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Samstag, den 7. April 1928

63. Jahrgang

Fernruf 17g

Fernruf 179

Nummer 82

Empor

Auf! Auf, mein Geist, uud schwinge dich Empor vom Erdenstaubei Flieg, fliege, fliege wonniglich.

Du schnelle Limmelstaube!

Empor vom dunklen Erdental!

Empor zum lichten Sternensaal!

Empor zum Christ, dem Leiland I

Empor! Empor aus finstrer Nacht!

Aus Staub und Schwach und Banden, Aus Sklaverei und Bann und Acht Zu jenen freien Landen,

Wo Lug und Trug und Wahn verweht. Wo nie die Sonne untergeht,

Worin die Frommen blühen.

Lienieden ist nur Müh' und Not,

Nur eitel Eitelkeiten;

Der arme Mensch muß bis zum Tod Mit Trug und Schatten streiten:

Dem bald man mit drei Ellen mißt Den Raum, wo's still vom Kriegen ist.

Wie viel' sind seiner Plagen!

Lienieden was ist Lust und Glück?

Was ist des Menschen Freude?

Ein Lui, ein Nu, ein Augenblick,

Des Wechsels leichte Beute,

Ein Wasser, das von Bergen rinnt.

Ein Schnee, ein Nebel, Schaum und Wind: Auf Erden mag nichts bleiben.

Drum auf, mein Geist, und schwinge dich Die Hellen Sternenstraßen!

Was irdisch ist, wirf hinter dich!

Du mußt es doch verlassen.

Das Anten muß für andre sein.

Das drobet bleibet ewig dein

Zur Leimat wolln wir fliegen.

Drum auf! Mein Geist! Mein froher Geist! Zur Leimat wolln wir fliegen;

Die Erde und was irdisch heißt.

Das lassen wir unten liegen.

O du, der unser Lelfer ist.

Das hilf du uns, Lerr Zesu Christ,

Daß wir's mit dir gewinnen!

Ernst Moritz Arndt

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Ostern

Die Karwoche, die, wie ihre einzelnen Tage, insbeson­dere der Karfreitag, von dem althochdeutschen Worte chara, Trauer", ihren Namen trägt, die Woche der Trauer und des Schmerzes um das Leiden des Herrn, ist nun vorüber; mit dem Auferstehungstag beginnt die frohe Osterwoche, und mit ihr wieder die freudige Zeit der Wiederkehr Christi, die Lenteicoste, die im Pfingstfest ihren Abschluß findet. In ältester Zeit wurde die ganze Osterwoche festlich gefeiert und deshalb Osteroktave genannt, dann beschränkte man die Leiern auf vier, vom Jahr 1094 an auf drei und in neuer Zeit auf nur zwei Tage. . .

Aus den Ueberlieferungen der drei Synoptiker und ge­nauer noch aus dem Johannis-Evangelium wissen wir, daß Jesus am ersten jüdischen Wochentag, d. h. am christlichen Sonntag, in frühester Morgendämmerung aus sei­nem Grab auferstanden ist. Johannes drückt sich in diesem Punkt sehr deutlich aus, indem er Kapitel 20, 1 schreibt:An einem der Sabbater, früh, als es noch dunkel war, kommt Maria Magdalena zum Grabe/' Um diese Zeit wir können annehmen, daß es zwischen 4 und 5 Uhr ge­wesen ist war Jesus bereits auferstanden. Die Kreuzi­gung Jesu fand nach allen Evangelien am 14. Nifan, das ist Freitag, nach Johannes, dem in dieser Hinsicht wohl zuverlässigsten Chronisten, erst nach der 6. Stunde der da­maligen Tageinteilung, also etwa um die Mittagszeit statt, das Ls inscheiden Jesu geschah nach sechs- bis sechs­einhalbstündiger Marter, allen Ueberlieferungen zufolge gegen Ende des Rüsttags, ungefähr um 6 Uhr abends. Da sich zu gleicher Zeit eine in Jerusalem in ihrem Endverlaus noch sichtbare, bis um 6 Uhr 3 Minuten währende Mond­finsternis ereignete, kennen wir die Zeit dieses Geschehnisses recht genau. Jesu Kreuzabnahme wurde von seinen Jüngeren möglichst schnell betrieben. Kein Gerichteter durfte während des großen Sabbats, der am Freitag abend be­gann, am Holz bleiben. Wir werden deshalb nicht fehl­gehen, wenn wir die Kreuzabnahme auf ungefähr 7 Uhr verlegen. Die Beisetzung Jesu geschah unmittelbar dar­aus in dem nahen neuen Felsengrab des Joseph von Ari- mathia, das, wie heute so gut wie sicher feststeht, nicht von der Heilgen Grabeskirche inmitten der Stadt umschlossen wird, sondern unter dem sogenannten Jeremiashügel im Norden der Stadtmauer liegt und noch immer ein Felsen­grab in einem Garten ist dank dem geschichtlichen Irrtum Konstantins, des ersten Erbauers der Grabes-Ba­silika im 4. Jahrhundert, ist das echte Grab Christi, die Jeremiasgrotte, el-Lcklceimje oder el-bleckannse, im allgemei­nen unverkehrt erhalten geblieben und dafür das unechte Grab total verunstaltet worden. Daraus ergibt sich nun, daß Jesus 30 Stunden lang, oder doch nur wenige Stun­den länger, im Grab gelegen hatte, als er wieder aüferstand.

Von der christlichen Ürgemeinde wurde der Aufer­stehungstag, nach Ginzel, noch nicht als ein besonderes Fest, sondern gemeinsam mit dem jüdischen Passah gefeiert. Das geschah mehrere Jahrhunderte lang. Aber schon im zweiten Jahrhundert wurde die jüdische Fastenvorschrift von vielen Christen gebrochen und der Auferstehungsgottesdienst am Sonntag morgen gehalten. Nach und nach lösten sich die Christen mit ihrer Feier ganz von den Juden los die­jenigen, die noch am 14. Nisan festhielten, nannte man Ouartodezimaner; bis auf den heutigen Tag behielten die christlichen Ostern den Charakter eines an den Mondlauf und an den Frühling gebundenen Festes.

Unser deutscher Name Ostern ist abzuleiten von der altgermanischen Licht- und Frühlingsgöttin Eostar» KM ra, Oste r g, angelsächsisch, ursprünglich CGrch

Eästre, zusammenhängend mit griechisch Cos, das Müyrok das die Tageshelle aus Osten heraufführt, als Göttin die Schwester des Sonnengotts Helios, dem sie mit Rosen- fingern die goldene Pforte öffnet und Rosen auf den Pfad streut. Das Hauptfest der Ostera. ein echtes Frühlingsfest, wurde von den Germanen im April gefeiert, d. h. in e'ner Zeit, in die auch das Auferstehungsfest der Christen­heit fiel, das in höherer geistiger Beziehung das Fest der neuen Morgenröte bildete und mit ihm verschmolz.

In England gehen die Sorgen nicht aus. Obwohl alsSiegerstaat" aus dem Weltkriege hervorgegangen, hat es in seiner Wirtschaft schwere Notstände zu beklagen. Dies trug Mac Donald vor einigen Tagen im Unterhaus vor. Im Lande, besonders im Süden, gebe es 154000 arbeitslose Bergarbeiter, die nie wieder auf Be­schäftigung im Bergbau rechnen dürften. Wo aber dies: halbe Million Menschen, Frauen und Kinder eingerechnet, unterbringen?

Nicht lange vorher gab ein anderer führender Wirtschaft­ler, Sir John Marriott, einen ziemlich sorgenvollen Ueberblick über die allgemeine Wirtschaftslage Groß­britanniens. Hiernach ist der Außenhandel zurückgegangen, namentlich die Einfuhr von Rohbaumwolle. Die Zahl der Arbeitslosen habe seit 1913 rund um eine Million zugenom­men, während die Bevölkerung, die übrigens stark an Geburtenrückgang leidet, nur um 2,5 Millionen zugenommen habe. Die Zahl der Angestellten im Handel übersteige jetzi um fast 400 000 die der Werkarbsiter. Bedenklich sei auch die Abnahme der Auswanderung, der Spartätigkeit und der Kapitalanlagen im Ausland.

Somit ist nicht nur Deutschland wirtschaftlich übel daran. England hat aber auch seine politischen Sorgen. Augenblicklich zeigt sich Aegypten recht bocksbeinig. Es will seine im Jahr 1922 von Lloyd George zugesagte Souveränität" nicht bloß auf dem Papier und in schönen Worten haben. Das alte Pharaonenland besinnt sich seiner großen Vergangenheit, will mit England gleichberechtigt, nicht Vasall, sondern besten FallsFreund" sein. Es for­dert Räumung seines Gebiets von englischem Militär. Der Sudan, sogar der Suez-Kanal sollen ägyptisch und nur ägyptisch sein.

Eine solche Sprache ist man in London von seinen ehe­maligen Schutzbefohlenen nicht gewöhnt. Cs ist fast, als ob sie sich gegenseitig angesteckt hätten. Zuerst Indien, das sich die verfassungsstudierende Simons-Kommis­sion entschieden verbeten hatte, und jetzt Aegypten, das noch um ein paar Grade selbstbewußter auftritt. Auch ein Zeichen der Zeit. Englands Uebermacht hat an ihren Schrecknissen stark eingebüßt. Recht besorgt wird auch neuerdings in der englischen Presse darauf hingewiesen, daß sich die militärische Lage Englands durch die Erfindung des Flugzeugs vollkommen verändert habe. Die Flotte allein sei heute nicht mehr in der Lage, die Aufrechterhaltung des Handels und die Ernährung der englischen Bevölkerung sicher zu stellen. Die Lage Londons sei außerordentlich ge­fährdet.

Nichtsdestoweniger wurde dem Afghanen-König Aman Ullah bei seinem Besuch in England, das bekanntlich mit diesem Nachbarn Indiens mitunter auf recht gespantem Fuße stand, militärische Schauspiele allergrößten Stils vor­geführt. So wohnte er einer großen Parademotorisierter" Truppen und einem MarHver pW Über TaM b ei. Es

wurden Tankangrisfe in Verbindung mit Kampfflugzeugen, das Ueberwinden schwieriger Hindernisse, Schießübungen aus fahrenden Tanks, das Einnebeln und Vergasen großer Geländeabschnitte gezeigt. Offenbar wollte Albion bei dem asiatischen Fürsten den Eindruck erwecken, daß Eng­land immer noch allen asiatischen Mächten turmhoch über­legen sei.

Jedenfalls denkt man jenseits des Kanals nicht im ent­ferntesten an eine Abrüstung. Vielleicht ebensowenig wie in Frankreich, wo man zurzeit daran ist, den Deutschen den wahren Sinn des Versailler Vertrags beizubringen, näm­lich, daß derselbe von keinerVerpflichtung" der Sieger­staaten zurallgemeinen Abrüstung" wisse.Verpflichtet" hierzu seien natürlich nur die unterlegenen Staaten.

Wenn Frankreich Wert auf eine starke Rüstung lege, so geschehe dies im Interesse des allgemeinen Friedens. Wie nett und edel! Kein Wunder, daß bei solcher Grundeinstellung unserer westlichen Nachbarn die fünfte Tagung des Ab­rüstungsausschusses ergebnislos verlaufen mußte. Das wird auch bei einer etwaigen 500. Tagung der Fall sein.

Im übrigen halten die französischen Staatsmänner land. auf landab feurige Wahlreden. Poincare hat schon seine zweite Sonntagsrede, die letzte in Carcassonne, vom Stapel gelassen. In dieser bespricht er die Möglichkeit einer Aenderung des Dawesplans. Unter dem Vorbehalt der Sicherheit" Frankreichs u. seines Rechts auf Entschädigungen sei Paris bereit, Abmachungen zur Tilgung der Schulden Deutschlands und der früheren Verbündeten anzunehmen. In diesem Fall müßte natürlich der Allerweltsgläubiger Ame­rika mittun. Aber der scheint keinerlei Luft zu verspüren. Denn so ziemlich die ganze amerikanische Presse antwortete einmütig, es sei wenig Hoffnung vorhanden, daß Amerika einer Aenderung des Dawesplans zustimme, die die Ver­einigung der Kriegsschuldenfrage einschließe. Dazu kommt, daß eine sofortigeMobilisierung" der deutschen Eisenbahn- und Jndustrieobligationen eine untragbare wäre, 'die unsere Währung ernstlich gefährden würde.

Mussolini hat wieder einmal starkes Aergernis er­regt. Kaum ist seine Brandrede gegen das deutsche Südtirol etwas verhallt, dann hört man von einem fast unglaublichen Schlag, den er gegen den Vatikan führen will. Es sollen nämlich nach einem von ihm vorgelegten Gesetzentwurf alle katholischen Jugendverbände entweder unter die Spitze der Balilla, d. h. der faszistischen Jugenderziehung gestellt oder aufgelöst werden. Mit andern Worten: Mussolini will die vormilitärische Erziehung der italienischen Jugend mono­polisieren, also die katholische Kirche ausschalten. Das be­deutet einen Kulturkampf.

In Königsberg hat eine Konferenz zwischen Polen und Litauen stattgefunden. Natürlich ist nichts Positives dabei herausgekommen. Die Wünsche und Streitfälle auf beiden Seiten sind so groß und so zahlreich, daß die Strei­tenden, was vorauszusehen war, nicht in ein paar Tagen handelseinig werden konnten. Und so hat man nach einem Rededuell zwischen dem litauischen Ministerpräsidenten Woldemaras und dem polnischen Außenminister Za- leski sich wenigstens darin geeinigt, daß drei Kommis­sionen zur Bearbeitung der Wirtschafts- und verkehrspoli­tischen Fragen, der Sicherheitsfrage und der Fragen des örtlichen Verkehrs eingesetzt wurden. Dann ging man aus­einander und bedankte sich für die deutsche Gastfreundschaft.

Auch der deutsche Reichstag ist am Samstag aus­einandergegangen. Mit bewundernswerter Schnelligkeit er­ledigte er sein Notarbeitsprogramm. So gegen den Schluß hin gab es allerlei Aufregungen. Wir meinen nicht die Ab. lchiLdsxrügelej vom Donverstag Zbentz,. Das find pnver-