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Wüdbad, WUHelmitran, 8v

x Nummer 4

64. Jahrgang

Samstag den 5. Januar 1929

Fernruf 179

Fernruf 17S

Eine amerikanische Anlwork an Silber!

Der Bericht des amerikanischen Handelsattaches

Im Gegensatz zu dem Bericht des Dawesagenten, der offensichtlich Poinare zu Gefallen geschrieben ist, schildert ein Bericht des Handesattaches bei der amerikanischen Botschaft in Berlin, Frayette Allport, an das Handels­ministerium in Washington, die Wirtschaftslage in Deutschland als keineswegs zufrieden­stellend. Der Bericht hebt besonders das Anwachsen der Arbeitslosen auf 1,3 Millionen als sicheres Merkmal der tatsächlichen ungünstigen Wirtschaftslage in Deutschland hervor, das auf den Ruhrstreit, namentlich aber auf den allgemeinen Druck zurückzuführen sei, der auf der deutschen Wirtschaft laste. Nur die chemische Industrie und die Zei­tungen seien der allgemeinen schlechten Geschäftslage ent­gangen. Das deutsche Kohlengeschäft sei im vergangenen Jahr nicht gerade günstig gewesen. Die gesamte deutsche Kohlenausfuhr in den ersten zehn Monaten des Jah­res 1928, also vor dem Ruhr streit, habe 19400000 Tonnen betragen. Diese Zahl bleibe um 3 700000 Tonnen hinter der Ausfuhr des Jahres 1927 zurück, während die Kohlen einfuhr im Vergleich zum Vorjahr um 1 700 000 Tonnen (immer die ersten zehn Monate des Jahrs gerechnet) zurückgeblieben sei. Wenn der deutsche Geldmarkt stüstig geblieben sei, so rühre das daher, daß die deutsche Industrie infolge der gedrückten Geschäftslage einen geringe­ren Geldbedarf gehabt habe und kurzfristige Gelder vom Ausland ln wachsender Menge angeboten worden seien. Der Privatdiskont sei im Dezember daher bis auf 6,28 v. H. zurückgegangen. Die Reichsbank habe allerdings ihren Diskont von 7 v. H. nicht herabgesetzt, wohl in der Befürch­tung, daß dann größere Posten kurzfristiger Ausland­gelder zurückgezogen würden, was von verbängnisvoller Wirkung für den deutschen Geldmarkt sein könnte, wenn man die Auswirkungen der Daweszablungen und des großen Einfuhrüberschusses in Deutschland in Be­tracht zieht. Die Herabsetzung desReichsban°- diskonts werde sich aber wohl im Januar ermöglichen lassen.

Zwei Seelen in der italienischen Brust

Welche Verwirrung in außenpolitischer Hinsicht in der faszistischen Presse Italiens herrscht, wird durch zwei Artikel gekennzeichnet, die am selben Tag inStampa" (Turin) und imResto del Carlino" (Bologna) erschienen sind. Der erstere Artikel, der gegen Frankreich gerichtet ist, ha! den Vorsitzenden des außenpolitischen Ausschusses der Kammer Andrea T o r r e, zum Verfasser.Heute", so schreibt Torre. ist Deutschland ohne Massen, Oesterreich Ungarn besteht nicht mehr, Italien ist Bürge des Friedens am Rhein, Lon­don ist an Paris gebunden, das Zentrum Europas ist mit Frankreich verbündet, und doch ist Frankreich heute ner­vöser als in den Jahr-m vor 1914... Die französische Polüik ist eine Politikder Unruhe für Frankreich selber wie für die andc en Staaten geworden. Europa, das von 1870 bis 1914 hauptsächlich durch den französischen Rachewillen gegen Deutschland in Waffen gehalten worden ist, ist heute deshalb unruhm, weil Frankreich sich noch immer nicht am Rhein für sicher hält, und es erzeugt mit seinen riesigen Rüstungen Beunrul ung, Mißbehagen und Erregung auf dem ganzen Kontinent."

Immer und immer weist die italienische Presse, und so auch Torre, daraus hin, daß die wirklichen Kriegs» schäden von Deutschland längst bezahlt seien und daß dieReparationen, die es immer noch bezahle und noch auf lange Jahre bezahlen solle, mit der Wiederher­stellung schon lange nichts mehr zu tun haben, sondern daß sie allein zur Errichtung und Ausrechterhaltung der mili­tärischpolitischen und finanziellen Vorherrschaft Frankreichs über Europa gegen Deutschland und Italien dienen. Die deutschen Zahlungen werden von Frankreich dazu benutzt, um die Südsiawen gegen Italien auszurüsten und durch den Bau einer Bahn durch die Wüste Sahara die schwarzen Truppen in einer Woche vom Senegal an die italienische Grenze befördern zu können.

Danach sollte man annehmen, daß man in Italien froh wäre, wenn Deutschland keinen Pfennig Reparationen mehr bezahlte, von denen Italien nur 10 v. H. erhält, was nicht einmal zur Abtragung der italienischen Schulden an Eng­land und Amerika ausreicht. Was schreibt aber der Bolog­neserResto del Carlino". Man höre:S t r e s e m a n n hat die Schulden Deutschlands, statt sie an die Verbündeten in klingendem Gold oder in Schuldscheinen oder in Waren zu zahlen, wie in Versailles ausgemacht worden war, mit Verständigungen, Freundschaftsschwüren und derartigen Schwätzereien bezahlt. Es gilt heute in Europa, den verblendeten Phantasten Stresemann zur Wirklichkeit zu­rückzurufen. Wenn er nun eine AbänderungdesDa- wesplans fordert, so wird er den ganzen Block der Ver­bündeten vor seiner Front finden; Mussolini ist mit Boin- care und Chamberlain vollständig einig, daß Reparationen tzizd Perbandsschulden untrennbar sind und daß Deutschland

Taqesspieael

Zur Feststellung der S'ommerflugpläne für 1929 sind am 4. Januar im Sitzungssaal dex Lufthansa in Berlin Ver­treter der Lustfahrtgesekschasten aus Deutschland, Belgien. Frankreich, England, Holland, Dänemark. Schweden. Sester- reich. Schweiz, Tschechoslowakei und Rußland zusammen­getreten.

Litauen hak sich einem von Moskau vorgeschlagenen Pro­tokoll zwischen beiden Staaten über den kelloggpakt ange­schlossen und die beiden anderen Randstaaten Livland und Estland aufgefordert. sich ebenfalls anzuschiießen. Auch Ru­mänien wünscht, wie Reuter meldet, beizutreken, wenn sich ai-ch Polen dazu entschließt, Polen hat aber bisher stets ab- aelehnk.

kein Recht zu Kundgebungen, sondern Sie einfache Pflicht' des Bezahlens hat."

Solange Italien seine europäische Politik in Worten und Gesten gegen Frankreich, in den Taten gegen Deutschland einstellt, indem es die 10 v. H. seines Repara­tionsanteils zu ihrer eigentlichen Grundlage macht, so lange braucht Frankreich sich um feindliche italienische Drohungen nicht zu kümmern, denn mit italienischer Unterstützung er­hält Frankreich ja eben die Reparationen, die, militärisch umgesetzt, mehr als ausreichend sind, um Italien nieder­zuhalten und es so zu behandeln, wie es von französischer Seite geschieht. Niemand wird sich wundern, wenn das fgszistische Italien von Frankreich nicht mehr ernst genom­men wird.

Neueste Nachrichten

pfändungsankrag gegen die deutsche Gesandtschaft in Prag

Berlin, 4. Jan. Die aus der Tschechoslowakei stammende Firma Loy u. Markus in Mombassa (früher Deutsch- Ostafrika). die einen Handel mit Häuten und Kaffee betreibt, hat gegen das Deutsche Reich und die Deutsch-Ostafrikanische Pank Ä.G. eine Zablungsklage über 1.2 Millionen tschechische Kronen (150 000 Mark) angestrengt, und, nachdem sie vor dem gemischten deutsch-tschechoslowakischen Schiedsgericht in Genf ein obsiegendes Urteil erwirkt hatte, ein Zwangs- ooll st reckungsverfahren in Deutschland beantragt. Das Reich verweigerte aber dem Schiedsgericht die Voll­streckungsvollmacht. Darauf wurde die Zwangsvollstreckung beim Landgericht in Prag beantragt, und zwar sollte das deutsche Gesandtschaftsgebäude in Prag ge­pfändet werden. Völkerrechtlich ist dies unmöglich. Alle derartigen Forderungen fallen, was Deutschland betrifft, unter den Dawesplan. mit dem sämtliche Forderungen wäh­rend des Kriegs an Deutschland abgegolten sind. Die Firma Loy u. Markus mußte sich daber an die tschechoslowakische Regierung wenden. Das Prager Gericht hat nun beim tschechischen Justizministerium nngeftagt, ob die Pfändung völkerrechtlich zulässig wäre. Die Entscheidung der tschechi­schen Regierung steht noch aus.

Die Forderung ist mit Zinsen inzwischen auf über zwei Millionen Kronen (etwa 250 000 Mark) angewachsen.

Kundgebungen vor dem Husumer Schöffengericht

Husum (Schleswig), 4. Januar. Bei der Verhandlung gegen mehrere Landwirte aus der Lundener und Eider- städter Gegend vor dem Husumer Schöffengericht wegen Steuerverweigerung kam es zu Ausschreitungen. Die An­geklagten gaben zu. am 19. November gepfändete Ochsen an­gehalten und in die Ställe zurückaeführt zu haben; sie hätten aber aus Not gehandelt. Der Staatsanwalt be­antragte zwei bis sechs Wochen Gefängnis. Ehe das Urteil gesprochen war und ehe man in die Verhandlung gegen den Hofbesitzer Hamkens, ebenfalls wegen Steuerstreiks, ein­trat, versammelte sich eine Menge von Landleuten, an die Hofbesitzer Hansen vom Kraftwagen aus eine Ansprache hielt und zu einem Hoch auf die Diihmarschener Bauern auf­forderte. Die Leute zogen dann vor das Gerichtsgebäude, wo sie jedoch keinen Einlaß fanden. Die Polizeibeamtsn, die die Menge zu zerstreuen versuchten, wurden mit Steinen beworfen und mußten einige Personen festnehmen.

Die Verhandlung, die eine Zeitlang unterbrochen wer­den mußte, endete mit der Perurteilung eines Gemeinde­vorstehers zu 100 -.11 Geldstrafe, acht Landwirte wurden zu­sammen zu 450 -st Geldstrafe verurteilt, einer wurde frei- gesprochen.

Die Regierungskrise in Südslawien

Belgrad» 4. Jan. Auf Einladung des Königs sind die Führer der südslawischen Opposition, Dr. Makschek (Kroatischer Bauernbund) und Svetosar Pribiksche- witsch (Freie Demokraten) aus Angora in Belgrad ein- gekroffeg. Die legten dem König das Programm dar, das vorher vom Vollzugsausschuß der bäuerlich-demokratischen Koalition ansgearbeikek worden war. Sie lehnten es ab. mit einem serbischen Politiker darüber zu verhandeln.

Als dritte Gruppe sind in dem südslawischen Ver­fassungsstreit nun auch die Slowenen aufgetretW, die

Selbstverwaltung verlangen, im uvrigen aber im Gegen- satz zu den Kroaten gute Beziehungen zu Italien I wünschen. ^

Eine Heldentat zweier Deutschen in Kabul ^

Kalkutta, 4. Jan. lieber die Heldentat zweier junger Deutschen während der Belagerung von Kabul durch die s Aufständischen berichten die letzten Meldungen, die heute aus der afghanischen Hauptstadt einkrafen. Die beiden Deut­schen, deren Namen bisher nicht seskzustellen waren, setzten ihr Leben aufs Spiel, um das Schicksal der von den Auf- ^ ständischen in dem englischen Gesandtschafksgebäude eilige-' -s

schlossenen Europäer in Erfahrung zu bringen. Eine deutsche , Flagge schwingend, eilten sie mitten im heftigsten Kugel­regen durch die feindlichen Linien dem Gesandtschafksgebäude zu und erreichten es, ohne daß ihnen ein Haar gekrümmt worden wäre. Der englische Gesandte erlaubte ihnen aller­dings nicht, den Rückweg anzntreken, und sie mußten vier Tage lang mit den übrigen Insassen des Gesandischafks- gebäudes ansharren.

Der Abtransport von Frauen und Kindern aus der eng­lischen Gesandtschaft in Kabul mit englischen Heeresslug­zeugen ist beendet. Die russischen Frauen und Kinder war- ^

den mit gewöhnlichen Verkehrsflugzeugen nach Norden !

abbesördert. In Kabul ist alles ruhig. ^

In der Umgebung von Kabul sollen nach einer Reuter­meldung neue Kämpft unmittelbar bevorstehen. Die Ver- ündung zwischen Kabul und Indien soll nur noch drahtlos möglich sein. _.

Der 6. Januar trägt seit den frühesten Zeiten de- Christentums den Namen E p i p h a n i a, d. h. Erscheinung vollständig Lpipkania Domini, Erscheinung de- Herrn (Christi), daneben auch Tkeopbania, Gotteserschei­nung, ^pparitio Domini, Offenbarung des Herrn, und ^cloratio dlsAvrum, Anbetung der Magier (Weisen oder Könige), Dreikönigstag, teils nannte man' diesen Festtag auch großes, hohes oder zweites Neujahr.

Ueber die Feier der Epiphania gibt es ein uraltes Doku­ment, das uns die erste zuverlässige Kunde aus seiner Hei­mat, Aegypten, überliefert. Bei dem wunderbaren, reichen Schriftenfund, der in neuerer Zeit in der mittel­ägyptischen Landschaft des alten Arsinoe, des heutigen Faijüm, gemacht worden, wurde auch ein 'n sich abgeschlos­sener Papyrusstreifen ans Licht gefördert, der, wie Finger­spuren zeigen, längere Zeit kirchlichen Sängern zum Ge­brauch gedient hat und der Schrift wegen dem Anfang des vierten Jahrhunderts zugeschrieben wird. Er war für das Epiphaniensest bestimmt und enthält den Teil der Liturgie, der nicht von dem Geistlichen vorgetragen nurde, sondern von einem Sängerckor zur Wechselwirkung mit dem Geistlichen Vorbehalten blieb. Aus den nickt zusammenhän­genden Sätzen dieses Papyrus, den der Orientalist Bicken übersetzt hat. geht hervor, daß diese Antiphonien sich an eine aus den Evangelien des Mattbäus und Lukas für den Got­tesdienst hergestellte Erzählung von Christi Geburi anschlos­sen, ferner daß es eine nächtliche Geburtsfeier Christi mar, der jener Gegengesang diente, nämlich die Nacht vom 10. auf den 11. des ägyptischen Monats Tybl, entsprechend unserem 5. und 6. Januar. Damals war die Epiphanien- feier also schon längere Zeit Brauch. Aber bereits Clemens von Alexandrien der um 200 n. Ehr. wirkte, berichtet, die Anhänger des Bas! leid es (100120), das sind die Gnostiker, hätten seiner (des Clemens) Zeit die Taufe Christi teils am 15., teils am 11. Tybi (10. oder 6. Januar) ge- feiert. Basileides, dessen gnostische Lehre (Onosis heißt wissen") damals in hohem Ansehen stand, behauptete. er habe noch den Unterricht des Glaukias, eines Dolmetschers des Petrus, genossen.

Das Datum des 6. Januar wurde später von der Kirche mit der Geburtsfeier Christ! verbunden; so kennt der kyprische Bischof Epiphanius (man verwechsle nicht Epipha­nia mit Epiphanius) den 6. Januar nur als Tag der Geburt Christi. Der 25. Dezember kam erst später als Christfest zur Herrschaft. Das Epiphanienfest bildete also in den frühen Jahrhunderten ein K o l l e k t i v f e st und war sowohl der Geburt, wie der Taufe, wie auch der Anbetung Christi durch die Magier (die heil, drei Könige) gewidmet. Seine Feier am 6. Januar ist im 4. Jahrhundert in der Jerusalemer, der syrischen und ägyptischen Kirche bezeugt und in Gallien schon als ein Hauptfest allgemein verbreitet Die Armenier feiern es bis auf den heutigen Tag noch als das Kollektiv­fest zum Gedächtnis an die Geburt und Taufe Christi. Sonst aber hat es schon längst diese Bedeutung in der Kirche ver­loren.

Zu gleicher Zeit beging man übrigens auch schon m vor­christlicher Zeit die Feier des 12. Tags nach Weihnachten, d. h. nach der Wintersonnenwende. Mittwinter, den Ab­schluß der 12 Nächte. Daran erinnern noch die uralten Namen des 6. Januar: Perchtag, Perchtentag, Borchtnacht üsw., der Tag der Perchta, wie die Gemahlin Odins, Frija, im Süden genannt wird, sowie mancherlei an diesem Tag noch übliche Volksbräuche.

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