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Nummer 39 Fe-nruf 17S

Samstag de« 10. März 1928

Fernruf 179

63. Jahrgang

Las erwachende Arabien

Ihn Seuds neuester Schlag

Als Großbritannien und der arabische König Jbn Seud im September vorigen Jahres den Freund­schaftsvertrag von Dschedda schlossen, horchte die Welt auf. Ein freier Vertrag zwischen einer europäischen Großmacht und einem Araberfürsten ließ neue Formen der Politik im Orient ahnen. Im Weltkrieg machten die Eng­länder die größten Anstrengungen, durch Bestechungen und Versprechungen Arabien zum Abfall von der Türkei und zum Krieg gegen die Türkei zu bewegen. Sie hatten den Erfolg, daß der Araberfürst Jbn Seud im guten Glau­ben die Freiheit Innerarabiens (Nedschd) ausrief, das unter demProtektorat" oder demSchutz Englands stehen sollte. Ein arabisches Heer kämpfte an der Seite der Eng­länder, die allerdings trotz der arabischen Hilfe auf tür- kichem Boden meist nur recht schlimme Erfahrungen machen mußten.

Aber auch Jbn Seud hat mit englischen Versprechungen und englischer Treue seine Erfahrungen gemacht. Zwölf Jahre nach Abschluß jenes Bündnisses zerriß er den Vertrag und jetzt holt er zu einem neuen Schlag aus. Schon in das Jahr 1924 fällt eine tiefgreifende Aenderung ber Beziehungen zwischen Jbn Seud und Großbritannien. Bis dahin hatte er den Vertrag von 1915, der ihn zu einem Schützling Englands stempelte, stillschwei­gend gelten lassen. Mit der Eroberung des Hedschas aber trat er mit einem Mal mitten in die große Politik ein. Der Nedschd ist nur ein Teil Arabiens, ein entlege­nes, von Wüsten umlagertes und abgeschlossenes Gebiet: der Hedschas aber, das heilige Land der islamitischen Welt, liegt im Zentrum der gesamtorientalischen Politik. Mekka ist nicht mehr eine rein arabische Enklave, sondern der Kreuzungspunkt von Interessen, die vom Atlantischen Meer bis nach Indien und an das Pamir reichen. Der Herrscher von Mekka hat mit Ereignissen und Strömungen zu rech­nen, die weit über den Hedschas hinausgreifen, er ist aber auch in der Lage, seinen politischen Einfluß weit über die­ses Land hinaus auszudehnen.

Im Augenblick, in dem er den Krieg gegen Hüssein er- öffnete (1924), verzichtete Jbn Seud freiwillig auf die Unterstützungsgelder, die ihm von Großbritannien seit 1915 gezahlt worden waren, und zeigte dadurch den Willen, seine Unabhängigkeit wiederherzustellen. Die englische Politik wußte diesem Umstand Rechnung zu tragen. Jbn Seud war zu mächtig geworden, als daß man ihm ohne Gefahr tief­gehender Verwicklungen in den Weg hätte treten können, und seine mögliche Freundschaft ist für jeden selbst für Großbritannien zu bedeutsam, als daß man sie um ..Einfluhzonen" willen in Frage stellen dürfte. Und so er­kannte man in London stillschweigend seinen Weg in die Weltpolitik an. Seit dieser Zeit kann von irgendeiner Ab­hängigkeit Jbn Seuds von England nicht mehr die Rede sein. Verhandlungen, die den Abschluß eines neuen Ver­trags bezweckten, setzten unmittelbar nach Beendigung des .'öedschasfeldzuas zwischen Mekka und London ein. Im November 1925 leiteten zwei rein verwaltunqstechnische Ab­kommen. die die Grenzen zwischen den Besitzungen Jbn Seuds und den englischen Protektoraten Irak und Trans- iordanien festsetzten, die neue politische Aera des arabischen Königs ein.

Mit seinerspiralförmigen Vorwärtsbewegung" hat Jbn Seud im letzten Jahrzehnt sein Herrschaftsgebiet ausgedehnt und sich seinem Ziel, der Einigung Arabiens, lang­sam Mit kluger Zurückhaltung, aber auch sicherem Angriff zu geeigneter Zeit, genähert. Heute steht er an den Grenzen der Interessengebiete europäi­scher Mächte: am Jemen, das vertraglich mit Italien verbunden ist, und vor Koweit, dem Irak und Transjor­danien, den Vasallenstaaten Großbritanniens. Und gerade hier setzt er nun seine Angriffe an. Ob ihn seine Unter­gebenen gedrängt haben, ob ihn religiöser Fanatismus weitertrieb (spricht man doch schon vom Heiligen Krieg), ist gleichgültig. Die Angriffe der Wahhabiten gegen Koweit, die Meldungen, die sogar von förmlichen Kriegserklärungen an König Fessal vom Irak und König Abdullah von Trans­jordanien, die Söhne seines einstigen Hauptgegners Hüssein, sprechen, genügen, um den Ernst der Lage erkennen zu lassen.

Im ersten Paragraphen des Vertrags erkennt England die völlige und uneingeschränkte Unabhängigkeit des König­reichs Hedschas Nedschds und seinerDependenzien" (ein vielbedeutendes Wort) an. Der Protektoratsvertrag von 1915 wird an anderer Stelle des Abkommens als wider- rufen erklärt. Jbn Seuds weltpolitische Stellung ist damit zu einer Tatsache gworden. Der neue Vertrag legt der Ausdehnung Jbn Seuds Einschränkungen nur im Osten auf: er hat sich verpflichtet, die Bahrein-Inseln sowie die Gebiete von Koweit, Katar (am Persischen Golf) und dieKüstengebiete" von Oman, mit deren Herrschern Großbritannien besondere Schutzverträge hat, nicht anzu­greifen. In allen andern Richtungen aber steht ihm der Mleg offen. Mehr und mehL beginnen, die Araber der Halb-

Der schweizerische Rakionalrat hat den Antrag, die Todes­strafe ln das neue Strafgesetzbuch aufzunehmen, mit 144 gegen 31 Stimmen abgelehnt.

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In Genf wird es viel bemerkt, daß es Briand gelungen zu fein scheint, eine Investigation gegen Ungarn auf Um­wegen durchzusetzen, obgleich der Rat beschlossen halte, daß die Daffenangelegenheit nur durch Zivilpersonen geprüft werden solle.

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Rach dem Voranschlag des Kriegsministers Evans soll das englische Heer um 13 608 Mann auf 153 666 Mann Offiziere und Mannschaften verstärkt werden. Zeder Reiker- brigade soll ein Panzerwagenregiment zugekeilt und zwei Reiterregimenter sollen statt der Pferde Panzerwagen er­halten.

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Die Vereinigten Staaten haben Italien einen ähnlichen Schiedsvertrag angeboken wie mit Frankreich.

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Rach einer Agenturmeldung hat der japanische Minister des Aeußern den vom Handelsministerium vorbereiteten Entwurf eines deutsch japanischen Abkommens betr. die Far­ben zum Färben von Stoffen nicht genehmigt, da durch den Entwurf die japanische Farbindusirie geschädigt würde.

insel einzusehen. Satz Jbn tz-suv oie Lander, welche er mir seinem Schwert erobert, nicht vergewaltigt, sondern als freie und wirklich gleichberechtigte Glieder seinem Bruder­staat anschließt.

Jbn Seud ist ernstlich bemüht, sein Reich, das etwa siebenmal so groß ist wie Deutschland, wenn auch dünn bevölkert, auch in friedlicher Arbeit zu festigen. Cr versucht, die wirtschaftlichen Hilfsquellen Arabiens, deren es im Verborgenen viele gibt, auszubauen, eine Industrie im Hedschas ins Leben zu rufen. Noch warten einige außen­politische Fragen auf ihre Regelung: die Frage des Besitz­rechts an den Orten Maan und Akaba, die früher zum Hedschas gehörten und während des Kriegs Jbn Seuds mit Hüssein von England besetzt und an Transjordanien an­geschlossen worden sind, und die weitaus wichtigere Frage der Hedschasbahn, deren Kontrolle Jbn Seud be­ansprucht.

Jbn Seuds Gestalt gehört der Weltgeschichte an. Ein flammender Geist lebt in ihm, eine stolze Hingabe an die Realität seines Glaubens; vor diesem verbeugt er sich und nur vor diesem allein. Er ist eine der seltenen, wahrhaft großen Persönlichkeiten, die ihre Taten nur aus den Er­leuchtungen des Geistes schöpfen und nichts tun, was nur praktischer Spekulation entspringt. Der Wahhabismus er­strebt die Wiedergeburt des reinen Islams, wie ihn die Zeit des Propheten kannte; und Jbn Seuds arabische Kriege sind ihrem innern Beweggrund nach reine Glaubenskriege: nicht um seine persönliche Macht zu ver­größern, sondern um die Halbinsel des Propheten zu dem ursprünglichen Islam zurückzuführen, der keine Heiligen- und Gräberanbetung und keinen Glauben bloß mit der Zunge kennt. Was ihm vorschwebt, ist ein islamitischer Bruderstaat, ln welchem alles vom moralischen Imperativ eines freistirnigen Glaubens geleitet wird. Dies verkennt man vielfach in Europa und sieht nur die praktisch-politische Oberfläche in der Erscheinung Jbn Seuds.

An vielen Stellen rüttelt es jetzt an den alten Formen europäischer Beherrschungspolitik. In China hat die große Umstellung begonnen, dort ist sie noch am wenigsten schmerz- lich. Am stärksten trifft die neue Zeit das britische Welt­reich: Indien ist bedroht und der Weg nach Indien ge- fährdet, seitdem Aegypten sich nicht beruhigen will und nun auch der in aller Stille entstehende Landweg vom Suez­kanal nach Persien Kriegsgebiet wird. Wird die englische Diplomatie in der Lage sein, dem Einigungsstreben Jbn Seuds freien Lauf zu lassen und ihre Politik im Nahen Osten auf dem Freundschaftsvertrag von Dschedda aufzubauen?

Angriff auf das Transjordanland

Aus Basra wird gemeldet, daß die Wahabiten den An­griff auf das Transsordanland (östlich von Palästina) er­öffnet haben. Kleinere Abteilungen von ihnen haben dort einige Dörfer angegriffen und erobert. In Koweit seien alle Schutzmaßnahmen gegen den Angriff getroffen. Matrosen und Marinesoldaten sind von dem britischen Kreuzer Emerald" gelandet worden und durchzieben die Straßen der Stadt. Vor den Toren und unweit der Grenze sind zehn Panzerwagen, zehn Flugzeuge und eine Anzahl Kraftwagen bereitgestellt worden.

Die Ursache des Angriffs soll nach einem Bericht des LondonerDaily Telegraph" der Streit um wichtige Was­serbrunnen sein, die bei der Grenzbereinigung zwischen dem Nedschd und dem Irak in dem Vertrag von 1926 nach der Auffassung Jbn Seuds als gemeinsames Eigen­tum beider Staaten erklärt wurden,, das daher von.keiner

Seite befestigt werden vurste. Lrogoem hat vie Negierung des Irak ein Fort um diese Brunnen gebaut, das dann von den Wahabiten angegriffen und größtenteils zerstört worden ist. Englische Flugzeuggeschwader machten dann nach­einander fünf Uebersälle auf wahabitifche Dörfer, wodurch einige Hundert Frauen und Kinder getötet wurden. Der Araber bemächtigte sich deshalb eine furchtbare Erbit­terung und diese allgemeine Erregung hat Jbn Seud ge­nötigt, an die Spitze der Bewegung zu treten.

In London glaubt man, die angekündigte Reise Jbn Seuds von Rijad, seiner Residenz im Nedschd, nach Mekka so auslegen zu dürfen, daß er bereit sei, mit England in Verhandlungen einzutreten, ehe er es zu Feindselig­keiten in größerem Maßstab kommen lasse.

Einem Bericht aus Amman (Transjordanien) zufolge sollen drei Wahabitenlaoer, und zwar in Hazul unter dem Befehl von Faisal ed Dowisch, in T-e m a i, sowie in Tbu! unter anderen Führern festgestellt worden sein. Die Eingeborenen fürchten, daß ein Angriff auf das Trans­jordanland von drei Seiten aus erfolge.

Times" berichtet aus Jerusalem: Alle Mitglieder der Grenzstreitkräfte, die sich auf Urlaub befanden, sind zurück­berufen worden. Der größte Teil der britischen Luftstreit- kräfte wurde von Surafend in der Nähe von Jaffa nach dem Transjordanland gesandt.

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kein heiliger Krieg

Jerusalem, 9. März. Die jüdische Regierung gibt be­kannt, das Gerücht von der Ausrufung des Heiligen Kriegs durch Jbn Seud bestätigte sich nicht.

Neueste Nachrichten

Das Zentrum gegen den Einheitsstaat

Berlin, 9. März. Der Parteivorstand des Zentrums hat folgende Richtlinien für das Verhältnis von Reich und Ländern aufgestellt: Aenderungen des derzeitigen Verhält­nisses müssen auf dem Weg organischer Fortentwicklung er­folgen. Gewaltjame gesetzgeberische Eingriffe sind abzulehnen. Die Zentrumspartei erstrebt die Herbeiführung eines echten Föderativ staats, der auf wirklich lebens­fähigen Ländern aufgebaut ist. Ein schematischer Einheitsstaat würde, wie jede zentralisierte Verwaltung, eine Verteuerung herbeiführen. Eine Wiederherstellung der alten preußischen Hegemonie ist unmöglich, ebenso eine verschleierte Hegemoniestelluna Preußens durch eineVer- reichlichung". Auch eine Zerschlagung Preußens muß ab­gelehnt werden. Praktisch möglich ist zunächst nur der Weg, durch Anbahnung eines vertrauensvollen Verhältnisses zwi­schen Reichs- und preußischer Staatsgewalt Reibungen zu vermeiden und auf gemeinsame Aibeit zur Verwaltungsver­einfachung hinzustreben. Erste Vorbedingung hierfür ist die energische Inangriffnahme einer Verwaltungs­reform in Preuß e n. Unter dieser Voraussetzung kön­nen Länder, die zur Erfüllung ihrer staatlichen Aufgaben dauernd unfähig sind, nicht grundsätzlich aufrscht- erhalten werden, dagegen müssen an sich lebensfähige Staaten zur Erfüllung ihrer eigenstaatlichen und gesamt­deutschen Ausgaben erhalten bleiben. Diese Forderung muß umso mehr betont werden, als die E r h a l t u n g d e r Kulturzentren in den verschiedenen Ländern außer­halb Berlins ein wesentlicher Aktivposten der geistigen und kulturellen Geltung Deutschlands ist. Eine k l areAb - grenzung der Aufgaben zwischen Reich, Ländern und Gemeinden muß mit größtmöglicher Beschleunigung erfolgen, um dann eine endgültige Steuerreform bzw. Ge­samtfinanzgebarung mit verantwortlicher finanzieller Eigenwirtschaft aller B e, ei­lig t e n aufzubauen. Versuche, auf dem Weg der Verfas­sungsänderung die Hoheitsrechte der Länder zu beschränken, sind abzulehnen.

Renkenbankkreditansialt und Preußenkasse

Berlin, 9. März. Nach dem Nokprogramm der Reichs- regierung soll bekanntlich der Geschäftskreis der Nentenbank im Interesse der Landwirtschaft insofern erweitert werden, als sie berechtigt werden soll, auch kurzfristige Personal­kredite an Landwirte zu vergeben. Dies wird aber von der preußischen Regierung bekämpft mit der Begründung, daß dadurch die Preußenkasse (Seehcmdluno) beeinträchtiat werde. Nach derBoss. Ztg." soll auch Bayern dageg"n sem. Da aber nach der Erklärung der Neichsregierung das Notpro- aramm als einheitliches Ganzes zu bekochten ist, so könnte der preußische W^erskand das gaine Programm bei der Abstimmung im Neichsrat gefah den. Der D. Mg. Ztg. zufolge' sind Einigungsbesprechunge.. im GE.

Antrag auf Auflösung der Familienfideikommisse

Bersin, 9. März. Die demokratische Fraktion hak im ^ preußischen Landtag eine Entschließung auf Zerschlagung der ! Familienfideikommisse und Erleichterung des Zugriffs der ! Gläubiger beantragt. Zur Zeit bestehen in Preußen noch