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Nummer 55 ffernrus L?s
Dienstag dm 6. März 1928
Fernrus 178
«3. Jahrgang
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8er Jehlschlag EWlanLs in Aegypten
Der Mißerfolg, den die englische Simon-Kommission in Indien erlebt hat, ist nicht ohne Rückwirkungen auf Sie politische Lage in Aegypten geblieben. Seit Moniten wurden Verhandlungen geführt über die Neuaestaltung der englisch-ägyptischen Beziehungen, im wesentlichen über die vier Restpunkte, deren Regelung bei der formellen Aufhebung des englischen Protektorats über Aegypten im Jahr 1922 späteren Verhandlungen Vorbehalten bleiben sollte Sie drehen sich um die S i ch e r u n g d e s S u e z k a n a l s, die militärische „Verteidigung" Aegyptens, den Schutz der Ausländer und die beherrschende § ^ d ! Isich 9 Englands im Sudan, also um fragen, die für die englische Machtstellung im Mittelmeer, im nähen Orient, in Aegypten und in Indien von ausschlaggebender Bedeutung sind.
England hat nicht unerhebliche Zugeständnisse gemacht. Es hat der von Aegypten verlangten Aufhebung der Kapitulationen (Sonderschutz der Ausländer) zugestimmt und der ägyptischen Regierung das Rech, zuerkannt, die m ihren Diensten befindlichen englischen Ratgeber und Beamten zu behalten oder zu entlassen- das ägyptische Heer solle künftig nur der Aufsicht der ägyptischen Regierung unterstellt sein, der Oberkommandierende («irdar) sollte auch ein Aegypter sein können. Dagegen verlangte England, daß auch in Zukunft alle außenpol l tische n A ngelegenheiten Aegyptens nur mit Zustimmung Englands geregelt und ohne diese Zustimmung keine Verträge mit anderen Mächten abgeschlossen werden dürfen. Aegypten habe weiterhin die Anwesenheit englischer Truppen zum Schutz des Suezkanals emzuräu- men. "
Der ägyptische Ministerpräsident, Sarwat Pascha erklärte dem britischen Oberkommissar. Lord Lloyd,' das die ägyptische Regierung in Uebereinstimmung mit den Parlament die britischen Bedingungen a b l e h n e. Die Re gierung in London beabsichtigt nun. das Material über di« Verhanolungen als ein Weißbuch zu veröffentlichen, um die Welt im allgemeinen und das britische Parlament im besonderen davon zu überzeugen, wie groß ihre Zugeständnisse an Aegypten gewesen seien. Im Auswärtigen Amt wird versichert, die ägyptische Ablehnung werde keine weiteren Folgen haben, als daß der heutige Zustand auf unbestimmte Zeit bestehen bleibe. Aber es ist unverkennbar, daß man über den Mißerfolg enttäuscht, ja niedergeschlagen ist, zumal man nicht sicher ist, ob es gelingen wird, in Aegypten selbst eine ernste politische Krise zr vermeiden.
Der ägyptische Ministerpräsident Sarwat Pascha ist „aus Gesundheitsrücksichten" zurückgetreten. Es ist ihm nicht gelungen, das ägyptische Kabinett zur Annahme der englische" Bedingungen zu bewegen.
AZ Ankwoel KMslmis
Ankündigung neuer llnterdrückungsmrßnahmen
In der italienischen Kammer hielt in Anwesenheit zahlreicher ausländischer Diplomaten am 3. März Mussolini seine Anlworkrede an den Bundeskanzler Dr. Seipel und den österreichischen Reichsrat. „Hannibal ist nicht vor den Toren Roms", führte der Duce, aus, „und erst recht nicht Monsignore Seipel." Italien sei heute ein großer Staat, völlig einheitlich, moralisch geschlossen, sozial geregelt, wie kein anderer in Europa. Er habe sich gefragt, ob es sich überhaupt lohne, zu antworten. Es sei das letzte Mal, j daß er zu dieser Frage sich äußern werde. «Das nächste , Mal werde ich die Taten sprechen lassen." (Anhaltender starker Beifall.) „Ich schreibe hier ein Kapitel Geschichte, nicht für > die Italiener, die sie kennen, sondern für die Welt, die sie r nicht kennt. Ich beabsichtige darzutun, daß die österreichische Kundgebung ungerecht und daher herausfordernd ist. Sie ist keinesfall durch die von Italien seit 1918 gegenüber Oesterreich verfolgte Politik gerechtfertigt und auch nicht gerechtfertigt durch die faszistische Regierungspolitik in der Provinz Bozen, die politisch behandelt wird, wie die übrigen einundneunzig italienischen Provinzen." Italien habe sich mehrfach für Oesterreich eingesetzt, z. B. bei der Volksabstim- ! mung 'in Klagenfurt und im Burgenlande. Die faszistische s Regierung habe diese Politik fortgesetzt und sich noch vor 14 Tagen den Dank des Ministers Seipel verdient für ihre Oesterreich günstige Haltung in der Frage der Militärüberwachung und der Wiederaufbauanleihe. Es wäre jetzt möglich, daß Italien in dieser letzteren Frage mit seiner notwendigen, endgültigen Zustimmung warten würden. Eine internationale Frage der kleinen Minderheit im Oberetschtal bestehe nicht. Die Minderheit sei im Vergleich zur italienischen Bevölkerung von 42 Millionen bedeutungslos, und ebenso gegenüber den Millionen Deutschen, die anderen Staaten zugeteilt wurden. Wenn die Frage bestehen würde, so würde sie gewiß in irgendeinem Friedensvertrag festgelegt sein. Aber keine Spur davon.
Es sei möglich, daß Versprechungen früherer Regierungen ! hesteben. Es könne sein, daß die Männer, dst sie einst Ae-
lagerspiegel
Der Haushalkausfchuß des Reichstags hat die erste Baurate für das Panzerschiff (S Millionen) mit 15 gegen 12 Stimmen angenommen. Dagegen stimmten Sozialdemokraken, Kommunisten. Demokraten und Bayerischer Bauernbund.
Der Parkeikr.g des badijasfn Zentrums hak entschieden gegen Dr. Wirkh Stellung genommen.
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Eine Versammlung von Vertretern der Linkskommuni- sken in Berlin beschloß die Gründung eures Leninbunds, der gegen die Verwl ssernng der Weltrevolution durch den heutigen Leiter des russischen Bolschewismus, Stalin, ankämpsen soll.
Bundeskanzler Dr. Seipel wird voraussichklich in dieser Mache wch sin Hcmvtausschuß des österreichischen Nakional- rals aus die Drohrede Mussolinis antworten.
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Bei den Sejmwahlen in Polen haben die Deutschen in den geraubten Gebieten überall gut
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Der von der französischen Regierung wegen „auto.w- mistischer Widersetzlichkeit" aufgelöste Gemeinderat in Hagenau im Elsaß ist wiedergewählt worden.
macht haben, sie nun bereuen, angesichts der Auslegung, die ihnen zuteil werde. Wenn die faszistische Regierung auch gezeigt hat, daß sie die Verträge genau einhalten wird, so ist sie in keiner Weife an meH. oder minder mündliche Zusicherungen gebunden, die Vertreter von vorfaszistischen Regierungen gemacht haben«
Es ist richtig, wie Herr Seipel ausführt, daß die Frage nicht diplomatischer Natur ist, daß es sich nur um eine Frage der Gefühlspolitik handelt, indem man von Tyrannei und faszistischer Diktatur spricht. Wir sind nicht die Schüler Oesterreichs, das während eines Jahrhunderts halb Europa gefoltert, die Gefängnisse mit Märtyrern angefüllt und Galgen aufgerichtet hat. _."" ,
In der Provinz Bozen erscheinen 15 deutschsprachige Zeitungen. Sollte unsere Langmut schlecht «rusgelegt werden und sollte die intifajzistische Kampagne jenseits des Brenners fortgesetzt werden, so ist das Schicksal dieser deutschen Zeitungen besiegelt und sie werden unterdrückt werden. Die 664 fremdsprachigen Beamten der Provinz Bozen und die 376 der Stadt Bozen werden demnächst vor die Entscheidung gestellt werden, sich entweder in andere Provinzen des Königreichs versehen zu lassen oder den Abschied zu nehmen. Die antiitalienische Kundgebung ist nicht Sache von gestern. Sie besteht seit Jahren und hat sich verschärft, seitdem die Provinz Bozen geschaffen wurde, weil das Alldeutschtum einsieht, daß seine Partie verloren ist.
Völkerbund? Genf? vergebliche Hoffnungen! Wenn der Völkerbund in das Labyrinth der sogenannten Minderheiten eindringen würde, würde er nicht mehr heraus können. Andererseits würden die anklagenden Nationen in der Minderheitenfrage zu Angeklagten werden. Es sei an der Zeit zu sagen, daß jede Kundgebung jenseits des Brenners unmöglich und nachteilig sei, und es sei Zeit zu erklären, daß die verleumderischen Reden und Verhetzungen nur das Ergebnis haben werden, den Kreislauf des faszistischen Lebens zu bekräftigen. Was an uns liegt, so wollen wir Freunde der Deutschen sein, deren Verdienste um die menschliche Kultur wir anerkennen, aber nur unter der Bedingung, daß di« Sicherheit unserer 42 Millionen Italiener nicht im mindesten in Frage gestellt wird.
Mit aller Offenheit geben wir heute den Tirolern, den Oesterreichern und aller Welt zu verstehen, daß Italien am Brenner mit seinen Lebenden und Token Wache hält. ^
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In solch überheblicher und verletzender Form hat Mussolini wohl selten gesprochen. Und der kalte Hohn, die brutale Nichtachtung der ihm bekannten Gefühle des gesamten Deutschtums in der Welt sind vielleicht noch nie in so abstoßender Form in Erscheinung getreten. Wenn Mussolini trotzdem behauptet, er wolle ein „Freund der Deutschen" sein, so verkennt er die selbstverständlichsten Voraussetzungen hiefür. Mussolini arbeitet diesmal mit ganz unverhüllten Drohungen. Er will es die Süd- iiroler selbst entgelten lassen, wenn etwa jenseits des Brenner eine neue Kundgebung erfolgen sollte. Das ist immerhin ein Beweis, daß es ihm trotz seiner großen Worte peinlich ist, wenn die Wahrheit über Südtirol in der Welt bekannt wird.
Bisher hat man in zivilisierten Staaten Wert darauf gelegt, feierliche Verpflichtungen, wie sie bezüglich Südtirols frühere italienische Regierungen und der König selbst im Namen des Volks eingegangen sind, in jedem Fall einzuhalien. Die Art, wie Mussolini alle derartigen Zusicherungen heute für ungültig erklärt, muß überall in der Welk das Zutrauen in italienische Worte und Versprechungen erschüttern.
Mussolini glaubt, die Südtiroler Frage aus der Welt geschafft zu haben, wenn er einmal das kerndeutsche Land bis zum letzten äußerlich und innerlich mit italienischer Tünche überzogen habe. Er wird sich täuschen. An diesen Aeußerlichkeiten hängt die Zugehörigkeit Südtirols zum deutschen Kulturkreis keineswegs. Je brutaler die Unterdrückung in diesem Land ist, desto mehr muß es allen Deutschen ans Herz wachsen, und desto mehr verhaut sich Mussolini selbst die Möglichkeit, eine Brücke zum Deutschtum statt einer Kluft zu bilden.
Südtirol ist nicht etwa durch italienische Siege — im ganzen Weltkrieg ist kein einziger italienischer Sieg zu verzeichnen — in den Besitz Italiens gekommen, sondern es ist ein Geschenk der verbündeten Großmächte. Und Italien, das in zahllose Händel infolge der faszistischen Ueberheblich- keit verstrickt ist, könnte vielleicht eine wohlwollende Haltung Deutschlands früher brauchen, als man heute denkt. Diese wohlwollende Politik wird aber rein unmöglich, wenn Mussolini fortfährt, das deutsche Volk in seinen natürlichsten und berechtigsten Empfindungen zu verletzen.
Notruf der Küdtiroler Geistlichen
Die deutschen Geistlichen in Südtirol haben entschieden gegen die Absicht Stellung genommen, daß der Religionsunterricht in Südtiral in italienischer Sprache erteilt werden solle. Sie richteten an den italienischen Fürstbischof Endrizzi in Trient das Ersuchen, beim Vatikan einen päpstlichen Visitator zu erbitten, der die Verhältnisse in Südtirol prüfen soll. Er müsse aber neutral fein und einem neutralen Staat angehören. Die Dekane gaben die Erklärung ab, daß die ganze Geistlichkeit Südtirols den Antrag, den Religionsunterricht in italienischer Sprache zu erteilen, entschieden ablehne.
Englische Stimmen
Der liberale „Daily Expreß" tadelt die Rede Mussoknis scharst seine Drohungen seien nachgerade so häufig, daß man sie nicht mehr ernst nehme. Mussolini könne sich sein Benehmen gegen Deutschland nur deshalb ungestraft erlauben, weil Deutschland durch dieselben Friedensverträge entwaffnet gehalten werde, durch die Mussolini sich nicht für gebunden halte. Selbst der halbamtliche „Daily Telegraph", der Mussolinis Entgleisungen zu beschönigen pflegt, meint, seine Drohungen werden die moralische Stellung nicht fördern, die er in der Kammer geltend gemacht habe.
Neueste Nachrichten
Das Neichsenkschädigungsamk geschloffen
Berlin, 5. März. Das Neichsenkschädigungsamk ist infolge des Borfalls Langkopp bis auf weiteres für alle Be- sucher geschlossen und unter Polizeischuh gestellt worden. Rach der Annahme des KriegsschädenschlußgZetzes wurde mik
einem Massenansturm aller derer gerechnet, die möglichst sofort entschädigt werden wollen.
Der König von Afghanistan auf der Leipziger
Leipzig. 5. März. Der König von Afghanistan llMMt Sonderzug heute vormittag zum Besuch der Leipziger Mdsfe hier ein. Er wurde am Bahnhof amtlich begrüßt. Der König besichtigte dann die technische Messe.
Neue Umtriebe der Sonderbündler
Meß. 5. März. Nach einer Meldung der „Lothringer Bolkszeitung" werden in Metz besonders unter dem Personal der Postverwaltung Unterschriftslisten zur Unterstützung der Sonderbündlerbewegung im deutschen Rheinland gesammelt.
Die Tagung des Bölkerbundsrats
Genf. 5. März. Gestern sind die meisten Vertretungen zu der heute beginnenden 49. Tagung des Völkerbundsrats in Genf eingetroffen. Die Vertreter des Kleinen Verbands halten eine Besprechung ab über den italienischen Maffsn- schmnggel nach Ungarn. Briand und der polnische Vertreter wollten die Klage der Danziger Eisenbahner gegen Polen wieder auf die nächste Tagung verschieben, da das Haager Urteil „amtlich" noch nicht bekannt sei. Stress- mann widersprach und es ist möglich, daß diese Angelegenheit trotz des französisch-polnischen Widerstrebens auf der 49. Tagung zur Sprache kommt.
Die erste Sitzung wurde heute vormittag 11 Uhr von Urrutia (Kolumbien) eröffnet.
Der Haager Gerichtshof gegen Polen
Haag. 5. März. In dem Streit der D a n z i g e r E i s e n- bahner gegen die polnische Eisenbahnverwaltung hat der Ständige Gerichtshof im Haag entschieden, daß die Eisen- dahner das Recht haben, wemn vermögensrechtlicher An-