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Mittwoch den 11. Zuli 1928

Nummer 16V

63. Jahrgang

Fernruf 178

Das war eine besonders kluge Maßnahme Lenins, der Gründers des Sowjetstaates, daß er trotz des grundsätzlichen und ausgesprochenen Internationalismus seines Systems dennoch den nationalen Aufbau des Riesen­reichs möglichst zu schonen bestrebt war. Und so hat dieser Realpolitiker den verschiedenen Nationen desBundes der sozialistischen Sowjetrepubliken", als da sind die Ukraine, Kir­gisen, Kaukasier, Turkestanen, Georgier und wie sie sonst noch heißen mögen, ihre kulturelle und verwaltungsmäßige Selbständigkeit gelassen, ja verfassungsmäßig und praktisch gewährleistet und zugelassen ein nachahmenswertes Vor­bild für die Mussolinis, Pmncares usw., die mit Teufels Ge­walt ihre nationalen Minderheitenentnationalisieren" wollen.

Nun hat man neuerdings gelesen, daß die Unabbängigkeit der deutschen Wolga-Republik durch Einverlei­bung in den Unteren Wolgabezirk ihr Ende erreicht habe also eine bewußte Aenderung der Leninschen Natianalitäten- Politik. Aber diese Meldung stimmt nicht. Wohl ist jene Re­publik der Wolgadeutschen in den neugebildeten Unteren Wolgabezirk verwaltungsmäßig eingegliedert worden, das bisherige Ausmaß eigener Selb st vermal- tung ist aber durch diese Maßregel nicht ver­mindert worden.

Mit andern Worten: die Wolgadeutschen behal­ten nach wie vor ihre Selbständigkeit in Svrache und Verwaltung; das Dekret vom 20. Febr. 1924 das die Autonomie derSozialistischen Sowejtrepublik der Wolgadeutschen" verfüate. ist nicht ausashoben worden, eine Tatsache, worüber wir Deutsche im Mutterland uns heiMld fren-m dürfen.

D!eseWolgadeutsche Revublik" umfaßt ein Gebiet von 27 076 Okm.. ist also l^mal so groß wie Württemberg, nnk> zäblt etwa 600 000 Einwodnpr, aus 67 Vrozent Deut­schen, 20 Vrazent Großrusfen. 12 Prozent Ukrainern und 1 Prozent Tata^n, Esten und andren Nationalitäten zu­sammensetzen. Die Staatssprache ist in 5 Kantonen deutsch, in 4 deutsch und russisch und in 3 deutsch, russisch und ukrai- ül. c ^Mtverstöndlich hat die Revolution auch die Wirt­schaft der Wolgadeutschen hart mitgenommen. Aber immer- bln sind schon 50 Prozent der vorki-iegszeitlimen Saat- wieder in Betrieb. Ja der Viehstand ist seither um 16 Prozent gestiegen. Auch die mit der Bodenwirtscbaft eng verbundene Industrie, wie Häuteverarbeitung, Oelberei- tung usw. fangen an aufzublühen. Und was den Bil- dun g s stand betrifft, so marschiert dieser Bezirk nächst 1.enmgrad (Petersburg) an der Spitze Sowjetrußlands. Nur 4.i Prozent Analphabeten, und merkwürdigerweise können be- jonders viele Frauen lesen und schreiben, 'eine sonst recht sel­tene Erscheinung in Rußland.

Wie aber kamen diese Deutschen nach Rußland? Wir ha­ll" es^bei den Wolgadeutschen nicht mit vereinzelten deut­schen rlamilien zu tun, wie sie sonst überall in Rußland, namentlich aber in der Südukraine, in der Krim, im Kauka­sus und selbst in Sibirien in kleinerer oder größerer Anzahl zu sollen sind. Nein, es sind dort an der Unteren Wolga 9^schlossene Siedlungen, die mit ihrem Ursprung größtenteils in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zurück- reichen. Damals hatte Katharina II., um dem Eindringen tatarischer Horden zu wehren und jene unkultivierten Gaue zu erschließen, durch planmäßige Werbung etwa 8600 deutsche Familien mit etwa 27 000 Angehörigen angesiedelt. Ihre Zahl inzwischen im Lauf der. Jahrzehnte durch die

starke Geburtenziffer und gelegentliche Nachschübe aus der Heimat erhöht. Jedenfalls bilden die Wolgadeutschen einen starken, Faktor in der russischen Wirtschaft, namentlich der rmndwlrtfchaft, die bekanntlich was die neuerlichen russi­schen Einkäufe an riesigen Menasn von ausländischem Wei­zen beweist heute nicht auf Rosen gebettet ist. So stellt es im Ausland stedlungsmäßiq auf- tritt (z. B. in der Tschechoslowakei, in Südslawien, Ungarn, Banat, Bessarabien) ein kultursörderndes Element dar, das allen Anspruch auf unsere wärmste Teilnahme erheben kann.

Freilich sind jene Wolgadeutschen auch dem Bolsche- wismus und seiner Erziehung in der Schule ausaeliefert. So heißt es in der kommunistischen F i b e l für ihre Schüler: Kinder! In Deutschland müssen die Kinder arbeiten. Im Herbst müssen sie an kalten Tagen die Kartoffeln aus dem Felde graben, im Sommer vom frühen Morgen bis zum späten Abend im Wald Beere und Piste suchen. Die deutschen Arbeiter müssen, wenn sie wollen, daß ihre Kinderso glück­lich sind wie die russischen Kinder", auch in Deutschland die Sowjetrepublik ausrufen."

Der Staaksgerichtshof über das Badische Wahlgesetz

! Leipzig, io. Juli. Auf der Volksrechtspartei in Baden

s bat der Staatsgerichtshof das Urteil gefällt, daß die am

i 1. Juli 1927 vom Badischen Landtag beschlossenen Aende-

L rungen des Wahlgesetzes (8 3 Abs 2 und 8 25 Abs. 2) g e-

s öendieReichsv erfassungverstoßen.

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In einer erneuten Besprechung des Reichsjustizminislers Koch-Weser mit den Führern der hinter der Reichsregierung stehenden Parteien über den von der Regierung beabsich­tigten Strafnachlaß wurde noch keine Einigung erzielt, da sich von der Deutschen Volksparkei und der Bayerischen Volkspartei ernstliche Einwendungen gemacht wurden. Auch in der Frage der Steuersenkung besteht noch keine Einigung. Ebenso ist das Schicksal des Aalionalfeierkags vom 11. Au­gust noch ungewiß.

Die Bayer. Volksparkei hat im Reichstag einen Antrag eingebrachk, der notleidenden Landwirtschaft die nächstfällige Rate des Renkeubankzinses zu erlassen: ein sozialdemokrati­scher Antrag will die Grenze für die Pflichtversicherung auf 9660 Mark Einkommen erhöhen; die Wirtschaftspakte! be­antragt Aufhebung der Wohnungszwangswirkschafk, des Wohnungsmangelgesehes. des Rei-bsmiekengesetzes und des Mieterschutzes; ein Antrag der Deutschen Volksparkei wünscht Förderung des Baugewerbes durch größere Kredite aus dem Hauszinssienererkrag durch Abbau der öffentlichen Re­giebetriebe und durch Besteuerung der sozialen Ballhüllen.

Auf Veranlagung des Reichsinnenminiskers hat Reichs­präsident von Hindenburg genehmigt, daß bei größeren, zur Feier des Verfa-fnngskags siaftfindenden sportlichen Well- kämvfen eine a«f den Derfassungskag hinweisende Plakette verliehen werden kann.

Außer von Luxemburg, Kuba und Spanien ist das Was­hingtoner Abkommen über den Achtstundentag nunmehr auch von der portugiesischen Regierung bestätigt worden.

Der 86jöhrige frühere italienische Ministerpräsident Gio- likki ist so schwer erkrankt", daß sein Ableben bevorsteht.

Bei einem Gefecht in Tripolis sollen dieaufständischen" Eingeborenen sSenussi) 87 Tote und 21 Gefangene, die Italiener S Tole. darunter eine,. Haupkmann und 21 Ver­wundete gehabt haben.

Die Tiroler Abgeordneksn gegen die Bedrückung der Südkiroler

Dien, 10. Juli. Eine von den Südt'roler Abgeordneten Unterzeichnete Eingabe, dis heute dem Bundeskanzler Dr. Seipel übergeben worden ist, fordert, daß die Bundesregie­rung gegen die beispiellose Unterdrückung der Südtiroler durch Italien bei den europäischen Mallsten Einspruch er­hebe und auf ein E i n s ch r e i < e n d e r M ä ch t e zur Lin­derung der Leiden Südtirols hinarbeite.

Bombenanschlag in Moskau

Moskau, 10. Juli. Im Gebäude der polnischen Polizei E.P.U. (Tscheka) wurde eine Bombe zur Explosion gebracht, die.großen Schaden anrichtete und einen Tlchekamann tötete, mehrere andere verletzte. Der eine der Täter soll ein frühe­rer Wrangeloffizier, der aus Paris kam, sein. Er ist nach dem amtlichen Bericht sofort erschossen worden. Ein wei­terer sei in der Nähe von Moskau verhaftet worden.

Kakholikenverhaftung in Mexiko

Mexiko, 10. Juli. §0 römische Katholiken, darunter ein Priester, wurden gestern von der Geheimpolizei in einem Privathaus verhaftet, in dem sich ein Altar und alle Ge­räte zur Abhaltung einer Messe befanden. Die Verhafteten werden beschuldigt, sich gegen dis Gesetze vergangen zu haben.

Die rechtliche Stellung der Ausländer in China

Banking, 10. Juli. Der Rat der Regierung veröffent­licht einen Erlaß über die rechtliche Stellung der Ausländer in China während der Uebergangszeit zwischen dem Er­löschen der früheren Verträge und dem Abschluß neuer Ab­kommen. Die neue Regelung wird nur auf Staatsangehö­rige derjenigen Länder angewendet werden, deren Verträge mit China abgelaufen sind. Es wird bestimmt, daß die Be­handlung der diplomatischen und konsularischen Vertreter dem insternationalen Recht entsprechen wird. Die Ausländer und ihr Eigentum werden durch das chine­sische Gesetz geschützt und die Ausländer der chinesi­schen Rechtsprechung unterstellt. Alle von Chine­sen zu zahlenden Steuern und Abgaben müssen auch von den Ausländern geleistet werden.

Viirllembecg

Sluktgark, 10. Iuli. Am Grabe des Grafen Zep­pelin. Aus Anlaß des 90. Geburtstags des Grafen von Zeppelin sind an seinem Grabe auf dem Pragfriedhof meh­rere schöne Kränze niedergelcgk worden, so vom Luftschiffbau Zeppelin mit blau-weißer Schleife, von der Stadkgemeinds Friedrichshafen mit grün-weißer Schleife und von der Tra- ditionS-Eskadron des Ulanen-Regts. König Karl (2. Württ. Eskadron des 18. Aeiter-Regts.) mit schwarz-roter Schleife.

Goldene Hochzeit. Der bekannte Pflanzenkundige Ober­lehrer a. D. Dr. Schlenker feierte gestern die Goldene Hochzeit. Vom Staatspräsidenten Bolz und von Oberbür­germeister Dr. Lautenschlager gingen dein Jubelpaar Glück­wunschschreiben zu.

Todesfall. Im Alter von 73 Jahren ist der Seniorchef und Mitbegründer der Fa. W. Wolf u. Söhne in Unter- türkheim, Kommerzienrat Adolf Wolf, gestorben. Im Krieg stiftete er einen vollständigen Lazarettzug.

Eingaben beim Landtag. Beim württemberg'ischen Land­tag sind in der Zeit vom 1. Juni bis 4. Juli 40 Eingaben ein­gegangen, die an die zuständigen Ausschüsse überwiesen wurden. Unter den Eingaben befindet sich eine iolche der Stadtgemeinde Waldenbuch um Nachlaß des Beitrags zum Ausbau der Nebenbahn Leinfelden-Waldenbuch, ferner des Stadstchulheißenamts Stuttgart betr. Ermäßigung des Poli- zeikostenbeitrags, des Stadtschultheißenamts Langenau um einen Beitrag zu Wiederherstellungsarbeiten von Straßen.

Versorgungsanwärkerskellen im körperschafksdiensk. Das

württembergische Innenministerium hat ein Verzeich­nis über die den Versorgungsanwärtern im württ. Körper­schaftsdienst vorbehaltenen im Wege des Privatdienstver­trags zu besetzenden Angestelltenstellen herausgegeben. Die Anpassung an die neue Körperschastsbesoldungsregelung wird später erfolgen.

Zusammengehen der Bürgerlichen Parteien. Eine Ver­sammlung der vereinigten Bürgervereine Stuttgarts im Ratskeller nahm einen Antrag des Gemeinderats Leib­brand an, Regierung und Landtag zu ersuchen, die neue Gemeindeordnung vor den nächsten Gemeinderatswahlen (September) zu verabschieden und das aufgehobene Recht des Panaschierens in den Städten Stuttgart und Ulm wie­derherzustellen. Städtische Beamte sollen nicht in den Ge­meinderat wählbar sein. Sollte die Gemeindeordnung nicht vor Dezember erscheinen, so soll eine bürgerliche Ein­heitsliste für die Gemeinderatswahlen angestrebt wer­den, damit unter allen Umständen eine bürgerliche Mehrheit auf das Rathaus komme.

Falsche Gerüchte. In verschiedenen Zeitungen findet sich die Nachricht, es sei geplant, das Lehrerseminar Heilbronn als Akademie nach Reutlingen zu verlegen; es wird sogar behauptet, das Gebäude des Heilbronner Seminars sei be­reits der Stadt zum Kauf angeboten worden. Es handelt sich hier lediglich um Gerüchte, die das Kulministerium erst durch die Presse erfahren hat.

krankheitsstakistik. In der 26. Jahreswoche vom 24. bis 30. Juni wurden in Württemberg folgende Fälle von ge­meingefährlichen und sonstigen übertragbaren Krankheiten amtlich gemeldet: Diphtherie 13 (tödlich), Genickstarre 1 (), Kindbettfieber 3 (1), Lungen- und Kehlkopftuberkulos« 8 (28), Scharlach 50 (), Typhus 4 ().

Verkauf von Milch zum Genuß auf der Stelle.

Die obersten Landesbehörden anderer deutscher Länder haben sich neuerdings unter Berufung auf einschlä­gige obecstrichterliche Entscheidungen und in Anlehnung an dis gleichlautende Bestimmung in 8 9 des Entwurfs eines Schanks nttenge'ctzes auf den Standpunkt gestellt, daß der Verkauf von Milch zum Genuß auf der Stelle nicht unter den Begriff der Schankwirtschof- falle, sofern er in den üb­lichen Verkaufsstunden stattfindet. Diese Auffassung iteht auch nach der Ansicht des W'.rtschaftsministeriums nicht im Widerspruch mit dem Inhalt und Sinn des 8 33 der Ge­werbeordnung. Angesichts der großen Bedeutung, die der Milch für die Boiksernährung zukommt, sind deshalb die Oberämter und die Polizeibehörden angewiesen worden, in Zukunft gegenüber dem Verlaus von trinkfertiger Milch zum Genuß auf der Stelle unter Zugrundelegung dieser Auffassung zu verfahren.

Würkk.-hohenz. Müllerbund. Der Württ.-Hohenzvllerische Müllerbund hält am 15. Juli hier seine ordentliche Gene­ralversammlung ab.

Amksunterschlagung. Rechnungsrat Maieran der Lan­deshebammenanstalt hatte in dem Zeitraum von etwa 4 Jahren 40 000 Mark unterschlagen und erhielt dafür vom Schöffengericht 3 Jahre Zuchthaus neben 1000 Mark Geld­strafe und 5 Jahren Ehrverlust.

Aus dem Lande

Reuhausen a. F., 10. Juli. Selbstmord. Im Laus des gestrigen Vormittags hat ein 53 I. alter Witwer seinem Leben durch Einatmerstvon Gas ein Ende gemacht. Als ihm eine Nachbarin Essen bringen wollte, fand man das Haus verschlossen; auf vielfaches Klopfen kam keine Antwort. Als nun ein Fenster geöffnet wurde, strömte sofort Gasgeruch heraus. Der Arzt konnte nur noch den Tod feststellen. Es ist wohl anzunehmen, daß der Tod infolge Schwermut ge­sucht wurde.

Ludwigsburg. 10. Juli. Schwerer Zusammen­stoß. In der Aldingerstraße stieß ein Motorradfahrer mit einem Lastkraftwagen zusammen. Der Fahrer erlitt einen schweren Unterschenkelbruch: es handelt sich um einen Schlos­ser Hermann Bauer aus Fellbach.