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66. Jahrgang.
Donnerstag den 17. September 1931
Fernruf 47g
Nummer 217
Fernruf 47g
Meuterei i« der euglW« Mite
London, IS. Sept. Die Admiralität hat, wie kurz ge- meldet, gestern abend folgende aufsehenerregende Meldung ausgegeben: Der Befehlshaber der atlantischen Manöverflotte berichtet, daß bei der Verkündigung der von der Regierung beschlossenen Herabsetzung der Lohne bei einem Teil der Mannschaften Erregung entstanden sei. Infolgedessen hielt er es für angebracht, während der Untersuchung die Hebungen der Flotte einzustellen. Die Schiffe sind in den Hafen zurüäbefohlen worden, damit die angeblichen Härten von der Admiralität nachgeprüft werden können.
Die Flotte befindet sich zurzeit in dem Hafen Inver- gordon an der Ostküste Schottlands. Die Lohn- und Gehaltsherabsetzungen bei der Marine waren am 14. Sept. vom Unterhaus in zweiter Lesung angenommen worden. Die „Erregung" scheint sehr stark gewesen zu sein, sonst hätte der Admiral nicht die gesamte Flotte zurückbefohlen.
Die Admiralität verweigert weitere Angaben. Der „Daily Telegraph" berichtet: Am Sonntag haben die Ausschreitungen der Matrosen in der Seemannskantine von Invergordon beunruhigenden Ausdruck gefunden. Es waren etwa 700 Urlauber an Land. Bei einer Ansammlung bei der Landungsstelle kam es zu weiteren lärmenden Kundgebungen, die am Montag fortgesetzt wurden. Die Kantine wurde geschloffen, worauf etwa 600 Seeleute zum städtischen Sportplatz zogen und in heftiger Weise gegen die Löhnungsherabsetzung Einspruch erhoben. Abends kehrten die Seeleute auf die Schiffe zurück. Man vernahm aber am Ufer Gesänge und große Beifallskundgebungen. Es müssen also an Bord der Schiffe Versammlungen der Seeleute stattgefunden haben. Dem Befehl, in die Kojen zu gehen, wurde nicht Folge geleistet.
„Daily Herald" berichtet, auch in dem " Hottischen Kriegs- Hafen Rosyth herrsche große Aufregung ' ter den Seeleuten — Die atlantische Flotte besteht einschließlich der tzilfssahc- zeuge aus ungefähr 40 Schiffen mit einer Besatzung von zusammen 16 000 Offizieren und Mannschaften.
Cs handelt sich offenbar nicht nur um eine Disziplinlosigkeit, sondern um Meuterei, die erhebliche Rückwirkung auf andere von der Löhnungsherabsetzung betroffene Kreise haben kann, vor allem auf Militär und Polizei. Meuterei m der britischen Flotte wäre ein in der Geschichte so unerklärlicher Vorgang, daß man die Meldung darüber für einen Witz halten möchte, wenn sie nicht amtlich beglaubigt würde. Auf weitere Meldungen darf man gespannt sein.
Marineminister ist zurzeit Sir Austen Chamber« lain, Besehlshaber der atlantischen Flotte ist Admiral Hodges. Sein Flaggschiff ist das Großkampfschiff „Re- venge", eines der stärksten Kriegsschiffe der britischen Flotte.
TagerMgel
Soldkürzung für das britische Heer in Indien
London, 16. Sept. Der Sold der in Indien stehenden englischen Soldaten ist auf die Grundlage des Jahrs 1925 herabgesetzt worden. Das Heer in England wird hierdurch nicht betroffen.
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Ae Mnderheilensrllge
Rede Curtius'
Genf, 16. Sept. Im 6. (politischen) Ausschuß der Völk r- vunösversammlung wurde heute vormittag die von deutscher Seite beantragte Aussprache über den die Minderhei - ten frage betreffenden Teil des Jahresberichts des Generalsekretärs des Völkerbunds eröffnet. Reichsaußenminister Dr. Curtius ging in seiner Rede aus von dem im vorigen Jahr angenommenen Bericht, in dem sich die Völkerbunds- Versammlung zur Achtung vor dem heiligen Recht der Min- verheilen auf Sprache, Religion und Kultur bekannt habe.
. bumalige Aatspräsident Henderson habe die Min- deryeitsschutzverträge als eine Notwendigkeit für die Aufrechterhaltung des Friedens und den Minderheitenschutz als eine Frage nicht nationalen, sondern internationalen ^^Eters bezeichnet. Treffender könnten die Grundsätze AuNEheitenschuhes nicht dargelegt werden. Die Zahl der Bittschriften und Beschwerden habe sich von 57 im Vor- fahr auf 204 im Berichtsjahr erhöht. Als „annehmbar' ^ Vorjahr erklärt worden. Im Jahr Ar.?,? 9 si^n sich Zg, jm abgekaufenen Jahr 66 Komitees des Völkerbunds mit der Prüfung von Minderheitenfragen befaßt. Die Volkerbundsorgane hatten sich ihrer Aufgabe hin- gevend und erfolgreich angenommen, dagegen sei von den m den Madrider Beschlüssen vorgesehenen besonderen Müg- uchkeiten nur in beschränktem Maß Gebrauch gemacht worden. Die Bittsteller erhielten keine Kenntnis von den Aeuße- rungen ihrer Regierung und hätten keine Gelegenheit, dazu .Stellung -lu nehmen. Dieses Verfahren hätte in einer mich»
Die Vorsitzenden der preußischen Lehrerverbände find , vom preußischen Kuliminister für 17. September zu einer Besprechung über Hilfsmaßnahmen für die durch die preußische Notverordnung vom Abbau bedrohten Jungphiloiogen und Junglehrer cingeladen worden.
Reichskagsabgeordnetee Pfarrer Teukfch. der von der Christlich-sozialen Partei gewählt worden, dann aber zu den Nationalsozialisten übergetreten ist, hat fein Mandat niedergelegk. Dieses fällt an die Christlich Sozialen zurück. Die Nationalsozialisten besitzen nun noch 106 Mandate.
Der preußische Zenkrumsführer Dr. Heß hak sich einer schweren Operation unterziehen müssen, die ihm die Ausübung politischer und parlamentarischer Arbeit nicht erlaubt.
Der österreichische Bundeskanzler Dr. Buresch hak den Ministern Curtius, Grandi und Flandin (Frankreich) in Genf Besuche abgestaktek. Er wird Donnerstag oder Freitag nach Wien zurückreisen, nachdem die Kreditver^nd- lungen zu Ende gekommen sind.
Briand ist am Mittwoch mittag von Genf nach Paris zurückgereist.
Der internationale Geographenkongreß wurde am Mittwoch in der Kolomalausstellung in Paris durch den Unter- richtsminisker Roustand eröffnet.
2m Unterhaus erklärte Marineminister Austen Chamber- lain, die Admiralität habe den Bericht des Alotten-Ober- befehlshabers über die Benachteiligung der Seeleute einiger Soldklassen geprüft. Die Regierung habe die Admiralität ermächtigt, Vorschläge zu machen, um die Lage der Seeleute in den angeführten Fällen zu erleichtern, sobald die Tatsachen durch die geplante Untersuchung bestätigt seien. (Beifall bei der Arbeiterpartei.)
Im englischen Ankerhaus richtete am Mittwoch ein Abgeordneter an die Regierung die Frage, ob es wahr sei, daß die österreichisch-deutsche Zollunion nur unter dem Druck der ausländischen Finanzmächke gescheitert fei. Der Unkerskaaks- sekrekär im Auswärtigen Amt erklärte namens der Regierung, er lehne es ab, zu diesem Gegenstand Stellung zu nehmen. Das verlangen einiger Abgeordneten der Arbeiterpartei. die Floktenvorgänge im Unterhaus zu besprechen» lehnte der Sprecher ab.
2n der Rundtischkonferenz verlangte Gandhi die volle Unabhängigkeit Indiens. Werde sie nicht gewährt, so werde es ein aufrührerisches Indien geben.
Ligen Änlegenheit, die den Rat kürzlich beschäftigte (gemeint war die Beschwerde des deutschen Volksbunds über den Wahlterror in Ostoberschlesien), zu Schwierigkeiten führen können, wenn nicht die Angelegenheit damals vertagt worden wäre. Eine größere Öffentlichkeit sei besonders dann erwünscht, wenn ein Verfahren durch Zusagen der Regierung oder durch deren Mitteilung, daß sie mit der Minderheit in Verhandlungen stehe, zum Abschluß komme.
Nach dieser Rede gab ein Vertreter Rumäniens im Namen der Tschechoslowakei, Südslawiens, Griechenlands, Rumäniens und Polens eine Erklärung ab, in der er aus die Erklärungen hinwies, die von diesen Staaten im vorigen Jahr zu der Frage abgegeben worden seien und in denen die genannten Staaten betonten, daß sie Verpflichtungen, die über die bestehenden Minderheitenschutzverträge hinausgehen, nicht zu übernehmen gedenken. Der Vertreter Ungarns, Graf Apponyi, sprach der deutschen Abord- nungden Dank aus, daß sie durch erneute Inangriffnahme der Minderheitenfrage das Interesse für das Schicksal der Minderheiten wachhalte.
Sehr eindrucksvoll trat sodann ein Vertreter Kanadas, der kanadische Abgeordnete Beaubien, in dessen Wahlkreis eine starke ukrainische Minderheit wohnt, für den Schutz der Minderheiten ein. Die Unterdrückung der Ukrainer in Polen war das Leitmotiv dieser Rede, ohne daß die Vorgänge ausdrücklich erwähnt wurden. Beaubien erklärte, die Frage der Minderheiten sei keine rein europäische Frage. Kanada habe eine große Zahl von Minderheiten.. Die Justiz solle zwar blind sein, die Gerechtigkeit dürfe aber nicht verdunkelt werden. Zum Schluß trat Beaubien für die Schaffung eines ständigen Minderheitenausschusses ein. Nur auf diese Weise könne den Minderheiten ein wirklich großer Dienst erwiesen werden.
Lörd Cecil bekannte sich ohne Borbehalt zu den Worten Hendersons über die Minderheitenfrage und betonte, daß auch die gegenwärtige englische Regierung an dieser Auffassung der Frage festhalte.
Als Vertreter Spaniens sprach der in Katalonien gewählte Abgeordnete Miro, der sich grundsätzlich im Sinn der deutschen Anregungen aussprach.
von der VAlerbundsnersammlung
Gens, 16. Sept. Die sechs Ausschüsse der Völkerbundsversammlung haben mit der Beratung des ihnen zugewiesenen Arbeitsstoffs begonnen. Der sechste, politische Ausschuß hatte darüber zu entscheiden, ob der „Europa-ökudienaus- schuß", die mittelbare Schöpfung Briands, verlängert werden soll. Die Neigung im Ausschuß rr.o in der Versammlung dazu war nicht groß, aber Briand betrachtet die Frage als eine Ehrensache für sich. Es ist allgemein ausgefallen, mit welchem Eifer der deutsche Außenminister Cur- tius sich für die Fortsetzung des Ausschusses einsetzte. Erklärlich wurde dies, als Curtius am Abend bei einem Iour- nalisten-Bankekt unter allgemeinem Erstaunen ausrief: „Briand führt uns!" Curtius bezeichnet« also Briand als „Führer" der Staatenvertreter des Völkerbunds.
Der als halbamtlich geltende „Petit Parisien" schreibt, die überraschend freundlichen Worte Curtius' seien ihm von Berlin diktiert worden, um den ungünstigen Eindruck seiner Rede in der Hauptversammlung des Völkerbunds zu verwischen. Diese offizielle Rede habe die wahre Gesinnung ge- offenbart. Die Bankettrede dagegen sei vielleicht persönlich ehrlich gemeint gewesen; sie sei aber mit Vorsicht aufzunehmen, jedenfalls könne sie den Eindruck der ersten Rede nicht verwischen.
> Der „Europa-Studlenansschuß" gerettet
Der sechste Ausschuß hat, wie zu erwarten war, in einer Entschließung den „Europa-Studienausjchuß" ersucht, seine „verdienstvolle und ersprießliche Arbeit fortzusetzen". Nachdem dieser Ausschuß somit gerettet war, reiste Briand von Genf ab.
Vermehrung der Rakssihe
... ersten Ausschuß für Verfassungs- und Rechtsfragen t'< , nagte der portugiesische Vertreter, die Zahl der Rats« m tglieds» von 14 auf 15 zu erhöhen. Der Rat hat gegenwärtig fünf ständige Sitze, zwei wiederwählbare (Spanten und Polen), drei Sitze für lateinamerikanische Staaten» einen für die standinav-ischen Staaten, einen für die Dominien, einen für dt« Staaten des Kleinen Verbands und einen firr die asiatischen Staaten (Japan hat einen ständigen Sitz). Die Uichiständtgen Sitz« gehen in diesen Gruppen reihum, und andere Staaten, die einer dieser Gruppe nicht angehören, haben also niemals Aussicht, einen Ratssitz zu erlangen. Dem will der portugiesische Vorschlag abhelfen durch die Vergrößerung des Rats um einen Lütz, der als keiner Gruppe zugehörig betrachtet werden und frei desetzbar sein soll.
Di« Mitteilungen über den Rüstungsstand
Belm Völkerbund sind in den letzten Tagen weitere Mittellungen über den augenblicklichen Rüstungsstand in den verschiedenen Länden: eingelaufen. Die französische Note versucht, die Zahle na »gaben sehr stark zu verschleiern. Es ergibt sich jedoch aus der Zusammenzählung, daß das französische Landheer 34 825 Offiziere und 603 000 Mann stark ist. Die Seestreilkräfke Frankreichs betragen 4394 Offiziere und 58 339 Mann, die Luskstreitkräfte 42 554 Mann. Die Zahl der Flugzeuge beläuft sich aus 2139 mit einer Gesamt- Motorenstärke von 1311000 PS. Der Gesamttonnenraum der französischen Kriegsflotte ist mit 628 603 Tonnen angegeben. Die Heeresausgaben betrugen insgesamt 13,809 Milliarden französisch« Franken oder 2,3 Milliarden Mark.
Aus einer schwedischen Note ergibt sich, daß die Land- streitjräste 24 000 Mann und 2300 Offiziere, die Seestreit- Eräste 7800 Mann und 540 Offiziere und die Luftstreitkräfte 991 Mann und 167 Flugzeuge betragen. Die schwedisch« Flotte hat einen Gesamttonnenraum von 82 000 Tonnen. Die Heeresausgaben betragen 137 Millionen Kronen (153,44 Mill. Mk.).
- ^^österreichische Heer besteht aus 21 000 Mann und 1400 Offizieren. Die Heeresausgaven betragen 103 Millionen Schilling (61,8 Will- Mk.) oder 4,8 v. H. des gesamten Staatshaushalts.
Neue Nachrichten
L !c^Le preußische Ueberschußquell? versagt
Die Not der Forstwirtschaft
Berlin, 16. Sept. Im Jahr 1929 ergaben die Holzverkäufe der preußischen Staatsforsten noch einen Betriebsüberschuß von mehr als 50 Millionen Mark. Im Staatsvoranschlag für 1931 glaubte man trotz der rückgängigen Holzpreise usw. immerhin noch einen Ueberschuß von 33 Millionen einsetzen zu können. Die wirtschaftliche Entwicklung dieses Jahrs, die darniederliegende Bautätigkeit, das russische Dumping und anderes haben aber durch diese Rechnung einen Strich gemacht. Die Einnahmen aus Holzver- täufen waren mit 150 Mill. Mk. veranschlagt, sie werden jedoch kaum 100 Mill. Mk. erreichen, es wird, sich also ein Fehlbetrag von etwa 20 Millionen Herausstellen. Andere größere Ueberschußquellen hat Preußen nicht mehr außer den Domänen, die einige Millionen abwerfen. Das WlMM.» LmsnLWiM-Mm alrM M-