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Nummer 54 ssernraf.179
Montag de« 5. März 1928
Fernruf 179 63. Jahrgang
11.4 Millionen Frauen erwerbstätig
Seit der vorletzten Berufszählung im Jahr 1907 bis zur neuesten Zählung im Jahr 1925 ist in Deutschland die Zahl der weiblichen Personen im erwerbsfähigen Alter — zwischen 15 und 65 Jahren — um 30,5 v. H. gestiegen, die Zahl der tatsächlich erwerbstätigen Mädchen und Frauen dagegen sogar um 35 o. H. Die Frau ist also erheblich stärker in das Erwerbsleben einbezogen worden, als es ihrem Anteil an der Zusammensetzung der Volksgesamtheit ent- spricht. Andernfalls ist die Zahl der erwerbsfähigen Männer nur um 22,1 v. H. und die der erwerbstätigen MänNer nur um 23,3 v. H. gestiegen, worin die Kriegsverluste — Tod und Invalidität — leicht zu erkennen sind. Was die Frau in der deutschen Volkswirtschaft der Gegenwart bedeutet, wird besonders dadurch beleuchtet, daß insgesamt 11 477 681 Frauen und Mädchen erwerbstätig sind. Demgegenüber betrügt die Zahl der Ehefrauen, die weder einen eigenen Beruf ausüben noch im Beruf des Mannes Mitarbeiten, die sich also vollkommen dem Haushalt und den Mutterpflichten widmen können, nur 8 817 241 im ganzen Deutschen Reich.
Von je tausend Frauen und Mädchen, die im deutschen Erwerbsleben stehen, kommen 360 als Mithelfende beim Ehemann, Vater oder bei anderen Angehörigen in der Landwirtschaft, in der Heimarbeit, in Bäckereien, Fleischereien, Gastwirtschaften, kleineren Ladengeschäften in Betracht: weitere 305 von jenen Durchschnittstausend sind als Arbeiterinnen, 125 als Angestellte und 114 als Hausangestellte tätig, während nur 96 einen selbständigen Beruf ausüben oder eine leitende Stellung innehaben, wogegen von tausend erwerbstätigen Männern immerhin 217 die berufliche Selbständigkeit oder einen leitenden Posten besitzen. Bemerkenswert ist weiter folgendes: Die Zahl der weiblichen Hausangestellten ist gegenüber 1907 um 6,3 v. H. zurückgegangen, die der in den Haushalt aufgenommenen Dienstmädchen, Stützen, Haustöchter, Köchinnen und sonstigen Hausgehilfinnen sogar um nicht weniger als 11,2 v. H. Dieser auffallenden Abnahme steht in einer anderen Berufstätigkeit eine nicht minder auffallende Steigerung gegenüber: Die Zahl der weiblichen Angestellten hat sich seit 1907 mehr als verdreifacht, während die der männlichen Angestellten nur um 74 v. H. gestiegen ist. Infolgedessen ist heute gut ein Drittel der gesamten kaufmännischen Angestellten und des Büropersonals weiblichen Geschlechts.
Die Gründe dieses überraschenden Aufstiegs der Frauenarbeit sind vor allem natürlich wirtschaftliche. Deutschland ist verarmt. Die breite Schicht des Mittelstands ist heute im wesentlichen besitzlos geworden. Man kann es sich nicht mehr leisten, jüngere und ältere Töchter ohne Berufstätigkeit im Haus zu halten, bis sich ein Heiratskandidat für sie findet. Der wirtschaftliche Druck geht sogar noch weiter. Auch Ehefrauen müssen heute in wachsender Zahl in die Fabrik, ins Geschäft, ins Büro gehen. Vor der Riesenaufgabe des Wiederaufbaus der eigenen Wirtschaftskraft, um allmählich auf die Unterstützung durch Auslandskapital verzichten zu können, und unter dem schweren Druck des Dawesplans muß das deutsche Erwerbsleben heute möglichst jede Arbeitshand heranziehen und sie geeignet beschäftigen. Gerade für die Frauenarbeit aber sind durch die fortschreitende Industrialisierung, Arbeitsteilung und Mechanisierung bestimmte Tätigkeitsgebiete erschlossen worden. Nicht zu übersehen ist schließlich auch als Ursache vermehrter Berufstätigkeit der Frau der Drang nach Unabhängigkeit, Selbständigkeit, Gleichberechtigung.
In früheren Zeiten hat man die Frauenarbeit nicht selten als Schmutzkonkurrenz sür die Männerarbeit angesehen. So einsichtslos ist heute niemand mehr. In der Frauenarbeit herrscht ja heute keineswegs mehr das junge Mädchen vor, das nach ein paar Jahren Büro schnellstens in den Hafen der Versorgungsehe einläuft, sondern im Gegenteil auch das alte Mädchen, auch die Witwe und die Frau des kranken oder erwerbslosen oder zu gering verdienenden Mannes.
Manches sehr ernst zu nehmende Bedenken zur Ausbreitung der Frauenarbeit kommt heute aus ärztlichen und überhaupt sozialhygienisch interessierten Kreisen. Der Schutz der Frau gegen gesundheitliche Gefahren ist nicht durch die Gesetzgebung allein lösbar: er muß sich vielmehr im Volksbewußtsein fest verwurzeln. Unleugbar befinden wir uns in einer Krise. Besserung kann aber nur kommen, wenn sich die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse wieder günstiger gestalten, wenn wieder genug Verdienst in Deutschland da ist, daß die Männer heiraten und eine Familie ernähren können. Keine Frau geht in fremde Betriebe auf Arbeit, wenn sie es nicht bitter nötig hätte. Wenn sich unsere wirtschaftliche Gesamtlage erholt, dann wird zweifellos auch manches heutige Uebermaß der Frauenarbeit wieder verschwinden und Haushalt und Mutterschaft wieder mehr zu ihren Rechten kommen.
^ Zlanzösische SchieWnnge« im besetzten Gebiet
Nach Mitteilung des Generals Guillaurnat an den Regierungspräsidenten in Trier wird die französische Besatzung sin März in der Zeis vom 3. bis 15. an sechs Tagen v on
Die deutsche Abordnung für die Tagung des Völker- bundsraks ist in Genf eingekroffen.
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Der Verkehrsausschuß des Reichstags, der den vom Reichsverkehrsministerium vorgesehenen Reichszuschutz von 1,2 Millionen Mark gestrichen hat, hak nun den Minister ermächtigt, den Ieppelinwerken aus dem Dispositionsfond 790 000 Mark zur Verfügung zu stellen.
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Im Fall einer ungünstigen Weinernte im Jahr 1S28 sollen die fälligen Zinsen der Winzer-Reichskredite um ein Jahr gestundet werden.
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Der König von Dänemark traf auf der Rückreise von Mailand in Berlin ein und setzte alsbald seine Reise nach Kopenhagen fort.
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Rach dem Londoner „Daily Expreß" soll Lord Lhilskon in Kopenhagen als britischer Rheinlandkommissar in Koblenz ausersehen sein.
morgens 9 Uhr bis mittags 12.30 Uhr auf dem in der Nähe der Stadt Trier gelegenen „Schießplatz" Pellingen Artillerieschiehübungen abhalten. Der „Schießplatz" Pellingen, den die Franzosen seit einigen Jahren benutzen, entspricht in keiner Weise den Anforderungen, die man billigerweise zum Schutz der einheimischen Bevölkerung an einen Schießplatz stellen muß Mitten im bebauten Acker- und Weinbergsgelände liegt dieser famose „Schießplatz", dicht daneben geht die vielbefahrene und begangene Prooin- zialstraße, bewohnte Höfe liegen nahe an der Gefahrengrenze und sind schon häufig, wie seinerzeit gemeldet, schwer bedroht worden durch die recht oft „verschossenen" Granaten.
Die durchgeführte Besatzungsverminderung um die berühmten 10 000 Mann hatte die Freigabe von nur 436 Wohnungen zur Folge, denen immer noch über 8600 beschlagnahmte Wohnungen gegenüberstehen. Ferner befinden sich immer noch 1000 farbige Soldaten in dem französischen Besatzungskontinzent. Die Bevölkerung des besetzten Gebiets muß es als eine Beleidigung auffassen, daß eine Rasse der niedrigsten Kulturstufe ihr gegenüber eine gewisse Vorgesetzteneigenschaft erhält. Eine ganz besonders schlimme Belästigung der ländlichen Bevölkerung entsteht durch die weit über das vom deutschen Militär her bekannte Maß gesteigerter Schießübungen der Besetzungstruppen im Gelände und ihre im größten Stil durchgeführten Herbstmanöver. Die Schädigungen, die die rheinische Landwirtschaft in ihrer ohnehin schweren Lage durch die Schießübungen erleidet, sind mehrfacher Art. Zu den unmittelbaren Verlusten, der Vernichtung von Saat und Frucht, treten die nicht selten ungleich erheblicheren Beeinträchtigungen, die sich für die in der Sperr- und Gefahrenzone liegenden Wirtschaften zwangsläufig ergeben durch Arbeitsbehinderung, Verkehrsstörungen und ähnliches als Folge der Absperrung.. Die im Gelände von Pellingen bei Trier an 40 Tagen von Januar bis Oktober 1927 veranstalteten Schießübungen verursachten für 132 000 Wirt- schaftsschäden. Auf der Dahlemer Binz, im Kreis Schleiden, find durch Schießübungen im September 1927 Flurschäden in Höhe von 10 000 -R entstanden.
Zu der Vernichtung der Kulturen tritt die infolge der Besetzung bestehende Einschränkung der ganzen Erzeugungslage der rheinischen Landwirtschaft. Hierbei ist zuerst an die verschiedenen Flugplätze zu denken, die seit Jahr und Tag für militärische Zwecke nur sehr wenig benutzt werden, aber dennoch unter militärischer Beschlagnahme gehalten werden. Der Rheinische Raiffeisenverband errechnet die Ernteverluste auf dem Flugplatz Holzbach-Rießweiler im Kreis Simmern aus 1575 Zentner Roggen, 2800 Zentner Stroh, je 1750 Zentner Hafer und Weizen, 5600 Zentner Kartoffeln, 6300 Zentner Gemüse, 100 Zentner Kleeheu, 960 Zentner Wiesenheu und 312 Zentner Grummet. Das Flugplatzgelände Kreuznach Bodenheim, bleibt immer noch beschlagnahmt, obwohl das Benzinlager, für das es ausschließlich in Aussicht genommen war, in Sobernheim angelegt wurde. In Merzbrück ist die Freigabe des Flugplatzes durch das Verbot des Furchenziehens fast wertlos gemacht worden. Die Flugplätze Ilvesheim Morschheim und Sembach in der Pfalz umfassen 73 und 80 Hektar besten Bodens. Nach dem Gutachten der Kreisbauernkammern in Kaiserslautern wird der Wert des jährlichen Ernteausfalls an diesen beiden Plätzen auf 132 215 -K geschätzt.
Bei solchen unerhörten Mißständen und Uebergriffen der Besatzung — von allen andern gar nicht zu reden — darf es einen nicht wundernehmen, wenn man im besetzten Gebiet nur mit Hohn über die Locarno-Politik redet..
Ei« Anschlag im Aeichrenischädiguugraml
Verzweiflungstat eines kriegsgefchädigten
Am 2. März vormittags 10 Uhr kam ein ehemaliger Farmer aus Deutsch-Ostafrika, der jetzige Kaufmann Hein»
rich Langkopp ins Reichsentschävigungsamt in oer Rheinstrahe Berlin-Friedenau. Er wartete, bis der Vizepräsident Dr. Bach allein in seinem Zimmer war, drang dann in dieses ein und verlangte die sofortige Auszahlung einer Entschädigung von 120000 Mark. Dabei stellte er einen Aluminiumtropenkoffer auf den Tisch mit dem Bemerken, der Sprengstoffinhalt des Koffers werde beide zerreißen, wenn ihm das verlangte Geld nicht ausbezahlt werde. Nach langem Hin- und Herreden stellte Bach dem Fremden eine Zahlungsanweisung über 12000 Mark und einen Scheck über 90 000 Mark aus. Langkopp rief nun durch den im Amtszimmer befindlichen Fernsprecher einen Bekannten herbei und beauftragte ihn, den Scheck bei einer Bank einzulösen. Da der Scheck aber fehlerhaft ausgestellt war, nahm ihn keine Bank an. Als der Mann unverrichteter Dinge zurückkam, suchte Dr. Bach zu entfliehen unter dem Vorgeben, aus der Kasse Geld holen zu wollen. Lang- kopp feuerte einen Schuß ab, der nicht traf, und als nun ein anderer Beamter herbeieilte, gab er gegen die Decke weitere Schüsse. Schließlich wurde er überwältigt und der Polizei übergeben.
Der Koffer enthielt, wie die Untersuchung ergab, 15 Psd. Schwarzpulver, die vor der Mündung eines im Koffer verpackten Heeresrevolvers lagen. Am Drücker des Revolvers war eine Schnur oder Zündschnur angebracht, die zum Koffer heraushing, so daß die Waffe von außen hätte zur Entladung gebracht werden können. Das Pulver entzündete sich jedoch nicht, anscheinend war es feucht geworden.
Der 51jährige Langkopp besaß früher in der Kolonie Deutsch-Ostafrika eine schöne Farm. Im Krieg wurde die Farm von den Engländern weggenommen und Langkopp im Sommer 1919 mit zahllosen deutschen Leidensgenossen aus der Kolonie ausgewiesen. Er kehrte mit Frau und einer jetzt 14jährigen Tochter in die deutsche Heimat zurück und ließ sich in Lauenstein, (Hannover) nieder. In der Inflationszeit 1920 gründete er mit einer kleinen Abschlagszahlung auf das Kriegsschädengesetz ein kleines Fuhrgeschäft, das aber nicht lohnend war. Seitdem lebte er von den kümmerlichen Zuschüssen, die das Reich bot. In letzter Zeit war ihm Gelegenheit geboten, ein Bauerngut um 90 000 Mark zu erwerben und zu diesem Zweck wollte er sich vom Reichsentschädigungsamt auf Grund seiner berechtigten Entschädigungsansprüche das erforderliche Geld verschaffen, nötigenfalls mit Gewalt. Langkopp ist ein durchaus klarer, nüchterner Mann, der die jetzt endlich zur Durchführung kommende Regelung der Kriegsschäden benützen wollte, um sich sine neue Existenz zu schaffen. Er ist das Opfer englischer Brutalität und der traurigen Finanz- Verhältnisse des Reiches.
In seiner Vernehmung gab Langkopf an, er habe die Beamten nur erschrecken und dadurch zur Herausgabe deS Gelds veranlassen wollen. Deshalb habe er nicht auf Bach, sondern in die Decke geschossen. Er schein! ohne Mitwisser gehandelt zu haben. ^
lleuesle Nachrichten
Einspruch gegen den Raub deutscher Kolonien
Berlin, 4. März. Die koloniale Reichsarbeiksgemeinschafk veranstaltete eine Riesenversammlung, um gegen den Versuch verschiedener ehemaliger Feindstaaken, besonders Englands, Einspruch zu erheben, die seit 1922 vom Völkerbund als .Mandatsgebiete" verkeilten deutschen Kolonien unter der Hand in ihren festen Kolonialbesitz überzuführen. England betreibt z. B. ganz offen die widerrechtliche Errichtung einem «Dominiums Ostafrika". Nach berichtenden Vorträgen der früheren Gouverneure Meyer-Maldeck und Dr. Schnee wurde eine Entschließung angenommen, in der die Reichsregierung bzw. das Auswärtige Amt ausgefordert werden, im Völkerbund mit Entschiedenheit gegen das bezeichneke Bestreben der verschiedenen Staaken Verwahrung einzulegen.
Die Forderungen der Eisenbahner
Das Schlichtungsverfahren beantragt
Berlin, 4. März. Die Tarifgemeinschaften der Reichsbahnarbeiter haben, wie bereits mitgeteilt, den Lohntarif- vertrog auf 31. März gekündigt. Sie fordern eine Erhöhung des Stundenlohns um 10 Pfg., außerdem höhere Entlohnung der Betriebs- und Verkehrsarbeiter (durchgehende Löhne), Erhöhung der Ileberzeikzuschläge und eine besondere Lohnerhöhung für die östlichen Gebiete. Ein Teil der Gewerkschaften forderte außerdem Dienstalterszulagen und Dienst- rämien. Dazu teilt die Reichsbahnverwaltung mit: die For- erungen bedeuten eine Steigerung der Lohnausgaben um mehr als 250 Will. Mk. im Jahr. Die Verwaltung kann die Forderungen weder als eine geeignete Grundlage für weitere Verhandlungen ansehen, da sie mit der Finanzlage der Reichsbahn nicht in Einklang zu bringen sind, noch kann sie anerkennen, daß nach der allgemeinen Lohnlage sie berechtigt seien. Die Verwaltung wird daher das Schlichtungsverfahren beantragen
Ein Mischehe-Antrag der Völkischen abgelehnt
München, 4. März. Die völkische Fraktion stellte Im Verfassungsausschuß des bayerischen Landtags den Antrag,