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Nummer 72
FswMrf 179
Ein Stoßseufzer
In einem amtlichen Bericht über den Arbeitsmarkt in Thüringen wurde kürzlich gesagt, daß zwar an Arbeitskräften verschiedenster Art ein Ueberfluß bestehe, dagegen an Buchhaltern, die mit dem Steuerwesen gut vertraut seien, Unbedingt Mangel herrsche. Dazu bemerken die Leizpiger Neuesten Nachrichten: Die Ansprüche der Steueroerwaltung und der Sozialversicherung an die Privatwirtschaft sind heute so vielseitig, daß schon ehr ziemlich kleiner Gewerbebetrieb nicht ohne einen besonder» Angestellten auskommen kann, der ausschließlich oder in der Hauptsache den Verkehr mit den Behörden besorgt. Je größer der Betrieb, desto reichlicher natürlich diese Verwaltungsarbeit, die der Unternehmer umsonst für die mannigfachsten Behörden zu leisten hat. Aus dem Steuer- und Krankenkassen-Buchhalter wird dann im Rahmen des Betriebs ein ganzes Finanz- und Bersicherungs- amt für sich. Die Kosten müssen selbstverständlich auf die Produktion geschlagen werden: sie erschweren damit unseren weltwirtschaftlichen Wettbewerb. Noch größer werden die wirtschaftlichen Bedenken, wenn der Betrieb so klein ist, daß er die Kosten für einen besonderen Bearbeiter der Steuer- und Sozialsachen gar nicht decken kann. Dann muß der Inhaber selbst seine freie Zeit oder einen erheblichen Teil der Arbeitsstunden für diese Angelegenheiten opfern. Darunter leidet natürlich aus die Dauer das Geschäft. Die Folge davon ist, daß der Mittel- und Kleinbetrieb vom Großbetrieb immer weiter zurückgedrängt wird, eine wirtschastspolitisch sehr bedenkliche Entwicklung. Das heutige Vorgehen von Steuer- und Verwaltungsbehörden aller Art gegen den selbständigen Gewerbetreibenden, diese Ueberbelastung mit Melde- und Zahlungsterminen, diese Ueberbürdung mit Schreibarbeiten, die von Rechts wegen die Behörde selbst zu erledigen hätte, dieses ganze Aufgebot von Maßnahmen, die nur unnötige Quälerei bedeuten, ist das strikte Gegenteil aller gesunden Mittelstandspolitik. Ein besonderes Beispiel dafür ist ja die Lohnsteuer, die den Geschäftsmann mit Schreibarbeiten und Rechenwerk so verzwickter Natur beglückt, daß eigentlich schon ein Handwerksmeister sich einen Syndikus halten müßte.
Vier Behördengruppen teilen sich in das Vergnügen, unser Wirtschaftsleben mit Plackereien heimzusuchen. Da sind erstens die Steuerbehörden! Fein säuberlich gegliedert in solche des Reichs, der Länder und der Gemeinden. Wenn es gut geht, heischen sie nur ekkva ein halbes Dutzend verschiedener Steuern, wie Einkommen- und Körperfchafts- steuer, Umsatzsteuer, Vermögenssteuer, Gewerbesteuer. Einige davon zahlt man für sich selbst, während man seinen Angestellten und Arbeitern gegenüber den Kassierer der Lohnsteuer spielen muß. Schwieriger wird die Sachs, wenn man zugleich auch Grundstücksbesitzer ist. Da muß inan die Grund- steuer zahlen und die Mietzinssteuer von den mehr oder minder zahlungswilligen Hausbewohnern einkassieren. Und wehe dem Geschäftsmann, der für die Ein. und Ausfuhr einer Waren mit Zollbehörden zu tun bekommt, oder der solche Artikel produziert oder verkauft, die irgend einer vondersteuer unterliegen. Wir haben nun heute an der Spitze des Rejchssinanzwesens einen einsichtsvollen Mann, den Minister Dr. Köhler. Cr hat ganz klar erkannt, daß eine Vereinfachung des Steuerwesens den Steuerertrag sogar noch heben könnte, da sie der Wirtfchast die Hände für ein produktiveres Arbeiten frei macht, indem sie ihr unproduk- tive Tätigkeiten abnimmt. Dr. Köhler hat deshalb schon verfugt, daß die Zahl der Steuertermine vermin- o e r t werden soll. Hoffentlich dringt er auch mit weiteren Vereinfachungsmaßnahmen durch. Aber Dr. Köhler ver- "P"", >Z> E d>e Reichsfinanzen: außerdem gibt es noch ^ ^studesfinanzverwaltungen, die sämtlich ihre eigenen Wege gehen, und das Finanzwesen der Gemeinden, das auch heute noch seine Steuerhoheit an recht verschiedenen Gegenständen, vom Gewerbebetrieb bis zum Besitz eines Kanarisn- vogels oder eines Klaviers ausüben kann.'
vielseitige Eingriff der Steuerbehörden in das Wirt- Ehrgeiz der Sozialversicherung Ein tüchtiger Organisator zwar könnte wohl einfachere Methoden finden, um die Krankenkassenbeiträge und ähnliche Sozialabgaben zu veranlagen und einzuziehen. Aber einen solchen Organisator hat man ja gar nicht nötig. Mag der Arbeitgeber nur Zusehen, wie er den Anforderungen nachkommt. Für ihn gilt ja nicht der Achtstundentag. Er mag sich nur hinsetzen und fleißig die Formulare ausfüllen. Wenn er das nicht selber kann, aus Mangel an Zeit, so mag er sich jemanden dafür anstellen. Und wenn dafür der Ertrag seines Betriebs nicht langt, dann soll er eben die Vude schließen. Das sagt man freilich nicht, aber das denkt man An der Sozialversicherung stört den Beobachter, der vu die erfolgreiche Rationalisierung moderner privater Bureau-Großbetriebe denkt, vor allem das Vielerlei der Ab- rechnungsweise. Hier wird man veranlagt, dort muß man selbst berechnen, da muß man Marken kleben, und dabei dient la doch im Grund alles nur dem gleichen sozialen Fursorgezweck. Man kann aber für diesen Zweck praktisch viel mehr erreichen, wenn man die Methode einfacher gestaltet.
Montag den 28. März 1927
Tagesspiegel
Fernruf 179
62. Jahrgang
Auf der Reichswerft in Wilhelmshaven ist am 26. März der kleine Kreuzer „Königsberg" vom Stapel gegangen.
Die deutsch-französischen Wirtschasksverhandlungen sind vorläufig abgeschlossen worden. Die Entscheidung bleibt den beiderseitigen Regierungen Vorbehalten.
piljudski hat unerwartet den polnischen Landtag schließen lassen.
Der Wahlrechksausschuß der französischen Kammer hat den Vorschlag des Frauemvahlrechis abgelehnt.
Der Sowjekbotschaster Rakowski erklärte, die Sowjet- regierung weigere sich nach wie vor. die russischen Vorkriegs- schulden an Frankreich (etwa 20 Milliarden Goldmarkf an- zuerkennen. Sie sei bereit, den französischen Inhabern dieser Schuldverschreibungen aus freien Stücken eine Abfindungssumme anzubieken. unter der Bedingung, daß Frankreich S00 Millionen Handelskredit an Rußland gebe zur Erschlie- ßung der natürlichen Reichtümer Rußlands unter Zusammenarbeit mik Frankreich.
Zn der Osterwoche wird der König von Spanien einen Erholungsurlaub in Sevilla nehmen. Gleichzeitig werden in Sevilla der König von Schweden, der englische Thronfolger Prinz von Wales und die Königin von Rumänien erwartet.
früheren Feldwebel wegen eines Diebstahls ermordet zu haben, standen 7 ehemalige Mitglieder der „schwarzen Reichswehr" vor Gericht. Das Urteil lautete nach mehrtägiger Verhandlung gegen die Angeklagten F u h r m a n n, K l a p P- rolh und Ümhofer wegen gemeinschaftlichen Mords und gegen Oberleutnant Schulz wegen Anstiftung zum Mord auf T o d e s st r a f e. Die Angeklagten v. Poser, Stan - tin und Budzinsky wurden freigesprochen.
Neus Nachrichten
Kirche und Reichsschulgeseh
Berlin, 27. März. Der Evangelische Preßverband für Deutschland veranstaltet einen parlamentarischen Abend zur Aussprache über das Reichsschulgesetz, an dem zahlreiche Parlamentarier aus verschiedenen Parteien teil» nahmen, ferner die Mitglieder des Deutschen Eoang. Kirchen» ausschusses, Vertreter der Lehrerschaft und der Theologischen Fakultät. Reichsminister Dr. v. Keudell und Kultminister Dr. Becker waren persönlich erschienen. Die Aussprache wurde eingeleitet durch den bayerischen Kirchenpräsidentrn Dr. Veit, der betonte, es gehe in den Beziehungen zwischen Kirche und Schule nicht um Machtfragen, sondern um vertrauensvolle gemeinsame Arbeit. Die Kirche sei die letzte, die den Fortfall der geistlichen Schulaufsicht bedauert. Für das kommende Reichsschulgesetz lautet die Forderung der evangelischen Kirche: für evangelische Kinder evangelische Schulen, nicht im Sinn der Unterdrückung der anderen verfassungsmäßigen Schularten. An diese Ausführungen schloß sich eine eingehende, angeregte Erörterung an.
Die Gelränkesteuer Ml, die Vierstsuer bleibt
Berlin, 27. März. Der Steuerausschuß des Reichstags hat in zweiter Lesung des Finanzausgleichsgesetzes die Beschlüsse der ersten Lesung aufrechterhalten. Danach bleibt die Gemeindebier st euer bestehen und die süddeutschen Länder erhalten aus der Reichsbiersteuer wesentlich erhöhte Anteile. Die allgemeine Getränkesteuer fällt ab 1. April d. I. weg. Die Gemeinden werden dagegen verpflichtet, ihre Real steuern herabzusetzen. Anträge der Opposition auf Senkung der Einkommen- und Zuckersteuer und Erhöhung der Vermögenssteuern wurden zurückgestellt, bis sich übersehen läßt, welche Steuersenkungen nack der Ansicht des Reichssinanzministeriums möglich sind.
Im Haushaltausschuß erklärte Reichsfinanzminister Dr. Köhler, er glaube es verantworten zu können, die Reichs- einnahmen im neuen Haushaltplan um 270 aus 3020 Millionen Mark infolge des zu erwartenden höheren Ertrags der Einkommen- und Körperschaftssteuer zu erhöhen. Di« Hauptausgaben seien die Erwerbslosen- und die Kriegsfürsorge. Wenn bis 1. Oktober das Arbeitslosenversicherungsgesetz nicht in Wirksamkeit trete, so sei es unerfindlich, wie die Reichskasse diese Belastung tragen könne. Unter keinen Umständen dürfen die Steuern erhöht werden. Alle Ueber- schüsse im Jahr 1926 seien aufgebraucht worden und die Reserven bis zum äußersten eingestellt. Als letztes seien nur noch die Vorzugsaktien der Reichsbahn vorhanden, die aber vom Reich nicht erworben worden seien, um wieder zu Geld gemacht zu werden.. Der Aufwand des außerordentlichen Haushalts müsse durch Anleihen gedeckt werden, wofür :m Vorjahr noch 900 Millionen vorgesehen worden seien. Die Begebung einer Anleihe könne aber in nächster Zeit wegen des Stands des Geldmarkts noch nicht in Frage kommen.
Die Gehaltsforderung des Generals von Lüktwiß Berlin, 27. März. Das Kammergericht bestätigte das Urteil des Landgerichts, daß die Ansprüche des Generals von Lüttwitz und des Majors Bischof gegenüber dem Reichswehrministerium auf Auszahlung rückständigen Gehalts berechtigt seien. Das Reichswehrministerium will beim Reichsgericht Revision anmelden. Unabhängig davon läuft noch eine Klage des Generals beim Reichsver- sorgungsgericht auf Auszahlung einer dauernden Pension.
Vier Todesurteile ln einem Femeprozeß Berlin. 27. März. Unter der Anklage, im Jahr 1A21 den
Berufung deutscher Wissenschaftler nach Kanton Wiesbaden, 27. März. Nach der „Neuen Wiesbadener Zeitung" hak Prof. Dr. Wagner von der hiesigen Landwirkschaftskammer die an ihn ergangene Berufung als Professor für Landwirtschaft an der Universität Kanton und als Landwirtschaftlicher Berater der südchinesischen Negierung angenommen. Dr. Wagner wird im Laufe des Monats März die Nsise nach China antreten. Außer ihm sind noch 6 Mediziner und 1 Oberförster als Professoren nach Kanlon berufen worden. Sie sind zum Teil schon abgereist.
Die Beekhoven-Iahrhunderkfeier Wien, 27. März. Ganz Oesterreich steht am hundertsten Todestag Beethovens im Zeichen des größten deutschen Meisters der Tonkunst. Alle amtlichen und zahlreiche Privat- gebäude in Wien haben geflaggt. In den Schulen wurden Beethooenselern abgehalten. Reichsminister des Innern von Keudell schreibt in der „Neuen Freien Presse": „Beethovengedenkfeiern sind seit längerer Zeit wieder eingroßer nationaler Feiertag des ganzen deutschen Volks. In Beethovens Musik erlebt das deutsche Volk über staatliche Grenzen. Weltanschauungen und soziale Schichten hinweg die heroische Form seines eigenen Wesens."
Verstärkung der französischen Grenztruppen Paris, 27. März. Der Heeresausschuß der Kammer einigte sich, daß die vier Divisionen, die die Besatzung in Deutschland bilden, nach Beendigung der Besetzung nicht in ihre alten Garnisonen in Frankreich zurückkehren, sondern längs der französischen Grenze verteilt werden, so daß die Grenzbesetzung unter der einjährigen Dienstzeit ebenso stark bleibt, wie sie bisher unter d-er Dienstzeit von 18 Monaten mar.
Die italienisch-jugoslawische Spannung Paris, 26. März. Wie der „Matin" berichtet, wird der jugoslawischen Regierung folgender Vorschlag unterbreitet werden: Zur Prüfung der angeblichen jugoslawischen Rü- ' stungen wird ein Untersuchungsausschuß entsandt, der Feststellungen auf beiden Seiten der jugoslawisch-albanischen Grenze zu machen berechtigt und aus deutschen, eng'i- schen und französischen Vertretern, sowie italienischen und jugoslawischen Beobachtern zusammengesetzt sein soll. Nach dem „Petit Parisien" soll jede Nation zwei Vertreter in dem Untersuchungsausschuß haben, nach dem „Petit Journal" sogar deren drei. Eine römische Meldung der transalpinen Nachrichtenagentur sagt, für Italien bestehen keine Gründe, sich dem vorg?schlagenen Verfallen zu widersetzen, obwohl es offenbar sei, daß eine internationale Untersuchung ein ziemlich langsames Mittel bilde und in der Zwischenzeit die beanstandeten militärischen Maßnahmen beseitigt oder unterbrochen werden können. Auf alle Fälle wird Italien an der Untersuchung teilnehmen und zufrieden sein, daß es durch sein Vorgehen Albanien zumindest vorübergehend vor einem Handstreich von außen her abgehalten habe.
Es geht das Gerücht, in Albanien (Tirana) sei ein Aufstand ausgebrochen und Präsident Zogu, der Schützling Italiens, sei gefangen genommen worden (?). st ,
Freispruch im Prozeß Berge Oslo, 27. März. Das norwegische Reichsgericht hat im Verfahren wegen Verfassungsverletzung gegen die Mitglieder des früheren Ministeriums Berge auf Freisprechung in allen Punkten erkannt. — Die Anklage war seinerzeit erhoben worden, weil die Regierung Berge 1923 der norwegischen Handelsbank 25 Millionen Kronen als Anleihe gegeben hatte, ohne dem Landtag Mitteilung zu machen.
Kabinettswechsel in Japan?
Tokio, 27. März. Ministerpräsident Wakatsuki füll, wie verlautet, zurücktreten. — Das schwach stehende Ministerium der Kenseikai-Partei, deren Führer Wakatsuki ist, wurde von Anfang an stark angegriffen. Als dann die Sei- juhonto-Partei auch in die Regierung eintrat, ergab sich ein« Regierungsmehrheit mit etwa 250 Stimmen gegenüber den 160 Stimmen der Opposition (Seijukai-Partei). Als eine Bedingung der Verstärkung der Regierungsmehrheit war ein Wechsel im Vorsitz festgestellt. Als Nachfolger Wakat- sukis werden die Minister Hamaguchi und Tokonami genannt. Letzterer ist Führer der Seijuhonto. -
Die Lage in China
Schanghai, 27. März. Reuter meldet, General Tschang- kaischek wolle den Zwischenfall in Nanking gütlich beilegen. Cr habe erklärt, daß die Beschießung Nankings durch die englischen und amerikanischen Kriegsschiffe nicht nötig gewesen sei und er wünsche ernstlich, daß sie die Feindseligkeiten einstellen. Er werde selbst nach Nankina kommest.