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Nummer 77 Fernruf 179 Samstag, den 31. März 1928 Fernruf 179 63. Jahrgang
Wmssimlag
Der sechste Fastensonntag und erste Sonntag vor dem Osterfeste, im Kirchenkalender Dominica VI a Huaärasosiinas genannt, in diesem Jahre der 1. April, ist der Gedächknis- tag an Jesu Einzug in Jerusalem, der uns sowohl von den drei Synoptikern Matthäus in Kap. 21, Marcus in Kap. 11 und Lucas in Kap. 19, wie besonders auch von dem Evan- gelisten Johannes in Kap. 12 überliefert worden ist. Aus Grund des johanneischen Textes, in dem gesagt wird, daß das Volk dem vom nahen Bethanien her sich der Stadt nähernden, auf einem Eselsfüllen reitenden Messias mit Palmenzweigen entgegengeeilt sei, wurde dieser Tag schon in frühester Zeit Dominica palmarum oder Dominica in ramis palmarum, Palmsonntag, teils auch Dominica (oder ksstum) olivarum, Palmeseltag, Eselsfest, genannt.
In dem ursprünglich jüdischen Kalender trug der Palm-' sonntag das Datum des 9./10. Nisan, weil der Donnerstag des Abendmahls das des 13./14. und der Kreuzigungstag das des 14./15. Nisan hatte; der Tag wurde damals mit dem Abend begonnen. Im Iulianischen Kalender entsprach dieses Datum dem 29. März, da der Kreuzigungstag, der Ur- karfreitag, auf den 3. April fiel.
Es war natürlich, daß man den denkwürdigen Vorgang des Einzugs Jesu am Orte des Geschehens schon frühzeitig anschaulich darzustellen suchte und eine Prozession mit Palmenwedeln veranstaltete. Später ahmte man diesen Brauch anderwärts nach, bis er sich schließlich weit verbreitete. In Jerusalem bediente man sich in getreuer Befolgung des Johannis-Evangeliums vorwiegend echter Palmen, an anderen Orten in deren Ermangelung nach Marcus der Maien, oder nach Matthäus sonstiger grüner Zweige (kronäss). Den Verlauf der Feiern während der Osterwoche schildert zum ersten Male ausführlich Silvia von Bordeaux, die gegen Ende des vierten Jahrhunderts als Pilgerin Jerusalem besuchte. Diese berichtet: „Am Sonntag, mit dem die Osterwoche beginnt, finden vormittags die gewöhnlichen sonntäglichen Gottesdienste in der größeren Kirche auf Golgatha statt, die damals Martyrium hieß. Um die siebente Stunde des Tages aber, also etwa um 1 Uhr nachmittags, versammelte sich das ganze Volk auf dem Oelberg, wo die Höhle war, in welcher der Herr zu lehren pflegte, mit dem Bischof; dort wurden zwei Stunden lang Hymnen und Antiphonen gesungen und biblische Lesungen abgehalten. Um die neunte Stunde zog man zum Gipfel des Berges, von wo der Herr gen Himmel gefahren ist. Dort wurde wieder gesungen, dem Orte und dem Tage entsprechende Lesungen angehört und Gebete verrichtet. Um die elfte Stunde, wenn das lroangelium vom Einzug Jesu in Jerusalem gelesen wurde, erhoben sich alle und zogen, Palmen- und Oelzweige in den Händen, das Lonoäictus qui vonit singend, vom Berge herab in die Stadt und durch dieselbe in die Anastasiskirche, wo die Vesper abgehalten und eine oratio aä crucsm gebetet wurde."
Die Palmen-Prozession war also das charakteristische Merkmal des Tags im Mittelalter. Von einer ihr vorangehenden Weihe der Palmen oder frischen Zweige war aber zunächst noch nicht die Rede; von einer solchen wird erst im neunten Jahrhundert berichtet. Sie war nach dem römischen Ritus sehr feierlich und bestand aus einem Introitus, Ora- tion Epistel, Evangelium, Oration und Präfakion, worauf die eigentliche Weihe folgte, die sich in fünf weiteren Ora- tionen Besprengung mit Weihwasser und Beräucherung vollzog Darauf begann die Prozession, die sich aus der Kirche 'hinausbewegke, deren Türen nach dem Austritt geschlossen wurden. Diese wurden dann, nachdem der Subdiakon mit der Stanae des Kreuzes daran geklovft hakte, geöffnet, und die Vrozession zog ein, was an den Einzug des Herrn durch das Tor von Jerusalem erinnerte. In der darauf beginnenden Messe wurde die Passion nach dem Evangelium Matthäi aelesen oder gesungen. Am Palmsonntage wurde ferner ein Ritus der auf die Spendung der Taufe zu Ostern Bezug batte,'voraenommen. Die Kakechumenen, d. h- diejenigen Inden oder Heiden, die zum Christentum übertreten wollten, "umfingen nämlich nach achtwöchiger Vorbereitung am Palmsonntag erst die Mitteilung der Mysterien, die den "-m'stlichen Gottesdienst, das Opfer der Messe und die drei Sakramente, Taufe, Firmung und Abendmahl behandelten. Der Taufakt selbst wurde an den Kakechumenen erst ln der Nacht zu Ostern vorgenommen.
In getreuer Ileberlieferung hak die katholische Kirche die Valmenweihe am Palmsonntaae bis auf den heutigen Tag bewahrt In Rom weiht der Papst selbst die von der Revier« Angeführten Palmen, odertdie Cyloswedel, worauf diese an alle Kirchen der ewigen Stadt verteilt werden. Im übrigen Italien verwendet man zu diesem Zwecke vorwiegend Oelzweige. während man in Griechenland Lorbeer und in Rußland Bucksbaum bevorzugt. In Deutschland vertreten die Stelle der Palmen die Weidenkätzchen, die hier deshalb auch allgemein „Palmen" genannt und vielfach zum Schüße aegcn Ungemach anfbewahrk werden. Die Palmeselprozes' lion, bei der ein aus Holz geschnitzter Esel mit einer Chriskus- sigur durch die Straßen gelahrt wurde, erhielt sich In Rußland bis gegen 1700, ln Deutschland vereinzelt bis gegen 1800. m.
Politische Wochenschau
Beginnen wir gleich mit einem frohen Ereignis. Nämlich mit den Wahlen lm Saarland vom letzten Sonntag. Es handelte sich dabei um den Landesrat, der 30 Abgeordnete zählt. Ein Parlament kann man ihn nicht nennen: denn er hat gar keine gesetzgeberische Gewalt; seine Abgeordnetem genießen keine Immunität; sein Präsident wird von der völkerbündlichen Regierungskommission bestimmt; seine Tagesordnung ebenfalls von dieser diktiert. Was also diese sog. „Volksvertretung" zu tun hat, ist eigentlich herzlich wenig. Aber immerhin ist es gut, daß der Landesrat da ist. Vor 1922 gab es auch dies nicht. Damals regierte die Negierungskommission selbstherrlich „im Namen des Völkerbunds", oder richtiger im Namen Frankreichs, wie etwa ein Despot des 18. Jahrhunderts. An ihrer Spitze stand der deutschfeindliche Franzose Rault traurigen An- ßedenkens Daß er endlich weichen mußte, slt «in Hauvt-
verdienst des Landesrats,'ein Beweis, daß er mit seinen Beschwerden beim Völkerbund doch ab und zu etwas ausgerichtet hat. Er ist nun einmal der Gradmesser der Volksstimmung im Saarland. Und seit er existiert, sind die Franzosen doch ein klein wenig zurückhaltender geworden.
Dieser Landesrat wurde 1922 und 1924 gewählt, immer so, daß alle seine Abgeordnete Deutsche waren, aber auch so, daß die Zahl der von Frankreich zum Leben erweckten Separatisten (Sonderbündler) immer mehr abnahmen. so daß sie 1924 bereits auf 1 v. H. der abgegebenen Stimmen zurückging. Jetzt sind die üblen Gesellen ganz verschwunden. Wohl sind diesmal acht Kandidatenlisten aufgestellt worden. Einige Parteien, so die Deutschnationalen, traten Heuer erstmals mit einem Wahlvvrschlag an die Bevölkerung heran. Nach wie vor hat das Zentrum den Löwenanteil an dem Wahlergebnis davongetragen. Aber alle, welcher Partei sie auch angehörten, sind Deutsche, und sie alle einig in dem Wunsch: „Zurück zum Deutschen Reich, und zwar möglichst rasch!" Und das ist am Ende doch die Hauptsache.
In Paris hatte man natürlich wenig Freude über diesen unzweideutigen Wink. Freilich, man hat auch augenblicklich dort keine Zeit, über derartige Vorkommnisse nachzudenken. Die Wahlen stehen vor der Türe, und so haben die Herren vom Parlament und von der Regierung im Land herumzureisen und Wahlreden zu halten. Sogar der Chef der Regierung, Herr Poincare, hat mit seinen berüchtigten „Sonntagsreden" begonnen. Nach der ersten Leistung zu schließen, werden wir Deutschs da allerhand tolle Dinge zu hören bekommen. Hatte er doch am letzten Sonntag den Mut, seinen abscheulichen Ruhreinfall zu verherrlichen und seinen gläubigen Zuhörern weis zu machen, derselbe habe Frankreich einen Reingewinn von anderthalb Milliarden Franken gebracht, eine Behauptung, die natürlich ebenso erlogen ist, wie die Kriegsschuld- und Kriegsgreuellügen, mit denen der „Totengräber Europas" hausieren zu gehen pflegt.
Auch der Erzmilitarist Paul-Boncour hatte wegen Wahlarbeit keine Zeit, an der famosen 5. Tagung des „V o r- bereitenden Abrüstungsausschusses" in Genf teilzunehmen. Es war so besser. Denn dann hätte er auf die Anträge des Russen Litwinow und des deutschen Grafen Bern stör ff so ziemlich das Gegenteil zu dem sagen müssen, was er fast genau ein Jahr vorher über die satzungsmäßige Abrüstungspflicht der Mächte so wunderschön ausführte. In solchen heiklen Fällen ist es besser, man läßt einen Stellvertreter los. Und so hat sich Graf Clauzel in dieser Sache so gut herumgedrückt, als es eben möglich war. Im übrigen gingen die Herren vom „Vorbereitenden Abrüstungsausschuß" wieder einmal nach Hause, genau so, wie die ersten vier Mal, nämlich schwer bepackt mit Protokollen und Entschließungen. Von dem „ersten Schritt zu einer wirklichen Abrüstung", also von einer Tat, wie sie Graf Bernstorff forderte, keine Spur. Es bleibt alles beim alten, d. h. die „Siegerstaaten" rüsten lustig drauf los und die „Besiegten" vegetieren weiterhin unter ihren „Ausnahmebedingungen".
Doch noch einmal zurück zu Frankreich. Dort gab's wieder einmal einen Betrüger-Skandal ersten Ranges. Ein vor drei Jahren eingesetzter Untersuchungsausschuß ist mit seiner langwierigen Aufgabe fertig geworden und hat eine 195 Seiten lange Denkschrift darüber herausgegeben. Hiernach sind unglaubliche Verschiebungen mit dem beschlagnahmten deutschen Eigentum in Elsaß-Lothringen vorgekommen. So wurde in einem Fall — es handelte sich um ein Bergwerk, das zu 1,4 Milliarden Goldmark gebucht war — nur 35 Millionen Goldmark von den Erwerbern in die Liquidationskasse abgeführt. Dadurch wurden nickt nur die französischen Zivilgeschädigten, die aus dem Erlös entschädigt werden sollten, sondern noch viel mehr das Deutsche Reich, das auf einen etwaigen Ueberschuß vertragsmäßigen Anspruch hatte, glatt geprellt. Poincare war natürlich diese Sache sehr unangenehm, und er versuchte, auf alle mögliche Weise vor den Wahlen die Veröffentlichung des Skandals zu verhindern. Das gelang ihm nicht. Dafür aber schrieben sich die französischen Journalisten ihre Finger wund wegen der deutschen Phöbus-Sache. Man suchte nach dem Splitter in des Bruders Auge und wurde nicht gewahr des Balkens im eigenen Auge. Denn das etatswidrige Vorgehen des Kapitäns Lohmann ist doch himmelweit verschieden von diesem groben und gröbsten Milliardenbetrug an fremdem Eigentum.
Was den Phöbus-Fall betrifft, so ist derselbe in der Reickstags-Sitzung am Dienstag endlich und, wie wir hoffen, für immer erledigt worden. Er kostet der Reichskasse 7 Millionen — und die müssen wir eben zahlen. Ein Antrag, der die früheren Reichsmehrminister und Reichsfinanzminister und Reichskanzler für ersatzpflichtig erklären wollte, ist vom Reichstag abgelehnt worden. Desgleichen auch ein Antrag auf Streichung des Panzerkreuzers. Dr. Gröner und Dr. Strefemann setzten sich lebhaft für den Neubau dieses Kriegsschiffes ein. Wenn man nun einmal eine Kriegsflotte hat — und mag sie laut Feindbundsbeschluß noch so klein sein —, dann muß sie auch gut sein. Der Versailler Vertrag erlaubt es, daß nach 20jähriger Dauer unsere Linienschiffe wieder durch Neubauten ersetzt werden dürfen. Warum sollen wir von diesem bißchen Recht, besonders dann, wenn es einem dringenden Bedürfnis entspricht, keinen Gebrauch machen?
Im übrigen arbeitet man im Reichstag mit Volldampf. Am Samstag ist Schluß. Bis dahin muß das Notarbeitsprogramm aufgeschafft sein. Die Herren Abgeordneten haben Eile, noch v r Palmsonntag nach Hause zu kommen und wie andere Sterbliche im Kreis ihrer Lieben Ostern zu feiern. Nachher geht's wieder los. Am 2 0. Mai ist Reichstagswahl, bei uns in Württemberg auch Landtagswahl. Mit den alten großen ringen diesmal neue kleine Parteien. So ist nun einmal der Deutsche. Der alte Lateiner sagte: „Drei machen ein Kollegium", der Deutsche aber meint: „Drei machen eine Partei". Wir können nur mit Dr. Strefemann wünschen, daß der „grausame" oder besser kostspielige Wahlkampf so kurz als möglich dauert. Vierzehn Tage dürften auch genügen. Am Ende weiß doch jeder, was er zu tun hat. Warum dann seinen Wahlgegner so lange unnütz bin« und berzerren? Vielen, recht vielen
allerdings, gilt" auch in politischen Dingen das Wort der Passionswoche: „Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!" Vlst tt.
Ae Peksonalpolilii -er Slaalspräsidenlen
Es wird uns geschrieben:
Der Staatspräsident hat an den Reichsbund höherer Verwaltungsbeamter. Landesgruppe Württemberg, und an den Verein -er würlt. höheren Verwattungsbeamlen folgendes Schreiben gerichtet:
Ihr Vorstand hat die Ernennung des Herrn Oberregierungsrats Dr. Beißwänger zum Ministerialrat im Kultministerium zum Anlaß genommen, um eine Vorstellung an das württ. Staatsministerium gegen die „Ernennung von Politikern auf planmäßige Stellen des Staatsdienstes" zu richten. Auf diese Eingabe beehre ich mich, folgendes zu erwidern.
Für die Ernennung des Herrn Oberregierungsrats Dr. Beißwänger zum Ministerialrat im Kultministerium bin ich als Ressortminister allein verantwortlich; ich habe vorher weder das Staatsministerium noch die Regierungsfraktionen gehört.
Schon hieraus ergibt sich, daß es sich nicht um eine poli- tische Ernennung handelt. Ihre Eingabe macht zudem gar keinen Versuch, die Behauptung zu beweisen, daß die Ernennung aus politischen Gründen erfolgt sei. Vollends unhaltbar ist die Behauptung, daß ein „Einbruch in das Berufsbeamtentum" vorliege, da Herr Dr. Beißwänger ja ganz unzweifelhaft Bsrufsbeamker ist.
Nach Bestehung der Reifeprüfung und der ersten Dienst- prüfuno für Lehrer hat er Theologie, Philosophie und Pädagogik studiert. Zunächst wurde er Geistlicher. Als solchem ist ihm von dem Vorgesetzten Dekan bezeugt worden, daß er ausgebreitete Kenntnisse in der pädagogischen, philosophischen und theologischen Wissenschaft besitzt und für den Religionsunterricht besonderes Geschick hat. Üeber sein Lehr- kalenk sprach sich ferner ein Bericht des Bezirksschulinspektors folgendermaßen aus: „Beißwänger hat im vorigen Jahr ein halbes Jahr lang eine Schulklasse in seinem Anstellungsort wegen Lehrermangels vollständig versehen und dabei ein glänzendes Lehrtalent, eine reizende Art, mit Kindern umzugehen, und eine vorzügliche Gabe, unterricht- lich zu erziehen, bewiesen, so daß der Stempel feiner Tätigkeit den Kindern seiner Klasse jetzt noch ausgeprägt ist. Es war eine wirkliche Lust, die vorzügliche, fleißige, sorgfältige Art des Lehrers, an der alles Leben und Wärme hat, kennenzulernen. Erziehung und Unterricht sehr gut." Ebenso günstig sind die Schriften beurteilt worden, die Herr Dr. Beißwänger auf Grund seiner jahrelangen Beschäftigung mit den oben genannten Wissensgebieten herausgegeben hat. Seine Schrift über „Amos Comenius als Pansoph" ist ein Werk, das auch in Meyers Konversationslexikon in dem Artikel „Pansophie" empfohlen ist. Ebenso günstig ist von hervorragenden Kritikern seine Schrift „Üeber den Streit der Gegenwart um den Religionsunterricht" beurteilt worden, sowie eine Reihe von Vorträgen, die er Jahre hindurch im Goethebund, im Kaufmännischen Verein Stuttgart usw. über alle möglichen Fragen der allgemeinen Bildung gehalten hat. Später ist Herr Dr. Beißwänger Schriftleiter beim Skaaksanzelger geworden, hat also hier alles, was mit der Presse zusammenhängt, kennengelernt. In den letzten acht Jabren war er im Landtag Berichterstatter für den größeren Teil des Kuttekaks, eine Tätigkeit, die ihm Gelegenheit gegeben hat, ln die umfassenden Gebiete der Kultverwaltung einzudrinqen. In dieser Tätigkeit hat er sich mit Liebe und Berständnis namentlich für die Belange der Kirche und der Universität Tübingen eingesetzt.
Wenn nun auch die Arbeit der Berufsbeamten mit der üblichen Laufbahn das Fundament für die Arbeit der Minister ist, jo bedarf diese doch noch einer weiteren Stütze durch hiefür geeignete Persönlichkeiten, wenn der Minister selbst die erforderliche Zeit nicht hat. Ohne solche Unterstützung ist es jedenfalls ganz unmöglich, gleichzeitig das Amt des Staatspräsidenten, des Kult- und Wirtschaftsministers richtig zu versehen. Beamte, die sich zu dieser Art von Tätigkeit eignen, sind nun aber selten, da in der normalen Laufbahn der Beamten sich die hiezu notwendigen Erfahrungen, Kenntnisse und Fertigkeiten nur schwer erwerben lassen. Außer dem Herrn Dr. Beißwänger war mir wenigstens kein für diese Art von Tätigkeit in Betracht kommender Beamter bekannt. Deshalb ist er mir zunächst als Oberregierungsrat im Staatsministerium beigegeben worden, sväter als Ministerialrat im Kultministerium, da er zum größten Teil durch seine Tätigkeit auf diesem Gebiet in Anspruch genommen wird. Besonders für seine Tätigkeit im Kultministerium hat er alle Erfahrungen, Beziehungen, Fähigkeiten und Kenntnisse, deren ich zur Unterstützung bedarf.
Uebrigens sind auch in der monarchischen Zeit, wo die Minister solcher Unterstützung, wie viel beschäftigte parlamentarische Minister, nicht bedurften, Persönlichkeiten in die Verwaltung berufen worden, die nicht die übliche Beamtenlaufbahn durchlaufen haben. Ich erinnere an den Präsidenten der Zentralstelle für Gewerbe und Handel, Stein- b e i s, an den ursprünglichen Theologen und späteren Ministerialrat und Präsidenten der Ministerialabteilung für die höheren Schulen, Marquart, endlich an den Staatspräsidenten a. D. Dr. von Hieb er, der ebenfalls ursprünglich Theologe war und vom Religionsprofessor am Karlsgymnasium zum Direktor des Evang. Oberschulrats ernannt wurde, und zwar auf Grund seiner parlamentarischen Tätigkeit.
Ihre Eingabe ist mir deshalb völlig unverständlich, weil Dr. Beißwänger unbestreitbar Verufsbeamker ist und sich nach seiner Vorbildung und bisherigen Tätigkeit für die Stelle eines Ministerialrats im Kultministerium mit den ihm zugewiesenen Aufgaben in einer Weise eignet wie kem anderer mir bekannter Berufsbeamter. Das Verlangen aber, daß Beamte, die Abgeordnete sind, überhaupt nicht be- fördert werden dürfen, wird Ihr Verein wohl selbst nicht stellen wollen; es wäre zudem verfassungswidrig.
Unter der gegenwärtigen Regierung ist nur eine einzige Persönlichkeit, die nicht Berufsbeamter ist, aus eine ständige Stelle des Staatsdienstes ernannt worden, nämlich der Hzrr