abgelehirk wurden. Demgegenüber drang die Forderung des Zentrums durch, daß auch in diesen Ländern die Eikern das Rech! haben sollen, die Errichtung von Bekenntnisschulen zu beantragen. (Nach Artikel 147 der Weimarer Berfassuna sind die Simulkanschulen, wo sie bereits gesetzlich bestehen besonders im Schulgesetz zu berücksichtigen.) .

Das Reichskabinett hat dem Plan, eine Reichsanieihi von 100 Millionen zur Förderung des Wohnungsbaus auf zunehmen, zugestimmk. >

Der Urlaub des Reichspräsidenten

Berlin, 14. Juli. Wie verlautet, wird Reichspräsiden von Hindenburg seinen Sommerurlaub wieder au dem Gut der ihm befreundeten Familie v. Schilcher ii Dietramszell (südlich von München) verbringen, wo er vor aussichtlich Mitte August eintresfen und bis in die erste Sep temberwoche bleiben wird.

Ein Aufruf der bayerischen Staaksregierung München, 14. Juli. Die bayerische Staatsregierung hat anläßlich des bevorstehenden 80. Geburtstages des Reichs­präsidenten einen Aufruf erlassen, in dem es u. a. heißt:

Es wird den Deutschen im Inland und Ausland ein Her­zensbedürfnis sein, der alloerehrten Verson des Reichsprä­sidenten, dem großen Führer des deutschen Volks in schwer­ster Zeit, dem obersten Vertreter des Deutschen Reichs Be­weise dankbarer Verehrung zu geben. Mit Hindenburg« Ehrung ehrt das deutsche Volk sich selbst, wenn es in dank­barem Gedenken der gewaltigen Leistungen und Opfer derer sich erinnert, die unsere Heimat, Haus und Herd vor Kriegszerstörung bewahrt, und wenn es der Hinterbliebenen derer einasdenk ist, die getreu bis zum Tod dem Vaterland gedient. Schließlich werden alle Bayern aufgefordert, mit­zuhelfen zum Festtag des ollverhrten Reichspräsidenten von Hindenburg ein Werk der Fürsorge zu schaffen. Die Hin- d'nburgspende ist bekanntlich für die Kriegsbeschädigten be­stimm.-.

Eine Kopfsteuer in Bayern

D'e bayerische Regierung hak nach einer Bläkkermeldung icm Landtag einen Gesetzentwurf vorgelegt, durch den die Gemeinden ermächtigt werden, eine neue Steuer, eine sog. Rerwaltungskostenabgabe einzuführen. Diese Steuer soll von allen wirtschaftlich selbständigen Personen über 21 Jahre erhoben werden, die für alle Skeueroflichtigen gleich hoch ist und einen jährlichen Höchstsatz von 6 Mark auf den Kops i. cht überschreitet. Bon der Steuer befreit werden Klein­rentner, Kriegsbeschädigte, Dienstboten und andere. Die Steuer wird, vorausgesetzt, daß sie von allen bayerischen Gemeinden mit dem Höchstsatz eingeführk wird, in ganz Bayern etwa 1213 Millionen Mark einbringen.

Vertagung des französischen Parlaments

Paris, 14. Juli. Poincare hat abermals einen glän­zenden Sieg über das Parlament davongetragen. Die Kammer hat die B e a m t e n b e s o l d u n g schließlich dach nach der Regierungsvorlage mit 347 gegen 200 Stim­men angenommen. Die Sozialradikalen (Linksdemokraten), die mit der ganzen Linken eine Rückwirkung der Gehalts­erhöhung verlangt hatten, wagten bei dem rücksrchtslostn Widerstand Poincares, und da sie selbst einen Regierungs­wechsel fürchteten, nicht, ihre Forderung aufrecht zu erhalten, und sie stimmten schließlich für die Regierungsvorlage. Die nun beschlossene Gehaltserhöhung läuft vom 1- Oktober d. I. an und erfordert für das laufende Jahr eine Mehrausgabe von 898,8 Millionen Papierfranken (148 Millionen Mark), für das nächste Jahr 2029,5 Millionen Franken (334,8 Milt. Mark).

Die Kammer erteilte darauf dem Handelsminister Vo- kanowski für die nächsten drei Monate die Ermäch­tig u n g, in den Verhandlungen über das vorläufige Han­delsabkommen mit Deutschland beim Zolltarif Veränderungen vorzunehmen, soweit dies zum schnel­leren Abschluß erforderlich erscheint. Ausgeschlossen von die­ser Aenderung der Zollsätze sind jedock) die Nahrungs­mittel und alle Vekleidungsgegen stände (aus­genommen Strumpfwaren). Die neuen Tarife sind dem Parlament ehestens vorzulegen. Werden sie vom Parlament nicht genehmigt, so werden sie 28 Tage nach dem ablehnen­den Beschluß wieder unwirksam. Ausgeschlossen von der Aenderung der bereits von der Kammer angenommenen Zollsätze bleiben Weizen, Roggen und Holz. Darauf vertagten sich Kammer und Senat bis Ende Oktober.

Pangalos geflüchtet

Athen, 14. Juli. Der frühere Diktator von Griechenland, General Pangalos, der von der jetzigen Regierung auf ^reta gefangen gehalten wurde, ist von Anhängern aus oem Gefänanis befreit worden und ist aus einem kleine-

Schiff von 5er Insel geflüchtet. Die Regierung hat Torpedo­boote zur Verfolgung ausgesandt.

Württemberg

Stuttgart, 14. Juli. Ernennungen im Justiz­dienst. Der Staatsanzeiger veröffentlicht in seiner heutigen Nummer die auf Grund des vom Landtag genehmigten Nachtragsetat erfolgten Ernennungen im Justizdienst. Es rücken dadurch namentlich zahlreiche Gerichtsassessoren in Amtsrichter- und Staatsanwaltstellen vor. Ferner werden zahlreiche Notariatspraktikanten zu Obersekretären ernannt.

ep. Landeskirchenkollekte. Tausenden unserer Schwaben- söhne, die im Krieg und Frieden ihre militärische Ausbildung auf dem Truppenübungsplatz Münsingen erhielten, ist wohl das uralte, schmucke, malerisch am Berghang gelegene Kirch­lein in Auingen OA. Münsingen, auch schon durch den Besuch des Gottesdienstes wohl bekannt. Dieses Kirchlein ist durch die bedeutende Zunahme der Seelenzahl zu klein und eng und auch stark baufällig geworden und soll durch einen Neubau ersetzt werden. Die früher schon ersammelten und in Kriegsanleihe angelegten namhaften Mittel sind der In­flation zum Opfer gefallen. Zugunsten des Kirchenbaus in Auingen findet am Sonntag, den 17. d. M., eine allgemeine Landeskirchenkollekte statt. Die evang. Landeskirchengenossen werden herzlich gebeten, mit vereinten Kräften durch reiche Beisteuer zum Gelingen des guten Werks beizutragen.

Die Rettungsmedaille wurde dem Oberreiter Karl Krebs beim M.-G.-Zug des 18. Reiter-Regiments in Cannstatt verliehen.

Vom Tage. Der Hausierhändler Peter Schanz, der un­ter dem NamenDer wahre Jakob von Amerika" stadtbe­kannt war, stürzte in der Rosenstraße eine Treppe herab, wobei er sich tödlich verletzte.

Ilmvetterschäden. Nach einer Meldung aus Hör gen OA. Rottweil ging über dem Eschachtal ein schwerer Hagel­schlag nieder, der großen Schaden anrichtete. Teilweise dürf­ten 90 Prozent des Getreides vernichtet sein. -- In U r a ch gab es am Dienstag ein Gewitter mit starkem Wolkenbruch. Da die andrängenden Wassermassen in den Straßen Stö­rungen vermuten ließen, wurde die Feuerwehr alarmiert, die an einzelnen Stellen eingreifen mußte. In Zuffen­hausen konnten bei dem Dienstaggewitter die Kanäle die Wassermassen nicht mehr fassen. Das Wasser drang in viele Keller und Erdgeschosse ein, und man hatte Mühe und Not, das Wasser herauszupumpen oder herauszutragen.

Stuttgart, 14. Juli. Aom Staatsministerium. Durch Entschließung des Staatsministeriums ist Oberlandes­gei ichtsrat Dr. Schmilz zum Ministerialrat beim Staats­ministerium ernannt worden.

Vom Verwaltungsgerichlshof. Das Staatsministerium hat den Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. v. Haller zum Direk­tor bei dem Verwaltungsgerichtshof befördert und den als Stellvertreter im Verwaltungsgerichtshof tätigen Oberreg.- Rat bei der Ministerialabteilung für Bezirks- und Körper- ichaftsverwaltung Ru pp zum Oberverwaltungsgerichtsrat bei dem Verwaltungsgerichtshof ernannt.

Verlängerung einer Meldefrist. Die Ministerialabteilung für die Fachschulen hat die Frist für die Einreichung der Gesuche um Zulassung zu dem von ihr geplanten Lehrgang zur Ausbildung von Gewerbelehrerinnen bis zum 23. Juli d. I. verlängert.

Ein neuer Aussichkskurm. Der Verein für Fremdenver­kehr in Stuttgart hat mit der Studentenschaft der Technischen Hochschule eine Vereinbarung getroffen, wonach in Zukunft die Bismarcksäule vom Publikum gegen mäßiges Eintritts­geld betreten werden darf. Dadurch erhält Stuttgart einen neuen Aussichtsturm.

Das Unwetter in Palästina. Einem Telegramm zufolge, das der Stuttgarter Vertreter der schwäbischen Templer in Palästina erhielt, sind in der deutschen Siedlung keine Menschenleben und keine Verwundeten bei dem Erdbeben zu beklagen. Es sind zwar auch keine Häuser eingestürzt, da­gegen ist der Sachschaden, den auch die deutsch-schwäbischen Siedler erlitten haben, ziemlich bedeutend.

Aus dem Lande

Hohenheim. 14. Juli. Fernbeben. Das Beben in Palästina ist hier nur als schwaches Fernbeben ausgezeich­net worden. Der erste Einsatz im Seismogramm war um 14 Uhr 9 Min. 40 Sek. Die Herdentfernung berechnete sich auf 3300 Kilometer. Die größte wahrnehmbare Bodenbewe­gung für das hiesige Gebiet betrug 7 Mikron (1 Mikron gleich 1005 Millimeter.

Ehlingen. 14. Juli. Hobes Alter. Der Senior der

evang. Lehrerschaft Württembergs, Schullehrer a. D. SchmId, vollendete am 12. Juli in verhältnismäßig guter körperlicher und geistiger Frische sein 93. Lebensjahr. Der in Oberndorf bei Welzheim Geborene erhielt seine Ausbil­dung im Lehrerseminar Eßlingen. 1858 wurde er Lehrer in Möglingen bei Ludwigsburg, wo er bis 1908 ein halbes Jahrhundert lang in voller Gesundheit seines Amtes wal­tete. Er wohnt in Obereßlingen im neuerbautcn Hause seiner Töchter, die auch dem Lehrerstand angehören.

Maulbronn, 14. Juli. Tödlicher Unfall. Der vor etwa 8 Tagen beim Motorradfahren in Lienzingen verun­glückte Mechaniker Ganzenmüller von Mühlacker ist an seiner schweren Kopfverletzung im Maulbronner Kranken­haus gestorben.

ep. Hall, 14. Juli. Die Diakon issenan st alt Schwäb. Hall feierte am Sonntag unter starker Teil­nahme aus Stadt und Land ihr 41. Jahresfest. Reg.-Rat Loebich aus Stuttgart hielt in der Michaelskirche die Festpredigt. 12 Schwestern wurden vom Anstaltsleiter ein­gesegnet. Nach dem Jahresbericht, den Pfarrer Weisser oortrug, ist die Anstaltsgemeinde auf über 1100 Personen angewachsen. Die Haller Schwestern haben 45 000 Hilfs­bedürftigen aller Art im vergangenen Jahr gedient. Im Krankenhaus des Mutterhauses wurden in 30 090 Pflege­tagen mit 983 Nachtwachen 1204 Kranke verpflegt. Im Kinderkrankenhaus fanden meist skrofulöse Kinder zu vier- bis sechswöchigen Solbadkuren Aufnahme. Das Frauen­heim und Frauenasyl beherbergte 60 Insassen. Im Schwach- sinnigenheim haben 621 Pfleglinge ihre Heimat gefunden, darunter 80 Kinder. Obwohl 156 Pfleglinge neu ausgenom­men wurden, konnten 50 Gesuche nicht berücksichtigt werden. Den Kranken des Schwachsinnigenheims wurde in 180 204 Pflegetagen mit 1128 Nachtwachen gedient. 189 Schwestern haben in 160 Gemeinden in allen Landesteilen 33 086 Kranke gepflegt, außerdem arbeiten 68 in 16 Krankenhäu­sern, 24 in verschiedenen Heimen. Infolge eines Zuwachses von 22 Schwestern zählt das Mutterhaus heute 425 Schwe­stern. Vom Evang. Volksbund wurden dem Diakonissen­haus 6Hausschwestern" zur Ausbildung überwiesen. Eine größere Anzahl von Erweiterungsbauten mußte durch­geführt werden. Eine Aufnahme von Schulden war unum­gänglich trotz der tatkräftigen Hilfe vieler Freunde, auf die die Anstalt auch fernerhin in weitgehendem Maß ange­wiesen ist.

Skammheim, OA. Calw, 14. Juli. Jubiläum. Die weithin bekannte Erziehungsanstalt der Inneren Mission Skammheim, deren Gründung in die ersten Anfänge der Inneren fällt, feiert am kommenden

Sonntag das Fest des hundertjährigen Bestehens. Etwa 1200 Kinder sind seit der Gründung durch die Anstalt geangen; vielen von ihnen ist sie nach schweren Erlebnissen im Elternhaus eine Stätte sonnigen Jugendlandes geworden, viele auch und es sind ja gerade die schwersk Erziehbaren in solchen Rettungsanstalken haben den wackeren Haus- elkern schwere Sorge bereitet. Jedoch hat die treue Erzieh­ungsarbeit reichen Segen gewirkt.

Rottweil. 14. Juli. Totschlag. Das Schwurgericht hat den wegen Totschlags angekiagten Bauern Jakob Steimle von Alt-Nuifra wegen fahrlässiger Körperver­letzung zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt.

Trossingen, 14. Juli. Besuch des Bischofs. Dis hiesige Diasporagemeinde erhält am kommenden Samsiag den Besuch des neuen Bischofs Dr- Sproll von Rötten- burg. Mit dem Besuch wird der Bischof auch eine Besichti­gung der Gewerbe- und Industrieausstellung verbinden.

Lackendorf OA. Rottweil. 14. Juli. Brand. Gestern vormittag 9.30 Uhr brach in dem Anwesen des Landwirts Alois Staiger hier Feuer aus. Es brannte in kurzer Zeit bis auf den Grund nieder. Die Entstehungsursache ist nicht bekannt.

Diberach, 14. Juli. Die Notlage der Milchwirt­schaft. Der Württ. Milchwirtschaftliche Verein hielt ge­stern hier eine sehr gut besuchte öffentliche Versammlung ab, in der Molkereiinspektor L i p p- Wangen über die Not der deutschen Milchwirtschaft sprach. In einer Entschließung wurden von den Vertretern der milchwirtschaftlichen Grup­pen Württembergs, Bayerns, Milcharbeiter und Händler die maßgebenden Stellen des Reichs und des Lands um rascheste Maßnahmen zur Rettung der Allgäuer Milchwirtschaft ersucht, die vor dem Zusammen­bruch steht. Es werden gefordert: Erhöhter Zollschutz für Milch und Milchprodukte, erhöhter Zollschutz für Viehzucht und Viehmast, insbesondere Beschränkung der Gefrierfleisch­einfuhr und Verbot der Weiterverarbeitung von Gefrier­fleisch und ausländischer Käse. Werbung aus öffentlichen Mitteln für vermehrten Verbrauch von Milch und deutschen Milchprodukten, öffentliche Unterstützung der Qualitätsför-

Jch Hab dich lieb.

47 Roman von

Urheberschutz durch Stuttgarter Romanzentrale C. Ackermann, Stuttgart.

Dann werde ich sie ihr verweigern. Nach dem, was heute geschah, brauche ich diese Papiere als Deckung für den Wahrheitsbeweis, den ich für meine Worte erbringen werde. Das werde ich der Frau schon begreiflich machen. Sie muß es einsehen."

Die Mutter sah ihn starr an.

Bernd, tu es nicht! Ich verstehe ja nicht viel von Gesetzen, aber das verstehe ich! Es wäre nicht nur grau­sam, sondern auch ungesetzlich. Was du da tun willst, ginge über die Grenzen deines Rechtes als Anwalt hin­aus!"

Er stand ungeduldig auf.

Liebe Mama, willst du es nicht mir überlassen zu ent­scheiden, was ich tun darf, was nicht?"

In ihr stürmte die angeborene Leidenschaftlichkeit wild empor. Und aus der tiefen Bitterkeit, die sich immer wie­der in ihr ansammelte gegen seine unerbittliche Selbst­gerechtigkeit rief sie:

Und selbst, wenn du die Grenzen deines Rechtes nicht überschrittest dabei, die Grenzen der Menschlichkeit ließest du wieder einmal weit hinter dir wie immer! Hast du denn gar kein Herz, Bernd?"

Nicht für Schuldige! Und nun laß es genug sein, Mama. Du wirst mich nicht ändern . .."

Dann gebe Gott, daß es nicht eines Tages die Reue ist, die dich ändert, und die dir zeigt, wie arm ein Mensch werden kann, der immer nur nach Gerechtigkeit schreit und nie Liebe sät!"

Er schwieg. Aber ihm war, als höre er eine andere ähnliche Worte predigen, und ein Schauer schlich durch seine Glieder.

Als ob sie sich beide verabredet hätten Wider mich!" dachte er finster. Dann griff er nach seiner Zigarren­tasche und steckte sie ein.

Leb' wohl, Mama. Und was ich noch sagen wollte: heute Abend bin ich nicht daheim. Herr Menning, ein neuer Klient, der fremd hier ist, will durchaus, daß ich ihn abends insOrpheum" begleite."

Wie ruhig und leidenschaftslos seine Stimme klang! Die alte Frau, in der noch alles vor Erregung fieberte, empfand es mit Bitterkeit.

Es ist gut", sagte sie kurz, und man merkte ihr ordentlich an, daß sie erleichtert aufatmete bei der Aus­sicht, den Abend allein zu verbringen.

XVI.

Ich habe eine Lage separo genommen", sagte Herr Menning, Bernd den Vortritt lassend.Da vermutlich nur die Wiesenthals von Interesse sein werden, können wir während den anderen Vorführungen nach Belieben die Vorhänge zuziehen und in dem dann vom Publikum abgeschlossenen Raum von unseren Geschäften reden."

Bernd, der noch nie imOrpheum" gewesen war, da er kein Freund von Varietös war, sah sich überrascht in dem kleinen eleganten Raum um, dessen Mitte ein ge­deckter Tisch einnahm.

Die Ausstattung war wirklich gar nicht übel. Ein schwellender Teppich bedeckte den Boden, rechts und links gab es dunkle Holzwände mit Spiegeln und kleinen Bil­dern. Schwere Velourvorhänge maskierten den Eingang und waren gegen die Bühne zu seitwärts gerafft, konnten aber jeden Moment herabgelassen werden.

Auf dem für zwei Personen gedeckten Tisch verbreitete eine elektrische Stehlampe ein durch grünes Metallblatt­werk angenehm gedämpftes Licht.

Ganz behaglich, nicht wahr?" sagte Menning.Wenn die Vorhänge vorne zu sind, wird es sein, als wäre man in irgend einem netten, kleinen Herrenzimmerchen da­heim."

Bernd nickte. Dann betrachtete er die Seitenwände und meinte lächelnd:Geheimnisse dürfte man freilich da­bei nicht verhandeln. Durch die dünnen Holzwände, die nicht einmal bis an die Decke reichen, müßte man jedes Wort in den Nebenlogen hören."

Gewiß, aber heute sind die beiden Nebenlogen unbe­setzt, wie man mir sagte. Uebrigens haben wir ja auch gerade keine Geheimnisse zu verhandeln."

Ein Kellner erschien mit der Speisenkarte. Menning wählte mit Kennerschaft ein feines, kleines Souper aus.

Als der erste Gang aufgetragen wurde, begann unten iin Saal das Orchester zu spielen, und eine Schlangen­bändigerin in gleißendem Flittergewand betrat mit ihren Tieren die Bühne. , ^ ^ ,

Dann folgte Nummer auf Nummer in rascher Folge. Die beiden Herren zeigten nicht viel Interesse dafür.. Sie aßen behaglich und plyuderten leise über dies und jenes. Das heißt, Menning plauderte, und Bernd Härte ziemlich zerstreut zu.

Da gegen zehn Uhr im Programm war eben die große Pause eingetreten, nach der die Wiesenthals auf- treten sollten horchten beide auf. In einer der an­stoßenden Lagen waren verspätete Gäste getreten.

Man hörte das leise Lachen einer Frau und die ge­dämpfte Stimme eines Mannes. Gläser und Teller klirr­ten. man deckte hastig einen Tisch, servierte Speisen.

(Fortsetzung folgt.)