Nummer 224

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Fernruf 179

Die OKarLa der Abrüstung

Die Entschließung, die der Dritte Ausschuß der Völker­bundsversammlung auf Vorschlag des französischen, hollän­dischen lind deutschen Vertreters angenommen hat, dürfte das weitestreichen.de positive Ergebnis im bisherigen Ver­la; f der Septembertagung des Völkerbunds, wahrscheinlich aber sogar der ganzen Tagung überhaupt sein. Die Mehr­heit der Versammlung wollte die Rückkehr zum Genfer Protokoll, wenn nicht dem Namen, so doch der Sache nach. In der vorliegenden Entschließung ist der entscheidende Schritt zur Rückkehr zu den Grundsätzen des Protokolls getan.

Die Entschließung wird, wenn sie woran kein Zweifel ist von der Vollversammlung angenommen werden wird, die Grundlage und das entscheidende Dokument für die Richtlinien sein, nach denen die Abrüstungs­frage in Zukunft im Rahmen des Völkerbunds behandelt werden wird. Was bedeutet der Text? Was be­deutet er sachlich, was politisch? In der Entschließung ist klar festgelegt, daß ohne die volle Befriedigung des Sicher­heitsverlangens aller Staaten die Abrüstung unmöglich bleibt. Das ist die französische Forderung. Daran ändert auch nichts, daß ein Ausschuß gebildet wird, der sich eigens mit der Sicherheitsfrage beschäftigt. Dieser Ausschuß wird, so sehr man auch daran deuteln mag, ein Werkzeug in der Hand des Abrüstungsausschusses sein, und selbst wenn er es nicht wäre, sein Einfluß auf die Beschleunigung der Ab­rüstungsarbeiten würde doch nur bescheiden sein können. Dieser Ausschuß hat eine Aufgabe, die zu den umfang­reichsten und umstrittensten gehört, die jemals ein Ausschuß gehabt hat. Er soll gewissermaßen das Becken sein, in dem sich die Sicherheitswünsche der ganzen Welt sammeln, aus dem sie danngeläutert und geordnet" in die reine Flut der Völkerbundsatmosphäre übergeleitet werden können. Die Sicherheit muß in der ganzen Welt ver­bürgt sein, ehe abgerüstet weiden kann! Auch die Staaten, deren Sicherheit unmittelbar nicht bedroht ist, werden mit der Abrüstung warten, bis nirgendwo mehr Gefahr besteht. Das ist die Lesart, mit der vor allem Frankreich nach den Verträgen von Locarno seinen Rüstungsstand beschönigt hat. Die Mittel, mit denen die Sicherheit verbürgt werden soll, sind sowohl zweiseitige Ab­kommen (wie die Militärbündnisse Frankreichs) wie mehr­seitige Verträge (Kleiner Verband) als auch die Gesamt­bürgschaft des Völkerbunds. Die Entschließung heißt damit diesem dem Grundgedanken des Völkerbunds zuwider­laufenden Einzelabkommen, die sich eindeutig gegen bestimmte Staaten richten und logisch zu Gegenbündnissen führen müssen, öffentlich und in aller Form gut.

Bemerkenswert ist der letzte Teil der Entschließung, der, wie man erfährt, auf englischen Einfluß zurückgeht und in dem gesagt ist, daß der Völkerbundsrat die Staaten auf­sordert, ihm mitzuteilen, wie weit sie in einem gegebenen Falle sich mit ihren Streitkräften ihm zur Verfügung stellen würden. Das ist die Brücke für die englische Zustimmung. England würde jede Gesamtbürgschaft ablehnen. Zugleich verstößt aber gerade eine solche Auffassung gegen den Geist des Völkerbunds, indem sie nämlich unausgesprochen zum Ausdruck bringt, daß nicht allen Streitfällen mit glei­chem Nachdruck begegnet werden wird, sondern daß die Behandlung je nachdem Fallverschieden sein kann.

Was die politische Seite der Entschließung angeht, so bedeutet sie das Höchstmaß von Sicherheit gegen eine Abrüstung, das die der Abrüstung widerstrebenden Staaten im Völkerbund bisher überhaupt erreicht haben. Wer nicht abrüsten will, kann nachdem Text nicht nur seine eigene, sondern jede Abrüstung überhaupt verhindern. Abrüstung im einzelnen gibt es darnach nicht, sondern nur Abrüstung im ganzen. Es ist aber klar, daß Staate., wie Polen und Rumänien» die sich jederzeit auf ihren unsicheren russischen Nachbarn berufen können, auf diese Weise, solange sie selbst kein zwin­gendes Bedürfnis zur Abrüstung haben, jedes- auf Abrüstung hinauszielende Unternehmen des Völkerbunds unschädlich machen können.

Die Verbindung zwischen Sicherheit und Abrüstung wird durch den vorliegenden Text zu der amtlichen Auffassung des Völkerbunds werden, eine Auffassung, die auch die deutsche Unterschrift tragen wird. Es ist müßig, darüber zu streiten, ob wir gut daran getan haben, uns hinter diese Entschließung zu stellen. Die Vorfrage dazu muß lauten: Konnten wir uns überhaupt gegen eine solche Entschließung stellen? Tatsächlich aber haben wir durch unsere Unter­schrift Ansprüche anerkannt, die schon bald mit der Forde­rung nach Sicherheitsoer trägen, die wir verbür gen sollen, sich anmelden werden.

Stresemann über die Kriegsschuldsrage

Paris, 24. Sept. Dr. Stresemann erklärte dem Außen- politiker desMatin" in Genf:Ich bin nicht nur über­rascht, sondern erstaunt, daß die vom Reichspräsiden­ten in Tannenberg gehaltene Rede in Frank­reich in diesem Maße Aufsehen erregt hat. Zunächst bringt Hisse Rede ncksts anderes, als schon oft ausgesprochene An-

Montag, den 26. September 1S27

Tagesspiegel

In Berlin isi eine Anzahl japanischer Parlamentsabge- ordneker. die ganz Europa bereisen, eingekroffen. Die Ja­paner werden auch dem Reichspräsidenken ihre Aufwartung machen. Ferner isi eine Gesellschaft schwedischer Bürger­meister in Berlin angekommen.

Die Bestimmungen über die Kurzarbeiter? nkerstühung sind über den 1. Oktober hinaus verlängert worden.

Der Streit zwischen der Leitung der Aeichsdruckere» und den Buchdruckern ist beigelegt

Die Sowjekregierung hat der französischen Regierung das Angebot gemacht, daß sie von den russischen Vorkriegsschul­den 120 Millionen Dollar anerkennen und zurückzahlen wolle» und zwar 30 Millionen Goldfranken innerhalb 6 Monaten und je 60 Millionen Goldfranken in 61 Jahresleistungen. Die Rückzahlung der Skaaksschuldverschreibungen soll aber nur insoweit erfolgen, als die Inhaber Franzosen sind. Die russischen Schulden bei Frankreich belaufen sich ohne die an­gewachsenen Zinsen auf über 20 Milliarden Goldfranken. Die französische Regierung wird, wie verlautet, das russische Angebot, durch das eine neue Anleihe angebahnl werden soll, ablebnen.

sichten. Man muß daran denken, daß in Deutschland viel weniger als in Frankreich Kriegerdenkmäler enthüllt und dabei Ministerreden gehalten wurden. In Frankreich ist die Erinnerung an den Krieg und der Rückblick auf die Ver­gangenheit fast alltäglich. Der Reichspräsident hat, wenn ich mich recht erinnere, seit seinem Amtsantritt noch niemals ein Kriegerdenkmal eingeweiht. Aber Tannenberg ist sein Werk, ein Werk, mit dem seine Person und seine Existenz verbunden sind. Er befand sich da auf einem geschichtlichen Boden, und alle Kriegsereignisse, die sich an seinen Namen knüpfen, ebenso wie seine spätere Tätigkeit als Staatsober­haupt, sind ihm gewissermaßen im Gedäcktnis wieder aus­gestiegen. Was er bei dieser Gelegenheit gesagt hat, alles das ist ein in allen deutschen Gemütern ei­genes Gefühl. Der wesentliche Punkt der Rede des Reichspräsidenten ist, daß einunparteiischesSchieds- gericht prüfen und bestimmen soll, was sich im Sommer 1914 im Lauf des diplomatischen Notenaust'a uschs abgespielt hat, u. auch was noch viel bedeutender ist -- die Ereignisse, die sich in den vorausgegangenen Jahren entwickelt haben, präzi­sieren soll. Selbst V r i a n d hat in seiner Rede in Genf am Schluß gefordert, den Frieden durch das Schiedsverfahren zu schassen. Man fordert das Schiedsverfahren für Wirtschafts- und finanzielle Fragen; wenn dieser Grundsatz der einzig wirkungsvolle ist, um die Befriedung der Völker herbeizuführen, warum soll er nicht anwendbar sein bei Fragen, die auf einem Volk schwerer lasten als ungünstige schiedsgerichtliche Entscheidungen in einer Sache rein ma­terieller Art? Das deutsche Volk empfindet die Behauptung, die allein auf dem deutschen Vorgehen die schreckliche Kata­strophe des Weltkriegs lasten läßt, als eine schwere Be­leidigung, und es ist sehr hegreiflich daß es sich vor einem Urteil nicht beugen kann, bei dem Ankläger und Rich­ter die gleichen waren. Diese tiefe Empfindung steht nicht im Widerspruch zu der Friedenspolitik, die wir nick unerschütter­lichem Vertäuen fortsetzen. Von dem den Völkerbund be­herrschenden Standpunkt aus kann niemand den Gedanken eines derartigen Schiedsspruches tadeln. Wenn er nicht schon jetzt eine bestimmte Form annimmt, dann wird durch die Gesamtheit derer, die die Geicytcyle scyretven, gesaut wer­den. Vor dem endgültigen Urteil der Geschichte können und müssen alle Völker sich beugen."

Fernruf 179

62. Jahrgang

Deutscher Städtetag

Magdeburg, 25. Sept. Auf die Rede des Vorsitzenden Dr. Mulert erwiderte Reichsfinanzminister Dr. Köhler, Selbstverwaltung und Sübstverantwortung der Städte seien nicht Selbstzweck. Bei der Frage Unitarismus oder Födera­lismus gehe es nicht nur um die Wirtschaftsgrenzen und Zuständigkeiten, sondern um die Seelen vieler Millionen deutscher Volksgenossen, besonders in Süddeutschland; es gehe um die Einheit des deutschen Volks. Wenn sich die Gegensätze zwischen Ländern und Gemeinden verschärft haben, so liege, das an der Verkürzung der allgemeinen Golddecke. Es sei nicht richtig, daß die Rcalsteuern um 20 v. H. gesenkt werden sollen.

Der preußische Innenminister Grzesinski (Soz.) trat für die Selbstverwaltung der Städte ein, wobei aber nicht zugestanden werden dürfe, daß die Städte flaggen dür­fen, wie sie wollen. Die Selbstverwaltung und Rechte müß­ten aufhören, wo die Interessen des Staatsganzen es er­fordern.

Vom Vorstand wird eine Entschließung eingebracht, in der gefordert wird: Dezentralisation der Verwaltung, un­mittelbare Verbindung der Gemeinden mit dem Reich durch Vertretung im Reichsrat usw., Errichtung einer Kommunal- Abteilung im Reichsmimsteriiim des Innern, dauernde Füh­lung mit Reichstag und Abgeordneten, Wiederherstellung

der'finanziellen Selbständigkeit, Abänderung des Finanz­ausgleichs.

Dr. Lohmann - Berlin erklärte sich namens der Sozial­demokratie gegen eine Rückgängigmachung der Steuer­zuständigkeit des Reichs. Stadtv. Leetz (Komm.) wendet sich gegen die Länder, die keine Daseinsberechtigung mehr hätten. Oberbürgermeister Rauscher- Potsdam erklärt namens der Deutschnationalen, die Entschließung sei unklar. Oberbürgermeister S ch a r n ci g l - München (Bayer. Vv.) tritt für die Selbstverwaltung der Gemeinden ein. Die Entschließung sowie eine Kundgebung für das besetzte Gebiet werden sodann gegen die Stimmen der Kommunisten an­genommen. Hierauf wurde die Tagung geschlossen.

An den Reichspräsidenten v. Hindenburg wurde ein Glückwunschtelegramm zum 80. Geburtstag abgesandt.

Neue Nachrichten

Das Flugzeugunglück bei Schleiz

Zu dem schweren Unglück des Verkehrsflugzeugs Berlin- München, das sich am 23. September kurz vor 10 Uhr 3 Kilometer südlich der Stadt Schleiz ereignete, wird wei­ter berichtet, baß während des Flugs ein Schaden an der linken Tragfläche, die etwas herabhing, beobachtet wurde. Der Führer wollte eine Notlandung vornehmen, aber noch in der Luft brach die Tragfläche und das Flugzeug stürzte jählings zur Erde. Es würde vollständig zertrüm­mert. Darauf soll eine Stichflamme mit starkem Knall em­porgelodert sein; die Ursache des Unglücks kann also keine Explosion im Motor gewesen sein. Die vier Reisenden wa­ren sofort tot, die Leichen sind gräßlich verstümmelt und wurden erst abends 6 Uhr geborgen. Der Führer Char - bett und der Mechaniker Feiler lagen unter dem 10 Zentner schweren Motor begraben und konnten erst später heroorgezogen werden.

Auf die Meldung von dem Unglück eilten sofort die Leitung der Lufthansa in Weimar, ein Vertreter des thü­ringischen Ministeriums? >> der Luftoffizier der Thüringer Landespolizei und Oberstaatsanwalt Dr. Meißner aus Gera zur Unglücksstelle. Den technischen Sachverständigen mußte Zeit zur Feststellung des Tatbestandes gegeben werden, weshalb mit den Bergungsarbeiten erst in den späten Nach­mittagsstunden begonnen werden konnte. Die Leichen wur­den in der Leichenhalle des Schleizer Bergfriedhofs auf­gebahrt. Die Ursache des Unglücks konnte noch nicht fest­gestellt werden.

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Der amerikanische Botschafter in Berlin, Schurmann, wurde von der Nachricht vom Tode des deutschen Botschaf­ters v. Maltzan tief erschüttert. Er sagte, sein Freund Maltzan sei mit bestem Erfolg bemüht gewesen, die durch den Krieg zerrissenen Fäden der Freundschaft zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Volk wieder zusammen- zuknüpfen. Sein Werk weide weiterbestehen, weil es mit den edelsten Idealen der Menschlichkeit und mit der mora­lischen Weltordnung in Einklang stehe. In ähnlicher Weise sprach sich der amerikanische Staatssekretär Kellogg aus. Botschafter Schurmann hat amtlich in der Reichskanzlei und im Auswärtigen Amt das Bedauern der amerikani­schen Regierung ausgesprochen.

Frhr. von Maltzan wird in dem Familiengrab in Groß- Lukow bei Vollratsruhe (Mecklenburg-Strelitz) beigesetzt werden. Der Tag ist noch nicht festgesetzt.

Die Skrafrechksreform

Berlin, 25. Sept. Der Reichstagsausschuß für Straf­rechtsreform stimmte den Paragraphen 5 und 6 des Ent­wurfs des neuen Strafgesetzbuches zu. Danach soll auch Landesverrat, von Ausländern im Ausland begangen, von deutschen Strafbehörden verfolgt werden können, wenn der Täter in Deutschland gefaßt wird. Vergehen gegen die Wehrmacht oder gegen die Volkskraft (z. B. gegen Aus­wanderer) sollen den deutschen Strafgesetzen unterliegen, auch wenn der Täter ein Ausländer oder die Tat im Aus­land begangen worden ist. Vorgesehen sind Schutzbestim- deutsche Amtsvertreter im Ausland. Deutsche Schiffe gelten als Inland, wo sie sich auch befinden mögen.

Schweizerische Beschwerden gegen Italien Zürich, 25. Sept. Im Nationalrat führte der St'dt- prastdent von Luzern, Nationalrat Zimmerli, lebhaft Klage darüber, daß Italien seinen Staatsangehörigen im Widerspruch zu den zwisckzenstaatlichen Abmachungen die Ausreise nach der Schweiz erschwere und damit den italie­nischen Touristenverkehr nach der Schweiz unterbinde. Bundesrat Häbßrlin erklärte, es bestehe die Tatsache, daß wegen Vertagswidrigkeiten durch die schweizerische Ver­tretung in Rom Einspruch bei der italienischen Regierung erhoben wurde. Die getroffenen Vereinbarungen seien von den italienischen Grenzbehörden nicht immer geachtet wor­den, und der schweizerische Bundesrat müsse sich überlegen, oh die Schweiz nicht ein Uebereinkommen kündigen wolle, das aus einer vermeintlichen Erleichterung zu einer Falle