­werk sah und wäre nicht in dasselbe hineingefahren, er hat ja selbst zugegeben, daß er erst im letzten Augenblick, als er den Langholzwagen gesehen, nach rechts gefahren'sei. Es sei gar nicht denkbar, daß das Pferd scheute, denn die Deich­sel ist nach dem Unfall rechts in der Fahrtrichtung gestanden, ein Pferd scheue nicht unter solchen Verhältnissen. Ange­klagter habe nicht genügend aufgepaßt, habe nicht abgeblen­det, sei zu schnell gefahren, habe der Fahrbahn nicht aus­reichende Aufmerksamkeit geschenkt, als Berufsfahrer habe Lay den Tod des Sieb verursacht. Bei der Strafzumessung sei reiflich erwogen worden, daß durch grobe Fahrlässigkeit des Lay ein Familienvater den Seinen genommen worden sei und daß der Tod eines Menschen nicht durch eine Geld­strafe gesühnt werden könne, 2 Monate Gefängnis komme dem alleinigen Verschulden des Angeklagten näher und s^i entsprechend gebotene Sühne, zudem hat Angeklagter die Kosten beider Instanzen zu tragen, abgesehen von dem Civilanspruch, den wohl oder übel die in tiefes Leid ver­setzte Familie gegen den Verurteilten geltend machen wird. Gegen dieses Urteil gibt es kein weiteres Rechtsmittel m.ehiv es ist rechtskräftig. L. 8<

Sendefolge der Stuttgarter Rmidsunl W.

Dienstag, 7. März:

K:13: Zeitangabe. Weit erdericht, Gymnastik. 7.15: Zeitangabe, Nachrichten, ' Wetterbericht. 7.208.00: Schallplatte». 10.00: Nachrichten. -10.10: Fra»t> Philipp.Lieder. 10.4011.10: Schulfunk: 21. Musikgeräte und Spielware».

II.SS: Wetterbericht. 12.00: Schallplatte!!. 13.15: Zeitangabe, Nachrichten, Wetter, und Schncebericht. 13.30: Konzert. 14.301S.M: Englischer Tprach- unterricht filr Fortgeschrittene. 16.00: Blumenstunde. 10.20: Frauenstunds: Vortrag: Unser Garte», im März. 17.00: Konzert. IS.1S: Zeitangabe, :

Wetterbericht, Landwirtschaslsnachrichten. 18.25: Vortrag: WeUanschyunn« >. und Dichtung. 18.S0: Vortrag:Marie Antoinette". 19.IS: Zeitangabe,

Nachrichten. 1S.SV: Balalaika-Konzert. 20.00: Ein Berliner Salon im Jahr 1800. 21.00: Opecetteiikoiizert. 22.00: Zeitangabe. Nachrichten, Wetterbericht. «.80-24.00: Nachtmusik.

Mittiooch, 8, März,

8.1S: Zeitangabe, Wetterbericht. Gymnastik 7.15: Zellangabe, Nachrichten, Wetterbericht. 7.20-8.00: Schallplatte!,. 10.00: Nachrichten. 10.10: Bläser, trlo» für Flöte, Klarinette und Fagott. 10.S0-11.2S: .Sonatentänze-, 11.R: Wetterbericht. 12.<>0: Konzert. 13.1S: Zeitangabe, Nachrichten, Wetterbericht. 18.80: Konzert. 10.00: Kinderstunde. 17.00: Konzert. 18.05: Zeitangabe,

Wetterbericht, Landuiirtschaflsnachrichten. 1S.1S:Unser Heimatschub-:Die groben Baudenkmal« in Württemberg". 18.40: Vortrag:Zeugnis und sonstige Arbeitspapiere". 19.05: Zeitangabe, Nachrichten. 19.1S: Sön.e-Llkder, Ili.40: Kleine Stücke für Violine. 20.10: Unbekannte« Europa: s-land. A.10: Kouzerr. 22.15: Zeitangabe, Nachrichten, Wetterbericht. W.4S-44.Ö9: Nachtmusik.

Loanersiag, 9, März:

8.1S: ZeHattgo.be, Wetterbericht, Gymnastik. 7.1S: Zeitangabe, Nachricht«», Wetterbericht. 7.208.00: Schallplatten. 10.00: Nachrichten. 10.10: Harfen- ouelte. 10.4011.10: Deutschs Nomantiker. I1.S5: Wetterbericht. 12.00!- Konzert. 1S.1S: Zeitangabe, Nachrichten, Wetterbericht. > 3 . 80 : Konzert. 1«.30: Spanischer Sprachunterricht. IS.00: Englischer Sprachunterricht ttt« Anfänger. 15.3016.30: Jugendstunde. 17.00: Konzert. 15.OS: Zentonyab«, Wetterbericht. Landwiclschaftsnachrichten. 18.IS: Bortrag:Zu viel Men»

heute nicht zwischen uns ist, dem wir es alle gegönnt hätten: Heinz Gerber."

Heinz Gerber war uns ein guter Kamerad, den wir sehr gern haben alle miteinander. Wir wissen, daß auch er gearbeitet hat, und wenn er auch Hemmungen hat, so ersetzt er das reichlich durch seinen lauteren Charakter, der durch viele böse Erlebnisse so edel geworden ist.

Wenn auch Ort und Stunde dazu denkbar ungeeignet sind, so nehme ich doch die Gelegenheit wahr, für ihn ein warmes Wort bei den Herren Seminarlehrern, die heute abend zu uns gekommen sind, einzulegen. Ich glaube, daß ich da wohl im Namen aller spreche . . ."

Lebhafte Zustimmung unterbrach ihn.

Heinz Gerber ist noch einer von den siebzig Volks­schülern, die vor sechs Jahren die Aufnahmeprüfung in der Präparandenanstalt bestanden haben. Heute ist auch er durchgefallen, so daß von den siebzig nunmehr sechs ihr Ziel erreicht haben.

Ihr anderen, die ihr im Laufe der Jahre von Gym- nisien und Realschulen her zu uns gekommen seid, ihr seid mir genau so liebe Kameraden wie diese ehemaligen Volks­schüler, aber gestattet, daß ich diese sechs, Heinz Gerber ein­geschlossen, meine nächsten Freunde nenne und auf ihren Weg einmal zurückblicke.

Wir kamen im letzten Kriegsjahre zur Präparandie. Wir waren ausgehungert und ausgemergelt. Wir waren halb verwildert und zum Teil gänzlich aus der Zucht. Wir haben manchen tollen Streich verübt, weil der Krieg alle Bande der Scheu gelöst hatte. Dann kam die Revolution, und man­cher von uns schlich zwischen den Fronten kämpfender Trup­pen, über aufgerissene Straßen und an Stacheldrahtverhauen vorbei zur Schule. Später brach sich die Erkenntnis durch, daß kein Lehrermangel, sondern Lehrerüberfluß eintreten

würde, und das Sieben ging los. Wir sind ganz jämmerlich gesiebt worden. Heute fiel der letzte: Heinz Gerber.

Ich erinnere an die Zeit der Kriegsteilnehmerkurse, die ihren rauhen Schützengraben auch in unsere stille Arbeits­gemeinschaft trugen. Ich erinnere an die Zeit der Kohlen­knappheit und an unsere oft wiederholte Flucht aus kalten Klassenzimmern. Ich erinnere an die furchtbare Inflation/ die wir eben überstanden haben, und ich erinnere auch an die Ruhrbesetzung mit ihren vielen Knnfliktsmöglichreiten, die uns heute noch drohen.

Wir haben keine sonnige Jugend w c. Aber wir sind nicht traurig darum, denn dadurch sin wir keine Roman­tiker geworden, sondern harte, gestählte junge Männer.

Auch vor uns liegt keine rosige Zeit. Unsere Zukunft ist auch durch das bestandene Examen nicht gesichert. Wir werden uns nun erst recht Üurchkämpfen müssen, und keiner weiß, wo er landen wird.

Frühere Jahrgänge hatten es gut. Wenn die Lehrer­prüfung bestanden war, bekam jeder Lehramtsanwärter seine Hilfslehrerstelle angewiesen. Wir werden jetzt auf dis Straße gewiesen, weil man uns nicht brauchen kann.

Trotzdem glaube ich daran, daß jeder von uns seinen Mann stellt und sein Brot findet: denn es ist uns noch nie etwas leicht gemacht worden, und wir werden uns weiter durchbeißen.

Kameraden! Stoßen wir darauf an, daß wir alle, die wir jetzt ganz von vorne anfangen müssen, obwohl wir unsere Berufsausbildung abgeschlossen hinter uns haben, einmal eine Existenz, ein Auskommen finden werden!"

Bis in den Morgen hinein saßen die Junglehrer bei­sammen. Dann gingen sie auseinander und wurden in alle Welt, in alle Berufe verstreut.

(Jortsetzung jolgtj.