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Die Ueberkapitalisierung der deutschen Industrie

Ein beachtenswertes französisches Urteil

Der französische Verein für Volkswirtschaft hielt Vieser Tage in Paris unter dem Vorsitz des Direktors für Handels­verträge, S e r r u y s, in Paris eine Sitzung ab, zu der auch deutsche Wirtschaftler geladen waren. Ein französi­scher Redner zollte der Tatkraft und Hartnäckigkeit, die Deutschland an den Tag lege, Anerkennung, und pries die Lebenskraft, die Deutschland nach der Inflation gezeigt habe. Die deutschen Vertreter warnten vor denSilber­streifen". Aus der Inflation sei in Deutschland eine Ueber- treibung des kapitalistischen Systems hervor­gegangen. Derkapitalistische Bolschewismus" berge große Gefahren in sich. Serruys suchte den tiefgreifenden Unterschied zwischen der deutschen und der französischen Währungsbefestigung zu kennzeichnen. Die deutsche In­dustrie sei tatsächlich überkapitalisiert: sie setze ihre Gelder weniger in Ware und Volksreichtum um, als daß sie Finanzgeschäfte zu machen versucht habe. Im Gegen­satz dazu sei Frankreich u n t e r k a p i t a l i s i er t, weil es feine Anstrengungen auf die Wiederherstellung der durch den Krieg und seine Nachwirkungen entstandenen Schäden gerichtet habe. Ein weiterer Unterschied zwischen der fran­zösischen und der deutschen Wirtschaftslage bestehe darin, daß die französische Verbraucherschast, vor allem der "Mittelstand, sich durch eine sozialistische Gesetzgebung und Inflation nicht habe e n teignen lassen, so daß im eigenen Land immer noch eine starke Kaufkraft vor­handen sei. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland habe ihre Ursache in der starken Verminderung des Heers und in derRationalisierung" der Industrie, die viele Angestellte und Arbeiter entbehrlich mache. Die Herabdrückung der Löhne zur Verringerung der Gestehungskosten (die übrigens auch in Frankreich be­trieben wird) sei eine große Gefahr. Bei aller Anerkennung für die deutschen Leistungen müsse doch vor Uebertreibun- gen gewarnt werden, die für die Verbraucherschaft und die Gesamtwirtschaft gefährlich seien.

*

Kein Zweifel, daß die Ausführungen des französischen Staatssekretärs Serruys in Deutschland größte Beachtung verdienen; sie enthalten viel Wahres. Die Ausführungen decken sich geradezu vielfach mit dem, was der jetzige Reichs­minister für Ernährung und Landwirtschaft, Schiele, kürzlich in einer Versammlung in Hamburg gesagt hat. Die Reichsregierung scheint also auch wieder einen anderen und besseren Weg in der Wirtschaftspolitik einschlagen zu wollen. Es hilft nichts, wir müssen aus der aufmerksamen Beob­achtung der französischen Grundsätze fürunsereinnere Wirtschaftspolitik lernen. Wir sind durch die Scheinerfolge und die Börsengewinne der Industrie offen­bar zu hochmütig geworden. Das Lob. das wir selbst oder das Ausland unserer Wirtschaftskunst und Währungs­befestigungskraft gespendet haben, hat uns zu eingebildet ge­macht. Unsere Währungsbefestigung war nur währungs­technisch und als nationale Kraft- und Geduld sbetätigung vorbildlich, dagegen in ihren wirtschaftspolitischen Grund­lagen und Folgen höchst fragwürdig, sa verderblich. Die französische Innenwirtschaftspolitik mit ihrer größeren Rück­sicht auf den M i t t e l st a n d und den Verbraucher ist weit gesünder und gescheiter als die bisher in Deutschland herrschende gewesen ist. Wir können nur gewinnen, wenn hssr (ch?. mm Gtmchen an unsere wirtschaftspolitische Vor- lernen ^ ^^^ustreten und von unseren Nachbarn hinzu-

Der englische Neumerkantilismus

Boykott der Auslandswaren.

Während Dr. Stresemann sich mit Eifer für die in­ternationale Verständigung und Arbeitsteilung in der euro­päischen und womöglich in der Weltwirtschaft und für die Weltwirkschaftskonferenz ins Zeug legt, ist in England die entgegengesetzte Strömung vorherrschend- Der britische «N e um erk an k i l i s m u s", wie man diese Strömung nennt, tritt immer deutlicher in die Erscheinung. Er arbeitet mit dem zugkräftigen Losungswort: «Kauft nur Neichs- waren!" Das heißt Waren aus dem ganzen britischen Reich- So erskakkete am 27. April der Leiter des britischen Natio- nalbundes der Eises- und Skahlinduskrie, Sir William Larke, dem ständigen Ausschuß des Handelsministeriums, der die praktische Anwendung des Warenauszeichnungs­gesetzes auf ausländische Waren mid Erzeugnisse zu prüfen hat, ein Gutachten. Bei dieser Gelegenheit wurde eine Er­innerung an die Reichsausstellung in Wembley gemacht. Es war seinerzeit beschlossen worden, für den Bau der Aus­stellungsgebäude nur britischen Stahl zu verwenden, Im Jahr 1923 wurde dann von Sachkennern die «peinliche" Entdeckung gemacht, daß trotz des Verbots viele Tonnen ausländischem Stahls verwendet worden waren, dis dann entfernt und durch britischen Stahl erseht worden sind.

Larke erklärte nun die Verwendung des ausländischen Stahls dadurch -- um den mildesten Ausdruck M gebrau-

Montag den 2. Mai 1927

Tagesspiegel

Im Finanzausschuß des preußischen Landtags keilte der Flnanzminisier mit, er sei mit dem Reichsfinanznnnisker übereingekommsn, daß die allgemeine Erhöhung der Beam- kengehälter um durchschnittlich etwa 10 v. h. noch vor Weih­nachten durchgcführt werde.

In Paris soll eine Geheimgesellschafl von 1506 ita­lienischen und spanischen Anarchisten entdeckt worden sein, die 3200 Bomben heraestellt haben- Bis setzt sollen 600 Bomben beschlagnahmt sein.

chen, daß nur erfahrene Fachleute aus gewissen Zeichen und Zahlen die ausländische Herkunft hätten erkennen kön­nen. Er mußte aber zugeben, daß gegenwärtig ausländische Waren beträchtlich billiger erhältlich seien als britische. Wo­hin treiben die Dinge? Die noch immer hohe Zahl der Ar­beitslosen, die wegen ihrer «Seßhaftigkeit" trotz starker Anstrengungen der amtlichen Skellen in dem weiten Ge­bäude des britischen Reichs nicht untergebracht und zur Auswanderung nach den Dominien und Kolonien bewegt werden können, führt zu Abwehrmaßnahmen, die in welt­wirtschaftlicher Hinsicht sich in absehbarer Zukunft als ver­derblich für England selbst auswirken müsssn. Die Arbeits­losigkeit bildete auch bei den Vernehmungen des erwähnten A usschusses wieder den Hauptgrund für die deutlich« Kenntlichmachung ausländischer Eisen- und Stahl-- erzeugnisse, deren Einführung dadurch natürlich weiter erschwert werden wird. Es wurde darauf hingewiesen, daß bei der Fernhaltung der bisherigen jährlichen Einfuhr von etwa 200 000 Tonnen ausländischen Eisens wenigstens 6000 Arbeitern Beschäftigung beschafft werden könne- Die Abneigung gegen ein Zusammengehen mit den verschiede­nen festländischen Bewegungen für den europäischen Wirk­schaftsbund wächst sich in England allmählich zu einem re­gelrechten Boykott ausländischer Marem aus.

Fernruf 178

62. Jahrgang

Neue Nachrichten

rNmifkerfahrt durch das Hochwassergebiek Berlin, 1. Mai. Der Reichsernährungsminister Schiele und Reichsverkehrsminister Dr. Koch haben die Ueber- schwemmungsgebiete besucht. Im Kreis West-Havelland hat die Havel 40 000 Hektar, in der Priegnitz die Elbs 12 000 Hektar überschwemmt. Außerdem stehen im Gebiet der Car- thane und der Stepenitz große Strecken unter Wasser. Die Minister werden auf eine beschleunigte Regulierung der Havel und die Verlegung der Havelmündung dringen.

Die thüringische Regierung gebildet Weimar» 1. Mai. In der gestrigen Landtagssitzung wurde die vorgeschlagene bürgerliche Regierungslists mit 29 gegen 25 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung der Volks- rechtepartei angenommen. Danach übernimmt Dr. h. c. Leutheuher (DVp.) den Vorsitz, Volksbildung und Justiz; Dr. Paulsen (Dem.) Inneres und Wirtschaft, und Dr. Toelle (DVp.) die Finanzen.

Das Urteil im Wiking-Olympia-Prozrß Leipzig, 1. Mai. Der Skaaksgerichkshof hat in Sachen Wiking-Olympia nach längen Verhandlungen am Sams­tag das Urteil verkündet. Das durch den preußischen Mi­nister des Innern am 12. Mai 1926 verfügte Verbot des Wiking für Preußen wird bestätigt, dagegen wird auch der Beschluß des kleinen Skaatsgerichkshofs vom 13. Oktober 1926, der das preußische Verbot der Olym­pia aufhob, bestätigt. Die Kosten des Verfahrens, soweit Wiking in Betracht kommt, werden dem Wikingbund auf- erlegk, die für Olympia hat die preußische Staatskasse zu tragen.

Zur Welkwirksch«ftskonferenz Genf, 1. Mai. Für die am 4. Mai unter dem Vorsitz des belgischen Ministers Theunis in Genf zusammen- tretende Weltwirtschaftskonserenz haben bis jetzt 42 Staaten ihre Vertreter benannt. Jeder Staat sendet fünf Vertreter, außerdem werden zahlreiche Sachverständige teilnehmen. Das Völkerbundssekretariat gibt die Zahl der Vertreter, dar­unter vier Frauen, auf etwa 180 an, mit den Sachverstän­digen werden es etwa 600 sein. Der erste Teil der Tages­ordnung sieht eine allgenieine Aussprache über die Wirt­schaftsströmungen im Hinblick auf das Ziel der Friedens­erhaltung und der großen Wirtschastsfragen vor; der zweite Teil enthält die Beratungen über Handel, Industrie und Landwirtschaft, wobei drei Fragen in den Vordergrund rücken werden: Zolltarif und Handelsverträge, die inter­nationalen Jndustriekartelle und endlich die besondere euro­päische Lage. Die Konferenz ist, wie das Sekretariat sagte, als eine Art allgemeiner Befragung anzusehen, und ihr Werk ist gewissermaßen, eine Gesamtmeinung über die Be­dingungen, Grundsätze und Sicherheiten für die wirtschaft­lichen Fortschritte herauszufinden. Die Konferenz wird bis Ende Mai dauern. Die Vereinigten Staaten und die Türkei werden vertreten sein, Spanien wahrscheinlich nicht.

Sorvjetrutziand soll sich für eine Beteiligung entschlossen haben.

Diebritisch- Last-

London, 1. Mai. DasDaily Mail" ist sehr ungehalten darüber, daß alle Bemühungen der englischen Regierung, ein gemeinsames Vorgehen der Mächte gegen China zu­standezubringen, gescheitert seien, auch Frankreich und Japan nehmen wieder eine abwartende Haltung ein. Die Ver­teidigung der Schanghaier Niederlassung, die Ueberwachung des Jangtseflusses bis Hankau und derSchutz der Fremden" in Peking, Tientsin und anderswo ruhe jetzt wieder allein auf den Schultern Englands unddie Last des weißen Mannes" sei wieder einmal zurbritischen Last" geworden.

Die russische Werbearbeit in China

Aus Schanghai wird gemeldet, in Peking seien Schrift­stücke beschlagnahmt worden, aus denen hervorgehe, daß die russische Regierung beträchtliche Wasfenmengen dem General Fenjusiang zur Verfügung gestellt habe. Zwei Empfangsscheine vom August 1926 bestätigten ferner, daß dieser General eine Summe in der Höhe von nahezu 12 Millionen Goldrubel empfangen habe. Eine Urkunde, die aus der Dal-Bank stamme, beweise, daß der bolsche­wistischen Vertretung in Kanton allein für ihr Personal eine monatliche Zahlung von 15 000 Dollar zugeteilt worden sei. Cs seien auch Empfangsbescheinigungen entdeckt worden für Waffenlieferungen, die unter dem Schutz des räterussischen Militärattaches in Peking nach Kanton verbracht worden seien.

Bei der Durchsuchung der Sowjetbotschaft in Peking wurde auch ein wichtiges geheimes Schriftstück entdeckt, das der englische Gesandte an das Auswärtige Amt in London gesandt hatte und das von bolschewistischen Spionen ge­stohlen worden war. Der Fall erregt in London peinliches Aufsehen.

In den Fremdenkolonien in Schanghai stehen sich zwei Meinungen gegenüber: die einen wollen einen großen Krieg, und sie freuen sich, wenn der chinesische General Tschiang die bewaffneten radikalen Arbeiter köpfen läßt. Die anderen, zu denen die Deutschen gehören, aber auch die meisten frem­den Gesandten in Peking, wollen sich mit dem Gedanken der nationalen chinesischen Umwälzung einigen, weil sie sich be­wußt sind, daß der zukünftige Handel der Welt mit China nicht allein über die Stacheldrathverhaue der Fremden­niederlassungen in Schanghai geführt werden kann, sondern um Tausende von Kilometern jenseits Schanghai hinausgehen will. Der alte Kolomalgedanke und das Fartoreijyslem kämpfen in Schanghai mit dem Weltsriedensgedanken von Genf. Wenn England noch mehr Bataillone schickt, dann wird Genf in Schanghai erschlagen. ^

Württembergischer Landtag

Der Nachtrag zum Staatshaushalt

Stuttgart, 30. April-

Der Landtag setzte in seiner Nachmittagssitzung die Ge­neraldebatte zum Etat -fort. Abg. Dr. Schumacher (Soz.) richtete dabei Angriffe gegen den Staatspräsidenten, dessen Politikdie große Linie" fehle. Württemberg und Bayern seien die rückständigsten Staatswesen in Deutsch­land. Die Republik könne keine monarchischen Minister dul­den. Was der Staatspräsident in Reuklingen über die Wahrscheinlichkeit eines zukünftigem Kriegs gesagt habe, fordere zum Protest heraus. Wenn der Staatspräsident schon das Reisen nach wilhelminischem Muster nicht unter­lassen könne, so möge er wenigstens Reden nach diesem Muster bleiben lassen. Auf verletzende Musterungen des Redners gegen Abgeordnete der Rechte ersuchte Präsident Körner den Abg. Schumacher, er möge seine Rede auf etwas höherem Niveau halten.

Staatspräsident Bazille: Ich fühle mich etwas be­fangen, wenn ich dem Abgeordneten Dr. Schumacher ant­worten muß, ich als kleiner unbedeutender Mi­ni st er gegenüber dem Goliath des Landtags- Für den Abg. Dr. Schumacher gibt es einfach keine Grenzen. Eine «große Linie" in seiner Politik habe ich allerdings nicht bemerkt. Bei meiner sogenannten «Mussolini-Rede" habe ich mit keinem Mort den italienischen Berufsstaat als das richtige Borbild für Deutschland bezeichnet. Ich bin in meinen Ausführungen stets innerhalb der Schranken der Verfassung geblieben. Ais der Abg. Dr. Schumacher zur Schule kam, habe ich bereits praktische Sozialpolitik getrie­ben. Die Sozialdemokratie lebt eben von der Unzufrieden­heit der Massen, lieber das Konkordat kann ich nichts sagen, da mir weder vcm einem Reichs- noch von einem württembergischen Konkordat etwas bekannt ist. Die Be­hauptung, daß die württ. Regierung den Beamten nicht das erforderliche Interesse enkgegenbringe, ist falsch. Die Beam­ten erhalten die gleichen Gehälter wie im Reich- Gegenüber dem Ton mancher Beamkeneingaben mußten wir allerdings Verwarnungen ergehen lassen. Auch der frühere demokra­tische Finanzminister Liesching hak sich schon über diesen Ton beschwert.

Abg. Bock (Z.) gibt namens der Zentrumsfraktion eine Erklärung ab, zu der Behauptung des Abg. Mergenthaler, Weibbischof Dr. Svroll babe auf dem Untskläflh-r KLÜ-