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Nummer 251

§Mrus 17S

Donnerstag, den 27. Oktober 1927

Fernruf 179

62. Jahrgang

Eine beLenkliche Erscheinung

Die Nachrichten über Verfehlungen ungetreuer Angestell­ten und Beamten mehren sich in erschreckendem Maß, so daß es fast den Anschein hat, als ob wir es mit einer heim­lichen, in schnellem Wachstum begriffenen Seuche zu tun hätten. In frischer Erinnerung steht noch der unerhörte Betrug bei der Preußischen Klassenlotterie. Vorangegangen waren, um nur einige besonders krass eFälle des laufenden. Jahrs herauszugreifen, Veruntreuungen bei der Postkasse Dortmund mit 82 000 Mark, bei der Sparkasse Mülheim an der Ruhr mit 11000 Mark, bei der Berliner Universität mit 50 000 Mark, beim Postamt Gelsenkirchen mit 345 000 Mark, beim Einquartierungsamt Mainz mit 50 000 Mark, bei der Reichsbank in Dresden mit 86 000 Mark, bei der Stationskasfe in Dortmund mit 40 000 Mark, ebi der Fest­stellungsbehörde in Trier mit 50 000 Mark; die drei Fälle in Köln, wo zusammen 472 000 Mark unterschlagen wurden, die Veruntreuungen in Ortskranken- und Fürsorgeunter­stützungskassen, bei den Nachlaßpflegen in eBrlin usw. und viele andere mehr, deren Aufzählung zu weit führen würde. In Düsselodorf wurden neuestens Unterschlagungen von min­destens 720 000 Mark bei einer städtischen und einer staat­lichen Kasse festgestellt. Rechnet man hierzu die vielleicht nicht minder zahlreichen Fälle, die aus irgendeinem Grund der Oeffentlichkeit nicht bekannt geworden sind, und ferner die in letzter Zeit ebenfalls stark eingerissenen passiven Be­stechungen und leichtfertigen Kreditgewährungen (Preußische Staatsbank anBarmat-Kutisker, Sparkassen in M.- Gladbach, Andernach, Elberfeld, Halle usw.), so ergibt sich ein Gesamtbild, das jeden ehrlichen Menschen mit Scham und Zorn zugleich erfüllen muß. Auffallend ist dabei, daß es sich bei den auf vorstehende Art Benachteiligten meist um öffentliche Institute und Kassen handelt, während der Hundsrtsatz der geschädigten Privatunterneh­mungen bei weitem geringer erscheint. Um so größer ist das Interesse der Allgemeinheit, daß hier endlich schnell und gründlich Wandel geschafft wird. Ein Land, dessen Bewohner in ihrer überwiegenden Mehrheit schwer um ihre Existenz zu ringen haben und in ihrer Steuerkraft bis zum äußersten angespannt sind, kann es nicht länger mit Ruhe ansshen, daß alljährlich viele Millionen in dunkle Kanäle verschwinden und zur Befriedigung persönlicher Ge­lüste und Liebhabereien verwendet werden.

Der Kampf gegen dnse bedrohliche Erscheinung, so schreibt dic^stöln. Ztg., duldet keinen längeren Aufschub mehr, er kann aber nur von Erfolg begleitet sein, wenn es gelingt,'die Axt an dis Wurzel des Uebels zu legen. Dazu gehört in erster Linie die sichere Erkenntnis, woraus das Uebel zurückzuführen und durch welche Umstände es in seiner Verbeitung gefördert worden ist. Wenn die unter­schlagenen Beträge gleich in die Tausende gehen, so kann keine Rede davon sein, daß der Täter aus Not gehandelt habe. Es muß also noch ein anderer Grund vorhanden sein, der Treue und Ehrlichkeit so schnell zu untergraben vermag, und dieser Grund ist, was einmal unverblümt gesagt wer­den muß, vielfach in der Sorglosigkeit der Vor­gesetzten Behörden zu suchen. Eine Besserung ist von einer gründlichen Reform des zurzeit in Uebung befind­lichen Ueberwachungssystems zu erwarten. Daß es an sich schon überaus schwierig ist, einem gewandten Kassierer bei den als erstes Hilfsmittel in Betracht kommenden gelegent­lichen Revisionen Unregelmäßigkeiten nachzuweisen, soll da­bei keineswegs verkannt werden. Aber ein Fehlbetrag in der Kasse äußert sich vielleicht noch schneller und deutlicher an sonstigen Anzeichen, zu deren Wahrnehmung nur ein wenig Aufmerksamkeit gehört. Wenn wir zum Beispiel nachträglich lesen, daß ein mit großen Summen flüchtig gewordener Postbeamter ständiger Besucher von Wettagen­ten und Rennplätzen gewesen ist, daß ein Sparkassenrendant in kostspieligen Beziehungen zu außerehelicher Weiblichkeit gestanden hat, daß ein Regisrungskassenbeamter ein Ver­hältnis mit einer geschiedenen Frau unterhalten und dieser eine Platinuhr, Brillantkolliers und einen Kraftwagen ge­schenkt hat, so vermögen wir kein Verständnis dafür auf­zubringen, daß die Vorgesetzten Behörden diese Tatsachen nicht früher zur Kenntnis erhalten und ihre Schlüsse daraus gezogen haben. Vielleicht holt man sich einmal bei den großen Banken Rat, die ihre verhältnismäßige Sicherheit auf diesem Gebiet wohl nicht zum geringsten ihren erprobten Ueberwachungssystem zu verdanken haben.

Bei derAuswahl der Bewerber für Vertrauensposten muß mit noch größerer Sorgfalt zu Werke gegangen wer­den als bisher, insbesondere darf allein persönliche Eignung und Veranlagung, nicht aber das poli­tische Bekenntnis oder gewisse Begünstigungen und Schie­bungen, wie sie mannigfach üblich sein sollen, maßgebend sein. Weiterhin muß den Festbesoldeten ein ausreichendes Einkommen gewährleistet werden. Es muh ferner eine bedeutend schärfere Ueberwachung erfolgen, wobei, so­weit diese sich auf das außerdienstliche Verhalten erstreckt, selbstverständlich mit dem nötigen Taktgefühl vorzugehen ist, denn die gottlob noch weitaus in der Mehrzahl stehenden ehrlichen Beamten und Angestellten würden es mit Recht als eine Kränkung empfinden, wenn sie in ihrem Privat­leben auk Schritt und Tritt verfolst Wd in ihren Ausgaben

Tagesspiegel

Das Reichsarbeiksgerichl krak am 26. Oktober in Leipzig unter dem Vorsitz des Senatspräsidenken Oegg zum ersten Mal zusammen.

Die vorbereitende Abrüstungskommission tritt am 36. November in Genf kurz zusammen, um einen Arbeitsplan aufzustellen. Der Völkerbund ist aus 5. Dezember einberusen.

Die türkische Regierung beabsichtigt, die kufischen Schrifkzeichen der Türkei durch lateinische zu ersehen.

fortgesetzt kontrolliert würden. Endlich aber müssen auch die Gerichte durch strenge Bestrafung der Täter dazu beitragen, hemmungsschwache Naturen vor der Aneignung fremden Guts abzuschrecken. Alle Betrachtungen über Sinn und Zweck der Strafe und über die beste Art der Straf­vollstreckung vermögen nicht darüber hinwegzutüuschen, daß unsre Strafjustiz in den letzten Jahren starkverwässert worden ist. Bisherige Straflosigkeit wird stets in weitem Umfang als Milderungsgrund in Ansatz gebracht. Sie führt auch regelmäßig dazu, daß dem Berurteilten vorläufige Aussetzung des Strafvollzugs bewilligt und ihm die Strafe nach drei- oder fünfjähriger guter Führung gänzlich erlassen wird. Wer also zum erstenmal bei einer Unredlichkeit er­tappt wird und so schlau gewesen ist, gleich eine genügend große Summe auf die Seite zu schaffen, hat demnach be­gründete Aussicht, sich ohne nennenswerte Unbequemlich­keiten nach Ablauf weniger Jahre an sicherm Ort meist im Ausland in aller Ruhe seines Raubs erfreuen zu können, zu dessen Bergung ihm auch die neuerlich angeord­nete Erschwerung der Untersuchungshaft sehr von Nutzen ist. Hier Abhilfe zu schafenf, wird eine wichtige Aufgabe der kommenden Strafrechtsreform sein, wie es auch unsere Volksvertretung in der Hand hat, durch Bewilligung aus­reichender Gehälter in der zur Beratung stehenden neuen Besoldungsordnung einen Anreiz zu Begehrlichkeit und Un­redlichkeit aus der Welt zu schafenf.

tigen Lage des Kapitalmarkts nicht gedacht. Die Dawes-. Verpflichtungen zu erfüllen, sei Deutschland ehrlich bestrebt. Weitere Mitteilungen über die Denkschrift Gilberts wurden vertraulich gemacht.

Die Denkschriftveröffenklichung ein Verkrauensbruch Berlin, 26. Oktober. Die Veröffentlichung der Denk­schrift des Dawesagenten Parker Gilbert an die Reichs­regierung ist, wie jetzt festgestellt ist, wieder aus einen ge­meinen Vertrauensbruch zurückzuführen, der nachge­rade zur Ueblichkeit zu werden beginnt. Die Denkschrift be­ruht, wie bereits berichtet, auf zahlreichen Besprechungen des Reichsfinanzministers mit Gilbert im Lause dieses Jahres und die Bedenken, die der Dawesagent dabei gegen die st eigen den Ausgaben des Reiches geltend mach­te, wurden auf Wunsch der Reichsregierung von Gilbert schriftlich niedergelegk, nachdem er aus seinem Urlaub zurück­gekehrt war. Die Denkschrift sollte als Grundlage weiterer Verhandlungen und Maßnahmen dienen. Gilbert hat den Vertrauensbruch bedauert und wünscht die Veröffentlichung nicht; das Hauptsächliche der Denkschrift wird im Jahres­bericht bekantgegeben. Die Verhandlungen des Reichsfinanz­ministers mit Gilbert werden fortgesetzt, wenn die Aus­sprache; im Hauptausschuß des Reichstags stattgefunden haben wird. Tatsächlich sind im laufenden Jahr mehr Ge­setzesvorlagen mit denen bedeutendere Ausgaben verbunden sind, eingebracht worden als im Vorjahr, weil ihre Erledi­gung immer dringlicher wurde und weil der Reichsre­gierung ihre Erledigung rätlich erschien, bevor die stärkere Auswirkung des Dawesplans die Finanzkräfte des Reiches noch mehr in Anspruch nehme.

Es erscheint doch nicht ganz unbedenklich, wenn Herr Gilbert als Privatperson von deutscher Seite aufgesordert worden wäre, im Hinblick auf seine Sachkenntnis sich über gewisse geplante Ausgaben zu äußern, denn Herr Gilbert könnte leicht geneigt sein, seine Privatmeinung in eine sehr verständliche Amtssprache zu übersetzen.

Der Reichsfinanzminister über die Reichsfinanzen Berlin, 26. Okt. Im Haushaltausschuß des Reichstags gab Reichsfinanzminister Dr. Köhler einen Ueberblick über den Stand der Reichsfinanzen. Er wies darauf hin, daß für Sozialversicherung, Erwerbslosenfürsorge, Dawes- zahlungen, Äersorgungs- und Ruhegehälter usw. über zwei Milliarden Mark mehr aufgewendet werden müssen als 1914. Die Kriegslasten in weiterem Sinn, wie Kriegsrenten, Pensionen, Besatzung, Entwaffnung usw. verschlingen über 3l4 Milliarden. Die Besoldungsvorlage hole nach, was in früheren Jahren versäumt wurde. Die Behauptung, das Reichsschulgesetz werde Mehrkosten von 600 Millionen bringen, sei eine starke Uebertreibung. Die Deckung der Mehrausgaben (Besoldung, Kriegsschlußschäden und Schul­gesetz) werde ohne neue Steuern durch das höhere Aufkommen aus den geltenden Steuern und durch Abstriche in den Ausgaben möglich sein, wenn nicht eine sehr starke Verschlechterung der Wirtschaftslage eintreten sollte. Auch die Länder und Gemeinden werden dazu in der Lage sein. Durch Vereinfachung werden weitere Ersparnisse erzielt werden können. Un Anleihen werde b?L der gegxnrviir-

Lohnforderungen der Reichsarbeiker Berlin» 26. Okt. Im Neichsfinanzministerium fanden gestern in Anwesenheit des Reichsfinanzministers Köhler und des Staatssekretärs Dr. Popitz Verhandlungen mit dem Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter über die For­derungen der in den Reichsbetrieben und Behörden beschäf­tigten Arbeiter auf eine allgemeine Ausbesserung der Löhne statt. Die Vertreter des Reichsfinanzministeriums ließen durchblicken, daß nicht eine allgemeine Lohn­erhöhung in Frage komme, sondern lediglich ein Ausgleich durch Ortslohnzuschläge.

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Die deutschen Zahlungen genügen für die Ordnung der französischen Kriegs- und Äußenhandelsschulden Paris, 26. Okt. Im Kammerbericht über den Staats­haushaltplan für 1928 wird mitgeteilt, daß die Einnahmen sich auf 42 675 Millionen Franken (7005,23 Mill. Mk.), die Ausgaben auf 42 160 Millionen Franken (6922,6 Mill. Mk.) belaufen. Der Einnahmenüberschuh betrage 514,5 Millionen. Das Gleichgewicht stehe aber auf ziemlich schwachen Füßen, doch werden die deutschen Dawsszahlungen an Frankreich hinreichen, um Ordnung der Kriegsschulden und der Außen­handelsschuld Frankreichs ins Auge fassen zu können.

Dänische Siedlungspläne in Nordschleswig Kopenhagen, 26. Okt. Die dänische Regierung beabsich­tigt, junge dänische Landleute zu veranlassen, sich in Nord­schleswig niederzulassen, wo ihnen Boden überlassen werden soll. Zu diesem Zweck werden beträchtliche Geldmittel zur Verfügung gestellt werden. Die Regierung hofft, jedes Jahr etwa 5000 Dänen in Nordschleswig ansiedeln zu können. Der Boden muß natürlich den deutschen Eigentümern erst weggenommen werden.

Krawalle in Budapest

Budapest, 26. Okt. Die Unruhen, die wegen der Auf­führung -es Schundstücks von Szomory im National­theater ausbrachen, sind ernster, als die erste Meldung er­kennen ließ. Szomory ist wegen Verbreitung unzüchtiger

Schriften schon wiederholt bestraft. Der Umstand, daß Szo­mory Jude ist, gab den Studenten Veranlassung, zugleich gegen die Zulassung von Juden zum Universitätsbesuch in einer größeren Zahl, als ihnen Nach der Volkszahl zukäme, Widerspruch zu erheben. An demselben Tag war ein Gesetz­entwurf veröffentlicht worden, der die Zulassung jüdischer Studenten durch den sogenannten Numerus clausus regeln will. Die Studenten vertrieben die jüdischen Studenten aus dem Universitätsgebäude, wobei es zu schweren Schlägereien kam, die das Einsetzen berittener Polizei zur Wiederher­stellung der Ordnung nötig machten. Im Abgeordneten­haus trat der demokratische Abgeordnete Pakots für Szomory und die jüdischen Studenten ein und verlangte die strengste Bestrafung der anderen Studenten. Unter­richtsminister Dr. Klebelsberg erklärte, er habe die Universitätsrektoren für die Aufrechterhaltung der Ruhe verantwortlich gemacht, es stehe ihnen nötigenfalls Polizei zu Gebote. Andererseits könne man niemand verwehren, seine Ansicht und seine Wünsche zu einem Gesetzentwurf kundzugeben, aber man müsse in den gesetzlichen Schranken bleiben.

Lösung des südafrikanischen Flaggenstreits Zwei offizielle Flaggen

Kapstadt, 26. Okt. Eine vollkommene Verständigung in der Flaggenfrage wurde erzielt. Von nun an wird eszwei offizielle Fahnen geben, 1. den Union Jack als Sinnbild des britischen Reichs und 2. eine neue südafrikanische Fahne, die aus einer Zusammensetzung aller Fahnen Südafrikas einschließlich des Union Jack besteht. Die beiden Fahnen werden nebeneinander gehißt werden.

Krise in Rumänien

Bukarest, 26. Okt. Die Regierung hat den früheren Staatssekretär M a n o i l e s c u, einen Führer der Volks­partei, in Kronstadt verhaften und nach Bukarest bringen, lassen, als er von einer Zusammenkunft mit dem früheren Kronprinzen Karol in Paris zurückkehrte. Manoilescu hatte Briefe Karols an politische Persönlichkeiten bei sich, die be- tchlagnahmt wurden. Die Regierung Bratianus be­hauptet, das Land sei vollkommen ruhig, es seien nur ein­zelne, die für Karol Umtriebe machen. Tatsächlich ist aber die Lage sehr gespannt. Der frühere Ministerpräsident Averescu wird mit verschiedenen Juristen, die der Volkspartei angehören, die Verteidigung Manoilescus über­nehmen. Die Regierung hat eine strenge Zensur für die Presse und die Verkehrsanstalten angeordnet. Der Führer der nationalen Bauernpartei, auf dessen Untersttzung Bra­tianus Regierung angewiesen ist, Meniu, hat dagegen Ein­spruch erhoben.