Stimmen der Kommunisten angenommen. Eine längere Aus­sprache knüpfte sich dann an einen soz. Antrag, der die Ver­längerung der Steuerfreiheit für Neubau­wohnungen von fünf auf sieben Jahre mit rückwirkender Kraft auf 1. Januar 1931 vorsieht.

Finanzminister Dr. Dehlinger wandte sich entschie­den gegen den Entwurf, weil in den meisten Fällen nicht der geringste Anlaß zu einer Steuerermäßigung bestehe und weil sowohl der Städte- wie auch der Gemeindetag im Interesse der Gemeindefinanzen dringend gebeten haben, die Verlän­gerung der Steuerfreiheit abzulehnen. Der Minister bezeich- nete den soz. Entwurf als den Ausfluß einer verantwortungs­losen Opposition. Auch die Abgg. Dr. Mauthe (Dem.), Dr. Häcker (BB.), Dr. Hölscher (BP.), Dr. Ströbel (BB.) sprachen sich gegen den Jnltiatiogesetzentwurf aus, während sich die Abgg. Winker (S.), Fischer (Komm.), Mergenthaler (NS.), Gen gl er und Andre (Z.) für ihn ins Zeug legten. Abg. Bausch (CVD.) beantragte, nur solchen Gebäudebesitzern, die sich in wirtschaftlicher Be­drängnis befinden, Steuerfreiheit bis zu sieben Jahren zu gewähren. Dieser Antrag wurde mit dem Entwurf an den Steuerausfchuß überwiesen.

Die sehr strittige Frage der Errichtung einer neutra­len Schieds stelle wurde von der Tagesordnung ab­gesetzt. Dann kamen noch Anträge des Zentrums und des Bauernbunds betr. die Ergreifung von Maßnahmen zur Behebung der wirtschaftlichen Not sowie zum Schutz der Land- und der Waldwirtschaft zur Beratung. Diese Anträge, die erst dieser Tage im Finanz­ausschuß behandelt worden sind, wurden von den Abgg. Muschler (BB.) und Lins (Z.) begründet. Während die Abgg. Weimer (S.) und Roth (Dem.) sie alsalte Bekannte" behandelten, erklärte Wirtschaftsminister Dr. Maier, im Ausschuß habe Einmütigkeit über die Not­wendigkeit dieser Anträge bestanden. Der Minister trat hauptsächlich für den Schutz der Waldwirtschaft ein. Leider habe die Reichsregierung für alle Anträge und Vorstellungen auf diesem Gebiet wenig Verständnis gezeigt. Wenn es so weitergehe, komme man in der holzfrage noch zu anarchischen Zuständen.

Abg. Kling (CVD.) beantragte zur Hebung des Fleisch­verbrauchs die Zuweisung von Frischfleisch an die Erwerbs­losen an Stelle des Gefrierfleischs. Abg. Albert Fischer (Komm.) kritisierte die Anträge als ein Mißtrauen der An­tragsteller gegen die eigene Regierung. Es sprachen dann noch die Abgg. Bauser (VN.), Mergenthaler (NS.) und Hartmann (DVP.), die ihre Zustimmung zu den An­trägen zum Ausdruck brachten. Diese wurden mit dem An­trag Kling a n g e n o m m e n.

Damit war die Tagesordnung erledigt, und dem Präsi­denten wurde die Ermächtigung erteilt, den Zeitpunkt der nächsten Sitzung selbst zu bestimmen. Voraussichtlich wird der Landtag erst im Januar wieder zusammentreten.

Neue Notverordnung Aufhebung der Oberämter Welzheim und Sparchingen

Nächsten Dienstag wird die Regierung ihre neueNot- verordnung dem Finanzausschuß unterbreiten. In der Notverordnung soll auch die Frage einer Herabsetzung der Landtagsdiäten geregelt werden, mit der sich der Landtag selbst nicht mehr befaßt hat. Die in der Presse bereits angekündigte Aufhebung der Oberämter Welzheim und Spaichingen dürfte in der Notver­ordnung ihre Verwirklichung finden.

Württemberg

Beamtenschaft und Notverordnung

Stuttgart, 26. Nov. Der Allgemeine Deutsche Beamten­bund, Landesausschuß Württemberg, hat in Gemeinschaft mit dem Afa-Bund und den beiden Spitzenorganisationen in Württemberg angeschlossenen Beamten- und Angestelltcn- verbänden dem württ. Staatsministerium in einer Eingabe eine Anzahl Forderungen unterbreitet, die auf eine Zurück­nahme oder Milderung der Notverordnung abzielten. Am 23. November fand zwischen dem Staatspräsidenten und Vertretern obiger Organisationen eine Besprechung statt. Nach den Erklärungen des Staatspräsidenten kommt eine Zurücknahme der Notverordnung nicht in Betracht, ebensowenig ihre derzeitige Abänderung. Er stellte lediglich in Aussicht, daß bei einer weiteren, dis Gehaltsverhältnisse der Beamten und Angestellten berüh­renden Reichsnotverordnung die durch die württ. Notver­ordnung vorgenommenen Gehaltskürzungen in Anrechnung gebracht würden. Hierbei könne auch erwogen werden, in­wieweit die in der Eingabe geforderte Gehaltsstaffelung unter Festlegung einer höheren Freigrenze in Anwendung zu bringen sei. Die Notverordnungspolitik wurde, von ihm

Die Sporck'schen Jäger

Roman von Richard Sks»r»nnek.

tt. Fortsetzung. Nachdruck verboten.

Elsbeth legte sich in das Wagenpolster zurück und be­gann ein seliges Träumen. Immer noch kam es ihr wie ein Wunder vor, daß der Einzige, Herrliche gerade sie, das un­bedeutende kleine Mädel, vor allen andern erwählt hatte. In der Erinnerung kostete sie noch einmal alles aus, was sich zugetragen hatte seit der ersten Begegnung in der Bahn bis zu dem Augenblicke gestern abend im Garten, wo er ihre Hand an die Lippen zog:Fräulein Elsbeth, noch heute werde ich meinem Papa von dem tiefen Eindrücke berichten, den Sie auf mich gemacht haben. Ich vermute, er wird demnächst herüberkommen, um sich eine gewisse junge Dame persönlich anzusehen." Da hatte sie den Kopf gesenkt in scheuer Demut, und das Herz war ihr ganz groß und weit geworden in der Brust. Vornehmlich, wenn sie daran dachte, was man bei der Frau von Wilkenhagen in Weimar wohl sagen würde, wenn sie, kaum ein paar Tage nach dem Verlassen der Pension und als erste ihres Jahrganges, sich verlobte. Die erstaunten und neidischen Gesichter hätte sie sehen mögen! . . . Und sie schwelgte ordentlich in ihrem Triumphe als eine echte Evastochter, deren Glück erst voll­kommen wird, wenn ein paar andere ihres Geschlechts sich darüber ärgern.

Und gar zu gerne hätte sie sich dem Vater anvertraut, ihm ebenso das Herz ausgeschüttet wie der Trine, wenn die ihr vor dem Zubettgehen die langen blonden Haare strählte und mit lüstern schmatzenden Lippen all die großen und kleinen Ereignisse des Tages abhörte. Aber der alte Herr

damit verteidigt, laß die damit verbundenen Härten un­vermeidbar se.m und das deutsche Volk nicht darüber hin­auskomme, sich noch sparsamer einzurichten als seither und bei geringeren, Einkommen mehr zu arbeiten.

Zur Frage der Pensionskürzungen

Von zuständiger Seite wird mitgeteilt: In derTübinger Chronik" vom 21. d. M. schildert ein im Jahr 1916 pensio­nierter Beamter vermutlich der alten Bes.-Gr. IV seine Pensionsverhälknisse. Sem Ruhegehalt bei 40 Dienst- l jahren habe jährlich 2400 RM. betragen und sei ab 1. Okt.

I d. I. infolge der Kürzungsvorschriften des Reichs und Lan­des auf monatlich 168 RM-, d. h. um 16 v. H. herabgesetzt ! worden. Er werde nun ab 1. Jan. 1932 infolge der neuesten Aeichsvorschriften auf monatlich 155 RM-, d. h. um weitere 6^l Proz. sinken.

Das gibt Veranlassung, darauf hinzuweisen, daß diese Annahme unzutreffend ist. Denn das Staatsministe­rium hat auf Antrag des Finanzministers beschlossen und Weisung gegeben, daß neben der neuesten Reichskürzung § die besondere württ. Kürzung nur noch insoweit fortbsstehen > solle, als sie das Maß der Reichskürzung etwa übersteigen ! sollte. Die Berechnung ergibt, daß hienach in einem Fall j wie dem obengenannten die württ. Kürzung so gut wie gar j nicht mehr fühlbar sein wird. Die Pension wird sich, ch- j weit sie ohne nähere Angaben geprüft werden kann, ab ! 1. Jan. 1932 nur etwa um 50 Rpfg. monatlich verändern, j Die gesamte Kürzung wird also in solchen Fällen nach wie i vor bei rund 16 v. H. verbleiben.

Stuttgart, 26. November.

Nochmals Skaaksfinanzen und Mnrkk. Beamtenschaft. Vom Württ. Bsamtenbund erhalten wir eine Zuschrift, dis sich gegen die in den letzten Tagen der Presse übergebenen Erklärungen des württ. Finanzministeriums wendet. Der Beamtenbund behauptet, das Finanzministerium gehe um den Kern der Sache herum, nämlich um die Beantwortung der Frage, ob und wann die über die Grundsätze des Reichs hinausgehende, die württ. Beamtenschaft empörende Son­derbelastung beseitigt werden solle. Nachdem auf diese Frage keine befriedigende Antwort erteilt wurde, habe sich der Beamtenbund an den württ. Landtag gewandt. Es gäbe eine große Anzahl von Beamten, die nunmehr neben den seitherigen Reichskürzungen mit Sonderkürznngen zwischen 20 und 30 Prozent belastet seien. Tatsächlich hätten fast alle Länder die Aufrückungssperre entweder nicht ein­geführt oder wieder ausgehoben. Nirgends bestehe die in Württemberg vorgenommene Verschlechterung bei den Dienstwohnungsinhabern, und nur in vier kleinen Ländern eine auch dort noch nicht so schwere Belastung der ledigen Beamten.

Nationale Volksgemeinschaft. Am 21. November fand in Stuttgart eine Mitarbeitertagung der Nationalen Volks­gemeinschaft statt, der bekanntlich 'Kultminister Dr. Bazille angehört. In eingehender Ansprache wurden die vom Aus­schuß für die Stuttgarter Gemeindewahlen getroffenen und ebenso für die Zukunft vorgesehenen Maßnahmen gut- gsheißen.

Die Stuttgarter weihnachtsmesse 1931 beginnt am Don­nerstag, 17. Dezember und dauert bis Donnerstag, 24. De­zember, nachmittags 4 Uhr. Die offenen Verkaufsplätze werden am Mittwoch, 16. Dezember, zugeteilt. Den Spe­zialisten können aus Verkehrsgründen und wegen Platz­mangel keine Plätze zugesichert werden. Obst-. Südfrüchlen- und Wurstverkäufer werden nur in der Markthalle zu- ' gelassen. Die Möbelmesse, beschränkt auf 3 Tage, findet vom 17. bis 19. Dezember in der Gewerbehalle statt. s

Die Elisabeth-Gedächtnis-Ausstellung im Schloßmuseum s

(Neues Schloß, Eingang unter der Krone) muß am 1. De- ' zember geschlossen werden, ebenso die Volkskunst-Ausstellung. Anschließend wird eine Weihnachts-Ausstellung, Krippen und Puppen, vorbereitet, die am 10. De­zember eröffnet werden soll.

Gasvergiftung. Bei dem Tod eines älteren Familien­vaters in Berg handelt es sich um einen Unglücksfall. Die Untersuchung hat ergeben, daß ein Rohr der Gasleitung nicht in Ordnung war. Das ausströmende Gas halte den Tod des Mannes und die schwere Betäubung der Frau zur Folge. Die Verunglückten erhielten noch am Montag vor­mittag den Besuch ihrer beiden Enkelkinder, denen gegen­über sie sich über Kopfweh beklagten. Von diesem Zeitpunkt an hat keines der beiden Ehegatten mehr die Wohnung verlassen.

Vom Tage. Am 24. November abends wurde in Mühl­hausen a. N. eine unbekannte weibliche Leiche aus hem Neckar > gelandet, die nur ganz kurze Zeit im Wasser gelegen haben kann. Es handelt sich zweifellos upi Freitod. Die Persönlich- -

reit der Toten konnte bis jetzt nicht festqestellt werden. Sie ist etwa 50 Jahre alt und trug einen Ehering mit der Gra­vierungL. F. 19. Mai 00". Am 25. November abends erlitt auf dem Charlottenplatz ein 47 I. alter Mann einen Herzschlag.

Aus dem Lande

Köngen OA. Eßlingen, 26. Nov. Brand. Heute früh brach im Haus von Alfred Fritz in der Scheuer Feuer aus. Scheuer und Dachstuhl sind vollständig ausgebrannt, wäh­rend die Wohnräume gerettet werden konnten. Es ist dies seit Jahrzehnten der erste größere Brand fall.

Welzheim, 26. Novbr. 20 Jahre Nebenbahn Schorndorf Welzheim. Am 25. November 1911, also vor jetzt zwanzig Jahren, ist die 12,92 Kilometer lange Reststrscke Rudersberg Welzheim der normalspurigen Nebenbahn Schorndorf Welzheim in Betrieb genommen worden. Die den Welzheimer Walb erschließende Bahn brachte Welzheim als letzter württembergifcher Oberamts- stadt Bahnanschluß. Die erste Teilstrecke Schorndorf Ru­dersberg (9,91 Km.) war schon am 28. November 1908 er­öffnet worden; der Fortbau der Bahn hatte sich durch Schwie­rigkeiten des Geländes und Erdrutsche stark verzögert.

Kochendorf OA. Neckarsulm, 26. Nov. Einbruchs­dieb stahl. Bei einem Salinenarbeiter, der letzten Sonn­tag mit seiner Frau verreist war, wurde eingebrochen. Der Fensterladen wurde mit Gewalt aufgerissen iHh die Fenster­scheiben eingedrückt. Der Dieb hatte sjD-^LW Eindrücken der Scheiben an den Händen verletzt,- denn, die Wäsche­stücke, die er durchstöberte, waren alle mit Blut beschmiert, Eine geringe Summe fiel ihm in die Hände. Den Zahltag des Arbeiters, der auch im Haus lag, hat der Gauner nicht gefunden.

Dörzbach OA. Künzelsau, 26. Nov. Zwei Scheunen abgebrannt. Dienstag mittag brach im Anwesen des Maurermeisters H. Burgert Feuer aus, das sehr rasch auch auf die Scheune des Landwirts Wunderlich Übergriff. Beide Scheunen, in denen viel Frucht lagerte und Gerätschaften aufbewahrt waren, brannten nieder.

Illingen OA. Maulbronn, 26. Nov. Schwerer Mo­torradunfall. Der 20 Jahre alte Sohn des Zimmer- Meisters Kälber von Lienzingen stieß auf der Straße Illin­genLienzingen bei etwas nebligem Wetter mit seinem Motorrad auf einen entgegenkommenden Lastkraftwagen. Der Motorradfahrer wurde am Kopf sehr schwer verletzt und bewußtlos ins Bezirkskrankenhaus Vaihingen ver­bracht. An seinem Aufkommen wird gezrveifelt.

Crailsheim, 26. Nov. Brandfall. Dienstag abend brannte die geräumige Scheuer mit Göpelhaus des Land­wirts Bieg bis auf die Grundmauern nieder.

Mldenstein OA. Crailsheim, 26. Nov. Der Fuchs alsHühnerdieb. Nachts stattete ein Fuchs dem Hühner­stall des Landwirts G. W. einen Besuch ab und machte sieben schönen Hennen den Gavcms. Fünf der Tiere verschleppte Meister Reineke nach seinem Bau.

Tigerfeld OA. Münsingen, 26. Nov. Schlechter kann's nimmer gehen! Kam da zu einem hiesigen Landwirt ein Metzger und bot ihm für ein Saugkalb (75 bis 80 Pfund schwer) 6 Mark. Nachdem noch drei oder vier Händler kamen, wurde es schließlich sür 13.50 Mark von einem Wirt gekauft. Ob da etwas verdient ist? Vom Land­wirt sicher nicht.

Reutlingen, 26. Nov. Vom Technikum für Tex- t i l i n d u st r i e. Zm Wintersemester werden am Staat!. Technikum für Textilindustrie Reutlingen die Kurse von. 306 Fachschülern und 16 Hochschülern besucht. Bon den abgegangenen jungen Textiltechnikern ist trotz der gedrück­ten Geschäftslage immerhin schon ein beträchtlicher Teil in Stellungen untergekommen. Während des Winters wer­den in sämtlichen Abteilungen Fortbildungskurse für er­werbslose Textilarbeiter von je 6 Wochen und durchschnitt­lich 8 Mochenstunden veranstaltet, die zur Zeit von 80 Ar­beitslosen besucht werden.

Conweiler OA. Neuenbürg, 26, Nov. Doppelwohn­haus abgebrannt. Mittwoch früh brannte das Doppel­wohnhaus des Friedrich Rentschler und Wilhelm Bischer, Schindelmacher, bis auf den Grund nieder. Bischer konnte sich nur durch das Fenster retten.

Hirrlingen OA. Rottenburg, 26. Nov. Brand. In der Nacht auf Mittwoch brannte das Anwesen des Küfers Hu­bertus Maurer bis auf den Grund nieder. Vom Mobiliar konnte fast nichts, das Vieh dagegen bis auf zwei fette Schweine gerettet werden. Der Abgebrannte erleidet großen Schaden.

Göppingen, 26. Nov. Schutz dem Handwerk. Gestern nachmittag versuchten wieder fremde^ mit Lastwagen

sah schweigsam da, die dicke Zornader auf seiner weißen Stirn ging überhaupt nicht mehr fort, als wenn ein tiefer Ingrimm an seinem Herzen nagte. Und des Abends, wenn sie nach alter Weise mit ihm eine Partie Schach zu spielen gedachte, verwies er sie unwirsch in ihr Zimmer und ging stundenlang ruhelos aus und ab. Sprach laut mit selbst, und wenn sie morgens herunterlam, standen auf dem Schreibtische drei, vier in der Nacht geleerte Flaschen. Aber sie getraute sich nicht zu fragen, was ihm wohl den früher so gleichmütigen Sinn bedrücken mochte, denn im stillen be­fürchtete sie, ihr eigenes Glück könnte dabei einen Schaden nehmen. Schon auf dem Bahnhofe hatte sie gemerkt, daß der Herr von Vahlenberg ihrem Vater wenig genehm war, und auch später machte er aus seiner Abneigung keinen Hehl. Wenn's auf den Spätnachmittag ging, schützte er fast immer eine dringliche Besichtigung vor im Revier, und es wurde hr allgemach peinlich, immer wieder dieselbe Phrase aufzusagen:Den Papa müssen Sie gütigst entschuldigen, Herr von Vahlenberg, er ist durch Amtsgeschäfte plötzlich abgerissen worden." Die alte Trine zuckte auf alle Fragen nur mit den Achseln:Er wird dienstlichen Aerger haben, das ist alles!

Damit mußte sie sich wohl zufriedengeben, aber zuwei­len schien es ihr, als wenn hinter dem finstern und ver­schlossenen Gehaben des Vaters mehr läge als bloß ein dienstlicher Aerger. Und ein Angstgefühl legte sich um ihr Herz, wie vor einem nahenden Unheil .... Am liebsten hätte sie sich ja einmal mit dem Onkel Rabenhainer über all diese Sorgen ausgesprochen, die sich störend in ihr junges Liebesglück drängten, aber seit dem ersten Tage, an dem das ganze Offizierskorps dagewesen war zu dem lustigen Begrüßungsabend, hatte er sich im Rohnsteiner Forsthause

nicht mehr blicken lassen. Früher hatte er fast alle Nachmit­tage vorgesprochen zu einem kurzen Steigbügeltrunk, trotz allem Dienst, weshalb also blieb er jetzt auf einmal fort, wo sie ihn gar nötig zu einer klärenden Aussprache ge­braucht hätte? . . . Und sie beschloß, ihm bei nächster Ge­legenheit einmal gründlich den Text zu lesen. Ob das wohl die unwandelbare Freundschaft wäre, die sie sich gegentei­lig gelobt hätte, ehe sie in die Pension nach Weimar ging.

Der alte Forstmeister biß an seiner Zigarre und sah brütend vor sich hin. Nur widerwillig hatte er sich entschlos­sen, die Tochter auf ihrer Besuchsfahrt zu begleiten; wenn's nicht gegen alles Herkommen gewesen wäre, hätte er das Mädel allein fahren lassen, sich in seine vier Pfähle ge­sperrt mit seinem Zorn. Wie einer, der zum Spießruten­laufen verurteilt war, kam er sich vor, wenn er an alle die neugierigen Fragen dachte, die ihn drüben im Städtchen er­warteten. Und was sollte er dauf antworten? Vielleicht: Ja, meine Herrschaften, es hat seine Richtigkeit, ich bin ein so unfähiger alter Krümper geworden, daß ich's nicht mehr fertigkriege, einen plundrigen Wilddieb zur Strecke zu brin­gen. Da steht's ja schwarz auf weiß im Lenzburger Anzei­ger: Dreitausend Mark Belohnung hat die Fürstlich Rohn- stein'sche Forstverwaltung auf die Ergreifung des Wild­diebes ausgesetzt! Ueber meinen Kopf hinweg und ohne mich zu fragen! Und ich verstehe den Wink ja ganz gut, aber die Herrschaften werden sich wegen meines Abschieds­gesuches noch ein wenig in Geduld fassen müssen. Erst ge­denke ich mir die ausgelobten dreitausend Mark selbst noch zu verdienen, um ihnen nachher den ganzen Bettel auf ein­mal vor die Füße zu werfenI"

Fortsetzung folgt.