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64. Jahrgang

Fernruf 179

nahm gestern den Vortrag des Reichsministers des Aus wärtigen Dr. Strefemann entgegen.

Nummer 5

Erscheint täglich, ausgen.Lonn- ».Feiertags. Bezugspreis monatlich !. RM. frei ins Haus goliefert; durch die Post bezogen im inner­deutschen Verkehr monatlich 1.78 RM. Einzelnummern 16 Pfg Girokonto Nr. SO bei der Lberamtsfparkage Neuenbürg Zweigstelle Wildbad. Bankkonto: Euztakbarik Haberle L Lo., Wildbad.

Pfor zbeimer Sewerbebank MI. Wildbad. Postscheckkonto LSI 7t

»ruck, «erlag «ad «chrtftlettnngl »hrodor »a«, Wiibbad, Wikhelmftratz« 8«. Telephon 179. Wohnung e Bismarekstratz« «».

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Fernruf 17S

Meder einmal deutsche Elicheilssronl

Die deutsche Republik ist, obwohlgleichberechtigtes" Mitglied des Völkerbundes und Inhaber eines ständigen Ratssitzes, bekanntlich kein freies Land. Als die Kriegs­gewinner darauf verzichteten, die zerrüttete und erschöpfte Wirtschaft des wehrlosen Landes durch den französisch-bel­gischen Militarismus vollends niedertrampeln zu lassen, da haben sie die Republik unter Kuratel! gestellt. Zu ihrem Vormund wurde Mister Parker Gilbert ernannt, ein hoff­nungsvoller junger Mann aus dem amerikanischen Bank- fach, dessen Name in diesen Tagen durch seinen abschließen­den Bericht über die vier Jahre Dawesvivisektion zum meist­genannten der Welt geworden ist.

Dieser Weltrekord ist aber bei weitem noch nicht das höchste, was Mister Parker Gilbert erreicht hat. Er bat mit ameriaknischer Smartneß etwas zuskandegebracht, was bis zum Erscheinen seines Berichtes in aller Welt für schlechthin unmöglich gelten mußte: Er hat die ernsthafte deutsche Presse in einer Lebensfrage des deutschen Volkes unter einen Hut gebracht. Selbstverständlich gibt es immer noch Unterschiede der Aus­drucksform, starke Unterschiede sogar. In der Sache über ist die gesamte deutsche Presse von rechts bis links einmal einig: Sie lehnt Parker Gilberts Feststellung der deutschen Lei­stungsfähigkeit die, wenn man sie ernst nehmen sollte,

den ganzen Sachverständigenausschutzüber- flüssig machen würde rundweg ab. Hätte Parker Gilbert recht mit seiner Behauptung, daß Deutschland zahlen kann, und daß es in Zukunft sicher noch mebr werde zahlen können als die zweieinhalb Milliarden jährlich, so brauchte man keinen Sachverständigenausschuß; sondern irgendein Danklehrling wenn es mehr sein soll, vielleicht Herr Parker Gilbert selbst könnte mit der Aufgabe bet-out werden, die kapitalisierteEndsumme" des deutschen Kriegs­tributs auszurechnen. Und die wäre der deutschen Republik dann nach berühmten Mustern zudiktieren", zugleich mit »^tldnen", die sie in idealer Ausführung des Lo-

,.k s??, ^ "7 zu gewärtigen hätte, wenn sie nicht prompt auf Heller und Pfennig zahlte.

^ar in der englischen Presse wundert man ^ denn Parker Gilbert selbst so sehr aufRe- Dawesplans gedrängt habe, wenn dort die üeut- sche Zahlungsfähigkeit für ihn außer jedem Zweifel stehe. Lassen wir diese und andere Unstimmigkeiten des Berichts auf sich beruhen, bis der Wortlaut vorliegt, und würdigen wir lieber die für uns ungleich wichtigere Tatsache der i n- nerdeutschen Einigkeit in seiner Ableh­nung. Einigkeit darüber, daß der Dawesplan undurch­führbar sei, bestand schon immer etwa vom Zentrum und seiner nationalen Arbeiterschaft über die Deutsche Volks­partei bis zu den Deutschnationalen, Völkischen und Natio­nalsozialisten. Aber auch wer die Annahme des Dawes- plans befürwortete, tat es nur um des entscheidenden Grundsatzes willen, den der Plan aufstellte: Daß Deutsch­lands Tributzahlungen in der Hauptsache nur aus Ueberschüssen der deutschen Wirtschaft zu leisten seien. Die vier Jahre Dawesvivisektion unter Herrn Parker Gilberts Oberaufsicht haben lediglich dargetan, daß aus Ueberschüssen der deutschen Wirtschaft nicht ein Pfennig zu leisten gewesen wäre. Daraus folgert Herr Parker Gilbert, daß das Zahlungsschema des Dawesplans sich bewährt" habe, und daß Deutschland nach Maßgabe dieses Schemas dauernd und steigend belastet werden könne.

Diese kaltschnäuzige Feststellung bringt nun aber auch die Sozialdemokratie in Harnisch. Auch derVorwä'-ts" reiht sich in die Einheitsfront ein, und er erklärt: Die Arbeiterschaft erkennt die politische Verpflichtung zur Reparationsleistung an. Sie wehrt sich andererseits gegen eine Herabdrückung auf ein Niveau, auf dem von kul­tureller Existenz nicht mehr die Rede sein kann. Für sie liegt die Grenze der deutschen Leistungsfähig­keit da, wo unter dem Druck der Reparationsverpflich- tungen sowohl alle Aufstiegsmöglichkeiten der Unterklasse wie die Entwicklung der deutschen Volks­wirtschaft unmöglich werden".

Die Gegenseite braucht unseren guten Willen, um für sich flüssig machen zu können, was sie uns abzupressen ge­denkt. Daher ist unsere stärkste Waffe ein ehrliches Nein, das wir unerfüllbaren Forderungen entgegensetzen müssen. Aber diese Waffe ist nur dann wirksam, wenn ein ge­schlossener' Staats- und Volkswille zur Selbstbehauptung dahinterskehk- Ein voreiliges 3a, wie es beim Versailler Diktat, beim Londoner Ultimatum, beim ersten Dawesplan und in Locarno gesprochen wurde, würde unseren Unterhändlern abermals die beste Waffe in der Hand zerbrechen.

Die amtliche englische Ansicht über Reparationen

London, 6. Januar. DieTimes" veröffentlicht einen Aussatz, der offenbar die amtliche Ansicht in der Repara- tionsfraae wiederholt: Deutschland kann seine Entschä-

Montag den 7. Januar 1V2S

TaoesWegel

Die französische, englische und italienische Regierung haben sich nach der ..Times" geeinigt, die Erneuerung der ..Sachverständigen" förmlich zu einer Angelegenheit der Pa- riser Entschädignnqskommission zu machen. Wir haben wie­derholt darauf hingewiesen, was das für Deutschland be­deutet.

Das Befinden des Königs von England soll sich leicht gebessert haben. Man spricht davon, daß er vielleicht an die Riviera gebracht werden solle.

Der afghanische Thronprätendent Mohammed Omar Khan ist ans Indien, wo er in der Verbannung lebte, ver­schwunden und bei den Aufständischen um Kabul eingclros- fen. Den Engländern dürfte diese «Fluch«" ihres Schütz­lings sehr geleoen sein.

Das chinesische Heer soll ans 36L0Y0 Mann einschließlich der Grenzwachen vermindert werden.

digungsöerpflichlungen, jedenfalls in der näheren Zu ui.st, nur erfüllen, wenn es Anleihen aus dem Ausland erhält. Seil dem Inkrafttreten des Dawesplans hat es etwa 7 Milliarden Eoldmark vom Ausland, hauptsächlich von Amerika geliehen und erheblich mehr als 6 Milliarden Ent­schädigungen gezahlt. Die amerikanischen Geldkeute sind aber zurückhaltender geworden, weil sie die durch den Da- wesplan geschaffenen Bürgschaften als ein Hindernis für die freie Entwicklung ihrer Geldgeschäfte in Europa bei: ach­ten und im Transferschutz eine Schädigung für Deutschlands Anlelhesähigkelt sehen (!) Die Sachverständigen werden daher feststellen müssen, welche Summen Deutsch­land bezahlen wenn der Transferschutz aufgehoben wird. England verlange entsprechend der bekannten Balfour- note, daß Deutschland die englischen Schulden an Amerika übernehme. Frankreich dagegen verlange nicht nur die Uebertragung feiner Schulden an England und Amerika auf Deutschland, sondern auch die Kosten für den Wieder­aufbau. Die Höhe dieses Beitrages festzusetzen werde eine Hauptaufgabe der Sachverständigen sein. Die jetzigen Da- weszahlungen Deutschlands (21L Milliarden Goldmark) seien erheblich höher, als was die Verbündeten zusammen an Amerika zu zahlen haben und was die andern Zahlungen ausmachen. Diese Beträge machen im Jahr 1930 etwa eine Milliarde Goldmark, sie steigen bis auf 1,4 Milliarde im Jahr 1940 und erreichen ihren Höhepunkt mit etwas über 1,6 Milliarden während der Jahre 1980 bis 1987. Es bleibe also noch viel für denWiederaufbau in Frankreich übrig, auch wenn die Daweszahlungen ermäßigt würden. Frank­reich möge daher nicht auf so hohen Forderungen bestehen,

Ein aufrichtiger Engländer

Im LondonerSunday Expreß" schreibt der bekmnte Schriftsteller Alfred G. Gardiner:Die Haupturfache der Beunruhigung Europas ist Frankreich. Es arbeitet mit zäher Beharrlichkeit und erstaunlicher Verschla­genheit auf sein einziges Ziel hin, seine militärische Herrschaft über Europa aufzurichten, die fürch­terlicher ist, als irgend etwas anderes in Europa. Unterstützt wird dieses Bestreben durch die Schwäche der englischen Politik. Aber nichts ist gewisser, als daß England und Europa eine französische Diktatur auf die Dauer nicht dulden werden. (Wobei Deutschland wieder das Bluiopfer zu bringen haben wird. D. Schr.) Die Bürgschaft des Weltfriedens ist die englisch­amerikanische Freundschaft, es ist daher ein Verbrechen gegen die Zivilisation, wenn (von Chamberlain) Frankreich zuliebe ein Trennungskeil in diese Freundschaft getrieben wird.

«Der Ansinn der Reparationszahlungen"

Rom, 6. 3an. Der frühere Generalsekretär des faszistischen Großraks, Davanzaki, schreibt in derTribuna":Die Neparakionsfrage erreicht den Höhepunkt des Ansinns in der Ernennung von Sachverständigen, die angeblich von ihren Regierungen unabhängig sein sollen. Der Grundirrkum war. daß man Deutschland, um eine barbarische Kriegs­enkschädigung zu vermeiden, die sogenannten Wiederher­stellungen auserleot hak, die von dem jetzt im Gefängnis sitzenden französischen Finanzminister Klotz aus 400 Mil­liarden berechnet worden sind. 3n London, in Spa und im Dawesplan ist der Ansinn fortgesetzt worden. Die einzig richtige Lösung ist eine Verbindung der Frage der Reparationen und der Kriegsschulden. Alle Staaken zielen jetzt auf ein tragisches Ziel hin, nämlich zu der Ueberzengung, daß ein neuer Krieg notwendig ist, um die Welt vonöiesen lächerlichen Widersprüchen und noch lächerlicheren Fesselungen zu befreien."

Neueste Nachrichten

Dr. Strefemann beim Reichspräsidenten Berlin. 6. Jan. Reich-Präsident von Hindenburg

Eingriff in die deutschen militärischen Ausbildungsvorschriften

Berlin. 6. 3an. Die «militärischen Sachverständigen" des Feindverbands in Berlin, die die tatsächliche Fortsetzung der angeblich aufgehobenen Aeberwachungskommis- '!on sind, haben die mehr als dreiste Forderung gestellt, daß die Ausbildung der Reichswehr in der Abwehr gegen Waffen, die der deutschen Wehrmacht verboten sind wie Tanks, Bombenflugzeuge, schwere Geschütze, Gasgeschosse usw. unterlassen werde. Da diese Waffen, den Deutschen verboten seien, dürsten sie auch nicht in der Abwehr gegen sie ausgebsidek werden. Die feindliche Methode der ylan- mäßioen Sckikaniererei und Aufreizung hat sich nachgerade zur Perversität entwickelt.

Wieviel Leute beschäftigen die. Reichsbchorden?

Berlin, 6. Januar. Dem Reichstag ist eine Rebersicht über den Personalstand der Hoheits- und Betriebsverwal­tungen des Reichs nach dem Stande vom 1. Juli 1928 vor­gelegt worden. Danach beschäftigten am 1. Juli 1928 samt-' licke Reicksbehörden mit Ausnahme der Reichspost intz-^ gesamt 177 659 Personen, wovon 98 Ml als Beamte räiig w-->ren. Bemerkenswert ist, daß die Reichspost allein mit 289 590 Beschäftigten weit mehr Beamte usw. hat als alle Reichsbehörden zusammen; insgesamt waren 1928 467 249 Personen in den Reichsbehörden tätig. Gegenüber dem 1. Oktober 1923 ist das Heer der Reichsarbeitnehmer ins­gesamt um 124 529 Beamte, Angestellte und Arbeiter ge- ringer geworden. Das Reich selbst bat in seinen verschiede­nen Behörden zusammen etwa 40 000. die Reichspost mehr als das Dovvelte abaebaut. Bei der Reichspost ist gegen­über dem Stand vom 1. Oktober 1927 ein Weniger von 2254 Beamten, 740 Angestellten und 1519 Arbeitern, festzu- stellen. Abgeseben von der Reichspostverwaltung werden weitaus die meisten Beamten und übrigen Arbeitmckni-r beim Reichsfinanzministerium beschäftigt, das von den 98 281 Beamten der Hoheit«- und Betriebsverwaltunaen des Reicks (mit Ausnahme der Reichspost) am 1. Juli 1928 allein 76133 beschäftigte.

Die Zahl der bei den Reichsbehörden beschäftigten weib­lichen Beamten beträgt 435. darunter 14 verheiratete Frauen Sie betrug am 1. Oktober 1923 579, von denen

1. Oktober 1923 waren in den Reichsbehörden tätig 13 714 weibliche Angestellte, von denen 638 verheiratet waren. Bei der Deutschen Reichspost ist seit dem 1. Oktober 1923 ein Weniger von 46 554 Postbsamtinnen sestnistell"n. Bon der Gesamtzahl der Beamten sind weiblich 42 943. Die Zahl der weiblichen Beamten hak sich seit 1. Oktober 1923 um 17 940 verringert.

Auch Bayern Nagt gegen das Reich

München. 6. Jan. Gleich der sächsischen und der württem- bergischen Regierung hat auch die bayerische Staatsregie­rung beim Staatsgerichtshof Klage gegen das Reich wegen der Ansprüche aus den Staatsverträgen über den Ueber- gang der Post und Eisenbahn auf das Reich erhoben, um der Einrede der Verjährung zu begegnen. Die baye­rischen Klagen erstrecken sich auf die Z i n s a n s p r ü ch e, die seit der Einstellung der Zinszahlungen durch das Reich seit 1. Oktober 1923 anaefallen sind. Die Kapikalbeträge be­tragen in alter Markwährung 620 Millionen Mark bei der Postabfindung und 563 Millionen Mark bei der Eisenbahn­abfindung. In der Eröffnungsbilanz der Reichspost ist der Wert der bayerischen Post mit 152 Millionen Mark an­gesetzt. Diese 152 Millionen Mark sieht Bayern als das Minimum des Kapitalbetrags nach heutiger Währung an, aus dem die Zinsen zu gewähren wären. Bei der Eisen­bahnabfindung wird davon ausgegangen, daß Zinsen aus einem Kapitalbetrag von 128 Millionen Mark eingekiagt werden. Der Zinsanspruch wird bezüglich des Ziniendienstes aus der Postabfindung mit 4^ Prozent, bezüglich der Eisenbahnabfindung mit 4 Prozent geltend gemacht.

Ein Ankerwachkmeisker von einem Kameraden erschossen

Tilsit, 6. Jan. Der Unterwachtmeister Recklies und der Wachtmeister Adler kehrten gestern früh gegen 2 Uhr von einem Ausgang in die Stadt in die Kaserne zurück und begaben sich in eine Unteroffiziersstube. Kurze Zeit darauf holte sich Recklies aus dem Nebenzimmer eine Pistole, ging auf Adler zu und sagte:Ich schieße dich tot!" Adler zeigte auf die Brust und erwiderte:Schieße, aber treffe richtig!" Hierauf krachte plötzlich ein Schuß und Wachtmeister Adler fiel tödlich getroffen zu Boden. Ob Absicht oder nur Fahr­lässigkeit Vorgelegen hat, muh die Untersuchung ergeben.

daß die Regelung der Reparationen gefährdet und das wirtschaftliche Leben Europas noch einmal in Verwirrung gebracht werde.

Mieder Anruhen in Arabien?

London. 6. 3an. An der Südgrenze des Z,r a k, nach dem