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Nummer 199 Fernruf 479 Samstag, den 22. August 1931 Fernruf 479 _ 66. Jahrgang
S«MasMöo»ke«
Herr über dich selbst
Lerne dich beherrschen» so wirst du die Dinge dies: r Welt beherrschen. Thomas v. Kempis.
Der gebildete Mensch ist derjenige, welcher in der Schule des Lebens die meiste Gelegenheit gefunden hat» sich selbst zu überwinden. Gutzkow.
Zunge deine Herzenskultur nicht mit dem Anbau der edle» Triebe, sondern mit dem Ausschneiden der schlechtesten an Ist einmal das Unkraut verwelkt oder ausgezogen. dann richtet fich der edle Blumenflor von selber käfkm m die
2 r a n Paul.
Das Moskitonetz
In den Tropen sind die Betten von allen Setten mit einem schleierartigen Netz verhängt zum Schutz gegeu dte Moskitos. Die kleine Moskitofliege ist die Trägerin der Malaria und ihr Stich ist nicht nur unangenehm» sondern auch gefährlich. In den vom Netz umschlossenen Beiten liegt ein Besen» mit dem man die schon eingedrungenen Moskitos toter oder beseitigt.
Wir finden es natürlich und selbstverständlich» daß man seinen Körper so gut wie möglich schützt ge>AN giftige, lebensgefährliche Fliegenstiche. Unser Denken aber und unsere Phantasie — geben wir sie nicht täglich den verschiedensten „Moskitofliegen" preis? Spritzen sie nicht täglich ihr gefährliches Erst tief in unseren Volkskörper? Wie wahllos sind wir oft im Bücherlesen, im Besuch von Kino oder Theater; wie hemmungslos und unvorsichtig in unserem Reden» sogar vor Kinderohren; wie gleichgültig im Tun oder Mitansehen von Ungerechtigkeiten: wie teilnahmslos gegen manches in stillem Heldentum getragene schwere Schicksal; wie brennend interessiert an einem Verbrechen mit lüsternem» sensationellem Beigeschmack! Wie manche »»Moskitoflic ge" lassen wir so nicht nur zu uns kommen, sondern laufen ihr sogar nach und bitten: „Ei, stich mich doch, wenn s auch gefährlich ist» ich möchte dein Gift spüren!" Wir sollten bessere Moskitonetze um unsere Herzen hängen, steht doch bei uns nicht bloß wie bei den Menschen der Tropen die Ge-? sündhaft des Körpers aus dem Spiel» sondern das Leben der Seele und ihre Empfänglichkeit für alles Reine und Göttlich«. P. R.
Wiiische NschemundMu
„Der Schwarze Peter geht um. Gib acht» daß er nicht zu dir kommt!" Ueberall in Europa — die wenigen Ausnahmen kann man an den Fingern abzählen — spukt die Finanzkrisis. In S o w je t: u ßl a nÄ wird auf Leben und Tod am Fünfjahrplan geschuftet. Mittlerweile gerät das Volk in immer tieferes Elend, und Stalin muß die ganze kommunistische Wirtschaft umstellen, dessen oberstes Gesetz von der Einkommensgle ichheit aufgeben: die Löhne differenzieren, die Intelligenz wieder bevorzugen und die Kulaken, die freien Bauern, in ihre alten Rechte wieder einsetzen. Ob er aber damit den Zusammenbruch des Staatskapitalismus aushalten kann?
Don der Ostsee bis zum Schwarzen Meer häufen sich die Konkurse und Zusammenbrüche. Die kleinen Staaten des Ostens büßen jetzt für die vorzeitige Industrialisierung. Ihre Bauern wissen nicht, wohin sie ihre Erzeugnisse preiswürdig absetzen können. Selbst Italien kämpft trotz Mussolinis bewunderten Anstrengungen um den Ausgleich seines Staats-
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Haushalts. Oesterreich muß wieder beim Völkerbund pumpen oder wenigstens um Bürgschaft für die erhaltene englische Anleihe angehen.
England selbst steckt recht gehörig n der Klemme. Snowden gibt sich alle Mähe, den bnnschen Staatshaushalt ins Gleichgewicht zu bringen. Mittlerweile droht Frankreich, die kurzfristigen Kredite zu kündigen. Mac Donald richtet aus der Stille seines Wochenendes Worte der Beruhigung an das britische Volk. England in Not! Wer hätte das bei einem Volk, dessen Reichtümer sich über drei Fünftel unseres Planeten erstrecken, je für möglich gehalten?
In China und Indien hat die Kaufkraft bedenklich nachgelassen. Australiens Staatsftnanzen sind bis an die Grenze des Staatsbankerotts erschüttert. In Südamerika bereitet die gute Ernte die allergrößten Sorgen. Wohin mit dem Ueberfluß? Und dies zu einer Zeit, wo Hunderttausende hungern! Me wollen die reichen und überreichen Bereinigten Staaten ihre viÄe Millionen Arbeitslosen in Arbeit und Brot setzen?
So das geschieht am grünen Holz, was soll mit dem dürren werden — und zu dem gehört das ausgebeutete Deutschland. Wohl geht es wieder etwas besser mit uns. Die Deckungsgrenze der Reichs' xnk ist in der letzten Woche von 38,2 aus 3 9, 7, also auf nahezu normal gestiegen. Der Juli schloß mit einem Ausfuhrüberschuß von 254 Millionen RM-, günstiger wie noch nie zuvor. Allerdings haben wir hiebei aus der Not eine Tugend gemacht, d., h. aus Not mußten wir unsere Einfuhr, sogar in Rohstoffen, die wir für unsere Fertigindustrie so notwendig brauchen, aufs schärfste einschränken und, um Geld zu bekommen, so viel als möglich und so billig als möglich verkaufen. Aber unsere Banken und Sparkassen haben wenigstens wieder ihren satzungsgemäßen Vollbetrieb ausgenommen. Der Devisenverkehr ist für den Außenhandel freigegeben. Die Danat- und die Dresdner Bank haben, wie die Bremer Schröderbank, ihre Schalter wieder geöffnet. Für die Landwirtschaft hat das Reich Ernte-Kredite zu billigerem Zinsfuß eröffnet. Der Reichsbankdiskont ist aus 10 v. H.» der Lombardsatz aus 12 v. H. herabgesetzt worden, und die Börse will mit dem Septemberbeginn ihren Laden wieder austun.
Nur das Ausland zögert mit seiner Hilfe. Bekanntlich hat die Londoner Konferenz im vorigen Monat zweierlei beschlossen: erstens den Regierungen und Banken empfohlen, bis auf weiteres keine Kredite aus Deutschland zurückzuziehen: zweitens die von den großen Staaken und der BIZ. gewährte, auf 6. August fällige 1 0 0 - Mil - lionen-Dollar-Anleihe um 3 Monate zu verlängern. War nicht viel, aber immerhin eine kleine Erleichterung. Nun sollte ein in London ernannter Stillhalte- Ausschuß im Verein mit einer Sachverständigen-Kommission in Basel weitere Maßnahmen zur Ausführung des sog. „Stillhalteplans" beraten und womöglich in Berlin an Ort und Stelle die Finanzen Deutschlands nachprüsen. Letzteres soll jetzt, was für uns nicht besonders vorteilhaft ist, unterbleiben. In Basel aber stieß man auf allerlei Schwierigkeiten. Namentlich scheinen unsere „lieben und getreuen Nachbarn", nämlich die Schweizer und die Holländer, sich besonders harthörig gezeigt zu haben. Kurz und gut: am 18. August wurde mit knapper Not ein Stillhalteabkommen unterschrieben, wonach den Banken allerorts empfohlen wurde, ihr« Kredite auf sechs weitere Monate (also bis zum 18. Februar) in Deutschland zu belassen. In der Schwebe bleibt der deutsche Antrag aus nochmalige Verlängerung jener Dollaranleibe; die 700-Millionen-Markgut- haben fallen nur so halb und halb unter die Stillhaltung. Natürlich wissen wir auch nicht, wieweit die Banken dem Basler Abkommen Folge geben werden; auch nicht, an welche „Garantien" alles das gebunden ist, wie die Stundung verzinst werden muß usw. Man hört nur, daß Basel die schärfsten Sparmaßnahmen von Reich, Ländern und Gemeinden verlangt. Wenia erbaulich ist für uns. daß der .. - . -
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Sachverständigenbericht neuen Kredit für Deutschland „nicht empfehlen" kann.
Was nun die Gemeinden betrifft, so hat jüngst der Deutsche Städtetag ein Sanierungsprogramm herausgegeben. Hienach soll abgebaut werden, und zwar hinsichtlich der Schule, der Bauetats, der Sozialfürsorge, der Anstalten und des Verwaltungsaufwands. Hierdurch soll das Defizit, das auf 800 Millionen berechnet ist. vermindert werden. Weiterbin soll das Reich die Wohlfahrts-Erwerbslosen aus seine Kosten übernehmen — nun kommt des Pudels Kern — den Gemeinden, so gut w-s für die Banken und die Privatwirtschaft, eine Reichs Hilfe gewähren. Vermißt wurde vielfach, daß der Städtetag nicht auch der unnötigen Ausgaben der Gemeinden gedacht hat, nämlich der Kommunalisierung von Wirtschafts- Unternehmungen. die er besser der schwer besteuerten Privatwirtschaft überlassen hätte.
Und damit das Maß seiner Sorgen voll werde, stellten sich beim Reich gleichzeitig auch die Länder als Hilfe, suchende ein, voran Preußen mit einem Defizit von 350 Millionen, dann in weiten Abständen Bayern und Sachsen. Württemberg macht eine löbliche Ausnahme. Um so größer aber sind die Etatsschwierigkeiten bei Baden, Hessen und Thüringen, erst recht bei Oldenburg, den beiden Mecklenburg und Anhalt. Nicht besser liegen Hamburg und Bremen. Bei diesen kleinen und kleinsten Staaten, heißt es« Entweder Reichshrlse oder Eingemeindung! VC bl.
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Was ist jetzt mit Junkers?
! Man hat Professor Piccard reichlich mit Spott und Hohn bedacht, als er seinen Start zum Höhenflug Monat um Monat verschob und auf jene Wetterlage wartete, die I allein seinem Unternehmen Erfolg verschaffen konnte. Man hat ihn dann in den Himmel gehoben — viel höher noch, als er wirklich droben war — und hat ihn gepriesen als den Eroberer der Stratosphäre, und jetzt munkelt man bereits von weiteren noch viel höheren Aufstiegen, vom Stra- tosphären-Verkehrsflugzeug im Herbst» von der Ozeanüberquerung in acht Stunden.
Ein Glück nur, daß der Gelehrte sich um den Spott der Zweifler so wenig kümmert wie um die Begeisterung der Enthusiasten und die Forderungen der Vorwärtsstürmer. Piccard ist nicht in die Stratosphäre geflogen» um den Welt- hohenrekord an sich zu bringen. Er wollte gar keine Sportleistung zeigen, er wollte keine Sensation machen, er wollte nicht die Stratosphäre „erschließen". Er wollte nur etwas unendlich Nüchternes: in einem Raum von nur 76 Millime-
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Eines Pechvogels lustige Geschichte von Fritz Körne
84 . Fortsetzung. Nachdruck verboten.
Draußen wurde man aufmerksam, und als Zumpe ebe den Schorsch nach einer mächtigen Ohrfeige, daß er si< drehte, k. o. schlug, da kamen wohl an die sechs Passcmte aufgeregt herein.
„Was ist denn hier los!" rief einer und sah vorwurf- voll auf Zumpe.
.ist nichts los! Ich habe blos zwei 'Eir
brechern Raison beigebracht!"
Jetzt öffneten die beiden Frauen die Schleusen der B< redtsamkeit.
Bis Zumpe kräftig dazwischen fuhr: „Wenn ihr jet nicht eure verdammten Schandmäuler haltet, dann lege i, euch mit dem schönsten Kinnhaken ganz sachte neben em sauberen Männerl"
„Herrschaften.I" sagte er dann zu dem immc
großer werdenden Schwarme. „Ich will Ihnen was sager Diese zwei Burschen sind die Brüder von dem heute b< grabenen Gastwirt Senner. Frau Senner sitzt in der Stuft Lias ganze Leben lang haben sich diese Galgenstricke nick gekümmert und jetzt ziehen sie an, m z er Hanvwagen, um . . . auszuräumenI Das letzte Bis
alten armen Frau wegnehmen! Solch traurige Gesellschaft! Raus jetzt! sage ich!"
pEe er den immer noch halb bewußtlose
mocku- i" den Handwagen. Mit Schorsc
machte er es ebenso.
bi- er dann mit einer Stimme, die klang wi
v e Posaune von Jericho. Die beiden Frauen gehorchte
und unter dem Gaudium der Anwesenden zogen sie treulich ihre Ehegatten aus dem Gasthausgarten.
Zumpe aber wandte sich an die Anwesenden und sagte: „Meine Herren... ich benutze die Gelegenheit, um Sie auf die Neueröffnung von Senners Restaurant aufmerksam zu machen. Neueröffnung am Sonntag. Betrieb . . Betrieb und nochmals Betrieb. Diverse Belustigungen, prima Perl- Bräu und eine gute Küche mit allen Schikanen."
Er lachte ihnen freundlich zu und trat wieder nach dem Hause zu.
In der Tür stand Mutter Hedchen und sah ihn mit Tränen in den Augen an.
„Ich . . . habe Tränen gelacht, Herr Zumpe ... wie haben Sie die beiden vertobackt. Die kommen nicht wieder!"
„Ja, Mütterchen, heute ist es gut, wenn man seine Arme regen kann."
„Jetzt ist mir um die Zukunft nicht mehr bange, das ist gewiß! Wenn Sie es nicht schaffen, wer sonst!"
„Mutter Hedchen! Das denke ich auch! Das wäre gelacht!"
Die nächsten Tage Hub ein eifriges Arbeiten an.
Zumpe rückte mit seinem Freunde, dem Bauchredner an.
Sie reinigten erst mal das Terrain. Aller Abfall, Schmutz usw. wurde beiseitegeschafft. Dann brachte man den Rasen in Ordnung. Er wurde schön glatt geschnitten. Büsche entfernten sie, ebenso trockenes Holz von den Bäumen, was jahrelang nicht geschehen war, und zur Mittagszeit lag der Garten sauber und freundlich vor ihnen.
Zumpe überflog den Garten, der wohl an die tausend Leute faßte.
„Was sagst du zu dem Garten, Sülzer?" fragte er den Kameraden.
„Junge . . . det is 'ne Sache! Kieke mal, der Baum in der Mitte, den müssen wir noch wegmachen, der stört, wenn du dort vorn een Podium für die Musike oder für det Variete machen willst ... det stört den Blick. Denn is det Janze von den Seitenbäumen einjerahmt. Alles stattliche Kerle, die beschatten den Garten, und jetzt, wenn die Bul- lenhitzezeit kommt, denn ists hier schön kühl. Knorke!"
„Du hast recht, Sülzer. Und wenn wir die Sonne brauchen, denn tun wir einfach die Stühle auf die Wiese hinten. Einfach, nicht? Also gut! Wie ist's nun, Sülzer, willst du bei mir arbeiten?"
„Ich denke, du hast mir schon fest engagiert?"
„Klar, Junge! Also ... du bedienst mit! Verstehste? Und wenn denn mein Variete in Schuß ist. . . denn. . denn will ich dich auch dabei mit verwenden."
„Is jut! Bei de Kellnerei vorläufig uff de Prozente!"
„Ja! Na, ein gutes Abendbrot und ein paar Helle, die springen auch mit raus!"
„Wann komm' nun die Kollegen?"
„Zwölf Mann kommen morgen früh. Vier sind arbeitslos und die anderen haben sich mal einen Tag frei genommen! Um viere gehts los!"
,.N, ich bin auch da!"
„Schön, Sülzer! Ich muß mir nämlich auch noch ein paar für den Sonntag zum Kellnern kaufen. Da brauchen wir doch mindestens fünf Mann."
„Ich denke ooch!"
„Dann ... die Küche! Das ist 'ne kitzliche Sache! Wir haben keine Ahnung, was wird! Jedenfalls, Auguste muß her!"
„Klar, Mensch, die schmeißt die Arbeet! Die hat Mumm!"
(§ortsch,ns jvlgH^