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Nummer 259

Fernruf 179

Samstag den 3. November 1928

Fernruf 179

63. Jahrgang

Wilische Wochenschau

Die Entschädigungsverhandlungen sind nun e'mgeleitet. Aber wir befinden uns erst im äußersten Vor- hos derselben. Erst muß man sich über das Verfahren einigen, das zweckmäßigerweise eingeschlagen werden soll. Schon die Zuicnnmensetzuna der vom Genfer Beschluß der Sechsmächte"- Konferenz" vom 16. September geforderten Kommission wird keine kleinen Schwierigkeiten machen. Poincare will, daß Frankreich in dieser Kommission durch Beamte vertreten würde, die von dem Minister­präsidenten und Finanzminister abhängig, also dessen Or­gane sind. Wir wollen und das entspricht auch dem Wortlaut der Genfer Entschließung, eineKommission von Finanzsachverständigen der sechs Regierungen", unabhängige Männer von hoher Autorität, die mit dem wirtschaftlichen Gesamtapparat der Welt gut vertraut und deshalb auch ein Gutachten von sachlicher Bedeutung abzusassen in der Lage sind.

Dabei muß Deutschland wie Frankreich mit einem be­stimmten Programm in die Verhandlungen gehen, nicht uneinig und zerfahren, wie leider heute unsere öffent­liche Meinung sich gibt. Auch dürfen die verschiedenen Ministerien nicht durcheinander arbeiten. Es muß eine ein­zige Instanz die ganze Last der Verantwortung tragen, so wie Poincarö allein Frankreichs Forderung machtvoll vertritt.

Wie w^rd sich aber in diesen Verhandlungen England stellen? Die Vorgänge der letzten Monate, namentlich der Abschluß des britisch-französischen Marineabkommens, muß­ten begreiflicherweise das größte Mißtrauen in Deutschland wecken. Man wurde unwillkürlich an die alte Entente zwi­schen England und Frankreich erinnert, jenen Bund, der nichts anderes als die Niederwerfung Deutschlands be­zweckte. Und diesealte Entente", sagte vorige Woche Lord Cushendun, Chamberlains Stellvertreter, sei nie auf­gelöst worden.

Ist das wirklich der Fall? Dann, sa dann könnte man jetzt schon mit den Entschädigungsverhandlungen Schluß machen. Wir haben wahrhaftig genug an der Abrüstungs- Komödie bekommen. Wir brauchen uns nicht auch noch eine Entschädigungskomödie anzusehen. Das spürte der englische Ministerpräsident Baldwin recht deutlich heraus, und nun erklärte er. daß Englandzu dem mächtigsten der ehemiligen Feinde vollkommen freundschaftlicke Beziehungen hergestellt habe und mit Recht behaupten könne, daß es eine gewisse Rolle bei der Herstelluna und Besserung der Beziehungen gespielt Habs, die jetzt zwischen Frankreich und Deutschland bestehen". Es seiauch nickt der Schatten eines Grundes" vorhanden, daß England seine Stellung der Unparteilich­keit und Versöhnlichkeit aus den Zeiten des Locarnover­trags aufgegeben habe.

. Von dieserUnparteilichkeit und Versöhnlichkeit" haben wir Deutsche allerdings noch nicht allzuviel zu verspüren be­kommen. Aber wir wollen es dem Manne bis auf weiteres glauben. Jetzt kann England zeigen, ob es uns Deutschen gutgesinnt ist oder nicht. Jedenfalls muß unsere Politik nun alle Kräfte und Mittel zusammennebmen, um etwas zu er­reichen. Die paar Millionen für den Nanzsrkreuzer, der doch gebaut, wird, sind eine Bagatelle gegenüber den Mil­liarden, um die jetzt der Kampf geht.

Ja, der Panzerkreuzer! Das kommunistische Volks­begehren ist abgelehnt worden. Daß es soweit kommen würde, war vorauszusehen, aber nicht, daß selbst aus den Reihen der Kommunisten nur ein Drittel sich für die Sache ihrer Führer einzuschreiben die Lust hatte. Uebrigens eine War­nung für andere ähnliche Versuche, namentlich auch für den Geldbeutel solcher Unternehmungslustigen. Freilich, die Frage ist noch nicht ganz aus der Welt geschafft. Man will nun versuchen, wenigstens den Weiterbau des Kriegs­schiffs zu verhindern. Das erinnert an jene trübe Inflations­zeiten, wo mancher Bauherr mitten !m Bau aushören mußte. Aber es war zu entschuldigen, denn das Geld war i' m inzwischen ausgegangen. Beim Panzerkreuzer liegt die Sache anders.

Der Monat Oktober war eine Jubiläumszeit für die so­genannten Nachfolgestaaten. Und so wurde auch in der Tschechoslowakei mit großem Pomp das Zehnsahr­jubiläum des jungen Staats gefeiert. Mit Recht! Denn dieses Gemeinwesen, begünstigt von dem Reichtum seines Bodens, dem Fleiß seiner Bevölkerung und der allgemeinen Lage in der Mitte Europas, hat als erster Staat seine Wäh­rung wieder in Ordnung gebracht und erfreut sich heute des soizalen Friedens und eines anerkennenswerten Wohl­standes.

Anders aber steht es mit dem Frieden seiner Nationen. Die Tschechoslowakei, die der jetzige Staatspräsident Masa- ry k vor zehn Jahren mit Hilfe Wilsons aus der österreichi­schen Erbmasse geschöpft hatte, ist alles andere als ein Na­tionalstaat. Nur 65 Prozent zählt die tschechisch-slowakische Nation, der Rest sind 3,5 Millionen Sudetendeutsche, 1 Million Magyaren und eine halbe Million Karpathen­russen. Und wie steht es mit der Behandlung dieser natio­nalen Minderheiten? Am 19. Okt. 1918 also vor zehn Jahren hat der Mechijche Nationalrat Zierlich erklärt:

Tagesspiegel

Die Stillegung in Nordweftdeutschland

Als die Arbeitnehmer am Donnerstag morgen nach Mel­sungen der Gewerkschaften vor den einzelnen Fabriken er­schienen, um die Arbeit auszunehmen und so die Aussperrung zu ignorieren, fanden sie keinen Einlaß. Die Werke haben sämtliche Betriebe stillgelegt, die Feuerung gelöscht und sogar ihre Lehrlinge beurlaubt. Auch Notstandsarbeiten sollen nicht verrichtet werden. Die Gewerkschaften geben an, daß die Gegenmaßregeln der Arbeitgeber sie nicht treffen könnten, da im westlichen Bezirk nur ein Viertel der Arbeitnehmer organisiert sei. Die Hauptlast der augenblicklichen kritischen Lage würde von den Nichtorganisierten getragen. Zn den letzten Tagen haben die Gewerkschaften großen Zulauf von bisher noch nicht organisierten Arbeitnehmern erhalten.

Der haupkvorstand der Deutschen Volkspartei wird auf 23. und 24. November nach Berlin einberusen. Dr. Strese- mann und Dr. Lurkius werden Reden Hallen. Wie verlautet, soll es sich um dieGroße Koalition", das Konkordat, die Aenderung in der Führung der Deukschnakionalen Volks­parkei und einige andere Fragen handeln.

*

Aach den neuesten Meldungen über die englischen G<>»neindewah*en in der stiroMnz tzqf die Arbeiterpartei 167 Sitze gewonnen, während die konservativen 61, die Libera­len 15 und die Ilnabhängicien 31 verloren haben. In Lon­don hat die Arbeiterpartei bis jetzt 31 Sitze gewonnen. Die Kommunisten Listen haben im ganzen Land am schlechtesten abgefchmtlen. *

Tn dem Prozeß gegen den Mörder des mexikanischen Präsidenten Obregon beantragte der Generalstaaksanwalk die Todesstrafe und gegen die Mitangeklagte Nonne 20 Jahre Gefängnis.

Im Schlichtungswesen hat man bisher 'mechanisch die Methode des arithmetischen Mittels zwischen den beider­seitigen Forderungen als Grundlage für den Schiedsspruch angewendet, d. h. dieses Mittel des Schiedsrichters lag ge­wöhnlich noch etwas darüber. Auch im nordwestdeutschen Lohnstreit wurden die Forderungen des Arbeiters einfach Halbiert, die Forderungen der Arbeitgeber aber überhaupt nicht berücksichtigt. In der Praxis mußte einmal der Fall kommen, wo die Theorie desarithmetischen Mittels" an der Praxis der wirtschaftlichen Möglichkeit scheiterte. Das ist jetzt geschehen, und der Kampf wird hart auf hart gehen.

Was hat zu geschehen? 220 bis 230 000 Menschen mit ihren Familien, arbeitswillige Leute, haben die Gelegenheit, zu arbeiten, verloren. Das ist das Tragische und menschlich Ergreifende. Der Lohnkampf erstreckt sich auf die Bezirke Hamm. Dortmund, Bochum, Essen, Hamborn, Duisburg. Ruhrürt, Gelsenkirchen und Düsseldorf. Nicht einbezogen sind zunächst die linksrheinischen Gebiete, wie Hagen und Krefeld, doch besteht die Möglichkeit, daß der Kampf im wei­teren Verlauf auch die jetzt noch verschonten Gebiete ergreift. Und es ist kein Zweifel, daß in absehbarer Zeit auch der Kohlenbergbau hineingezogen würde, da durch die Stillegung der Eisenwerke die Kokereien ihre wichtigsten Ab­satzgebiete verloren haben. Damit wäre der größte Lohn­kampf seit dem Ende der Inflation eingeleitet.

Es geht nicht an, die Entwicklung des Kampfes sich selbst überlassen zu wollen. Man wird also nach Wegen suchen müssen, die die Parteien zusammenbringen. Die Möglichkeit dazu bestünde in einer Feststellungs­klage beimReichsarbeitsgericht, das anzurusen die Arbeitgeber beabsichtigen. Dann wäre der Weg frei für neue Verhandlungen.

Das tschechoslowakische Volk wollte uveryaupi nie uno wird nie national und kulturell eine zweite Nationalität im tschechoslowakischen Staat bedrücken. Alle seine Ueberliefe- rungen, seine eigenen Leiden und die demokratischen Grund­sätze seines Staats sind die sicherste Gewähr dafür". Und zu den 15 000 Kindern, die am 27. Oktober den Staatspräsi­denten Masaryk beglückwünschten, sprach dieser:Wir alle sind gleich. Wir dürfen einander in nichts vergewaltigen".

Worte, bloße Worte! Die praktische Politik sah in diesen 10 Jahren ganz anders aus. Der Notschrei der Sudeten­deutschen in diesen Tagen war eine erschütternde Klage gegen tschechische Ungerechtigkeit, die nicht einmal vor Gut und Blut, geschweige denn von der Sprache und der Kultur der Deutschen, die ein starkes Viertel des Staats darstellen und zugleich die Träger seiner besten Industrie sind, Halt machen konnte. Unaufhaltsam schreitet die Tschechisierung dieses uralten Sudeten-Deutschtums weiter. Und es klingt fast wie o>n Hohn, daß die deutsche Reichsbahnver­mal t u n g gerade in voriger Woche den deutschen jKahnhof in Eger mit der dazugehörigen Strecke im Egerer Land gewissermaßen alsJubiläumsgeschenk" denn die 65 Millionen Mark Kaufsumme ist so gut wie ge­schenkt dem Tschechentum in den Schoß geworfen hat.

In unserer deutschen Heimat setzt es wieder schwere Ar­beitskämpfe ab. Weit mehr als 200 000 Arbeiter der nordwestdeutschen Eisenindustrie stehen unmittelbar vor der Aussperrung, die zum Teil bereits voll­zogen ist. Die Gewerkschaften forderten eine Stundenlohn­erhöhung von 15 Prozent. Die Schlichtungskammer hat sich für 6 Pfg. entschieden. Aber auch so haben die Arbeitgeber abgelehnt, mit der Begründung, daß jede weitere Belastung ihrer Industrie, die sowieso auf dem Weltmarkt schwer tue, untragbar sei. Die Arbeiter berufen sich darauf, daß in allen anderen Arbeitsgebieten ihren Kollegen mehr bezahlt würde. Der Reichsarbeitsminister hat den Schiedsspruch für verbindlich erklärt. Die Folgen sind noch nicht abzu­sehen, um so mehr, als es auch im Schiffbau wieder stark 'iwelt. m.

Es ist genau elf Monate her seit dem letzten schweren Lohnstreit in der Groß-Eisenindustrie. Die Verhältnisse lagen ganz ähnlich, nur daß damals auch die Arbeitnehmer den Schiedsspruch abgelehnt hatten und die Industriellen die Stillegung erst angekündigt, aber noch keine Kündigung aus­gesprochen hatten. Diesmal wurde den Belegschaften aus jeden Fall zum 31. Oktober gekündigt. Man wollte den Streit ohne den Zwang der Verbindlichkeitserklärung aus­fechten. Die Eisen-Industrie ist also ab 1. November trotz Verbindlichkeitserklärung stillgelegt. Dieser Vorgang zeigt, daß das jetzige Schlichtungsverfahren, dessen Män­gel schon lang« offenbar sind, eine Unmöglichkeit ist.

Die E n t w i ck l u n g des gegenwärtigen Lohnkampfes ist folgende: Die Arbeiter, die bisher 78 -Z Stundenlohn er­hielten, hatten eine Erhöhung um 12 gefordert, die Arbeit­geber haben dagegen eine Verlängerung des bestehenden Tarifs auf ein Jahr sowie eine gewisse Aenderung des Ta­rifs zur Forderung erhoben. Verhandlungen zwischen den beiden Gruppen sind gescheitert, und aus den 1. November haben die Arbeitgeber die Kündigungen ausgesprochen. In dem folgenden Schlichtungsverfahren wurde nach dem üblichen Grundsatz des arithmetischen Mittels eine Lohn­steigerung um 6 ^ für die Stunde ausgesprochen und den Akkord- und Prämienarbeitern eine feste Zulage von 2 H zuerkannt. Der Reichsarbeitsminister erklärte diesen Schieds­spruch für verbindlich. Die Arbeitgeber verharren aber auf der Aussperrung. Sie behaupten und das dürfte richtig fein, daß der Schiedsspruch eine 45prozentige Erhöhung der allgemeinen Lohnunkosten ausmachen und die gesamten Herstellungskosten um 2 bis 3 Prozent erhöhen würde. Die starke Belastung der Industrie durch die Dawes-Schuldver- schreibungen, die Schutzzölle des Auslands, die erhöhten Reichsbahntarife usw. verlangen gebieterisch eine Vermin­derung der Selbkosten, eine derartige Mehrbelastung, wie sie der Schiedsspruch bringen würde, sei also völlig untragbar,

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Nach einer Mitteilung des Arbeitsamts Essen können nach den gesetzlichen Bestimmungen die ausgesperrten Metall­arbeiter Arbeitslosen- oder Krisenunterstützung für die Zeit der Ausiverruna nicht erhalten oder beanspruchen.

Die Generalstreik- und Putschparolen der Kommunisten finden keinen Boden. Notstandsarbeiten sollen nicht ver­weigert werden, zumal die Werksdirektionen die Notstands­arbeiten auf ein Mindestmaß beschränken.

Nach dem Gewerkschaftsbericht sind von der Aussperrung 239 500 Arbeiter betroffen.

Von Moskau soll eine Unterstützung von 250000 Rubel (500 000 Mark) zur Verfügung gestellt worden sein.

Die Arbeitgeber sollen enkfchädigungspflichkig gemacht werden

DieVossische Zeitung" meldet aus Essen: Nach einer Funktionärversammlung forderte der Christliche Metall­arbeiterverband seine Mitglieder auf, sich bei den Werken zur Arbeit unter den im Schiedsspruch ausgesprochenen Beding­ungen einzufinden. Werde die Arbeitsaufnahme seitens der Werke verweigert, so sollen sich die Arbeiter bei den Arbeits- ämtern alserwerbslos" anmelden. Der Metallarbeiter­verband erhebt für seine Mitgieder Anspruch aufArbeits- losenunterstützung und kündigt an, er wolle den Arbeitgeberverband bzw. die vereinigten Werke regreßpflich­tig machen.

Tarifkündigungen !n der westdeutschen Eisenindustrie

Nach demB. T." haben die Metallarbeitergewcrkschafien in fast sämtlichen großen Randbezirken des eigentlichen Aus- sperrunasgebiets Nord-West bestehende und zum Teil schon abgelaufene Lohnabkommen gekündigt und zwar bisher in den Bezirken Hagen, Iserlohn, Peine, Bielefeld und Velbert. Insgesamt fallen unter die gekündigten Tarife über 400 000 Arbeiter, die zum überwiegenden Teil in der weiter- verarbeitenden Eisenindustrie beschäftigt sind.