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' 9kt. 47
wtittivoch, den 26. Februar 1930
duhrgang 102
Um den Ausgleich des Reichshaushalis
Das Deckungsprogramm Dr. Moldenhauers
Ein'gung über die Ausgabescite des Neichshaushalts.
Tlk Bcrlin, 88. Febr. Am Dienstag fand zwischen dem Ncichssiuanzniinister, dem Neichsinnenminisier und dem Sreichsarbcitsminister eine Besprechung statt, in der über die letzten Meinungsverschiedenheiten ans der Ausgabcnseite d-S Handhaltsplans verhandelt wurde. Die Besprechung führte zu einer Verständigung. Der NeichSsinanzministcr wird seine Deckungspläne im Laufe des TageS ansarbeitc« und heute dem Ncichskabinett zulcite«. Am Donnerstags vormittag findet über diese Vorschläge eine Labineltssitzung statt.
Der neue Deckuirgöplan.
Die Einzelheiten der neuen Deckungsvorlage des Reichs- sinanzmtnisterS werden vorläufig noch streng vertraulich behandelt. Feit steht jedoch, daß die Vorschläge Dr. Moldenhauers im Gegensatz zu anderen Gerüchten den Gedanken eines Notopfers ans dem Einkommen aller Besoldeten zur Sanierung der Finanzlage des Reiches nicht enthalten. Allerdings erwartet man, Last von soz.-dem. Leite im Kabinett am Donnerstag ein neuer Vorstoß in dieser Nutung unternommen werden wird. Bon volksparteilrcher Seite erfährt man hierzu, daß die Neichstagssraktion der Partei eine derartige Sonbersteuer entschieden ablehncn würde. Es ist auch nicht damit zu rechnen, daß sich Dr. Mol- drnhm.er einem etwa'gen Mehrheitsbeschluß des Kabinetts fügen würde. Mitteilungen, die davon wissen wollen, daß neuerdings beabsichtigt sei, die Arbeitslosenversiche- rung mit Hilfe e ner Ausländsanleihe gegen Verpfandung von ReichsbahnvorzugSaktien zu sanieren, werden von unterrichteter Leite nachdrücklich in Abrede gestellt.
Der „Vürsenkoui ier" berichtet, daß die Posten der Ein- nahmeicitc bcS Haushaltsplans noch einmal genau durchge- priist würden. B.i den jetzigen Steueranträgen liege daS Risiko bei der Vermögenssteuer, bei der Umsatzsteuer und beim Lpirltusmonopol. Dieses Risiko wird auf 110 Millionen Mark geschätzt wovon aus das Reich 25 Millionen entfallen. Es soll daher eine Reserve von etwa 45 Millionen in den Haushaltsplan eingestellt werden. Gewisse Möglichkeiten liegen weiter in der Verschiebung der Fälligkeitstermine. Hier könnten als einmalige Steuercrhöhung bei der Tabaksteuer 80 Mill., bei der Biersteuer 30 Mill.,
bei der Z u ck c r st e u c r 14 Mill., bei den Tabaksteuerlägern 5 Mill. und bei den Zuckcrsteuerlägern 8 Mill. hereingeholt werden. Das würde eine einmalige Einnahme von 82 Millionen Mark bringen.
Wie die Blätter melden, besteht im Finanzministernm der Plan, eine Benzin st euer clnzusühren. Der Gedanke an eine Steuer auf Mineralwasser soll fallen gelassen worden sein.
335 Millionen Fehlbetrag der Arbeitslosenversicherung
TN Brrl'n, LS. Fcbr. Die „Vossische Zeitung" meldet: Der Vorstand der Reichsanstalt für Arbcitslosenvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat in diesen Tagen seine Vorarbeiten für de» Haushaltsplan 1939 bis 1931 der ReichSver- sichernngsanstalt abgeschlossen. Der Entwurf des Vorstandes weist eine« Fehlbetrag von S3S Millionen ans, für den nach den gesetzliche« Bestimmungen das Reich «Intreten müßte. Die Höhe des Fehlbetrages wird sich ans etwa 83S Millionen vermindern, wenn die Befristung der im Vorjahr erfolgte« Beitragserhöhung aufgehoben «ad bis znm Ende des Hans- haltsjahreS verlängert wird.
Die Reichstagsfraktion der Deutschen Volkspartet behandelte am Dienstag die Berichte zur Ftnanzfrage. Die Fraktion besteht nach wie vor aus innerer Sanierung der Arbeitslosenversicherung und auf einer Sicherung der Steuersenkungen für 1981.
8 Milliarden Reichsschuld
--- Berlin. SS. Fcbr. Dem Reichstag ist jetzt die An- lcihedenkschrift für 19S8 zngegange«. Darnach hat sich die Nelchsschnld in der Zeit vom 1. Jan. 1928 bis znm S1. März 1928 am rund S31 Millionen NM. erhöht. Insgesamt be-> trug dke Rcichsfchuld an diesem Tage 7 994 909 00» Mark, also nahezu 8 Milliarden.
Sie setzt sich zusammen ans den Kriegsschäden-chiildbuch- forderungen. ans Cchatzanweisnngen des Reichs, ans der Anleihe des Reichs sür 1927 und aus der äußeren Anleihe des Jahres 1921, aus den Nentenbankdarlehcn. der Schuld des Reiches bei der Neichsbank, der zur vorübergehenden Verstärkung der Betriebsmittel der Reichshauptkasse ausge- nommeneu Schul- und den sonstigen Verpflichtungen.
Der Streit um den Polenvertrag
Die Neichsregierunq droht mit Rücktritt
TU Berlin, 2S. Febr. Me das „Acht-Ilhr-Abendblatt" meldet, verlautet in parlamentarischen Kreisen, die Neichs- regierung habe den Parteien des Reichstages nochmals mit aller Entschiedenheit und mit aller Klarheit eröffnet, daß dio Ablehnuug des Polenabkommcns oder auch nur seine Abtrennung von den übrige« Haager Gesetzen, anweigerlich nicht nur d-n Rücktritt des Reichsautzenministers. sondern des ganzen Kabinetts zur Folge habe« müßte.
Die Vereinigte« Neichstagsausschüsse zur Beratnng d-S Ivnngplanes
führten gestern die vertrauliche Beratung des Polenabkommens zn Ende. Im Mittelpunkt der Erörterung stand die Entetgnungsfrage. Daneben wurde weiter die Frage besprochen. ob das Pvlenablomme» von der Erledigung der übrigen Aounggesetze abgetrennt werden soll. Die NeichS- regierung setzte dabei dem Ausschuß die politischen Gründe auseinander, aus denen sie an einer gleichzeitigen Erledi- gnng des Polenabkommens unbcd ngt sesthält, obwohl sie nach nur vor den Standpunkt vertritt, daß ein rechtlicher Zusammenhang nicht besteht. Di« Abstimmung über das Polcnabkommcu wird im Ausschüsse erst am Schluß der gesamten Beratungen zusammen mit der Beratnng über den ganzen Aoungplan stattfinde«. Die Arbeiten des Ausschusses werden m »bestens noch bis Donnerstag abend dauern. Verschiedentlich nimmt man sogar an, daß sie noch die ganze Woche in Anspruch nehmen würden.
Das Netchstagsplenum wird sich spätestens am Freitag dieser Woche bis znm Donnerstag nächster Woche vertagen. Die zweite Lesung der Nounggesetze würde dann am Donnerstag nächster Woche beginnen. D e endgültige Disposition wird der Aeltestevrat noch zu treffen haben.
Taktische Manöver.
Die Gegensätze innerhalb der Regierungsparteien haben zu einer Lage geführt, die den Parteien die Gelegenheit zu zahlreichen taktischen Manövern bietet. Die zurzeit wichtigsten Verhandlungen im Nonnganssclmß werden in der Hanpr- sache deshalb ""'t al'-i-E^'osscn, weil die Regiernngspartelen befürchten müsse». daß sich bei einer baldigen Abstimmung
eine Mehrheit gegen das „Junctim". möglicherweise sogar gegen daS Polenabkommen ergeben würde. Es ist daher unwahrscheinlich, daß die Sozialdemokratie ihren Wunsch, dieser Ausschuß möge seine Arbeit baldigst abschließen und zur Schlußabstimmung schreiten, verwirklichen wird. Dies hängt aber auch weiter damit zusammen, daß das Zentrum nach wie vor zunächst eine Klärung der Finanzfragen wünscht. Ob zum Wochenende bereit» eine Einigung in den Finanzfragen erzielt werden wird, muß in Zweifel gezogen werden. Inzwischen find nämlich neue Gegensätze zwischen Sozialdemokratie »nd Volkspartei aufgetaucht. Die Sozialdemokratie wünscht, daß der Reichstag noch in feiner gegenwärtigen Session da» Republik» fchutzgesetz annimmt, während die BolkSpartei sich nicht nur der Beratnng, sondern znm Teil auch der Annahme dieses Gesetze» widersctzt. Die Gegensätze in dieser Frag« müssen als so groß gelten, daß darüber die Negierung scheitern kann — wenn auch möglicherweise erst nach der Erledigung der schwebenden Fragen. Sollte allerdings wider alles Erwarten in dieser Frage eine Einigung zustande kommen-, so müßte damit gerechnet werden, -aß die Negierung weiter im Amt bleibt, weil der Reichstag nach Erledigung Le» Noung- planeS, des Haushalts und deL Republikschntzgcsetzes keine Arbeit mehr hätte. _
Reichstag und Mieterschutz
TU Berlin, 2«. Febr. Im Reichstag nahm gestern ReichS- tnstizminister von Guerard zur Verlängerung der Mieterschntzgesetze bis 1982 Stellung. Die Zwangswirtschaft» so erklärte er. könne erst beseitigt «erden, wen« d'c Voraussetzungen für sie l« der Einführung der freie« Wirtschaft gegeben seien. Das sei heute noch nicht der Fall. Die Anfhebnng de« Kündigungsschutzes würde zn einer er, lieblichen Verteuerung der Mieten und der allgemeinen Le- bensbaltung führen. Die Auffassung, daß eS nur der Bese«. tignng der Zwangswirtschaft bedürfe, um den Banmarkt zu beleben und ansreichende Wohnungen S« schassen, könne er
nicht teilen. .
Abg. Tremmel <Z.i gab der Envartnng Ausdruck, daß tle jetzt von der Negierung gesorderke Verlängerung der
Tages-Spiegel
lieber die Decknngsfragen des Neichshaushalts hat gestern eine interministerielle Aussprache zn einer Verein,Lignng geführt. Dr. Moldenhaner wird heute dem Ncichskabinett ser» Programm vorlegen.
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Presse»,achnchren zufolge hat die Neichsregicrnng mit dem Rücktritt gedroht, falls zwischen den Regierungsparteien keine befriedigende Einigung über di« Verabschiedung der Haager Abkommen, vor allem des Poleuveriragcs, zustande kommen sollte.
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In einem juristischen Gutachten in dem Zentrumsorgan „Der Deutsche" wird sestgrstellt, bah Polen nach dem Ligut- datlonsabkomme« i„ den Kreis der Sanktionsbercchtigten einbezoge« wird. Reicksminikter tritt dieser
Ansicht in nicht re stlo^über-enai-ndor We ise entaea eu.
Ter Reichstag hat den Antrag ans Verlängerung d-8 Mic- terschntzgcfctzes dem Wohnnngsansschntz überwiesen.
Dem Reichstag geht heute der Nachtragshaushait für 1929 zu. Die Reichsregiernng hat die Aendernngen des Ncichs- rats übernommen.
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DaS Kabinett Chantemps ist gestern abend nach der Negie- rnngserklärnng von der Rechten «nd den Kommunisten gestürzt worden.
Mieterschutzgesetze die letzte fern werde. D'e Negierung sollte unter Anhörung der Mieter- und Hausbesitzerorganisationen ein Uebergangsg«setz vorbereiten. Der Antrag der Wirtschaftspaktes würde sofort eine Mietenerhöhung um 80 Prozent zur Folge haben, die gcgenwärt g nicht tragbar sei. Die Aushebung der Hanszinssteuer lehne das Zentrum ab. da diese Steuer zum Wohnungsbau nötig sei. Abg. Bllll tDem.j wie» darauf hin. daß selbst die dnrch den Krieg nicht geschädigten Länder Schweden und Holland » cht ohne Woh- nungszwangswirtschast auskommen konnten. Jü der Vorkriegszeit habe der Hausbesitzer SO bis 65 Prozent der Mlet- einnahmen für die Verzinsung des Kapitals und für Grundsteuern aufwenden müssen. Die HausZInsstcncr belaste die Hausbesitzer bei wertem nicht so stark wie die Hypotheken- zlnsen, an deren Stelle sie getreten seien. Abg. Behrens (Christi. Rats warnte vor einer übereilten Aufhebung der Mieterschntzgesetze. Schon dir Aushebung der gewerblichen Räume habe zu großen Schäden und Nachteilen geführt. Im Ausschuß werde man sich auch mit der Frage der landwirtschaftlichen Wcrkwohnungen beschästrgen müssen. Wenn man den Zuzug nach den Großstädten einschränken wolle, müsse man das Wohnnngselend ans dem Lande beseitigen. Abg. Troßmann IBVP.j erklärte, man sollte die Mlcterschntz- gesetz« nicht einfach verlängern, sondern im Ausschuß prüfen, ob nicht gleichzeitig manche Mlßstände in der Woh- nnngsgesetzgebung beseitigt werden können. Daß die Zwangswirtschaft seht nicht beseitigt werden könne, sei auch die Meinung mancher HauSbesitzerverbände. Abg. Wagner tPat.-Soz.j stimmte der Verlängerung der Micrerge- setze zu, da man nicht ohne weiteres Hundcrttauscnde von Familien dem Elend preisgeben könne. Die Hanszinssteuer dürfe in Zukunft nur noch für den Wohnungsbau verwendet werden. Die Vorlagen wurden darauf mit sämtlichen Anträgen dem WohnnngSauSschuß überwiesen.
ES folgt« die zweite Beratung des Gesetzentwurfes Über Bergmanns-Siedlungen. Die Vorlage wurde ohne wesentliche Aendernngen in der Ausschußfassung in zweiter und dritter Lesung angenommen.
Das Kabinett Chautemps gestürzt
TU Paris, 28. Febr. Der Andrang zur gestrigen Kam- mersttzung, in der sich die Negierung Chautemps vor- stellte, war «ngewvhnl ch stark. Auf die Programmrede deS Ministerpräsidenten, die verhältnismäßig geringen Bcisall fand, folgten die Redner -er Opposition, und zwar zwei Redner der Rechten und ein Kommunist. Das endgültige Abstimmungsergebnis zeigte 877 Stimme« sür und 298 Stimmen gegen die Regicrnng bet 21 Stimmenthaltungen.
Di« Negierung begab sich kurz daraus zum ElysSe, «n dem Präsidenten der Republik ihren Rücktritt zu überreichen. Vor der Kammer hatte sich eine rrestge Menschenmenge an- gesammelt, die in aufgeregter Stimmung die Ereignisse verfolgte.
lieber die Haltung des Präsidenten der Nepu- bltk ist noch nichts bekannt. Er dürfte am Mittwoch mit der Befragung der maßgebenden Personen beginnen. Wieder taucht der Name Tardien als des mutmaßlichen neuen Ministerpräsidenten auf.
Der „Börsencourier" stellt fest, daß Tardleu daS Schicksal CbantemyS entschieden habe. Er walle srll'st den Weg zu neuer Macht beschielten. Er werde seiiw neue Mehrheit welter rechts suchen.