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Nummer 284 Fernruf 179

Montag den 3. Dezember 1928

Fernruf 179

63. Jahrgang

SeMlmds Mrlfchasls-olilik

Der Professor für Volkswirtschaft an der Universität Bonn, Dr. Schumpeter, einer der hervorragendsten Nationalökonomen der Gegenwart, führte in einem Vortrag in einem Kreis von Wirtschaftssachverständigen u. a. aus: Wir haben in Deutschland einen starken sozialen Auftrieb erlebt. Die tatsächlichen Löhne der Arbeiter liegen um ein Fünftel höher als vor dem Krieg. Diese Entwicklung ist außer in den Vereinigten Staaten in keinem Land, auch nicht in den Verbandsländern, zu verzeichnen. Eine passive Handelsbilanz, wie Deutschland sie hat, wäre an und für sich nicht entscheiden-, sie kann unter Umständen sogar eine Be­gleiterscheinung eines nationalen Wohlstands sein, dann nämlich, wenn eine Nation draußen in der Welt große und gutverzinsliche Kapitalanlagen hat, deren Erträge in die Nation ohne eigene Arbeit zurückströmen, und wenn durch ausgedehnte Weltschiffahrt hohe Frachten einkommen, einem Staat zufließen. Bei uns aber ist es umgekehrt; wir haben neben der passiven Handelsbilanz eine ungeheure Verschuldung an das Ausland, die wir obendrein hoch verzinsen und daneben durch immer größere Abnahme von Waren aus den* Gläubigerländern z. B. Getreide usw.» Kraftwagen aus Amerika befriedigen müssen.

Man behauptet, auch der gesteigerte Massenverbrauch trage zur Kapitalbildung bei. Dies ist aber ein Irrtum. Der Anleihezinsfuß ist viel zu hoch, als daß das Produktions­kapital rentabel sein könnte. Es kann gar kein Zweifel sein, daß Deutschland als Nation über seine Ver­hältnisse lebt. Der Zustand, daß der Darlehenszins­fuß höher ist als die durchschnittliche Rentabilität der In­dustrie, des Gewerbes und vollends der Landwirtschaft, ist gefährlich. Neuanlagen von Kapital lohnen sich dann nicht mehr. Sicherlich gibt es innerhalb der deutschen Wirtschaft noch Inseln befriedigenden Geschäftsgangs, aber sie sind verhältnismäßig gefährdet im Gegensatz etwa zu Kapital­anlagen in Amerika, denn das deutsche Produktions­kapital ist ständig überraschenden Angriffen durch Zoll­erhöhungen der fremden Staaten ausgesetzt, und es kann oft von heute auf morgen entwertet werden. Trotz ge­waltiger Leistungssteigerung kann heute der deutsche Unter­nehmer seiner produktiven Aufgabe nicht gerecht werden.

Durch kleine Opfer könnte eine gesunde Zukunft erkauft werden, aber in dem heutigen System in Deutschland will man dieses Opfer nicht bringen. Zwischen den Unternehmern und den Arbeitern in Deutschland bestehen keine grund­legenden Gegensätze, man streitet sich nur über das Aus­maß, über die Grenze zwischen sozialpolitischem Aufwand und wirtschaftlicher Ertragsnotwendigkeit. Der Gedanke der Ertragsnotwendigkeit ist in der deutschen Sozialpolitik zu schwach. Die Entscheidungen werden vom politischen Ap­parat und nicht, wie z. B. in England, durch einen gesunden Kräfteausgleich getrosten und sie hängen daher meist von Zufälligkeiten ab. Als einziger Trost bleibt, daß Deutsch­land nicht zugrund» gerichtet werden kann, nicht einmal durch seine eigene Politik.

Neueste Nachrichten

Die Berakung der Handwerksnovelle

Berlin, 2. Dez. Der Volkswirtschaftliche Ausschuß des Reichstags setzte die Berakung der Handwerksnovelle fort. Eine neue Bestimmung, wonach in der Abstimmung über Zwangsinnungen die Verwaltungsbehörde verpflichtet wer­den sollte, jede gewerbetreibende Person von dem Antrag auf Errichtung einer Zwangsinnung zu verständigen, wurde auf Antrag der Deutschnationalen Volksparkei aus der Vor­lage gestrichen. Ein Antrag der Deutschnationalen, das Wahlrecht zur Handwerkskammer, das nach der Vorlage bereits mit dem 21. Lebensjahr erreicht wird, auf das 24. Lebensjahr hinauszuschieben, wurde mit 13 gegen 12 Stimmen abgelehnk.

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Passiver Widerstand der österreichischen Postbeamten

Men, 2. Dez. Die österreichischen Beamten befinden sich wieder einmal in einer Lohnbewegung. Die Angestellten der Post-, Telegraphen- und Fernsprechverwaltung haben auf Aufforderung ihrer Führer beschlossen, am 2. Dezember um Mitternacht den passiven Widerstand zu beginnen, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden.

^ Briand organisiert den Frieden

Paris, 2. Dez. Briand empfing eine Abordnung des Vereins derInternationalen Freundschaften" und sagte den Herren: Seine ganze politische Tätigkeit wolle er dafür ein- setzen, den europäischen Frieden so wie er ihn versteht zu organisieren. Er glaube, daß man durch Bildung eines Verbands der Völker Europas zu diesem Ziel gelangen könne. Dieser Verband solle allen offen stehen, die einsehen, daß ihre Interessen in der Zusammenarbeit und nicht im Widerstreit liegen.

^ Von der Organisation des Briand-Poincars-Friedens

Tagesspiegel

Der Reichspräsident empfing am Samstag den zum Bot­schafter in Moskau ernannten Dr. v. Dirckjen.

Halbamtlich werden die verschiedenen Blätkecmeldungen, daß zwischen Dr. Stresemann und dem Reichsbankpräsiden- ken Dr. Schacht tiefe grundsätzliche Meinungsverschieden­heiten bestehen, und daß Dr. Schacht deshalb nicht zum Sach­verständigen ernannt werde, als vollkommen unrichtig be­zeichnet.

Wie verlautet, beabsichtigt die Reichspost vorläufig keine neue Tariferhöhung.

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Bei der 10jährigen Jubiläumsfeier des Iwangszusammen- fchlusses von Serbien und Kroatien in Agram ließ der ser­bische General Vestovic den Platz vor der Kathedrale, wo eine kroatische Kundgebung gegen Serbien stakkfand, durch die Truppen mit dem Bajonett räumen. Line Person wurde getötet, mehrere verwundet.

Der amerikanische Staatssekretär für Kriegswesen hak den Bau von 2400 Flugzeugen beantragt.

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Der vorläufige Präsident von Mexiko, Emllio Portes, hat am 1. Dezember sein Amt angetreken.

haben wir Deutsche in Ikocarno uno jetzt wtever ln vem französischen Programm für die sogenannten Sachverstän- digen-Verhandlungen über die Reparationen einen hin­reichenden Vorgeschmack bekommen. Es wäre wirklich besser» wenn die Herren Briand, Poincare usw. die Welt mit ihren schönen Redensarten verschonen würden, die ja doch nur den Zweck haben, der Welt Trugbilder vorzumachen.

Englische Berichte über die Mainzer Verhaftungen

London, 1. Dez. Ueber die Verhaftung von 7 Angehöri­gen des Reichsvermögensamts in Mainz durch die fran- zösischen Behörden wird von den Blättern ausführlich be­richtet.Daily Expreß" sagt, es sei Frankreich durch seine Rücksichtslosigkeiten gelungen, sowohl in Italien wie auch in Deutschland Stürme der Entrüstung gegen Frankreich hervorzurufen: Der Berliner Berichterstatter res Blattes hebt hervor, daß die verhafteten Deutschen vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten sind und daß weder Anwälten noch Vertretern der deutschen Regierung, ja nicht einmal einem Vertreter des Roten Kreuzes, der Zutritt zum Ge­fängnis gestattet worden sei.

Die Franzosen haben in Mainz wegen angeblicher Spio­nage oderGefährdung der Sicherheit des Besatzungsheers" einen gewissen Frisch, der in Frankfurt a. M. wohnen soll, verhaftet.

Ungeheure Erregung in Italien

Rom, 2. Dez. Die Verurteilung des faszistenfeindlichen Mörders, der den faszistischen italienischen Konsul Graf Nardini erschossen hatte, durch das Pariser Gericht zu zwei Jahren Gefängnis wegenKörperverletzung" hat in ganz Italien einen Sturm der Entrüstung entfesselt. Die italienischen Blätter bezeichnen das Urteil als ein Anzeichen der politischen Gehirnerweichung in Frankreich. DieTri- buna" schreibt, der Mord, wie das Gerichtsurteil sei ein freimaurerischer Schurkenstreich. DerJmpero" entrüstet sich: die französischen Richter und Geschworenen seien die Sklaven der Freimaurerei. Man habe dafür überall nur ein Wort: Schurken! In den Straßen der Städte werden Kundgebungen gegen Frankreich veranstaltet. Die Kammer hat der Familie Nardini ihr Beileid zu dem unwürdigen Urteil ausgesprochen. Ein hoher Offizier in Bologna hat der französischen Regierung den Orden der französischen Ehren­legion zurückgeschickt.

Kommunistische Verschwörung in Luxemburg?

Luxemburg, 2. Dez. Die Polizei hat im Luxemburger Kohlenbecken eine von Esch ausgehende kommunistische Ver­schwörung aufgedeckk und daraufhin gegen etwa 160 italie­nische Kommunisten Ausweisungsbefehle erlassen.

lvürll. Landtag

Die zweite Lesung des Beamtengesehes beendet

Stuttgart, 1. Dezember.

Der Landtag hat in seiner heutigen Sitzung die Be­ratung des Beamtenaesetzes rasch gefördert. Es blieb im wesentlichen bei den Ausschußbeschlüssen. Komm, und soz. Abänderungsanträge wurden mit wechselnder Mehrheit ab­gelehnt, so eine Verjährungsmöglichkeit und die Bewilligung von Bewährungsfrist bei Dienstvergehen, ferner das Recht, zur Verteidigung vor der Dienststraskammer auch den Ver­treter einer Beamtenorganisation zuzuziehen. Par Gesetz

I tritt am 1. April 1929 in Kraft. Die dritte Lesung soll nächsten Mittwoch erfolgen.

Eine größere Erörterung ries eine von dem Abg. Ul- r i ch (S.) begründete Entschließung hervor, die die 48-Stan- denwoche an Stelle der jetzigen 51-Stundenwoche einführen will. Für diese Entschließung sprach nur noch der Abg. Becker (Komm.) Finanzminister Dr. Dehlinger er­klärte, der Antrag sei wegen der dem Staat entstehenden Kosten unannehmbar. Die Abg. Pollich (Z.), Dr. Schall (Dem.), Dr. Ströbel (BB.), Kling (Ehr. V.), Geng- ler (Z.) und Hartmann (DV.) wandten sich dagegen. Es wurde geltend gemacht, daß die Einführung der 48-Stun- denwoche im gegenwärtigen Augenblick unverantwort- l i ch wäre. Im letzten Jahr habe Württemberg über 30 Mil­lionen für die Erhöhung der Beamtengehälter aufgewandt. Das württ. Volk würde es nicht verstehen, wenn jetzt durch die Herabsetzung der Dienstzeit die Ausgabe einer weiteren Million notwendig würde. Die Beamten haben durch ih>-e gesicherte Existenz, höheres Gehalt, Urlaub usw. gegenüber Angestellten und Arbeitern so viel Vorteil, daß die Herabsetzung der Dienstzeit nicht auch noch erforder­lich sei. Die Entschließung wurde mit 40 gegen 26 Stim­men der Soz. und Komm, bei 6 Stimmenthaltungen (Dem. 1 DV.) abgelehnt.

In der nächsten Sitzung am kommenden Dienstag wer­den die Großen Anfragen betr. Hilfe für Schwai­gern, das Gesetz über die geschützten Feiertage und verschiedene Äusschußanträge beraten.

Rutscher Reichstag

Anträge zur Reform des Lherechts

Berlin, 1. Dezember.

Abg. Ehlermann (Dem.): Aus Gründen der Sitt­lichkeit, der Menschlichkeit und des Ansehens der Ehe im Volk sowie aus Gründen des Staatswohls fei eine Verbesse­rung des Ehescheidungsrechts notwendig. An Stelle des Verschuldungsprinzips müsse das Prinzip der tatsück- lichenZerrüttungder Ehe gesetzt werden. Ernsthaft müsse man auch die Frage prüfen, ob nicht bei beiderseitigem Einverständnis ohne gerichtliche Feststellung der Zerrüttung mit ihrem peinlichen Eindringen in die intimsten mensch­lichen Beziehungen eine Scheidung ermöglicht werden solle.

Abg. Dr. Haneman (Dntl.) erinnert an die früheren Verhandlungen über die Ehereform-Anträge. Unter den Linksregierungen seien die Anträge nicht erledigt worden, aber der Reichsregierung habe man sie als Morgengabe serviert mit dem Verlangen der sofortigen Erledimmg. Die jetzt vom Reichsrat vorgesehene Aenderung des Rechts der unehelichenKinder baue sich auf dem Verschuldungs­prinzip auf, während man die Verwandtschaft zur Grundlage machen sollte. Der Redner beantragt, alle vor- ^ liegenden Anträge dem Rechtsausschuß zu überweisen. Man könne gespannt darauf sein, wie sich die jetzige Regie­rungskoalition bei den in ihr vorhandenen weltanschaulichen Gegensätzen mit der vorliegenden Sache abfinden werde. ^

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Neichsverband des deutschen Handwerk

Berlin. 1. Dezember.

Der Aeichsverband des deutschen Handwerks veranstaltete, in Verbindung mit einer Tagung seines Großen Ausschusses am 30. November einen parlamentarischen Abend.

Generalsekretär Dr. Mensch- Hannover sprach zuerst über den dem Reichstag vorgelegten Entwurf einer Handwerksnovelle. Die Erwartungen, die das Hand­werk an die Reichshandwerksordnung geknüpft habe, wer­den durch die Novelle zu einem erheblichen Teile nicht er­füllt. Die Berufsvertretungen des Handwerks seien ent­schlossen, mit den Berufsverkretungen von Industrie und Handel gemeinschaftlich im Weg der Verständigung von Fall zu Fall Grenzstreitigkeiten zu bereinigen. Was das Ver­hältnis zu den Arbeitnehmern anlange, so sei das Handwerk zur berufsständischen Gemeinschaftsarbeit mit den Arbeit­nehmern bereit. Das bedeute aber nicht die Zustimmung zu einer paritätischen Umgestaltung der Handwerkskammern.

Generalsekretär Hermann-Berlin gab einen Bericht über die Stellungnahme des Reichsverbands zu den wichtig­sten gesetzgeberischen Vorlagen auf dem Gebiete der So­zialpolitik. Von lebenswichtigem Interesse für das Handwerk sei in erster Linie der Entwurf eines Arbeits­schuhgesetzes. Der Aegierungsentwurf werde vom deutschen Handwerk grundsätzlich abgelehnt, weil seine Bestimmungen viel zu sehr auf industrielle und großstädtische Verhältnisse abgestellt sind. Das Handwerk müsse unter allen Umständen Sonderbestimmungen fordern. In absehbarer Zeit werde den Reichstag auch der Entwurf eines Berufs- ausbildungsgesetzes beschäftigen. Bei diesem Gesetz müsse in erster Linie festgehalten werden an dem, was sich in jahrzehntelanger Arbeit im Handwe.k und seinen Organi­sationen als lebensfähig erwiesen habe. Mit den übrigen Hpitzenverbänden der deutschen Wirtschaft habe sich auch.der