Mrllemberg

Kkuttgark, 10. Okiobcc.

Die Ausstellung für Ernährung und Körperpflege in Stuttgart und die württembergifche Land,''Ortschaft. Bei der bis 27. Oktober in den Ausstellungshalle» auf dem Ge­werbehalleplatz in Stuttgart stattfindenden Ausstellung für Ernährung und Körperpflege beteiligt sich auch die w ü r t- tembergische Landwirtschaft. Die Landwirt- fchaftskammer hat diese Veranstaltung dazu benützt, auf den unsinnigen und für das deutsche Bolksvermögen höchst nach­teiligen Verbrauch Deutschlands an ausländischen Lebens­mitteln auf sehr übersichtliche und sinnreiche Weise hin­zuweisen. Andererseits zeigt die Landwirtschaftskammer, daß unsere einheimischen landwirtschaftlichen Erzeugnisse sehr wohl mit den ausländischen in Wett­bewerb treten können. Der Gemüse- und Obst stand zeigt in hervorragender Weise, wie erfolgreich auf diesem Gebiet im Land gearbeitet wird. Die verabreichten Kost­proben sind auch für den Verwöhnten ein Genuß, der von der Winzergenossenschaft Heilbronn ausgeschenkte unser- gorene Traubensaft hat als Neuheit ganz beson­deren Zuspruch. In der mustergültig eingerichteten M o l- kerei»Ko st Halle werden die verschiedenen Küsesorten des Landes neben Butter, Frischmilch und Jogurt gereicht. Wer hier eine Probe vonschöne Heimat" oderDoppel­rahmkäse" genossen hat, kauft keinen italienischenBel- paese" oder französischenGervais" mehr. Viel Beachtung finden auch die Darstellungen über den Pflanzenbau- für die Vielen von heute, die nicht mehr wissen, wo und wie unser täglich Brot" entsteht, ist dieser Teil ganz besonders beachtenswert.

Neubau des Evang. Töchterinstituts in Stuttgart

Stuttgart, 10. Oktober. In den letzten Jahren hat das Evangelische Töchterinstitut, die bald 100 Jahre alte private Mädchenrealschule in der Paulinenstraße 30, einen solchen Zuwachs erhalten (720 Mädchen, während vor zwei Jahren die Zahl der Schülerinnen noch 60-5 betrug), daß sich die Leitung der Schule seit langem vor die Aufgabe gestellt sah, die Realschule zu vergrößeren. Dies war nur durch einen Neubau möglich, der nun in der Arminstraße 30 seiner Vollendung entgegengeht und am 15. Oktober eingeweiht wird. Das Gebäude ist 21 Meter hoch, 65 Meter lang und besitzt 22 Lehrklassen und 2 Reserveklassen. Die Klassen­zimmer liegen ausnahmslos nach dem Süden und sind für eine Kinderzahl von 30, 36, und ganz wenige für 42 Kin­der eingerichtet. Das Haus umfaßt ein Untergeschoß, Erd­geschoß, erstes und zweites Obergeschoß und sin Dachgeschoß, in welch letzterem sich der Zeichenraum befindet. Sämtliche Räume sind auf das modernste, einfachste und hygienischste eingerichtet und weisen eine Lichtfülle auf, die ein Viertel der Grundfläche ausmacht. Gediegen sind die einzelnen Spezialsäle, wie Physik-, Chemie- und Handarbeitssäle ein­gerichtet, die auf der Nordseite liegen. Ebenfalls auf der Nordseite liegt der 280 Quadratmeter große Festsaal, der u. a. eine prächtige Orgel aufweist. Auch das Rektorats- und die Lehrer- und Lehrerinnenzimmer sind zweckmäßig eingerichtet. Im Untergeschoß befindet sich dis Turn­halle, die, mit Brauseräumen versehen, gestattet, daß auch an den freien Abenden die Turnhalle für verwandte Ver­einigungen zur Verfügung steht. Gegenwärtig we den von dem Evang. Töchterinstitut 26 Lehrkräfte neben 3 Geistlichen beschäftigt. Die Baukosten betragen etwa 050 000 Mark und sie werden lediglich von privater Seite aufgebracht.

Gemeindeankeile an der Einkommen . Körperschaft- und Umsatzsteuer- Die Staatshauptkasse hat heute den Gemein­den aus Anteile am Einkommen-/ Körperschaft-, und Umsatz­steueraufkommen des Rechnungsjahrs 1929 überwiesen:

1 v. H. ihrer Gesamtrechnungsanteile im 9. Verteilungs­schlüssel für die Einkommensteuer, 1 n. H. ihrer Gesamt­rechnungsanteile im 9. Verteilungsschlüssel für die Körper­schaftssteuer, 0,24 RM. auf den Kopf der Wohnbevölkerung.

Untermarchtal OA. Ehingen, 10. Okt. In den Ruhe- stand. Dem Superior der Kongregation der barmherzigen Schwestern in Untermarchtal, Msgr. Dr Eberle, ist der Ein­tritt in den Ruhestand auf Ansuchen verwilligt worden.

Pforzheim, 10. Oktober. S e l b st t ö t u n g. Heute früh wurde in der Nähe des Auerbachdenkmals ein 35 jähriger Photographengehilfe erhängt aufgefunden.

Tagung der Kokonialdeutschen. .Der Verband der Würt- tembergischen und Badischen Kolonialdeutschen hielt in den letzten Tagen hier seine ordentliche Mitgliederversammlung ab. Der erste Vorsitzende Direktor Kübel erstattete den Geschäftsbericht und erklärte, daß bei den kärglichen Ver­handlungen im Haag die deutschen Kolonialwünsche über­haupt nicht zur Sprache gebracht worden seien. Sodann sprach Geh.-Rat Rühm überRückwirkung des A oung- Plans auf das beschlagnahme deutsche Privateigentum im Ausland". Der Redner forderte Wiedergutmachung des durch schweren Völkerrechtsbruch verübten Unrechts am deutschen Privateigentum im Ausland durch Rückgabe der noch vorhandenen beschlagnahmten deutschen Vermögens­werte und wies auf die einseitige, unbefriedigende Regelung hierüber im Poungpla» hin.

Aus dem Lande

Weil der Skadk OA Leonberg, 10. Okk. Rückkhraus der Fremdenlegion. Der seit beinahe drei siahren in der französischen Fremdenlegion weilende und dort schwer verunglückte Sohn des Friseuermeisters Wolf von hier, kehrte gestern in bedauernswertem Zustand in die Heimat zurück. Wolf muß aber später wieder nach Frankreich zu­rück, wo er bei der Post beschäftigt werden soll, um nicht seiner Renke verlustig zu gehen.

Waiblingen, 10. Oktober. Selbstmord. Dienstag abend wurde die Leiche eines älteren hiesigen Fräuleins aus der Rems gezogen. Ein Nervenleiden scheint die Todesmüde in den Tod getrieben zu haben.

Großgartach OA. Heilbronn, 10. Okk. Betriebsaus- nähme. Am Mittwoch ist die Niederlassung Großgartach der H. Frank S ö h n e-Luöwigsburg wieder in Betrieb genommen worden. Während die Akkordanten auf Zichorie stark zurückgegangen sind, sind die umliegenden Ortschaften stärker vertreten. Für die Arbeitslosen und Landwirtssöhne wird der Betrieb auf einige Zeit lohnende Beschäftigung bringen.

Backnang, 10. Oktober. Die Murr-Korrektion. Auf Einladung des Stadtschultheißenamts fand auf dem Rathaus eine Versammlung der hiesigen Industriellen und der sonstigen Interessenten statt, um Kenntnis zu nehmen von den nunmehr fertiggestellten Bauplänen für die Errich­tung eines Sammelkanals und einer zentralen Kläran­lage zur Verhinderung der Murrverunremigung. Die Aussprache ergab grundsätzliche Uebereinstimmung darüber, daß das kostspielige Unternehmen (600 000 Mark) durch­geführt werden muß, und daß unter der Voraussetzung er­heblicher staatlicher Beihilfe seitens der Stadt und der Be­teiligten die Bereitwilligkeit besteht, an die Ausführung im Rahmen der finanziellen Leistungsfähigkeit heranzugehen.

Hebsack OA. Schorndorf, 10. Okk. Tödlicher Sturz. Dieser Tage stürzte der Weingärtner Wilhelm Nuding beim Abladen von Futterrüben so unglücklich vom Wagen, daß er nach drei Tagen seinen Verletzungen erlegen ist.

plüderhausen OA. Welzheim, 10. Okt. Spielendes Kind auf dem Gleis. Am Wegübergang oberhalb des Bahnhofs Plüderhausen spielte ein 2l4jähriges K'nd der Bahnwärterfamilie K- aus dem Gleis, als der Eilgüterzug von der Station herkam. Die Großmutter winkte dem Loko­motivführer, zu halten. Dieser sah das Kind nicht, nur das Winken der Frau und brachte den Zug zum Stehen, aller- dings erst, nachdem bereits zehn Wagen über das Kind hinweggegangen waren. Wunderbarerweise blieb das Kind bis auf eine kleine Ohrverletzung heil.

Oberbekkringen OA. Gmünd, 10. Okt. Selbstmord versuch. Mit Benzin übergossen und angezündet hat sic heute morgen eine jüngere Frau. Sie erlitt furchtbare Ver letzungen und wurde durch das Auto der freiwilligen Sani­tätskolonne in das Gmünder Spital gebracht.

Aalen, 10. Okt. Tödlicher Sturz. Frau Rosiv Mack, Üandwirtswitwe in Sandberg Gde. Unterrombacl fiel durch das Garbenloch ihrer Scheuer auf die Tenne uni trug eine Wunde am Kopf davon. Ohne das Bewußtsei' wieder erlangt zu haben, verschied die im 67. Lebensjah, stehende fleißige Frau während der Nacht.

künzelsau, 10. Okt- Tödlicher Verkehrsunfali. Nachts fuhr auf der Straße RüblingenDöttingen ein bayerischer Meerrettichhändler mit unbeleuchtetem Fahrrad auf die Deichsel eines Fuhrwerks auf und war sofort tot.

Mrgenkheim. 10. Oktober. Großfeuer. In W a l l- dürn entstand aus bis jetzt nicht bekannter Ursache Feuer, das sich schnell ausbreitete und die Scheunen von 5 Land­wirten ergriff und zerstörte. Das Vieh konnke gerettet wer­den. Die Wohngebäude wurden zum Teil beschädigt. Der Sachschaden wird auf 40 000R geschätzt.

Bodelshausen OA. Rottenburg, 10. Okt- Verstüm­melt. Dieser Tage wurden dem Landwirt Jakob Rieger beim Futterschneiden sämtliche Sehnen der rechten Hand abgeschnitten. Rieger wurde in die Chirurg. Klinik nach Tübingen übergeführt.

Aluorn OA. Oberndorf, 10. Oktober. Von einerKuh erdrückt. Der 59 Jahre alte Landwirt Jakob Trick wollte eine im Stall los gewordene Kuh an die Kette fest- legen, dabei wurde er von dem Tier an eine Steinsäule ge­drückt, sodaß er schwere innere Verletzungen erlitt. 'Er­würbe ins Krankenhaus nach Oberndorf eingeliefert, wo Trick gestorben ist. Vom Arzt war ein Darmriß festgestellt worden.

Rottweil, 10. Okt. Hoteldieb- In zwei hiesigen Gast­höfen lieh sich über di^ Mittagszeit ein etwa 40 I. a. Herr ein Zimmer anweisen, angeblich für einige Tage. Solange jedoch alles beschäftigt war, suchte er die Zimmer der An­gestellten auf und konnte Bargeld von nicht mehr als 30 Mark, sowie eine Uhr und einen Ring entwenden. Der Täter konnte noch nicht verhaftet werden.

Biberach, 10. Oktober. Eine oberickwäbische Sammlung wird versteigert. Die bekannte gene­alogisch-heraldische Sammlung der verstorbenen Freiin Elise von König-Warthausen, die das geschichtlich berühmte Schloß Warthausen bei Biberach beherbergt hat, soll zur Verstei­gerung kommen.

Aulendorf, 10. Okt. DieOrtsvor st eh erwähl hier findet am 27. ds. Ms. und die Vorstellung der Kandidaten am Sonntag, den 20 ds. Ms. statt.

Ravensburg, 10. Oktober. Ungetreuer Kassen- rechner. Das hiesige erweiterte Schöffengericht verurteil:.' den früheren Rechner des Spar- und Kreditvereins G. m. b. H. in Niederwangen, Schuhmachermeistsr Josef Kling in Lindau-Reutin, wegen Vergehens gegen das Genossenschaftsgesetz und wegen Untreue zu 5 Monaten und 1 Woche Gefängnis, sowie zu 100 -R Geldstrafe. Als Rech­ner obigen Vereins, der erst im Jahr 1926 als Konkurrenz für die Darlehenskasse gegründet worden war und der etwa 50 Mitglieder zählt, hatte Kling den eigenen Kredit um 42 000 überschritten und einen ungedeckten Schaden von 20 000 -11 verursacht, für den die Gesellschafter aufzukommen haben dürften.

Urteil. Das Schwurgericht hat den 51 Jahre alten Tierheilkundigen Gebhard Bohneberger von Herlaz- hofen OA. Leutkirch wegen eines Verbrechens gegen das keimende Leben zu der Zuchthausstrafe von 1 Jahr und dessen Ehefrau Agathe wegen Beihilfe hierzu zu drei Mo­naten Gefängnis verurteilt.

Berkheim OA. Leutkirch, 10. Oktober. An Blutver­giftung gestorben. Hier ist der 51 Jahre alte Ge­meinderat Nepomuk Karg, Familienvater von 9 Kindern, an Blutvergiftung gestorben. Er war vor vierzehn Tagen von einem Insekt gestochen worden.

Tannheim OA. Leutkirch, 10. Oktober. Schweres Motorradunglück. Der in Mooshausen ansässige Heilkundige Wächter, der am Montag mit seinem Motorrad von Tannheim nach Mooshaufen fuhr, hat an der Bahnübersetzung die Tochter des Lagerhausverwalters Reisch in Tannheim überfahren und erheblich verletzt. Der Motorradfahrer kam dabei selbst zum Sturz, wobei er sehr schwere Verletzungen davontrug.

Vom Bodensee, 10. Oktober. Bodensee-Pfahl­bauten. Bezüglich der Bodenseepsahlbauten bei Sipp­lingen wurde festgestellt, daß die Häuser keineswegs im See, sondern am Seeufer standen. Die Pfähle waren als Hochwasserschutz notwendig. Die Häuser waren Blockbauten mit schilfgedecktem Steildach, die Wände aus Weidengeflecht mit Lehmanstrich und Bemalungen in Rötel und Fenster­löchern. An Tierknochen wurden gefunden: Hirsch, Reh, Pferd, Torfrind, Hausschwein und Ziege. Der Ueber- linger See hatte damals einen um 5 Meter niedrigeren Wasserstand. Es handelt sich hier um eine Trockenperiode (Steppenzeit) mit heißen Sommern und kalten Wintern,

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Roman von Cläre Bekker. Lopz'ttzbt b>- Oreiner L Lo.> Lettin diVV b.

4L. Fortsetzung.

18. Kapitel.

Nachdruckverboten.

Am Morgen der Uraufführung vonKetten" ries In­grid bereits zu früher Morgenstunde bet Götz an. ,^)b er mit all scknen Vorbereitungen für den Abend fertig sei," fragte ste ihn. Er bejahte.Auch sie habe alles beendet," erwiderte ste, nun hätte sie aber nach den langen Wochen anstrengender Arbeit so große Sehnsucht, ein paar stille Stunden irgendwo tm Freien zu verbrin­gen. WaS er dazu meine. Ob er vielleicht mit ihr käme . . . Sie irgendwo hinfahren würde? . .

Götz versprach so schnell er könne mit seinem Wagen zu kommen.Auch er freue sich aus ein paar Stunden ruhigen Ausspannens," sagte er.Weit dürften ste zwar nicht fahren. Ja, wenn sie es überhaupt täten, müßte es heimlich geschehen, da kein Bühnenkünstler sich an einem solchen Tage aus dem Bannkreis weniger Meilen von seiner Wohnung entfernen dürfe."

> Diese Mitteilung war Ingrid neu.

Ja, es ist in der Tat so. Aber diese Bestimmung sei im Interesse des Ganzen. Es könnte einem ja bei weiter Entfernung etwas zustoßen, dann wäre die Arbeit aller Proben und sonstigen Vorbereitungen zunächst um­sonst getan. Ja, dieses Gebot bestände im Interesse deS Abends schon zu recht.

Das sah Ingrid nun ein.

' »Wollen wir es dennoch wagen?" fragte sie.

Doch, ja. Denn es wird uns nichts geschehen," ant­wortete er. ' ^

^ Es war knavv neun Ubr morgens, da hielt GW

Auto vor Ingrids Wohnung in Nikolassee. Aber er lenkte den Wagen nicht selbst, sondern hatte seinen Chauffeur mitgebracht.

Wohin?" fragte Götz, als er dann mit Ingrid vom Hause kommend den langen Weg durch den Garten bis zur Straße schritt.

Ste blieb stehen und überlegte.

Nach Sanssouci? Ich habe so große Lust zum Laufen."

Ja, das ist eine gute Idee. Da fahren wir nach Sanssouci" und hernach schicke ich Gustav mit dem Wagen nach Wildpark. Wir beide aber gehen von Sanssouci durch den Park dorthin. Jst's Ihnen recht so?"

Ja, mir ist's sehr recht so. Wie schön der Morgen ist! Das wird ein herrlicher Spaziergang werden."

Wie schweres flüssiges Metall lag das Wasser der Havel. Schilf und Rohr in gelbgrüner und auch schon brauner Färbung stand an ihrem Ufer und gab dem Bilde das Gepräge des Herbstes. Schars gegen den Him­mel umrissen zeichnete sich die rote Kapelle aus der Pfauen- lnjel ab. Das ganze Gemälde dieser Landschaft haftete aber trotz der härteren und toteren Farben der späten Jahreszeit noch immer etwas Liebliches und unendlich Sprechendes an.

Aus Ingrids Wunsch fuhr das Auto ziemlich langsam auf der Chaussee, die nach Potsdam führt. Sie freute sich an der landschaftlichen Umgebung und sprach viel darüber. Ihre Augen, die bis vor wenigen Monaten noch stets nur an den Anblick des Meeres gewöhnt waren, bot diese malerische und schöne Havellandschaft unendlich viel des Reizvollen und überaus Erfreuenden.

In Götz und auch tn Ingrids Inneres standen die Begebnisse ihrer Rollen. Beide unterdrückten jedoch ein Gespräch hierüber. Etwas Verwandtes zeigte sich dabei tn ihnen. In beiden war es so: indem sie nicht darüber sprachen, wenigstens jetzt in diesen Stunden tm Auto nicht darüber sprachen, vollendete sich das Bild ihrer Rollen nocb immer weiter in tdnen. --

InSanssouci" stiegen sie aus und Götz schickte den Chauffeur mit seinem Wagen nach Wildpark voraus.

Bis dahin müssen wir nun laufen," sagte er.Wird es Ihnen nicht zu weit werden?"

Rein, o nein, nach Tisch ruhe ich dann etwas. Und dann . . ."

L)ann7 . . ."

Dann bin ich für den Mend frischer denn je. WaS könnte mehr Kraft und Freude geben, als eine so schöne Umgebung wie diese hier. . ." sagte sie.

Zum SchloßSanssouci" stiegen sie nicht empor. Sie standen nur und sahen es mit bewundernden Blicken von unten an. Dann bogen sie sogleich tn die Allee ein, die nach demNeuen Palais" führt.

Ingrid trug ein neues Kleid. Es war puritanisch einfach. Mer es hatte eine Eigenart tm Schnitt, der Götz verblüffte. Unerhört vornehm und rassig sah sie darin aus. Einen besseren Rahmen als diese Einfachheit ließ sich wohl überhaupt kaum für ihre Schönheit sin­ken, dachte er.

Plötzlich, nachdem er die schweigend neben ihm schrei­tende Ingrid wiederholt von der Seite betrachtet hatte, kam wieder jenes aufflammende Gefühl angstvoller Eifer­sucht über ihn, unter dem er tn den Wochen der Proben täglich aufs heftigste gelitten. Ingrids junge und so ganz und gar von allem Häßlichen unberührte, holde Per­sönlichkeit hatte auch unter den Bühnenkünstlern Sensa­tion erregt. Da hatten Götz selbst die Blicke eifersüch­tig gemacht, mit denen man Ingrid betrachtete. Jetzt, da er, wie schon unzählige Male, die Anserlesenhett ihrer Erscheinung feststellte, ergriff ihn jenes Gefühl abermals und diesmal tn unerhörter Stärke und Qual.

Ingrid," sagte er da, von seinem Gefühl vollständig beherrscht,Ingrid, ich muß etwas mit lohnen besprechen, ich muß Ste etwas fragen . .

Ingrid wandte ihm ihr Gesicht zu. Dieses schöne, gleichsam heilige Gesicht, in dem die Veilchenaugen jetzt dunkel und groß und mit fast frommem Ausdruck auf Götz blickten. , .