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Nummer 110 F«nnrf 179
Freitag den 11. Mai 1928
Fernruf 179
63. Jahrgang
karkblirg und kmol
Die Tagung der rumänischen Nationalen Bauernpartei in Karlsburg in Siebenbürgen hat nicht die Folgen gehabt, die ihre Veranstalter von ihr erwartet und die Regierung vielleicht befürchtet haben mag. Die große Veranstaltung ist zwar eindrucksvoll, aber bisher ohne praktische Rückwirkungen verlaufen. Insgesamt mögen in den verschiedenen Städten etwa 500 000 Bauern versammelt gewesen sein. Politisch bot die Kundgebung nichts Neues. Es handelt sich um den schon jahrealten Kampf der Nationalen, die gerade in dem neugewonnenen Siebenbürgen ihre Anhänger haben, gegen die Herrschaft der Bratianus, hinter denen die kapitalistische Liberale Partei steht. Wieder forderten die Nationalen Bauern, wie ihr Führer Maniu das bisher schon immer innerhalb und außerhalb des Parlaments getan hat, „freie Wahlen", denen sich die Regierung aber ständig widersetzt in der Befürchtung, daß das Ergebnis unbeeinflußter Wahlen ihr den Todesstoß versetzen würde.
Die Karlsburger Tagung der Nationalen Kleinbauern hätte vermutlich im Ausland gar nicht den Widerhall her- oorgerufen, der ihr tatsächlich zuteil wurde, wenn nicht Prinz Karol sie als eine Gelegenheit betrachtet hätte, sich „seinem Volk" in Erinnerung zu bringen. Jetzt erst vermag man sich die überraschende Uebersiedlung des Prinzen von Frankreich nach England zu deuten. Seine Absicht, durch Flugzeugs Flugblätter nach Karlsburg zu schicken, ist dank dem "Eingreifen des rumänischen Gesandten ln London vereitelt worden. Dieser Plan wäre von Frankreich aus wahrscheinlich noch viel schwerer auszuführen gewesen, denn Frankreich hat ein größeres Interesse als England daran, daß die Regierung Bratianu im Amt bleibt, denn sie ist eine Regierung des unbedingten französischen Kurses und der unbedingten Aufrechterhaltunj der Friedensverträge.
In England konnte man es auch nicht dulden, daß Karol gegen die Regierung eines „befreundeten" Staats eine Verschwörung anzettele, wobei er wahrscheinlich aus die Unterstützung Ungarns spekuliert habe. Man glaubt in London, Karol sei sich über die Tragweite seiner Handlungen nicht klar gewesen und er habe sich von englischen und ausländischen Hintertreppenpolitikern — viele deuten mit Fingern auf den Zeitungsbesitzec Nothermere, den Bruder des verstorbenen berüchtigten Northcliffe — ausbeuten lassen. Das beweise aber nur, daß es Prinz Karol in ungewöhnlichem Maß an politischem Takt und politischer Klugheit fehle.
Gegen die Uebersremdung der Schweiz
Die stimmberechtigten Eidgenossen werden am 20. Mai über eine Aenderung des Artikels 44 der Bundesverfassung, der sich auf die Einbürgerung bezieht, zu befinden haben. Es handelt sich um einen Schritt in der Bekämpfung der Uebersremdung. Tie Einbürgerung soll auf eine neue Grundlage 'gestellt werden: Es soll eine Zwangs- einbürgerung sein bei Kindern, deren Mutter von Abstammung Schweizerin ist und deren Eltern zur Zeit der Geburt in der Schweiz wohnen. Es trifft dies besonders auf viele Kinder zu, die bisher als Deutsche gelten. Die Gefahr der Uebersremdung wird mit dem Hinweis darauf begründet, daß von 3 v. H. im Jahre 1850 der Anteil der Ausländer an der Bevölkerung auf 14,7 v. H. !m Jahre 1910 gestiegen sei, was als eine bedrohlich anwachsende Flut erscheinen müsse. Einige Orte seien schon der absoluten Mehrheit der Ausländer nahe gewesen. Bisher ließ sich nur
.^chstel der zugewanderten Ausländer einbürgern. Natürlich konnte nicht davon die Rede sein, jeden in der Schweiz geborenen Ausländer als schweizerischen Bürger zu erklären. Die Einbürgerung dieser Auslandskinder soll in der früheren Heimatgemeinde der schweizerischen Mutter erfolgen. Und um die Gemeinden zufriedenzustellen, wurde einerseits diesen Bürgern kein Nutzen an den Bürgergütern zugebilligt, während anderseits der Bund im Unterstützungs- fall einen Teil der Kosten übernimmt. DieWirkungen der Gesetzesvorlage dürften sich jährlich auf etwa 1800 Ausländerkinder erstrecken, darunter wie gesagt viele deut- sche. Zur Verhinderung von Doppelbürgerrechten werden Staatsverträge abzuschließen sein, die auf Gene- ! 'imkeit beruhen.
Neueste Nachrichten
Die Erhöhung der Eisenpreise
Berlin, 10. Mai. In Vertretung des zurzeit von Berlin abwesenden Reichswirtschastsniinisters Dr. Curtius empfing ^chsAstkretär Dr. Trendelenburg gestern im Reichswirtschaftsministerium Vertreter der eisenschaffenden sowie der eisenverarbeitenden Industrie zu Besprechungen über die in Aussicht genommene Erhöhung der '-'G ^preise. Die Vertreter der eisenschaffen» oen Industrie legten dar, daß sie von einer Erhöhung der freiste >ur Roheiten ab se hen wollten. Ae von jhNW
Tagesspiegel
Die Antwortnote Italiens auf den Vorschlag kekloggs gegen den Krieg ist in Washington eingekroffen. Kellogg erklärte, sie sei zwar in herzlichem Ton gehalten, aber nicht mit der deutschen Antwort, die den Vorschlag als Ganzes angenommen habe, zu vergleichen.
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Die Nationale Bauernpartei in Rumänien hak die Beziehungen zu dem Prinzen karol wegen seines unbesonnenen Streichs abgebrochen.
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Der japanische Befehlshaber in China hat an Tschiang- kaischek die Aufforderung gerichtet, binnen 72 Stunden die chinesischen Truppen aus dem „japanischen Machtbereich" zu entfernen. Japanische Artillerie hak nach einer Meldung aus Nanking Tsinanfu beschossen. 500 Menschen sollen getötet worden sein.
Der japanische Botschafter in Washington, Maksudalra, hakte wiederholt Besprechungen mit Staatssekretär Kellogg.
sürWaizwerresavrtrare vorgesehenen Preiserhöhungen seien so berechnet, daß sie lediglich die Erhöhung der Selbstkosten für Kohle berücksichtigten. Dis Vertreter der eisenverarbeitenden Industrie erklärten, daß die beabsichtigte Erhöhung der Eisenpreise angesichts der rückläufigen Beschäftigung der eisenverarbeitenden Industrie voraussichtlich sehr ungünstig auf die Geschäftslage wirken werde, daß sie aber auf Grund der am 7. Mai in Düsseldorf von der eisenschaffenden Industrie ihnen gegebenen Unterlagen und Erklärungen gegen die von der Eisenindustrie angestellte Berechnung der Mehrkosten keine Einwendungen zu erheben hätten. Die eisenverarbeitende Industrie hat jedoch darauf hingewiesen, daß bei dieser Preiserhöhung eine Aenderung der Qualitätsüberpreise stattfinden müsse. In Düsseldorf ist unter den Beteiligten vereinbart worden, daß mit möglichst kurzer Frist in gemeinsamer Besprechung festgestellt wird, inwieweit Ermäßigungen der bisherigen Qualitätsüberpreise oorgenommen werden können.
Staatssekretär Dr. Trendelenburg nahm diese Darlegungen mit dem Bemerken entgegen, daß er der Regierung die Stellungnahme zu der durch die letzten Veränderungen der Kohlen- und Eisenwirtschaft geschaffenen Lage Vorbehalten müsse.
Die Bremenflieger in Philadelphia
Philadelphia, 10. Mai. Die Bremenslieger sind gestern nach einem durch Sturm, Nebel und schwere Wolkenbrüche gefährdeten Flug mit starker Verspätung von Neuyork in Philadelphia eingetroffen und mit großer Begeisterung empfangen worden. Durch festlich geschmückte Straßen wurden sie zur Freiheitshalle geleilet. Dann folgte ein Essen in der Handelskammer, an das sich in einem Theater Vorführungen von Lichtbildern schlossen, die ihre Landung in Philadelphia (!) und alle Aufnahmen seit ihrer Landung auf der Greenly-Jnsel Wiedergaben. Abends fand ein Festbankett der deutschen und irischen Gesellschaften statt. Hauptmann Köhl feierte den anwesenden Prof. Junkers, dessen Genius das ausgezeichnete Flugzeug Bremen erdacht habe. Pastor Evers von der Zionskirche betonte in seiner Ansprache, daß die Deutschamerikaner noch nie so stolz gewesen seien auf ihre neue amerikanische Heimat als jetzt angesichts der gewaltigen Anteilnahme Amerikas an dem deutschen Flug. Frhr. v. Hü ne seid gedachte des verunglückten amerikanischen Fliegers Thomas: das sei der Trost, daß Pioniere ihre Leben dransetzen müssen, um die Menschheit vorwärts zu bringen. Eine Abordnung der Vereinigten amerikanischen Gewerkschaften brachte den Fliegern ihre Glückwünsche dar.
Die neue belgische Heeresordnung
Brüssel. 10. Mai. Zur Heeresneuordnung in Belgien wird bekannt, daß die Dienstzeit von 1932 an auf acht Monate herabgesetzt werden soll, daß jedoch ein Sohn aus jeder Familie 14 Monate bei der Fahne zu bleiben habe, um auf diese Weise die für die Landesverteidigung notwendige Heeresstärke zu behalten. Für das Weiterdienen über acht Monate hinaus, wird für jeden Monat eine Löhnung von 400 Franken in Aussicht gestellt. Die Einstellung der Rekruten in ihrer Heimat soll schon von 1929 an Gesetz werden.
Die Lage in China
Hankau, 10. Mai. U. P. meldet, die in Hankau, Nanking und in den benachbarten Städten lebenden Japaner haben sich auf die Schiffe auf dem Jangtsefluß geflüchtet. Der Haß gegen die Japaner kommt im ganzen chinesischen Volk im Süden und Norden immer mehr zum Durchbruch
Die konservativen englischen Blätter erklären das Borgehen Japans gegen China für durchaus gerechtfertigt; es sei höchste Zeit, der nationalistischen (südchinesischen) Regierung in Nanking gegenüber Men schärferen Ton ^anzu-
schlagen. Die liberale Presse vesUrchtet dagegen, daß Mpan die gegenwärtigen Zwischenfälle benützen werde, um sich Lauernd in Schantung festzusetzen. Der amtliche Standpunkt der britischen Regierung kann als Neutralität bezeichnet werden. — In den Vereinigten Staaten scheint die Lage in Schantung Beunruhigung hervorgerufen zu haben.
Der Zweck des japanischen Eingreifens in China
Paris. 10. Mai. Die''„Agence Jndo-Pacifique" berichtet aus Tokio, die japanische Regierung habe der Regierung in Peking mitgeteilt, sie werde den Vormarsch der südchinesi- schne Truppen nach Norden mit Gewalt aufhalten. — Von dem Sieg der Südchinesen über Tschangtsolin und ihrem Vormarsch nach Peking befürchtet Japan die Wiederherstellung der Einheit des chinesischen Reichs, wie sie bis zur Revolution Sunjatsens und dem Sturz des Kaisertums 1911 bestand. Das geeinigte China würde wohl der rücksichtslosen Ausbeutung Chinas und des chinesischen Volks durch das japanische Kapital ein Ende machen.
Neichsaußenminister Dr. Gustav Stresemann feierte am 10. Mai den 50. Geburtstag. Er wurde 1878 als Sohn eines kleinen Gastwirts und Flaschenbierhändlers in der Köpenickerstraße in Berlin geboren und zeigte schon früher großen Lerneifer und Interesse für die Politik, nachdem er Syndikus im Bund der Industriellen in Dresden geworden war, als Führer der „Jungliberalen" eifrig betätigte, so daß er 1907 von der Nationalliberalen Partei in den Reichstag und nach dem Tod Bassermanns zum Führer der Partei gewählt wurde. Im Reichstag wie in Wahlversammlungen hat er sich als glänzender Redner bewährt. Während des Krieges trat er entschieden für den Burgfrieden ein und war ein getreuer Anhänger des Generals Ludektdorff. 1923 trat Dr. Stresemann als Reichskanzler an die Spitze der Reichsregierung und als Leiter der auswärtigen Politik ist er seit 1925 bemüht, die duldende Erfüllungspolitik in eine Politik der Verständigung umzubiegen. Enttäuschungen sind ihm nicht erspart geblieben, aber er hält fest an der Hoffnung, daß die Zeit kommen werde, wo man auch in Frankreich die „Verständigung" nicht länger als Tsuschsache zum Vorteil Frankreichs, sondern als Politik der Gegenseitigkeit betrachten werde. Es ist das unbestreitbare Verdienst Stresemanns, daß es wieder eine fühlbare Reichspolitik nach außen gibt und daß sie nach dem Dornröschenschlaf der Nachkriegsjahre mehr und mehl an Leben gewonnen hat.
Reichspräsident v. Hindenburg und Reichskanzler Dr. Marx haben dem Reichsminister Dr. Stresemann in herzlichen Handschreiben ihre Glückwünsche ausgesprochen.
Mkllemberg
Stuttgart, 10. Mai. Urlaub der Staatsbeamten. Eine Bekanntmachung des Staatsministeriums vom 10. Mai 1928'regelt den Erholungsurlaub der Beamten im Rechnungsjahr 1928. Dabei sind bisherigen Urlaubsgruppen nach den jetzigen Besoldungsgruppen neu gegliedert. Die Urlaubssätze des Reichs sind auch in diesem Jahre wieder für Württemberg übernommen worden.
Stuttgart, 10. Mai. Miete eines Länderplatzes an der Biologischen An st alt auf Helgoland Das Kultministerium hat für das Rechnungsjahr 1928 an der Biologischen Anstalt auf Helgoland einen Länderplatz gemietet, der württ. Lehrern und Studierenden zur Verfügung steht und es ihnen ermöglichen soll, sich mit der Lebewelt des Meeres oder den Fragen des Vogelzugs ohne besondere Unkosten für den Platz wissenschaftlich zu beschäftigen. Die Biologische Anstalt auf Helgoland ist bereit, lebendes und aufbereitetes Material für wissenschaftliche Zwecke und für den Unterricht zu ermäßigten Preisen abzugeben.
kullministerium und Reichsjugendwettkämpfe. Das
Kultministerium empfiehlt die Abhaltung von Reichsjugendwettkämpfen durch die Schulen auch in diesem Jahr aufs wärmste. Dabei ergibt sich die Gelegenheit, des Turnvaters Fr. L. Jahn, dessen Geburtstag sich Heuer zum 150. Male jährt, und des Schöpfers des schwäbischen Schulturnens, O. H. I ä g e r, der vor 100 Jahren geboren wurde, zu gedenken. In Anlehnung an die Bestimmungen des Reichsausschusses für Leibesübungen hat die Landesturnanstalt geeignete Richtlinien für die Durchführung der Wettkämpfe, sowie Wertungstafeln, Leistungslisten und Berichtsvordrucke ausgearbeiket; für 10 Prozent der Sieger werden Urkunden des Reichspräsidenten ausgegeben, die übrigen erhalten einfache Ehrenurkunden.
Diensiprüfungen für das höhere Lehramt. Die Dienstprüfung für das höhere Lehramt haben bestanden in der altsprachlichen Richtung 4, in der neusprachlichen Richtung 19, in der mathematisch-physikalischen Richtung 3, in der naturwissenschaftlichen Richtung 9 und für Zeichen- und Kunstunterricht 8 Kandidaten. Die 2. Dienstprüfung haben erstanden in der altsprachlichen Richtung 6, itz.der.neufp^gch»