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Nummer 139
Fernruf 17S
Samstag den 16. Juni 1928
Fernruf 17S
63. Jahrgang j
Volilische Nundichau
Am Samstag, den 9. Juni, nachmittags, schloß der Vorsitzende, der kubanische Gesandte in Berlin Agüero y Bekhancourk, die 50. Ratstagung. Sie war, wie vorauszusehen, kurz Md — gut? „Gut" insofern, als der Rat aus diesmal seiner bewährten (?) Uebung treu blieb: er hat nämlich wieder die meisten Fragen vertagt, nach jenem bekannten Reim: „Ich Hab es erwogen, erwäg es noch heut und werd es erwägen in Ewigkeit." So werden denn die Ungarn noch weiterhin mit den Rumänen über die Entschädigung ihrer ausgewiesenen Bauern streiten, und die Polen und Litauer werden lustig weiter wegen Wilna zanken. Und Oberschlesien? Na es, wird „dem Ermessen der polnischen Regierung überlassen, in den Schulfragen dem Geist der Konvention über Oberschlesien Rechnung zu tragen".
Man weiß, was bei diesem „Ermessen" herauskommt. Uebrigens ist immerhin etwas erreicht, daß der Rat in seine Entschließung den Grundsatz ausgenommen hat: „Polnische Behörden dürfen Erklärungen verantwortlicher, erziebungsberechtigter Personen über die Sprache der Kinder keiner Nachprüfung, Bestreitung, keinem Druck und keiner Beeinträchtigung in irgendeiner Form unterwerfen." Das ist sehr deutlich. Wenn nur auch darnach verfahren würde. Doch: der Völkerbund denkt und Pilsudski — lenkt.
Der Donez-Prozeß in Moskau ist noch nicht zu Ende. Derselbe scheint nachgerade Tschitscherin und damit der Außenpolitik des Sowjetstaats recht unbequem zu werden. Moskau ist nämlich in der Gefahr, eingekreist zu werden. Italien sucht mit der Türkei und mit Griechenland Freundschaft. Dazu kommt die Annäherung zwischen Rom und Warschau. Mit Ungarn und den baltischen Staaten steht Italien sowieso gut. Und hinter diesem Ring, der sich um Sowjetrußland bildet, steht segnend England. Und wenn nun vollends Deutschland auch abspringen würde! Und das wäre zu fürchten, wenn die drei anscheinend gänzlich unschuldigen deutschen Staatsbüraer verurteilt würden.
Andererseits „rast der See und will sein Opfer haben". Moskau hak ein stark innerpolitisches Interesse, den Kampf gegen die .Klassenfeinde" möglichst eindrucksvoll aufzuziehen und ein „warnendes Beispiel für alle offenen und versteckten Feinde des Sowjetsystems zu statuieren". Dadurch will man die Masse über den wahren Sachverhalt hinwegtäuschen — und dieser ist geradezu erschütternder Art. Hat doch dieser Tage der Präsident des Donugol-Trusts, Lomow, einen recht unerfreulichen Bericht über die Lage der Don-Kohle, in deren Gebiet eben der Prozeß spielt, erstattet. Hiernach ist im Monat April die Ausbeute um 22,3 v. H. und die Arbeitsleistung um 11,2 v. H. gegenüber dem Vormonat zurückgegangen. Daran sollen natürlich die sog. „Spezialisten" schuld sein. Der wahre Schuldige aber ist das Sowjetsystem — und das will man natürlich in Moskau nicht gelten lassen.
So wenig als man den Fehlschlag der bolschewistischen Propaganda in China zugeben möchte. Wer schreibt heule gerne über China? Er muß gewärtigen, daß er morgen das zurücknehmen muß, was er heute als Tatsache behandelte. Wie wars nur mit T s ch a n g t s o l i n, dem Machthaber Nord-Chinas, der bereits an der Stufe des Drachenthrons stand? Alle Welt hörte, der Mann sei vor den Toren Mukdens, also auf seinem eigenen Grund und Boden, einem Anschlag erlegen, er, der ehemalige Freund Japans und Gegner Rußlands. Schon schrieben unsere großen Zeitungen Nekrologs über diesen bedeutsamen Mandschuren, der es vom Briganten zum Marschall gebracht hatte — da meldete der Telegraph, daß der gefürchtete Tyrann noch lebe, je auf dem Wege der Besserung sich befinde. Wieviel daran wahr ist, läßt sich heute nicht mit Gewißheit sagen; er wird vielmehr schon zum zweitenmal totgesagt. Gewiß aber ist, daß Tfchangtsolin Peking aufgegeben hat und daß er, dem Drang der Südheere aus- weickend, sich nach der Grundlage seiner Macht, nach der Mandschurei zurückziehen mußte. Peking ist also heute in den Händen der Nanking-Regierung, der Kuo- mingtang, der nationalistischen Volkspartei, die ihren kommunistischen Flügel abgestoßen hat. Aber wie lange? Die drei Verbündeten, T s ch i a n g k a i s ch e k, der Generalissimus der Nanking-Regierung, der „christliche" General Fengyusiang und der „Muster"-Gouverneur von Schansi. Penhsishan, scheinen, wenn man den neuesten Nachrichten Glauben schenken darf, nun selber hintereinander zu kommen. Feng scheint sehr „unchristlich" gehandelt zu haben. Er ließ die abziehende Mukden-Brigade gegen alle Abmachung entwaffnen und erregte damit den Unwillen der fremden Diplomaten, auch den des Generalissimus Tschiangkaischek, so daß dieser alle seine Aemter niederlegte. Somit bedeutet die Einnahme Pekings leider noch kein Ende dieses jetzt 17 Jahre lang dauernden Bürgerkriegs. Und doch hat alle Welt, hat namentlich Deutschland ein lebhaftes wirtschaftliches Interesse an einer möglichst baldigen Befriedung des Riesenreichs.
Allgemeines Interesse erregte der am Montag abend veröffentlichte Halbjahresbericht des Dawesagenten. Parker Gilbert bezeugt aufs neue, daß Deutlcyland seinen Zahlungsverpflichtungen pünktlich und restlos nachgekommen sei, daß der Dawesplan „erfolgreich" arbeite und daß wir auch unseren am 1. September d. I. einsetzenden Normaltribut von 2500 Millionen Goldmark zu erfüllen imstande seien. Nur müßten die Eisenbahntarife erhöht werden. Im übrigen ist Parker Gilbert mit uns recht zufrieden; seine Mahnung zum Sparen und zur Einschränkung der Ausländsanleihen sei befolgt worden. Er warnt aber vor weiterer Steigerung der Löhne, da dies unter Umständen zu einem. Rückgang der deutschen Ausfuhr führen könne. Im übrigen ist er für eine möglichst baldige endgültige Festsetzung der Entschädigungsverpflichtungen. Dies liege im Interesse der Gläubiger und Deutschlands selbst. — Das glauben wir auch.
Wiederum hat uns ein schweres Eisenbahnunglück betroffen. Der D-Zug München—Rheinland ist zwischen Nürnberg und Würzburg auf eine bis jetzt unaufgeklärte Weise entgleist. Nicht weniger als 24 Menschenleben sind dem gräßlichen Unfall zum Opfer gefallen. Ganz Deutschland ist hiervon tief erschüttert.
Im übrigen wird an der Bildung der Regierungen tüchtig gearbeitet. Preußen hat seine Weimarer Koalition unter sozialdemokratischer Führung, d. h. eine Regierung, die van der Sozialdemokratie, dem Zentrum und der Demokratie getragen wird, beibehalken. Württemberg hat wieder seine Rschtsregierung, aber unter einem neuen Staatspräsidenten, jedoch auf so schmaler Grundlage, daß sie förmlich nach Erbreiterung schreit. Die neue R e ichsregierung ist noch im Werden begriffen. Ungewiß ist bis zur Stunde, welche Parteien sich dazu hergeben werden. Höchstwahrscheinlich aber ist, daß der neue Reickskanzler ein Sozialdemokrat sein wird. Wie nun auch die Formen wechseln mögen, eines wünschen wir alle: das Wohl des ganzen Vaterlands, nickt das Interesse der einzelnen Parteien, möge das höchste Gesetz sein!
V?, tt. '
Nansen gegen den Völkerbund
Der bekannte Forscher Fridtjof Nansen hat als Oberkommissar des Völkerbundes das Land Armenien bereist, um die Möglichkeit der Unterbringung der armenischen Flüchtlinge in ihrer Heimat zu studieren. Die Ergebnisse seiner Reise hat Nansen in einem überraschenden Buch „Betrogenes Volk", veröffentlicht. Während er bisher immer als glühender Anhänger des L^ikerbundes gegolten hat, muß dies nun plötzlich in Frage gestellt werden. Der Völkerbund nahm wohl Nansens Bericht zur Kenntnis; aber „es ging ja nur um jenes kleine blutende, aber begabte Volk ohne Oelfelder und ohne Goldminen!", und so ist bisher seine Arbeit ohne Erfolg für die Leidenden geblieben. Es ist eine leidige Tatsache, daß der Völkerbund aus diese Weise nicht an Vertrauen in der Welt gewinnen kann, wenn er, wir hier und schon so oft, den wirklich bedeutungsvollen Menschheitsaufgaben einfach ausweicht.
Immer noch Schwierigkeiten in der Regierungsbildung
Berlin, 15. Juni. An der heute nachmittag stakkfindenden Sitzung der Reichstagsfraktion der Deutschen Volks- parket wird, wie aus parlamentarischen Kreisen verlautet, auch Reichsaußenminister Dr. Stresemann teilnehmen. Da im Anschluß an. die sozialdemokratische Ablehnung der '' polksparteilichen Bedingung zur Bildung einer Großen Koalition Hermann Müller mit Stresemann noch am gestrigen Abend wichtige Besprechungen gepflogen hat, nimmt man an, daß Dr. Stresemann heute die Rolle zufallen wird, seine Fraktion zu einem Kompromiß zu bewegen.
Der Freitag wird in der Frage der Regierungsbildung weitere Verhandlungen zwischen der Deutschen Volkspartei und der Sozialdemokratie bringen, evtl, auch zwischen dem Zentrum und der Volksparkei, da möglicherweiA das Zentrum die Vermitklnngsakkion zwischen beiden Parteien übernehmen wird. Ob dies möglich ist. wird sich jedoch erst auf Grund weiterer Besprechungen !m Reichstag herausstllen. Hierbei wird es sich vor allen Dingen darum handeln, klar zu stellen, welche Bedeutung der Beschluß der Volkspartei vom Donnerstag abend, sowie die ablehnende Entschließung der Sozialdemokraten, die unter dem Einfluß von Ministerpräsident Braun gefaßt wurde, hat. Wie verlautet, hat man sich in den Besprechungen vom Donnerstag abend bei ihm denn auch dahin geeinigt, die Bemühungen zur Bildung der Großen Koalition fortzu sehen.
Slreii in der volksparkeilichen Preußen-Fraktion
Berlin, 15. Juni. Wie aus dem preußischen Landtag m!k- gekeilf wird, bat der langjährige Bo.rsitzende der Fraktion der
Deutschen Volkspartei im preußischen Landtag, Dr. von Campe, den Vorsitz niedergelegk, weil die Fraktion für di>. Verhandlungen mit dem Ministerpräsidenten Braun übe' die Erweiterung der Regierungsbasis drei Verhandlungsfüh. rer ernannt hat, unter denen Campe fehlte. Die Mehrhetz der Fraktion hat ihn ausgeschaltek, weil gerade er nach Er, öffnung der letzten Landtags im Jahre 1924 die Volksparke aus der damaligen Regierung hinausmanövrierk hak.
Seine Auflösung des sächsischen Landtags
Dresden. 15. Juni. In der gestrigen Landtagssitzuni wurde der kommunistische Antrag auf Auslösung des Land tages mit den Stimmen der Koalitionsparteien ab ge lehnt.
Die Regierungsbildung in Anhalt
Dessau, 15. Juni. Der anhaltifche Landtag wählte dei bisherigen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Deis mit 17 von 33 abgegebenen Stimmen zum Ministerprä sidenien. Der bisherige Staatsminister Dr. Weber (Dem. wurde ebenfalls wieder zum Minister gewählt.
Drohender Lohnkonflikt in der Metallindustrie
Hagen, 15. Juni. Der Lohnkampf in der Lüden scheider Metallindustrie hält unvermindert an. Wie voi unterrichteter Seite mitgeteilt wird, muß, falls es de Schlichtungsbehörde nicht baldigst gelingt, die Beendigun« des Kampfes herbeizuführen, damit gerechnet werden, das die gesamte südwestfälische Eisen- und Me t a l l i n d ust r i e zur Unterstükung des Lüdenscheids Kampfes die Gesamtaussperrung beschließen wird. In Be tracht kommen etwa 60 000 Metallarbeiter.
Aheinlandränmung für ein Ost-Locarno
Brüssel, 15. Juni. Zaleski empfing heute die Presse lehnte es jedoch ab, irgendwelche formelle Erklärur;en abzu geben. In Beantwortung verschiedener Fragen wies de Minister darauf hin, daß Litauen früher oder später di Möglichkeit einer Wiederaufnahme der Beziehungen ein sehen müsse. Seit Aufnahme der Amerikaanleihe habe sic die Lage in Polen gebessert. Zaleski kam dann auf di Ahe in landfrage zu sprechen und betonte, daß Pole: das Recht habe, zur Frage einer Räumung der Rheinland seine Meinung zu äußern. Wenn man aber, fuhr Zalesk fort, von Räumung spreche, müsse man gleichzeitig an di Sicherungsmiktel denken, die die Räumung ersetzen soller Nachdem sich Zaleski über Rußland, das sehr nervös se obwohl Polen sein Bestes tue, mit der Sowjetunion in Fric den zu leben, geäußert hakte, sprach er über die Bezieh ungen Polens zu Deutschland, die er bis zu Gegenwart als korrekt bezeichnele. Eine große Schmierst keik sei indes bei dem Abschluß eines deutsch-polnischen Har delsverlrages aufgekauchk. Da die deutsche Landwirtchaft, j erklärte der Minister, gegen jegliche Einfuhr polnisch« Agrarprodukke ist, können wir unsererseits keinen Verkra unterzeichnen, der der deutschen Industrie Vorteile bring
Keine Freigabe des deutschen Eigentums in England
London, 15. Juni. Auf eine Anfrage des Abg. Pc sonby, ob die englische Regierung Schritte zur Freigab deutschen Eigentums etwa in der Weise unternehmen werd wie es jüngst durch die Vereinigten Staaten geschehen se antwortete Baldwin, daß die englische Regierung nicht t» absichtige, von der bisherigen Handhabung abzugehen, wc nach nur in Fällen ganz besonderer Not Eiger tum freigegeben wird, in allen anderen Fällen jedoch davo abzusehen ist.
Militärische Ausbildung in Amerika
London. 15. Juni. Der Washingtoner Korrespondent dc „Chikago Tribüne meldet: Mehr als die Hälfte der regr lären Armee der Vereinigten Staaten wird in diesem Son mer damit beschäftigt sein, Zivilisten militäris« auszubilden. Nahezu 273 000 Personen werden in R> krutenlagern untergebracht sein. 3 452 Offiziere und 47 88 Mann der regulären Armee werden als Instrukteure vei wendet werden.
hoover Präsidentschaftskandidat
Kansas City, 15. Juni. Hoover ist in der ersten Abstin mung des republikanischen Nationalkonvents zum Präsiden schaftskandidaten nominiert worden.
Tschangksolin am Leben?
London. 15. Juni. „Daily Mail" berichtet aus Tientsin Nach einem Telegramm aus Mukden hat Tfchangtsolin fo gende Botschaft an seine Offiziere erlassen: Meine Wuni ist nicht so ernst wie angenommen wurde, und mein Befir den bessert sich. Niemand sollte die Meldung über meine Tod beachten. Ich fordere Euch auf, Eure Pflicht zu « füllen. _