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Nummer 172 Fernruf 17g
Donnerstag, den 25. Zuli 1S29
Fernruf 179
64. Jahrgang.
tzöchslleistung
Das neueste Schiff des Norddeutschen Lloyd. „Bremen", hat wie man so sagt — den Rekord der „Mauretania" für die Atlantik-Ueberfahrt um stark acht Stunden geschlagen. Unsere Zeit hallt ja über von Rekorögebrause. Sprechen wir lieber von Höchstleistung dort, wo es ernst ist, dort, wo Fortschritt, geschaffen und ein Dienst an Vaterland und Menschheit nachgewiesen wird. Die Fahrt von Europa nach Amerika ist von diesem neuen deutschen Schiff „Bremen" um acht Stunden gekürzt worden. Unbeschadet der technischen Leistung, die hinter diesen acht Stunden liegt, wäre um dieser acht Stunden willen kein Anlaß zu übertriebener Feierlichkeit gegeben, stünde hinter diesen acht Stunden nicht die Hoffnug auf weitere Stunden Zeitgewinn, auf Tage von Zeitgewinn, wüßten wir nicht, daß die Höchstleistung der „Bremen" der Anfangeinerneuen technischen Entwicklung ist. Das Ziel, die Erdteile räumlich näher zu bringen, die Gefahren der See durch Kürzung der Reise zu mindern, ist ja seit Jahrzehnten das gleiche. Aber wir standen nach dem Krieg vor einer technischen Entwicklungsschranke, die eine Steigerung der Geschwindigkeit im Rahmen des Wirtschaftlichen unmöglich machte. Und gerade hier liegt die Leistung des deutschen Maschinenbauers, des deutschen Schiffbauers. Die englische „Mauretania", bisher das schnellste Schiff, saßt 31000 Bruttoregistertonnen und besitzt 80 000 Pferdekräfte. Die Bremen faßt knapp 50 000 Tonnen, bei 120 000 Pferdestärken. Einer Steigerung der Tonnage von 60 Prozent gegenüber der „Mauretania" entspricht eine Steigerung der Maschinenleistung von nur 50 Prozent. Es standen auf der „Mauretania" pro Tonne 2,6 Pferdestärken zur Verfügung, auf der „Bremen" 2,4 Pferdestärken. Da bei Vergrößerung des Schiffsrumpfes auch die Widerstand erzeugenden Querschnitte wachsen, der Bewegungswiderstand aber >m Quadrat der Geschwindigkeit wächst, konnte nach den Bauregeln, wie wir sie vor dem Kriege kannten von der „Bremen" nur eine Geschwindigkeit erwartet werden die wesentlich hinter jener der „Mauretania" zurückblieb.' Es ist aber umgekehrt: das Plus an Geschwindigkeit wurde mit einer verhältnismäßig verminderten Maschinenlei- stung herausgeholt. Der Sieg der „Bremen" ist also ein doppelter: technischer und wirtschaftlicher Sieg. Keine bloße Addition, keine mechanische Häufung von Zferdekräften erzielten den Erfolg, sondern Verbesserungen, Verfeinerungen der Gesamtkonstruktion. Es wurde mit einem verhältnismäßig geringeren Aufwand mehr erreicht, es liegt eine Steigerung der Qualität vor, das ist der Sinn dieser Höchstleistung der „Bremen".
Ohne prophezeien zu wollen, wird man sagen dürfen, so lange wie die „Mauretania", die aus Mangel an Konkurrenz durch 19 Jahre „das Blaue Band des Ozeans" besaß, wird die „Bremen", wird Deutschland nicht an der Spitze stehen. Wenn nicht alle Zeichen trügen, nimmt England, vielleicht auch Italien und Amerika, den Kampf au . Regierungsbeihilfen werden in diesen Ländern, die um alte odm' neue Seegeltung kämpfen, den Reedereien den Kampf leichter machen, als das im verarmten Deutschland möglich ist. Aber auf den dauernden Besitz des Blauen Bands s S" sticht an. Hier liegt der Fortschritt im Wechsel. Und da dürfen wir mit voller Bestimmtheit sagen: bei Ingenieure und unsere Schiffbauer, wie es
tät das'<^nu!"E" der Fall war, den Gedanken der Qualinehmen ""^dem höchsten Wirkungsgrad wichtiger
-°» M°b.n KEI.-N dieser Entwicklung zu fAA,^in^^" ^ Trägern
50 009 Besucher auf der ^
sollen, die im Hafen von Neuvo^" ' Zalst der Perbesichtigen, dürfte 50 000 „Bremen"
des Schiffes befand sich auch der Besuchern
in Neuyork liegenden „Mauretania^
„Bremen als ein wunderschönes Kunn' B der die seinem Zweifel Ausdruck gab, ob estw^Achnete und gelingen könnte, jemals die „Bremen" Mauretania' die für Freitag nachts vorgesehene" ü Europa ist die „Bremen" bereits vol l b e l^!?? ^ Reiselustige mußten abgewiesen werden und viele
reich zurückgekehrte Vertreter der FramöM^-» klärte, seine Gesellschaft beabsichtige ein Sckisf
das großer und schneller als irgendein ataenwürim"-"' Dienst befindliches sei. gegenwärtig ,m
Kapitän Ziegenbein hat für die Fahrt nack, nuA die gewöhnliche nördliche Linie ^ sondern die 72 Kilometer längere Linie 8 gewählt, da nach Norden zu zahlreiche Eisberge gemeldet wurden Der Oberbürgermeister von Neuyork, Walker, hat das Postflugzeug der „Bremen" an Bord des Schiffs auf den Namen „Neuyork" getauft.
„Blinde Beisende" an Bord der „Bremen"
- Außer den 1670 Fahrgästen hat der, Schnelldamxser
lagesspiesel
Anläßlich der feierlichen Verkündigung des Jnkrait- relcns des kelloggverkrags in Washington am Mttwoch sandte Reichspräsident v. Hindenburg ein Glückwunschtelegramm an Präsident hoover und Reichsminister Skcess- mann ein solches an Staatssekretär Slimson.
Anläßlich der Erkrankung des Reichskanzlers sind ln Heidelberg und in der Reichskanzlei viele Kundgebungen der Anteilnahme ron Diplomaten. Behörde^ und Privatpersonen eingegangen.
Reichsverkehrsminisker Stegerwald hak den Generaldirektor Dr. Dorpmüller zum 60. Geburtstag beglückwünscht.
„Bremen" auch noch zwei „blinde netzende" iracy Mnenrra mitgebracht. Der eine, ein 25jähriger Seemann namens Joseph Pater aus Danzig, hatte sich aus Abenteuerlust an Bord geschlichen und wurde im Laderaum entdeckt. Der andere, ein älterer eleganter Herr unbekannter Herkunft, nennt sich Adolf Güwe. Er ging offen zusammen mit den zahlenden Fahrgästen an Bord, mischte sich unter die Reisenden erster Klasse und schloß sich besonders an den mitfahrenden Generaldirekktor des Norddeutschen Lloyd, H eine ken, und an die Direktoren Glaußel und Stadtländer an, in deren Gesellschaft er die meiste Zeit verbrachte. Erst nach zwei Tagen wurde durch Zufall entdeckt, daß der angebliche Herr Güwe ein blinder Reisender sei.
Die neuen Steuerforderungen
Einkommensteuer der verheirateten Gehaltsempfänger
Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs soll ein« endgültige Veranlagung der Lohnsteuerpflichtigen nu- dann erfolgen, wen das Jahreseinkommen 8000 Mark z^uglich steuerfreie Lohnbeträge (1200 Mark) und Familienermäßigungen nicht übersteigt. Nunmehr dürfen die Familienermäßigungen nicht mehr abgesetzt werden. Dies trifft bereits für 1928 rückwirkend zu, so daß die betreffenden Gehaltsempfänger mit einer Nachzahlung zu rechnen haben werden.
Als Ausgleich für die Möglichkeit des Abzugs des Verlustvortrags bei Kaufleuten und Landwirten ist der Paragraph 56 EStG, zugunsten der übrigen Steuerpflichtigen erweitert worden. Danach kann eine Ermäßigung oder ein Erlaß der Einkommensteuer auch dann eintreten, wenn der Steuerpflichtige in dem vorangegangenen Steuerabschnitt kein Einkommen bezogen und den Lebensunterhalt im wesentlichen aus seinem Vermögen, insbesondere aus Ersparnissen, gedeckt hat.
Hinansschieben der Vermögenszuwachssteuer
Dse Erhebung der Vermögenszuwachssteuer war bisher bis zum 31. Dezember 1928 ausgesetzt. Nunmehr soll sie bis zu dem Zeitpunkt nicht vorgenommen werden, an dem das Vermögen nach den Vorschriften des Vermögenssteuergesetzes in der Fassung des noch nicht beschlossenen Steuervereinheitlichungsgesetzes erstmalig festgestellt wird; hiernach wird frühestens der Vermögensstand vom 1. Januar 1930 als Anfangsvermögen für die Vermögenszuwachssteuer gelten.
Ermäßigung der Wechselsteuer
Die Erhöhung für Wechsel mit einer Fälligkeit von mehr als drei Monaten fällt vom 1. August 1929 an fort.
Neue Nachrichten
Besserung im Befinden des Reichskanzlers
Heidelberg, 24. Juli. Nach der heutigen Untersuchung des Reichskanzlers Müller kann von dem Anhalten der fortschreitenden Besserung gesprochen werden. Der Kranke nimmt bereits leichte Nahrung zu sich. gez. Geheimrat Enderlen, gez. Geheimrat«w. Krehl.
Die Reichswehr soll die Verfassung feiern
Berlin, 24. Juli. Reichswehrminister Grüner hat angeordnet, daß die Reichswehr sich in diesem Jahr stärker als bisher an den Verfassungsfeiern beteiligt. An den amtlichen Feiern sollen Stäbe und Abordnungen der Truppen teilnehmen. Reichswehrabordnungen sollen sich an den Kundgebungen und Sportveranstaltungen beteiligen.
Vom Studenkenkag
on^m""over, 24. Juli. Der 12. Studententag, der voi besucht ist, hat mit großer Mehrheit ein angenommen, in der das Verbot der Uni am gegen die K r i e g s s ch u l d l ü g
wird ch den preußischen Kultminister verurteil
traa d?r ^°^k!l.^egen nur 26 Stimmen wurde der An
einer aemein^Äo^L^Mch"^ München angenommen, st einer gemeinsamen Kundgebung, aller deutschen. Hochschulei
an das In- und Ausland eine Aenoerung ves veurschen Wehrsy st ems zu fordern. Ferner wurde ein Antrag Berlin, sich an den vom preußischen Staatsministerium gewünschten Ve r f a s s u n g s f e i e r n am 11. August nicht zu beteiligen, gegen 14 Stimmen angenommen. Ein von den nationalsozialistischen Vertretern gestellter Antrag, die sofortige Freilassung der sogenannten Fememörder zu fordern, wurde mit kleiner Mehrheit abgelehnt.
Verschleppung der Reparaklonskonferenz
London, 24. Juli. In hiesigen Regierungskreissn macht man die französische Regierung für die Verschleppung der Reparationskonferenz verantwortlich. Seit sechs Wochen dauert der Streit um den Tagungsort; der Lösung ist man noch um keinen Schritt näher gekommen. So wird es in London für unmöglich gehalten, daß die Zusammenkunft am 6. August stattfinde und der Toungplan am 1. September in Kraft trete. Andererjeits hat man es auch in London nicht besonders eilig, da in den letz- ren Tagen schwierige innerpolitische Fragen, wie die Arbeitszeit im Bergbau, aufgetaucht sind, die die Arbeiterpartei stärker beschäftigen als außenpolitische Angelegenheiten. Schon aus diesem Grynd möchte Mac Donald durchsetzen, daß die Konferenz in London stattfinde, und es sind Frankreich wohl auch aus diesem Grund insgeheim verschiedene Zugeständnisse bezüglich der Ueberwachungskommission, der Räumung und in der Saarfrage gemacht worden. Frankreich lehnt trotzdem London als Tagungsort entschieden ab.
Der englische Erlös aus dem beschlagnahmten deutschen Eigentum
London, 24. Juli. Aus eine Anfrage im Unterhaus erklärte der Präsident des Handelsamts, Graham, aus dem in Großbritannien beschlagnahmten deutschen Eigentum seien bis jetzt durch dessen Verkauf 5516 Millionen Pfund Sterling (1110 Millionen Goldmark) gelöst worden. Alle geltend gemachten privaten englischen Forderungen gegen Deutschland seien voll bezahlt. Es werde voraussichtlich ein Ueberschuß verbleiben, der nach dem Vertrag von Versailles auf die Reparationen anzurechnen sei. Die Regierung erwäge die Vorschläge der Pariser Sachverstän- stgenkonferenz, den Ueberschuß zurückzugeben, jedoch beziehe ich dieser Beschluß nur auf dasjenige deutsche Eigentum, as zur Zeit des Sachverständigenbeschlusses noch nicht verkauft und über das noch nicht anderweitig verfüg! gewesen sei. Es liege kein Grund vor, der Verkauf de» feindlichen Eigentums einzustellen, ehe der D-ungplan angenommen sei. Wenn Belgien den Verkauf eingestellt habe, so habe es in dem bekannten Markabkommen eine sehr bedeutende Gegenleistung von Deutschland bekommen. Die Lage sei demnach für England eine wesentlich andere. Auf Grund der Empfehlung der Blamesburgh-Kommission seien übrigens 2401 deutschen Reichsangehörigen ihr Eigentum im Gesamtwert von nahezu 3 Millionen Pfd. St. zuzurückgegeben worden. Davon betrage der Wert des zurückgegebenen Eigentums 900 000 Pfund. Der Rest sei aus dem Erlös des Verkaufs erstattet. Die Gesamtsumme des zurückerstatteten Eigentums betrage 4 371873 Pfund.
Rußland nimmt die Einladung Englands an
Moskau, 24. Juli. Die Einladung Englands zu Besprechungen für die Wiederaufnahme der ruffisch-englischen Beziehungen ist von der Räteregierung angenommen worden. Der russische Botschafter in Paris, Dowgalewsn, wird in kürzester Zeit nach London fahren; jedoch hat die Räte-' regierung bekanntgegeben, daß die Verhandlungen sich nur mit den Grundlinien für die spätere Beilegung strittiger Punkte befassen soll. ^
' Deutschland soll bei der Vermittlung miktu« ^
Washington, 24. Juli. Staatssekretär Stimscn forderte den deutschen Botschafter bzw. die deutsche Ä-> üerung auf, sich an den Bemühungen der Großmächte zur Verhütung eines Kriegs in Ostasien zu beteiligen. — nerika, England und Frankreich ist es wohl bei der heikle r Aufgabe nicht ganz just zumute und ein Genosse in der Vermittlung wie Deutschland, auf den sich allenfalls die 1i>.Zufriedenheit der beiden Gegner ablenken ließe, wäre ihnen recht willkommen.
Eine chinesische Erklärung
Nanking, 24. Juli. Rach amtlicher Erklärung wird die der chinesischen Negierung zugeschriebene Absicht, russische Weißgardisten zum Einfall in das Gebiet der Sowjetunion zu benutzen, als vollständig unbegründet bezeichnet. China beabsichtige nicht, mit Rußland Krieg zu führen und werde keinen Plan unterstützen, besten Zweck es ist, den Weißgardisten zu helfen.
Der Betrieb auf der ostchinesischen Eisenbahn vollzieht sich auf chinesischem Gebiet in normaler Weise. Zwischen Mandschuli und Suifenho ist der Berkehr unterbrochen, da die in östlicher Richtung verkehrenden Züge an der sibirischen Grenze Halt machen und nicht nach China weiter- fabren, ^