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Nummer 232

Ferrums KV

Dienstag den 4. Oktober 1832

Fernruf 47S

67. Jahrgang.

Der Lytton-Bericht

Das Völkerbundssekretariat hat am Sonntag den Be­richt des vom Völkerbund nach dem Fernen Osten entsandten Studienausschusses über die Lage in der Mandschurei ver­öffentlicht. Nach dem englischen Ausschußmitglied Lytton wird er auch kurz Lyktonbericht genannt. Außerdem ge­hörten dem Ausschuß an Gouverneur Schnee (Deutsch­land), Aldrovandi (Italien), General Claudel (Frank­reich) und General Mac Coy (Ver. Staaten).

Der Bericht umfaßt 150 Seiten und eine Reihe von An­hängen und Karten. Er schlägt eine Neuregelung der chine­sisch-japanischen Beziehungen auf folgender Grundlage vor:

1. Selbstverwaltung für die Mandschurei, die auf die drei Provinzen Liaotung, Kinn und Heilungkicmg Anwen­dung finden soll;

2. Abschluß eines chinesisch-japanischen Vertrags über die

japanischen Interessen;

3. Abschluß eines chinesisch-japanischen Schie-sgerichts- und Vergleichsvertrags und eines Nichkangrifssabkommens und eines Vertrags über gegenseitige Hilfeleistung:

4. Abschluß eines chinesisch-japanischen Handelsvertrags.

Die Selbstverwaltung soll der Mandschurei durch eine

freiwillige Erklärung der chinesischen Regierung gewährt werden. Der chinesischen Zentralregierung würden in den drei Provinzen folgende Rechte zustehen:

Oberaufsicht über die auswärtigen Angelegenheiten, dir Kontrolle der Zölle, des Poskwesens, der Salzsteuer und vielleicht auch der Tabak- und Weinsteuern, die Ernennung des Leiters der Vollzugsgewalt. Alle übrigen Rechte wür­den unter die Zuständigkeit der einheimischen Regierung füllen. Für die Aufrechrerhaltung der Ordnung und für Ver­teidigungszwecke soll eine Gendarmerie geschaffen werden, nach deren Vervollkommnung alle andern bewaffneten For­mationen von dem Gebiet zurückzuziehen wären, die chine­sischen und japanischen Sondertruppen für die Bewachung der Eisenbahn nicht ausgeschlossen. Der Leiter der voll­ziehenden Gewalt soll sich mit einer Anzahl fremder Räte umgeben, von denen eine gewisse Zahl Japaner sein müssen. Für die oberste Leitung der Gendarmerie und der Steuer­verwaltung sollen vom Leiter der Regierung zwei fremde Persönlichkeiten verschiedener Nationalität aus einer vom Völkerbund vorgeschlagenen Liste gewählt werden. Die Zentralbank der drei Provinzen soll gleichfalls einem frem­den Berater unterstellt werden.

Bezüglich der japanischen Interessen werden folgende Grundsätze aufgestellt: 1. Freie Beteiligung Japans an der wirtschaftlichen Erschließung der Mandschurei unter Aus­schluß jeglichen Aufsichtsrechts in politischer und wirtschaft­licher Beziehung: 2. Bestätigung der Rechte, die Japan ge­genwärtig in der Provinz Jchol genießt; 3. Ausdehnung des Niederlassungs- und des Pachtrechts auf die ganze Man­dschurei; 4. Abschluß eines Vertrags über Benutzung der Eisenbahnen.

Die Währung soll durch eine Konferenz geregelt werden.

Die Vorschläge bezüglich der Mandschurei sehen aus­drücklich vor, daß die Souveränität Ehmas über die Man­dschurei aufrechtcrhalken bleibt Die inzwischen erfolgte An­erkennung des Manschukuo durch Japan wrd von dem Aus­schuß als belanglos für die vorgeschlagene Regelung an­gesehen. Die Schaffung des Mandschukuo-Staats wird als unvereinbar mit den Grundsätzen der bestehenden inter­nationalen Verpflichtungen bezeichnet. Sie entspreche auch nicht den Wünschen der Bevölkerung. Die Schaffung dieses Staats wird in dem Bericht ziemlich scharf verurteilt, und es wird festgestellt, daß die militärischen Operationen Japans vom 18. September vergangenen Jahrs in Mukden nicht alsVerteidigungsmaßnahmen" angesehen werden können.

Der Bericht erscheint in wichtigen Punkten durch die Tatsachen überholt zu sein. Als der Ausschuß im Frühjahr 1932 seine Reise nach dem Fernen Osten antrat, bestanden über die Absichten Japans keine Zweifel mehr, aber es wa­ren doch nur in weit geringerem Grad vollendete Tatsachen geschaffen. Auf japanische Veranlassung hat sich inzwischen die Mandschurei für selbständig erklärt. Die Japaner haben die Verwaltung ganz unter ihren Einfluß gebracht und die Zvlleinnahmen den Chinesen entrissen, wodurch auch die Verzinsung der chinesischen Ausländsanleihen gefährdet ist. Vor allem aber hat Japan am 15. September, also nach Fertigstellung des vor vier Wochen beendeten Lytton- Derichts den mandschurische» Staat allen Rechts anerkannt und damit die Brücke zu einer Verständigung auf der Grundlage des Völkerbundsvorschlags abgebrochen.

Es ist schwer zu glauben, daß der Lytton-Bericht die Grundlage einer Verständigung abgeben wird. Japan wird ohne Zweifel als Herr der Lage abwarten, wie die Tagung des Völkerbundsrats Mitte November an die Frage heran­geht. Bis jetzt hat noch keine der neun Mächte des Ab­kommens von 1922 die Anerkennung des mandschurischen KWts LiMesprochen, pbWhl Jgpan erklärt hgt, dgß nur

TagessPiegel

Das Luftschiff Graf Zeppelin wirb am Dienstag nach­mittag in Friedrichshafen erwartet.

Reichspräsident von Hindenburg empfing am Montag eine Abordnung des Reichskriegerbunds Kyffhäuser mit General v. Horn, die Bundesführer des Stahlhelm und eine Abordnung des Deutschen Offiziersbunds mit General a. D. v. Below. die ihm die Glückwünsche zum 85. Geburtstag überbrachten.

Nächster Tage begibt sich eine von der Reichsregierung ernannte Kommission nach Rom, um wegen der jüngsten Devisenverordnung Italiens zu verhandeln. Sollten die Verhandlungen fruchtlos sein, so sind von der Reichsregie­rung bereits entsprechende Gegenmaßnahmen vorgesehen. Die Kommission besteht aus ss einem Vertreter des Aus­wärtigen Amts, des Reichswirkschaftsminifteriums und der Reichsbank. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Kommis­sion, die bis setzt in Brüssel und im Haag über die Koniin- gentierung verhandelte und die ebenfalls nach Rom reisen wird.

Entsprechend dem kommunistischen Antrag ist der Reichs- kagsausschuß für Auswärtiges von seinem Vorsitzenden, dem Abg. Dr. Arick (NS ), für Dienstag, den 11. Oktober ein­berufen worden. Auf der Tagesordnung steht ein Bericht über die Lausanner Verhandlungen. Der Reichsaußen, minister hat das Erscheinen abgetehnk, da die Frage -ex Teilnahme der Reichsregierung ün den Ausschüssen des Reichstags noch nicht geregelt sei. Außerdem sei voraus­sichtlich die Völkerbundsversammlung am 11. Oktober noch nicht abgeschlossen, so daß vorausgesetzt, daß jene grund­sätzliche Frage geregelt werde die Hinausschiebung des Termins zu empfehlen wäre. Trotzdem wurde der Termin aufrechkerhalken.

^ Auf Grund von Verhandlungen mit den Privataktio- nären der deukfclMn Sendegesellschaften stehen dem Reich nunmehr alle Aktien dieser Gesellschaften zur Verfügung.

Der preußische Finanzminisker hat neue Durchführungs- besiimmungen zum Schlachksteuergeseh erlassen.

solche Mächte in der Mandschurei Handelsgleichberechtigung erhalten werden, die den neuen Staat anerkennen. Bis jetzt haben im VMerbundsrat diejenigen Mächte die Oberhand, die den japanischen Wünschen geneigt sind, wie z. B. Frank­reich. Es sollen bekanntlich Bemühungen im Gang sein, Frankreich auf die Seite der Vereinigten Staaten herüber­zuziehen, die entschieden gegen die japanischen Pläne sind; Amerika würde dann, wie es heißt, Frankreich gegen den deutschen Gleichberechtignngsanspruch unterstützen. Diese Unterstützung möchte Frankreich wohl gern haben, aber es will sich auch sein Spiel mit Japan nicht verderben lassen. In der Rolle von Buridans Esel scheint es ihm zurzeit nicht sonderlich wohl zu sein.

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Der Lytton-Bericht verschweigt nicht, daß die große Mehrzahl der mandschurischen Bevölkerung der japanischen Herrschaft gegenüber feindlich gesinnt ist. Dem Ausschuß sind 1530 Briefe zugegangen, daß die Mandschus es ab­lehnen, das Schicksal der Koreaner zu keilen. Die mandschu­rische Bevölkerung stellt denn auch den Hauptteil der Frei­schärler, die unter chinesischer Führung den unablässigen Kleinkrieg gegen die Japaner führen.

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Das Marineamt in Washington gibt bekannt, daß die amerikanische Aklantikflolke ein weiteres Jahr lm Stillen Weltmeer bleiben werde. Das ist ein deutlicher Wink an Japan.

Die Reichsregierung und die Streiklage

Im Augenblick keine besonderen Maßnahmen geplant

Berlin, 3. Okt. Gerüchten gegenüber, wonach der Ar­beitsminister beabsichtigen soll, der Streikbewegung durch eine gemeinsame Konferenz mit den Vertretern der i Arbeitgeber und Arbeitnehmer entgegenzuwirken, wird halbamtlich erklärt, baß ein besonderer Schritt nicht geplant sei. Selbstverständlich hat der Reichsarebitsminister der Ent­wicklung bisher nicht einfach zugesehen. Es haben vielmehr gerade in der letzten Woche zahlreiche Besprechungen mit Vertretern sowohl der Unternehmer als auch der Gewerk­schaften stattgefunben. Einige Gewerkschaftsvertreter sinh auch vom Reichskanzler empfangen worden. Bei den Ge- werkschaften selbst ist die Äechtsauffaung keineswegs ein­heitlich. Während die freien Gewerkschaften die Rechtsgül- tigkeit der Notverordnung anzweifeln, vertreten die christ­lichen Gewerkschaften bis jetzt den Standpunkt, daß sie sachlich zwar gegen die Notverordnung seien, nachdem sie aber einmal vorliege, müsse sie auch ordnungsmäßig durch- geführt werden, lieber irgendwelche Rechtszweifel würde auch bin« Konferenz der betMMen Lreste tck stjeßiick HMZ.

Staaksgerichkshofs in der Preußenkläge zu einer Vollsitzung zusammentreken.

Auf 6. Oktober ist eine Föhrerkagung der DNVP. ein­berufen, mit der die Partei in den Wahlkamps einlreten wird. Dr. Hugenberg wird eine politische Rede halten.

Der österreichisch« Gesandte in Berlin Dr. Frank (seit 1925) ist abberufen worden.

Die Nachverhandlungen im Hamburger Verkehrsstreik sind gescheitert. Die Entscheidung liegt nun beim Reichs- arbeiksmlnifterium.

Einer englischen Zeitungsmeidung zufolge soll Mac Do- nald beabsichtigen, eine engere Konferenz von Vertretern Englands. Frankreichs, Deutschlands und Italiens einzu­laden, um die deutsch-französische Meinungsverschiedenheit in der Abrüstungsfrage zu bereinigen. Die Reichsregiernng ist amtlich von dieser Absicht noch nicht in Kenntnis gesetzt worden, sie setzt auch bis jetzt keine Hoffnungen auf sie.

Polnische Blätter melden, als Vöikerbundskommlssar für Danzig solle ein Engländer für den verstorbenen Italiener Graf Gravina ernannt werden, und zwar handle es sich um den früheren englischen Gesandten iu Warschau, Max Müller, oder um Sir Hope Limplon.

Die Welkwirtschaftskonferenz soll nach einem Beschlutz des Genfer Ralsausschusfes in London, und zwar voraus- sichtlich am 1. oder 20. Februar 1933 veröffentlicht wrtzen. Am 31. Oktober wird der Vorbereitende Sachverständigen- ausschuß in Genf zusammsnlreten, in dem Deutschland Lurch Reichswirtschaftsminister Warmbold und Dr. Vocke ver- treten ist.

Die Völkerbundsverfammlung hat heute einstimmig öer Aufnahme des Irak in den Völkerbund, sowie der von Po'en bsantragten Wiedsrwählbarkeik Polens zum Vökkerbunds- rak zugestimmt. Damit hat sich Polen zum zweitenmal für wettere drei Jahre eine Vertretung lm Völkerbundsrek ge- sichert. ,

Aus Rio de Janeiro wird gemeldet, daß die Aukstä".- dischen im Staat Sao Paolo sich bedingungslos erg 3 »r haben. Oberst Silva hat die Leitung der Geschäfte d.« Staats übernommen.

Klarheit bringen können. Sie ist'nur durch Entscheidung der Arbeitsgerichts möglich. Bis jetzt hat man in juristi­schen Kreisen den Eindruck, daß keine Partei große Nei­gung hatte, das Arbeitsgericht anzurufen. Es ist aber mög­lich, daß eine solche gerichtliche Klärung nun doch in der nächsten Zeit im Hinblick auf die Lage im Rheinlands erfolgt.

Das vermutete Eingreifen des Reichsarbeitsminister^ ist auch deshalb nicht zu erwarten, weil nach den letzten Mel­dungen keine Verschärfung der Lag« eingetreten ist- Weber der Hamburger Berkchrsstreik noch der der Berliner Spe­ditionsarbeiter hat mit der Notverordnung irgend etwas zu tun. Uebrigens hat sich auch bas Kab inett am Freias bereits mit diesen Dingen beschäftigt. Es ist aber zu dem Entschluß gekommen, die weitere Entwicklung zunächst ab- zuwarken. Sollte sie zu einer Verschärfung führen, so würde dis Regierung natürlich erneut Stellung nehmen. 3m Augenblick aber sind keine besonderen Maßnahmen geplant. Deshalb entfallen auch die Gerüchte von einer besonderen Streikverordnung.

Neue Nachrichten

Haltlose Angriffe gegen den Reichskanzler

Berlin, 3. Okt. In der nationalsozialistischen Presse find in letzter Zeit verschiedentlich persönliche Angriffe gegen den Reichskanzler von Papen erhoben worden. Zu de^ Be­hauptung einer Thüringer Zeitung unter der Uebeischrist von Papen als Vetter", der Reichskanzler habe sine in Not gerateneAnverwandte und Iugenbgespielin" mit Geld unterstützt, wird von zuständiger Stelle festgesiellt, daß hem Reichskanzler täglich zu Dutzenden Unterstützungsanträae zugehen, die er, wenn möglich, aus privaten Mitteln befrie- digt. Die von dem nationalsozialistischen Blatt erwähnte Dame ist dem Reichskanzler persönlich überhaupt nicht bekannt. Auch sie selbst scheint offenbar in dem Reichskanzler keinen Verwandten und Iugendgespielen wiederzuerkennen, da sie ihr Schreiben mit der Anrede Sehr geehrter Herr Reichskanzler" beginnt.

Weiter wird in einer nationalsozialistischen Broschüre die Gattin des Reichskanzlers als Französin und Ver­wandte von Schneider-Creusot bezeichnet und behauptet, der Schwiegervater des Kanzlers habe sich an ber sondlerbündlerischen Bewegung beteiligt. Die Gattin des Kanzlers ist weder Französin noch ist sie mit Schne'der- Crensot verwandt, und da der Schwiegervater bereits 1968 gestorben ist, schon deshalb seine Beteiligung an den sonder- bündlerischen Bewegungen nicht möglich gewesen.

L. ^

Drr Re-cksrat wird alsbald nack erfolatem Urteil des